L 7 AS 106/08

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 19 (4,30) AS 66/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 106/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 29.09.2008 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt im Rahmen der Grundsicherung von der Beklagten die Gewährung von Leistungen zur Eingliederung nach § 16 Abs. 2 S. 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in Höhe von 164.467,- EUR.

Der am 00.00.1946 geborene Kläger erlernte nach eigenen Angaben den Beruf des Groß- und Außenhandelskaufmanns. Er war von 1972 bis 1975 Vertriebsleiter der T-Kleiderwerke in T, von 1975 bis 1986 Prokurist, Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung und Vertriebsleiter der G-Gruppe GmbH mit Sitz in E, ab 1983 unterstand ihm die Gesamtvertriebsdirektion von MG, anschließend war er von 1986 bis 1989 als Vorstandsmitglied Marketing und Vertrieb der F AG mit Sitz in N, von 1989 bis 1990 als Geschäftsführer für die Firma Q in Paris und von 1990 bis 1993 als geschäftsführender Gesellschafter der Studio E GmbH mit Sitz in F tätig. Danach war der Kläger selbständig. Seit 2003 hat er südamerikanische Unternehmen im Zusammenhang mit der Erschließung des Europäischen Marktes für hochwertige Schokoladen und Pralinen beraten.

Der Kläger beantragte am 29.03.2005 erstmals die Zahlung von Arbeitslosengeld II. Mit Bescheid vom 11.04.2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger Grundsicherungsleistungen für den Zeitraum vom 29.03.2005 bis zum 31.03.2005 in Höhe von 34,50 EUR und anschließend bis zum 31.08.2005 in Höhe von 345,- EUR monatlich. Ab Juni 2005 zahlte die Beklagte zudem an die Vermieterin des Klägers 297,- EUR als Leistung für Unterkunft und gewährte zudem Leistungen für die Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten in Höhe von 723,48 EUR. In der Folge stellte der Kläger Fortzahlungsanträge und stand weiter im Leistungsbezug bei der Beklagten.

Am 15.07.2005 beantragte der Kläger finanzielle Förderung für eine von ihm geplante selbständige Tätigkeit, wobei er sein Vorhaben in einem dreistufigen Verfahren wie folgt charakterisierte: "Im ersten Schritt Import von hochwertigen, handgefertigten Pralinen aus Santiago de Chile - Marke Felix Brunatto - Testkunden in Deutschland - Feinkost Käfer in München und - Galeria Kaufhof Feinkostparadies im diversen Filialen Start September 2009, danach im zweiten Schritt Einbeziehung der Märkte in Europa und im dritten Schritt in Übersee." Der Kläger legte eine Aufstellung über Erlöse und Kosten für das zweite Halbjahr 2005 vor und gab an, für den ersten Schritt, um das Geschäft zu starten, einen Gesamtbedarf für Juli und August in Höhe von 27.456,75 EUR zu haben; der Bedarf für September könne erst im August 2005 exakt beziffert werden.

Mit Schreiben vom 16.08.2005 befürwortete das Amt für Wirtschaftsförderung der Stadt L das Vorhaben des Klägers und bezifferte den Bedarf mit 25.000 EUR bis 30.000 EUR.

Mit Bescheid vom 30.08.2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 01.09.2005 bis 31.01.2006 sonstige weitere Leistungen (SWL) nach § 16 Abs. 2 S. 1 SGB II in Höhe von 27.456,75 EUR einmalig als Darlehen für das Vorhaben im Bereich Import und Vertrieb von handgefertigten Pralinen aus Santiago de Chile. Das Darlehen sei zweckgebunden, werde zinslos gewährt und sei ab 01.01.2007 in Raten in Höhe von mindestens 100,- EUR monatlich zurückzuzahlen.

Am 31.08.2005 haben die Beteiligten eine Eingliederungsvereinbarung geschlossen, worin sich die Beklagte einerseits verpflichtete, bis zum 31.01.2006 die angestrebte Existenzgründung im Bereich Import und Vertrieb handgefertigter Pralinen aus Santiago de Chile durch darlehensweise Gewährung eines Existenzgründungszuschusses im Rahmen von sonstigen weiteren Leistungen nach § 16 Abs. 2 SGB II zu unterstützen, und der Kläger andererseits, die Existenzgründung bis zum 31.01.2006 vorzunehmen.

Mitte September 2005 zahlte die Beklagte dem Kläger einen Teilbetrag in Höhe von 15.975,- EUR und die weiteren Teilbeträge bis Februar 2006 aus. Ende September 2005 wurde der Kläger Geschäftsführer der N GmbH mit Sitz in E, deren Unternehmenszweck Import, Produktion und Vertrieb von Nahrungs- und Genussmitteln ist.

Am 01.02.2006 erreichte die Beklagte ein Schreiben des Klägers vom 16.01.2006, in dem er mitteilte, dass die ersten Abverkaufsergebnisse bei Feinkost Käfer in München im Dezember 2005 exzellent gewesen seien. Die Launching-Phase mit der Galeria Kaufhof AG sei auf Ende Januar 2006 verschoben worden; sie sei auf drei Wochen Verkaufszeit bemessen, damit die N GmbH ihre Erfolgsfaktoren für ein gesundes Wachstum europaweit erfolgreich einsetzen könne. Zudem werde der Beklagten in Kürze ein Nachtragshaushalt übersandt.

Mit Schreiben vom 16.01.2006 sowie in einem Telefongespräch mit der Beklagten vom 28.03.2006 erklärte der Kläger, dass er weitere Förderung benötige. Für den Zeitraum März bis November 2006 sei von einem Finanzierungsbedarf von insgesamt 183.025,- Euro auszugehen; ab Dezember 2006 sei mit der Erzielung von Gewinn zu rechnen. Am 02.05.2006 übersandte der Kläger einen Etatplan für die Monate Mai 2006 bis April 2007.

Das Amt für Wirtschaftsförderung der Stadt L teilte der Beklagten mit Schreiben vom 11.05.2006 mit, dass sie das Projekt des Klägers nach wie vor unterstützen und befürworten. Die Startphase sei überwunden. Andere Finanzierungsmöglichkeiten stünden nicht zur Verfügung. Es wäre im derzeitigen Stadium nicht nachvollziehbar, eine erfolgreiche Gründung fallen zu lassen.

Am 26.05.2006 berichtete der Kläger von außergewöhnlich positiven Abverkaufsergebnissen mit der Kaufhof-Gruppe und Feinkost Käfer und mit dem Zentraleinkauf Kaufhof sei ein positives Grundsatzgespräch erfolgt. Frankreich und England würden im ersten Geschäftsjahr als zusätzliche Absatzmärkte in Europa im ersten Schritt geöffnet; Moskau und Dubai würden Überraschungseffekte schaffen, die bereits vorverhandelt seien. Es bestünden besondere Chancen für eine langfristige erfolgreiche Vermarktung auf einer vor Ort zu schaffenden industriellen Struktur für das Europageschäft. Ihm sei bekannt, dass die Beklagte das Paket für die Finanzierung des Etats des ersten Geschäftsjahres nicht alleine schnüren könne. Er habe mit der E Bank deswegen ein Gespräch geführt. Es könnten aber auf Grund der leider immer noch nicht "sauberen Bankauskunft" über seine Person Probleme entstehen. Das sei auch der Grund gewesen, warum er die Beklagte zum Anschieben des operativen Geschäftes als Kreditfinanzierer in Anspruch nehme.

Mit Bescheid vom 09.06.2006 lehnte die Beklagte den Antrag vom 16.01.2006 auf Gewährung eines Existenzgründungsdarlehens nach § 16 Abs. 2 S. 1 SGB II ab, da die Voraussetzungen für eine Förderung nicht gegeben seien. Die Gewährung einer SWL richte sich einzelfallbezogen ausschließlich nach Erforderlichkeit, Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit. Ziel eines Existenzgründungsdarlehens sei die Finanzierung notwendiger Investitionen bei Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit. Damit diene das Existenzgründungsdarlehen nicht der Überwindung der Hilfebedürftigkeit oder der Abdeckung der laufenden persönlichen oder betrieblichen Kosten. Ein Teil des Gesamtfinanzierungsbedarfs solle damit abgedeckt werden, aber nicht die Basisfinanzierung gesichert werden. Der Kläger mache Kosten geltend, die durch die eigentliche Geschäftstätigkeit, d. h. den Einkauf, den Transport und Verkauf der Waren, entstünden. Es werde eine Finanzdienstleistung begehrt, die üblicherweise von Banken erbracht werde. Damit diene das weitere Darlehen nicht gezielt Investitionen, die die Aufnahme der beruflichen Tätigkeit ermöglichten, sondern ausschließlich der fortlaufenden Finanzierung und Unterhaltung des bereits laufenden Geschäftsbetriebes. Zudem müsse, da der Kläger bereits ein Darlehen erhalten habe, auch der in § 3 Abs. 1 Satz 3 SGB II normierte Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit beachtet werden. Die Beklagte habe in ihren Rahmenbedingungen inzwischen einen Maximalbetrag von 2.000,- EUR für Fördermittel festgeschrieben. Dieser Rahmen sei schon mit dem ersten gewährten Darlehen ausgeschöpft worden und Fördermittel in der nun begehrten Höhe seien nicht mehr zu Verfügung zu stellen.

Der Kläger legte am 07.07.2006 Widerspruch ein mit der Begründung, das von der Beklagten gewährte erste Existenzgründungsdarlehen verfehle seinen Sinn, wenn keine weitere Förderung erfolge, da er den Geschäftsbetrieb einstellen müsse. Die Beklagte gehe doch bei der weiteren Darlehensgewährung ein vergleichsweise geringes Risiko ein, da das Unternehmen auf einem guten Weg sei. Die Bewilligung weiterer Leistungen diene seiner kontinuierlichen beruflichen Eingliederung und der Schaffung eines Unternehmens am Standort Deutschland mit positiven Konsequenzen sowohl für den öffentlichen Haushalt als auch den Arbeitsmarkt. Der Kläger bezifferte seinen Gesamtkapitalbedarf auf 164.467,- EUR. Er verwies zudem auf die positiven Bewertungen des Amtes für Wirtschaftsförderung der Stadt L.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29.03.2007 zurück. Ergänzend zu den Ausführungen im Bescheid vom 09.06.2006 sei entscheidend, dass ein Anspruch auf SGB-II-Leistungen längstens bis zum Erreichen des Rentenalters bestehe, mit der Folge, dass eine Maßnahme zur Eingliederung älterer Arbeitnehmer als wirtschaftlicher anzusehen sei.

Hiergegen hat der Kläger am 30.04.2007 Klage beim Sozialgericht (SG) Köln erhoben. Er hat betont, er hätte bereits bei der Antragstellung im Juli 2005 darauf hingewiesen, dass sich der Finanzbedarf von 27.456,75 Euro nur auf die Monate Juli und August 2005 beziehe. Er benötige dringend weitere Finanzmittel für das anstehende Saisongeschäft für Weihnachten und die erstmalige Teilnahme an der Süßwarenmesse im Januar 2009 und wies ergänzend darauf hin, dass die bisherige Finanzierung privat sichergestellt worden sei.

Das SG hat eine Auskunft über die N GmbH aus dem Handelsregister des Amtsgerichts Düren beigezogen.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 29.09.2008 abgewiesen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt: Die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 SGB II, wonach über die in Absatz 1 genannten Leistungen hinaus weitere Leistungen erbracht werden könnten, die für die Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in das Erwerbsleben erforderlich sind, seien nicht erfüllt. Wie die Formulierung, dass die Arbeitsgemeinschaften solche Leistungen erbringen "könnten", zeige, stehe die Entscheidung im Ermessen der Beklagten. Eine "Ermessensreduzierung auf Null", die dazu führte, dass die einzig rechtmäßige Entscheidung, die die Beklagte treffen könnte, die Darlehenserbringung wäre, liege nicht vor. Diese könne auch nicht daraus hergeleitet werden, dass die Beklagte dem Kläger im Jahr 2005 bereits ein Existenzgründungsdarlehen gewährt habe. Denn in dem Bewilligungsbescheid vom 30.08.2005 komme unmißverständlich zum Ausdruck, dass Leistungen in Höhe von 27.456,75 Euro einmalig als Darlehen bewilligt worden seien. Eine Verpflichtung zur Vergabe weiterer Darlehen sei nicht enthalten gewesen. Das Ermessen, das gerichtlich nur beschränkt überprüfbar sei, und zwar darauf, ob der Sozialleistungsträger gemäß § 39 SGB I sein Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung ausgeübt und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens eingehalten hat, sei fehlerfrei ausgeübt worden. Die Beklagte habe auch mit in die Erwägungen einbezogen, dass einerseits der Kläger bei Versagung einer Förderung ggf. sein Unternehmen einstellen müsse und andererseits auch die gesetzlichen Vorgaben des § 3 Abs. 1 SGB II berücksichtigt. Zutreffend habe die Beklagte die Lebenssituiation des Klägers mit einbezogen und die zwischenzeitlich engen Grenzen der Förderungsfähigkeit nach den Richtlinien beachtet.

Gegen das dem Kläger am 10.10.2008 zugestellte Urteil hat er am 10.11.2008 Berufung erhoben. Die Berufung hat er trotz mehrmaliger Aufforderung nicht begründet.

Der Kläger beantragt sinngemaß,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 29.09.2008 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 09.06.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29.03.2007 zu verurteilen, ihm ein Existenzgründungsdarlehen in Höhe von 164.467,- EUR zu gewähren,

hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, seinen Antrag auf Bewilligung eines Existenzgründungsdarlehens unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklage beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für rechtlich zutreffend.

Für den am 14.04.1009 zum 14.05.2009 anberaumten Erörterungstermin hat sich am 17.04.2009 Rechtsanwältin Dr. F bestellt, die Gewährung von Prozesskostenhilfe beantragt und nach Akteneinsicht am 11.05.2009 das Mandat niedergelegt. Zum Erörterungstermin ist der Kläger nicht erschienen und hat eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. A übersandt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze, den übrigen Akteninhalt sowie auf die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

II.

Der Senat konnte gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Beschluss zurückweisen, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Auf die beabsichtigte Entscheidung durch Beschluss hat der Senat die Beteiligten in der Sitzungsniederschrift vom 14.05.2009 hingewiesen.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet. Das SG Köln hat die Klage mit Urteil vom 29.09.2008 zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf sonstige weitere Leistungen nach § 16 Abs. 2 S. 1 SGB II. Sowohl der Haupt- als auch der Hilfsantrag sind nicht begründet.

Die Beklagte hat zu Recht den Anspruch des Klägers auf Gewährung SWL in Höhe von 164.467,- EUR verneint. Denn die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 S. 1 SGB II liegen nicht vor.

Danach können über die in § 16 Abs. 1 SGB II genannten Leistungen hinausgehend weitere Leistungen erbracht werden, die für die Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in das Erwerbsleben erforderlich sind. Die Vorschrift enthält eine Generalklausel für ergänzende Eingliederungsleistungen aller Art, für die die nicht abschließend in Satz 2 der Vorschrift aufgeführten Einzelleistungen die Rolle von Hauptbeispielen übernehmen. Die BA unterscheidet bei den SWL drei grundsätzliche Leistungsbereiche, und hierunter zählt auch der Zuschuss bei Existenzgründung (Voelzke in Hauck-Noftz, Komm. zum SGB II, Stand Mai 2009, Rn. 348). Da § 16 Abs. 2 S. 1 SGB II eine Generalklausel für Ermessens-Eingliederungsleistungen enthält, kann im Falle der Erforderlichkeit der Eingliederungsleistung das Entschließungsermessen entfallen und im Rahmen des Auswahlermessens auch eine darlehensweise Leistungsgewährung in Betracht kommen (BSG, a.a.O., Rn. 28). Dem Gesetz sind dabei die näheren Modalitäten hinsichtlich Art, Dauer und Höhe der weiteren Eingliederungsleistung nicht zu entnehmen. Diese steht grundsätzlich im Ermessen der Verwaltung.

Voraussetzung ist zunächst die Hilfebedürftigkeit des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und die Erforderlichkeit der Leistung für die Eingliederung in das Erwerbsleben (BSG, Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 3/05 R Rn. 18 ff.). Die Erforderlichkeit beurteilt sich nach den Zielvorgaben der §§ 1,3, SGB II i.d.F. vom 24.12.2003. Diese sind zwar für sich nicht anspruchsbegründend, stecken aber als programmatische Kernaussagen und Grundsätze den Leistungsrahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ab (BT-Drucks 15/1516 S 50, 51). Nach § 3 Abs. 1 S. 1 SGB II können Leistungen zur Eingliederung in Arbeit erbracht werden, soweit sie zur Vermeidung oder Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich sind. Die Erforderlichkeit in diesem Sinne kann nur vorliegen, wenn ein Eingliederungserfolg mit hinreichender Sicherheit vorhergesagt werden kann. Diese Prognose wiederum setzt eine Plausibilitätsprüfung voraus und deshalb ein schlüssiges Konzept, wie aus der in Aussicht genommenen Tätigkeit der Lebensunterhalt bestritten werden soll (BSG, a.a.O., Rn. 27; Voelzke, a.a.O., § 16 Rn. 334 ff.). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prognose ist der Abschluss des Verwaltungsverfahrens (BSG, Urteil vom 31.03.1992 - 9b RAr 18/91 SozR 3-4100 Rn. 10). Zu beachten ist in diesem Zusammenhang zum einen, dass die Leistungen des § 16 Abs. 2 S. 1 SGB II auch § 3 Abs. 1. S. 4 gerecht werden muss, d.h. dass bei der Leistungserbringung die Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit beachtet werden müssen (Eicher in Eicher Spellbrink, Kommentar zum SGB II, 2. Auflage 2008, Rn. 175). Zum anderen muss auch das Gebot des § 10 Abs. 1 S. 3 SGB III, bei Arbeitgeberleistungen darauf zu achten, Wettbewerbsverfälschungen zu vermeiden, auf die Leistungsgewährung nach § 16 Abs. 2 S. 1 SGB II übertragen werden. Denn dieses Erfordernis folgt schon aus dem europäischen Wettbewerbsrecht und dem darin verankerten grundsätzlichen Verbot der Gewährung staatlicher Beihilfen (Voelzke, a.a.O., Rn. 344).

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben hat der Kläger weder einen Anspruch auf die Summe von 164.467,- EUR noch einen Anspruch auf Entscheidung der Beklagten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats. Zwar liegt Hilfebedürftigkeit beim Kläger vor. Er hat bereits seit Ende März 2005 im Leistungsbezug bei der Beklagten gestanden. Die Beklagte hat jedoch zu Recht im Widerspruchsbescheid vom 29.03.2007 die Erforderlichkeit der darlehensweisen Gewährung eines Existenzgründungszuschusses verneint. Denn die Gewährung der Eingliederungsleistung nach § 16 Abs. 2 S. 1 SGB II an den Kläger in Höhe von 164.467,- EUR ist nicht erforderlich. Es liegt offensichtlich ein Verstoß gegen § 3 Abs. 1 S. 4 SGB II und zwar gegen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit vor. Zur Begründung verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 29.03.2007. Des Weiteren wäre die darlehensweise Gewährung eines Existenzgründungszuschusses in dieser Höhe an den Kläger auch ein Verstoß gegen das Verbot der Wettbewerbsverfälschung. Denn mit der Leistungsgewährung würde die Beklagte keine Leistung zur Eingliederung in Arbeit gewähren, sondern vielmehr eine Leistung erbringen, die in der Wirtschaft von den Banken angeboten wird. Dieser Sachverhalt wird auch dadurch verdeutlicht, dass der Kläger selbst vorgetragen hat, dass er die Mittel der Beklagten deshalb benötigt, weil die Banken, u.a. auch die E Bank, ihm keine Darlehen zur Finanzierung des Einkaufs und der Vermarktung gewährt. Die Leistung zur Eingliederung in Arbeit verbietet sich daher auch deshalb, weil der Kläger von der Beklagten ein zinsloses Darlehen erhalten würde, für das er unter Wettbewerbsbedingungen die banküblichen Zinsen zahlen und Sicherheiten vorweisen müsste. Eine solche stattliche Subventionierung ist mit dem Wettbewerbsrecht nicht vereinbar. Da somit bereits die Erforderlichkeit der weiteren Leistung nicht vorliegt, bedarf es keiner Überprüfung der Ermessensentscheidung der Beklagten hinsichtlich des Ermessensfehl- oder -nichtgebrauchs bzw. einer Ermessensreduzierung auf Null.

Einen Anspruch kann der Kläger ebenso wenig aus dem Bescheid vom 30.08.2005, mit dem die Beklagte nach § 16 Abs. 2 S. 1 SGB II darlehensweise einen Existenzgründungszuschuss in Höhe von 27.456,75 EUR bewilligt hatte, herleiten. Denn die Beklagte hat im Bescheid ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Leistungen "einmalig" gewährt werden.

Anhaltspunkte für eine Verpflichtung zu einer weiteren Förderung oder gar deren Zusicherung sind aus der Akte nicht zu entnehmen und vom Kläger auch nicht geltend gemacht worden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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