L 5 AS 81/08

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 61 AS 1691/08
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 5 AS 81/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 30. September 2008 und der Bescheid der Beklagten vom 9. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2008 abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger für den Monat Juli 2008 weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 1,32 EUR zu gewähren. 2. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. 3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Höhe des Anspruchs des Klägers auf Leistungen für Unter-kunft und Heizung für den Monat Juli 2008 und insoweit um die Anrechnung eines Gutha-bens aus einer Betriebskostenabrechnung in Höhe von 1,32 EUR auf den Leistungsan-spruch des Klägers im Juli 2008.

Der im Bezug von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ste-hende, 1961 geborene, erwerbsfähige und hilfebedürftige Kläger erhielt von seinem Ver-mieter die Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2007 vom 9. Mai 2008. Aus dieser ergab sich für den Kläger ein nicht den Kosten für Haushaltsenergie zuzuordnendes Gut-haben in Höhe von 1,32 EUR. Im Abrechnungsschreiben des Vermieters heißt es hierzu: "Das Guthaben haben wir Ihrem Mietekonto gutgeschrieben."

Durch Bescheid vom 9. Juni 2008 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen zur Si-cherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1. Juli 2008 bis 31. Dezember 2008. Als Leistungen für Unterkunft und Heizung bewilligte sie für die Zeit vom 1. August 2008 bis 31. Dezember 2008 402 EUR im Monat. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus der Grundnutzungsgebühr für die Wohnung in Höhe von 267 EUR, der Heizkostenvorauszahlung von 30 EUR und der Betriebskostenvorauszahlung von 88 EUR sowie den Wasserkosten in Höhe von 17 EUR im Monat.

Für den Monat Juli 2008 minderte die Beklagte diese für die Folgemonate bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung um 1,32 EUR und leistete dem Kläger nur 400,68 EUR. Hierzu heißt es im Bewilligungsbescheid: "Das Guthaben aus der Betriebs-kostenabrechnung vom 09.06.08 wird mit der Mietzahlung im Monat Juli 2008 verrechnet."

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 16. Juni 2008, bei der Beklagten einge-gangen am 20. Juni 2008, Widerspruch ein. Mit diesem begehrte er auch eine Leistungs-bewilligung für zwölf statt nur sechs Monate.

Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2008 zu-rück. Hiergegen erhob der Kläger am 4. Juli 2008 Klage vor dem Sozialgericht und trug unter anderem vor, das Guthaben sei ihm von seinem Vermieter nicht überwiesen worden.

Das Sozialgericht hat durch Gerichtsbescheid vom 30. September 2008 die Klage abge-wiesen. Der Abzug in Höhe von 1,32 EUR bei den Kosten der Unterkunft für Juli 2008 be-ruhe auf § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II. Denn das Betriebskostenguthaben sei dem Kläger im Juni 2008 gutgeschrieben worden.

Gegen den am 2. Oktober 2008 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 23. Ok-tober 2008 Berufung eingelegt und im Wesentlichen auf sein bisheriges Vorbringen ver-wiesen. Erneut hat er betont, ihm sei das Geld nicht gutgeschrieben worden, vielmehr habe der Vermieter es wegen des Streits um eine Mieterhöhung einbehalten.

Die Beklagte hat zur Berufungserwiderung Bezug auf ihren Widerspruchsbescheid und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts genommen.

Der Berichterstatter hat im Erörterungstermin vom 25. Juni 2009 die Sach- und Rechtsla-ge mit den Beteiligten erörtert. Dabei hat der Kläger den Berufungsrechtsstreit inhaltlich auf die Frage der Anrechnung des Betriebskostenguthabens begrenzt.

Der Kläger beantragt danach sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 30. September 2008 und der Bescheid der Beklagten vom 9. Juni 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 27. Juni 2008 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm für den Monat Juli 2008 weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 1,32 EUR zu gewähren.

Die Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2008,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben sich im Erörterungstermin mit einer schriftlichen Entscheidung durch den Senat einverstanden erklärt.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Prozessakte, der Prozessakten in den Verfahren S 61 AS 2100/08 und S 61 AS 2799/08/L 5 AS 22/09 NZB sowie der Leistungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Ver-handlung nach § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) entscheiden kann, ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und frist-gerecht (§ 151 SGG) erhoben.

Die Berufung bedurfte keiner Zulassung durch das Sozialgericht, denn im Streit und mit der Berufung auch zunächst zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gemacht war neben der Anrechnung eines Guthabens aus einer Betriebskostenabrechnung in Höhe von 1,32 EUR auf den Leistungsanspruch des Klägers im Juli 2008 auch dessen Begehren nach einer Leistungsbewilligung für zwölf statt nur sechs Monate. Dass er dieses Begehren zuletzt nicht weiterverfolgt und seinen Berufungsantrag auf die Frage der Anrechnung des Betriebskostenguthabens begrenzt hat, ändert an der Zulässigkeit der Berufung nichts, denn maßgebender Zeitpunkt ist insoweit der der Einlegung der Berufung. Das spätere Sinken des Beschwerdewerts durch Beschränkung des Berufungsantrags macht die Berufung vorliegend nicht unzulässig (zum maßgebenden Zeitpunkt siehe Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG-Kommentar, 9. Aufl. 2008, § 144 Rn. 19, mit weite-ren Nachweisen).

Streitig ist im Berufungsverfahren nur die Höhe des Anspruchs des Klägers auf Leistungen für Unterkunft und Heizung für den Monat Juli 2008 und insoweit die Anrechnung des Guthabens aus der Betriebskostenabrechnung in Höhe von 1,32 EUR auf den Leistungs-anspruch des Klägers. Die Begrenzung des Streitgegenstands auf die Leistungen für Un-terkunft und Heizung ist zulässig (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, siehe nur BSG Urteil vom 3.3.2009 – B 4 AS 38/08 R; BSG Urteil vom 7.11.2006 – B 7b AS 8/06 R, SozR 4-4200 § 22 Nr. 1). Zulässig ist vorliegend auch die Begrenzung der Berufung auf die Frage der Anrechnung des Betriebskostenguthabens im Juli 2008. Denn im Übrigen hat die Beklagte die tatsächlichen Aufwendungen des Klägers für die Grund-nutzungsgebühr und die Heiz- und Betriebskostenvorauszahlungen übernommen sowie mit der Bewilligung von Wassergeld in Höhe von 17 EUR (Übertrag der Wassergeldpauschale von zuvor 17 EUR auf den neuen Bewilligungszeitraum) deutlich gemacht, auch insoweit die nachgewiesenen tatsächlichen Aufwendungen zu übernehmen. Höhere Leistungen mit Blick auf diese Positionen begehrt der Kläger für den Bewilligungszeitraum nicht.

Diese Berufung des Klägers ist auch begründet. Die allein noch streitige Anrechnung des Guthabens aus einer Betriebskostenabrechnung in Höhe von 1,32 EUR auf den Anspruch des Klägers auf Leistungen für Unterkunft und Heizung im Juli 2008 ist rechtswidrig. Denn für diese Art und Weise der Anrechnung fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Der Kläger hat für den Monat Juli 2008 einen Anspruch aus § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II auf Gewährung weiterer Leistungen für die Unterkunft in Höhe von 1,32 EUR.

Als Rechtsgrundlage für die von der Beklagten vorgenommene Anrechnung des Betriebs-kostenguthabens auf den Anspruch des Klägers auf Leistungen für Unterkunft und Hei-zung kommt nur § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Fortentwick-lung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20. Juli 2006 (BGBl. I S. 1706), in Kraft getreten am 1. August 2006, in Betracht. Danach mindern Rückzahlungen und Guthaben, die den Kosten für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, die nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift entstehenden Aufwendungen; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie beziehen, bleiben insoweit außer Betracht.

Das Guthaben in Höhe von 1,32 EUR ist den Kosten für Unterkunft zuzuordnen, denn es resultiert aus der zu hohen Vorauszahlung im Jahr 2007 für die Betriebskosten, die ihrer-seits Bestandteil der Mietzahlungsverpflichtung sind. Eine Rückzahlung dieser 1,32 EUR vom Vermieter an den Kläger hat vorliegend unstreitig nicht stattgefunden. Das Guthaben in Höhe von 1,32 EUR kann daher die Leistungen für Unterkunft nur mindern, wenn es dem Kläger gutgeschrieben worden ist. Im Abrechnungsschreiben des Vermieters an den Kläger vom 9. Mai 2008 heißt es hierzu: "Das Guthaben haben wir Ihrem Mietekonto gutgeschrieben." Die Beklagte und das Sozi-algericht sind bei ihren Entscheidungen von einer Gutschrift im Juni 2008 ausgegangen. Dass sich die im Abrechnungsschreiben genannte Gutschrift auf die Höhe der Mietzah-lungsverpflichtung des Klägers auswirkte, ist von diesem jedoch bestritten worden und den Unterlagen auch nicht zu entnehmen. Vielmehr lässt ein Vergleich der Abbuchungen des Vermieters vom Konto des Klägers im Mai 2008 (373 EUR) und im Juni 2008 (385 EUR) eine Minderung der Mietzahlung um ein gutgeschriebenes Guthaben nicht erkennen, sondern lediglich die Erhöhung der Betriebskostenvorauszahlung ab 1. Juni 2008 um 12 EUR im Monat, die ebenfalls im Abrechnungsschreiben angekündigt worden war.

Auf telefonische Nachfrage des Berichterstatters hat der Vermieter des Klägers am 24. Juni 2009 mitgeteilt, dem Kläger sei das Guthaben aus der Abrechnung vom 9. Mai 2008 im Folgemonat in der Weise gutgeschrieben worden, dass es mit alten Forderungen gegen den Kläger aus Gerichts- und Anwaltskosten verrechnet worden sei. Eine Verringerung der Kosten der Unterkunft sei damit nicht verbunden gewesen.

Zwar ließe sich nach seinem Normtext auch eine solche Gutschrift noch unter § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II fassen. Doch hält der Senat für die hier vorliegende Konstellation eine tele-ologische Reduktion dieser Norm dahin für erforderlich, dass nur solche Gutschriften die Aufwendungen des Leistungsträgers nach dem SGB II für Kosten der Unterkunft und Hei-zung mindern, die auch die Zahlungsverpflichtungen des Leistungsempfängers für diese Kosten mindern.

Schon aus dem Normtext und der Systematik des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II lässt sich eine Konnexität der Gutschrift mit den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung ableiten. Dass diese Konnexität für eine Anrechnung nach § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II auch notwendige Voraussetzung ist, folgt für den Senat aus dem systematischen Zusammen-hang von § 11 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 1 und 2 und § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sowie dem mit der Einführung des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II verfolgten Sinn und Zweck. Soll die Gutschrift einen Abzug von den tatsächlichen Unterkunftskosten im Folgemonat bewirken, muss sie sich im Monat der Gutschrift auf diese Kosten auch ausgewirkt haben. Sie muss das, was der Leistungsempfänger seinem Vermieter oder sonstigen anderen Empfangs-berechtigten an Kosten für Unterkunft und Heizung hat zuwenden müssen, gemindert haben, soll sie die Aufwendungen des Leistungsträgers für Kosten der Unterkunft und Heizung mindern. Das, was der Leistungsträger nach dem SGB II an Aufwendungen für Kosten der Unterkunft und Heizung zu leisten hat, muss also mit der Zahlungsverpflichtung des Leistungsempfängers für Unterkunft und Heizung, die durch die Gutschrift gemindert worden ist, übereinstimmen.

Wird dagegen, wie vorliegend, das Guthaben aus einer Betriebskostenabrechnung in der Weise gutgeschrieben, dass es mit offenen Gerichts- und Anwaltskosten und damit mit anderen Forderungen als denen für die Zurverfügungstellung von Unterkunft und Heizung verrechnet wird, kann § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II keine Anwendung finden. Denn sonst würden dem Kläger im Juli 2008 Mittel für die Deckung seiner Unterkunftskosten im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II vorenthalten, obwohl sich die Gutschrift zu keinem Zeit-punkt auf diese Kosten ausgewirkt hat und obwohl das, worauf sie sich ausgewirkt haben, nämlich die von ihm seinem Vermieter geschuldeten Gerichts- und Anwaltskosten, vom Kläger als Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II nicht beansprucht werden kann. Im Ergebnis müsste der Kläger die aus der Minderung nach § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II entstehende Bedarfsunterdeckung hinsichtlich seiner tatsächli-chen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung aus seiner Regelleistung ausgleichen.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Vermieter vorliegend zu dieser Art der Gutschrift des Guthabens mietvertraglich berechtigt war. Denn es gilt mit Blick auf § 22 Abs. 1 Satz 1 und 4 SGB II der Grundsatz, dass für die Frage der Hilfebedürftigkeit an die tatsächlichen Verhältnisse anzuknüpfen ist. Tatsächlich aber konnte der Kläger über das Guthaben nicht in der Weise verfügen, dass er seinen Hilfebedarf an Leistungen für Unterkunft und Heizung verringern konnte.

Dass vorliegend eine Anwendung des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II ausscheidet, bedeutet nicht, dass das Guthaben in Höhe von 1,32 EUR und seine Gutschrift leistungsrechtlich unbeachtlich sind und dass entsprechende Guthaben sowie Gutschriften die Leistungs-verpflichtung der Beklagten von vornherein unberührt lassen. Vielmehr handelt es sich insoweit im Monat der Verrechnung durch den Vermieter um einen Einkommenszufluss im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II und vermag dieser nach § 19 Satz 3 SGB II die Geldleistungen der Agentur für Arbeit, hier die Regelleistung nach § 20 Abs. 1 und 2 SGB II, zu mindern. Das ist auch sachgerecht deshalb, weil durch die Verrechnung des Guthabens mit offenen Gerichts- und Anwaltskosten Schulden des Klägers verringert worden sind, für deren Tilgung während des Leistungsbezugs nach dem SGB II er sonst nur seine Regelleistung einsetzen könnte.

Der Einkommenszufluss durch Verrechnung mit diesen Schulden berechtigt vorliegend nur deshalb die Beklagte nicht zu einer Anrechnung auf den Leistungsanspruch des Klä-gers nach § 20 Abs. 1 und 2 SGB II, weil nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 der Arbeitslosen-geld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) in der insoweit unveränderten Fassung vom 17. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2942) einmalige Einnahmen, wenn sie 50 EUR jährlich nicht übersteigen, nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind. Diese Entscheidung des Ve-rordnungsgebers aber kann nicht zu einer anderen rechtlichen Einordnung der hier vor-genommenen Verrechnung des Guthabens führen.

Auch diese Regelung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V war zwar Anlass für die Einfügung der Sonderregelung des § 22 Abs. 1 Satz 4 in das SGB II. Diese diente dazu, die vom Ge-setzgeber angenommene Schieflage zu beseitigen, dass die Berücksichtigung der Be-triebskostenrückzahlungen als Einkommen nicht von vornherein den Bedarf für Unterkunft und Heizung mindere, sondern nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II als Einkommen zu be-rücksichtigen sei. Das habe zur Folge, dass ein Pauschbetrag nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V abgesetzt werden müsse und das zu berücksichtigende Einkommen nach § 19 Satz 3 SGB II zuerst die Geldleistungen der Agentur für Arbeit mindere, obwohl die überzahlten Betriebskostenbeträge zu über 70 % von den Kommunen aufgebracht worden seien (siehe die Darstellung in BSG Urteil vom 15.4.2008 – B 14/7b AS 58/06 R, SozR 4-4200 § 9 Nr. 5). Aus diesem Anlass aber lässt sich nicht der Schluss ziehen, auch ein Betriebskostenguthaben, das nicht in der Weise gutgeschrieben wird, dass sich eine tat-sächliche Minderung des von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II erfassten Bedarfs für Unterkunft und Heizung ergibt, führe zur Anwendung der Sonderregelung des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II.

Der gegenteiligen Auffassung, wie sie von Berlit (LPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, § 22 Rn. 51) vertreten wird, vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Dass Rückzahlungen und Guthaben nach § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II unabhängig davon nicht als Einkommen zu werten sein sollen, ob sie vollständig durch eine Minderung der unterkunftsbezogenen Aufwendungen aufgebraucht werden oder nicht, weist dieser Regelung einen zu weitge-henden Charakter zu. Zwar ist § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II eine Sonderregelung zu § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II, doch dient die abweichende Regelung dem Zweck, tatsächliche Bedarfsminderungen für Unterkunft und Heizung auch bei den Leistungen für Unterkunft und Heizung und zugunsten des für diese zuständigen Leistungsträgers leistungsmindernd zu berücksichtigen. Ein weitergehender, abschließender Charakter des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II, der zu Minderungen des Anspruchs auf Leistungen für Unterkunft und Heizung auch dann führt, wenn insoweit die tatsächlichen Verpflichtungen des Leistungsemp-fängers, wie vorliegend des Klägers, nicht berührt worden sind, ist dieser Sonderregelung nicht beizumessen.

Die Beklagte wird dem Kläger mithin unter Änderung ihrer Bewilligungsentscheidung für Juli 2008 weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 1,32 EUR zu ge-währen haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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