S 82 AS 14094/09

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
82
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 82 AS 14094/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
:
Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 20. August 2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 9. September 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2008 verpflichtet, den Klägern für die Monate September 2008 sowie November 2008 bis einschließlich Februar 2009 monatlich weitere 0,96 EUR für Kosten der Unterkunft und Heizung und für den Monat Oktober 2008 weitere 0,34 EUR für Kosten der Unterkunft und Heizung zu bewilligen. Der Beklagte hat den Klägern 1/20 der außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Kläger begehren im Zeitraum von September 2008 bis einschließlich Februar 2009 die Übernahme höherer Kosten der Unterkunft und Heizung durch geringeren Abzug einer Pauschale für Warmwasseraufbereitung und Kochgasbezug. Die Kläger bewohnten im streitgegenständlichen Zeitraum eine 65,65 qm große 2-Zimmer-Wohnung. Die Wohnung wurde mit Erdgas beheizt, die Warmwasseraufbereitung und die Kochbefeuerung erfolgten mit Gas. Die Bruttowarmmiete belief sich auf 370,86 EUR und setzte sich aus 210,02 EUR Kaltmiete, 89,84 EUR Betriebskostenvorauszahlung sowie 40,00 EUR Heizkostenvorauszahlung zusammen. Die Heizkosten rechneten die Kläger direkt mit dem Gasversorgungsunternehmen ab. Mit Bescheid vom 20. August 2008 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen für den Zeitraum von September 2008 bis einschließlich Februar 2009 in Höhe von monatlich 982,04 EUR. Darin enthalten waren je Kläger 316,00 EUR als Regelleistung sowie 175,02 EUR für die Kosten der Unterkunft. Hiervon hatte der Beklagte monatlich 20,82 EUR in Abzug gebracht. Mit Schreiben vom 27. August 2008 rechnete der Vermieter der Kläger über die Betriebskosten des Jahres 2007 ab, es ergab sich eine Nachzahlung von 38,62 EUR, zahlbar im Oktober 2008. Mit Änderungsbescheid vom 9. September 2008 berücksichtigte der Beklagte die Betriebskostennachzahlung im Monat Oktober 2008 und bewilligte für diesen Monat je Kläger 194,33 EUR an Unterkunftskosten. Am 16. September 2008 legten die Kläger gegen die Bewilligungsentscheidung vom 20. August 2008 Widerspruch ein und begehrten die Auszahlung der Unterkunftskosten ohne Abzug einer Pauschale für Warmwasser und Kochgas sowie die Übernahme weiterer Stromkosten. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 8. April 2009 zurück. Zur Begründung führte er aus, dass ein Abzug für Warmwasser und Kochgas zulässig sei, sich die Höhe aus dem hierfür vorgesehenen Anteil der den Klägern gewährten Regelleistung ergebe und dieser Anteil nach der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2003 zu bemessen sei. Das Bundessozialgericht habe im Urteil vom 27. Februar 2008 verkannt, dass die Regelsätze auf der Grundlage der EVS 2003 neu bemessen worden seien. Mit der am 8. Mai 2009 erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren auf Zahlung höherer Unterkunftskosten weiter und wenden sich gegen den Pauschalabzug insgesamt. Nach einem Hinweis des Gerichts im Erörterungstermin am 16. Oktober 2009 zur Zulässigkeit des Abzugs dem Grunde nach beantragten die Kläger unter Klagerücknahme im Übrigen, den Beklagten unter Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 20. August 2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 9. September 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. April 2009 zu verurteilen, den Klägern im Zeitraum von September 2008 bis einschließlich Februar 2009 Kosten der Unterkunft und Heizung unter Abzug von Pauschalen, die sich nach der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 1998 richten, zu gewähren. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid. Die Kläger und der Beklagte haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Leistungsakten des Beklagten verwiesen, die der Kammer vorlagen und Gegenstand der Beratung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben, § 124 Abs. 2 SGG. Die zulässige Klage ist begründet. Der angegriffene Bescheid vom 20. August 2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 9. September 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2008 ist in Bezug auf Höhe des vorgenommenen Abzuges für die Warmwasseraufbereitung und den Kochgasbezug rechtswidrig und verletzt die Kläger insoweit in ihren Rechten. Mit der vorliegenden Klage haben die Kläger ihr Begehren auf die Überprüfung der Entscheidung über die Kosten für Unterkunft und Heizung beschränkt. Diese Beschränkung des Streitgegenstandes ist zulässig. Bei der Festsetzung der Leistungen für Unterkunfts- und Heizkosten handelt es sich um eine abtrennbare Verfügung des Gesamtbescheides, über die das Gericht bei entsprechendem Antrag isoliert entscheiden kann (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 7. November 2006, Az B 7b AS 8/06 R). Die Kläger haben im streitgegenständlichen Zeitraum von September 2008 bis Februar 2009 Anspruch auf Übernahme höherer Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung. Nach § 19 S. 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Nach § 20 Abs. 2 S. 1 SGB II beträgt die monatliche Regelleistung für Personen, die allein stehend oder allein erziehend sind oder deren Partner minderjährig ist, ab 1. Juli 2008 351,00 EUR. Die Regelleistung beträgt gemäß § 20 Abs. 3 SGB II jeweils 90 % der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 SGB II, wenn zwei Partner der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet haben, somit ab 1. Juli 2008 316,00 EUR. Nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Ein Anspruch auf Übernahme der Heizkosten besteht jedoch nur, sofern der Bedarf nicht bereits anderweitig gedeckt ist. Die Kosten der Warmwasseraufbereitung und des Kochgasbezuges sind bereits von der Regelleistung nach § 20 SGB II erfasst. Denn nach § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II umfasst die Regelleistung auch die auf die "Haushaltsenergie ohne die auf die auf die Heizung entfallenden Anteile". Sofern keine konkrete Erfassung der Warmwasserbereitung möglich ist, darf (nur) der tatsächlich von der Regelleistung umfasste Betrag von den Kosten der Unterkunft herausgerechnet und in Abzug gebracht werden, um eine Doppelgewährung zu vermeiden (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts vom 27. Februar 2008 – B 14/11b AS 15/07). Das Bundessozialgericht hat in dieser Entscheidung klargestellt, dass die Festsetzung der Höhe der Regelleistung durch den Gesetzgeber in § 20 Abs. 2 SGB II ein normativ-wertender Prozess ist, welcher in seinen einzelnen Schritten keinen naturwissenschaftlich-mathematisch ableitbaren Richtigkeitsansprüchen unterliegt. Maßgeblich ist daher, mit welchem Anteil des Regelsatzes der Gesetzgeber die Haushaltsenergie bemessen hat. Der Beklagte geht zu Unrecht davon aus, dass Berechnungsgrundlage für die Ermittlung des auf die Warmwasseraufbereitung und den Kochgasbezug entfallenen Regelsatzanteils die EVS 2003 sei und bringt daher den in dieser Einkommens- und Verbrauchsstichprobe enthaltenen, höheren Anteil für die Warmwasserwasseraufbereitung in Abzug. Jedoch ist nicht die Einkommens- und Verbrauchstichprobe 2003 (i.F. EVS 2003), sondern die Einkommens- und Verbrauchstichprobe 1998 (i.F. EVS 1998) Grundlage der Regelsatzbemessung nach dem SGB II. Darin folgt die Kammer der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Urteil vom 27. Februar 2008, Az. B 14/11b AS 15/07, Rdnr. 24 ff., sowie im Urteil vom 22. September 2009, B 4 AS 8/09 R Rdnr. 28 ff; ebenso auch OLG Niedersachsen-Bremen, Urt. v. 11.12.2008, L 13 AS 210/08; vorgehend SG Oldenburg, Urt. v. 18.06.2008, Az: S 47 AS 238/08; SG Darmstadt, Urteil vom 22.04.2009, Az.: S 22 AS 724/08; SG Berlin, Urteil vom 27.03.2009 - S 26 AS 19501/08; SG Detmold, Urt. v. 13.03.2009, S 13 AS 21/07; SG Lüneburg, 11.01.2009, S 25 AS 2115/08 ER - jeweils zitiert nach juris; a.A. Schwabe, ZfF 2007, 25 und ZfF 2009, 145, 149. Nach Überzeugung der Kammer fließen die Kosten der Warmwasserbereitung mit 5,70 EUR und die Kosten für Kochgasbezug mit 4,24 EUR in die Regelleistung von 316,00 EUR ein. Sie bemessen sich nach den durch die EVS 1998 vorgegebenen Anteilen. Die erstmalige Bemessung des Regelsatzes nach § 20 Abs. 2 SGB II erfolgte mit der Entstehung des SGB II zum 1. Januar 2005 durch das "Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt". Der Gesetzgeber verwies in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/1516, S. 56) auf die Regelungen im SGB XII einschließlich der Regelsatzverordnung vom 03. Juni 2004 (BGBl. I 2004, S. 1067, Begründung siehe BR Drs-206/04) als Referenzsystem und bezog damit die EVS 1998 als Grundlage in die gesetzgeberische Entscheidung zu erstmaligen Bemessung des SGB-II-Regelsatzes ein. Zugleich regelte der Gesetzgeber in § 20 Abs. 4 SGB II das Verfahren für die Anpassung und Neubemessung der Regelleistung. Er legte fest, dass eine jährliche Anpassung der Regelleistung durch Kopplung an den Rentenwert der gesetzlichen Rentenversicherung ohne weitere gesetzgeberische Willensbetätigung durch Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales erfolgt, während für eine Neubemessung des Regelsatzes, also dessen strukturelle Änderung, ein gesetzgeberischer Akt erforderlich ist. In der Sozialhilfe ist gemäß § 28 Abs. 3 S. 4 und 5 SGB XII die Regelsatzbemessung anhand der Einkommens- und Verbrauchsstichproben zu überprüfen und ggf. weiterzuentwickeln. Aufgrund der Verordnungsermächtigung in § 40 SGB XII kann der SGB-XII-Regelsatz durch Rechtsverordnung neu bemessen und angepasst werden. Eine solche Verordnungsermächtigung fehlt im SGB II. Nach § 20 Abs. 4 Satz 2 SGB II findet für die Neubemessung des SGB-II-Regelsatzes ausdrücklich nur § 28 Abs. 3 Satz 5 SGB XII entsprechende Anwendung, wonach die Bemessung überprüft und weiterentwickelt wird, sobald die Ergebnisse einer neuen EVS vorliegen. Anders als im SGB XII ist keine Neubemessung auf allein untergesetzlicher Ebene vorgesehen, erforderlich ist eine gesetzgeberische Entscheidung. Eine Neubemessung des SGB II-Regelsatzes erfolgte – jedoch ohne Beachtung der EVS 2003 – letztmalig bei Anpassung der Regelsätze Ost und West mit Gesetz vom 24. März 2006. Nachfolgende Regelsatzanpassungen erfolgten lediglich durch Bekanntmachung der dynamisierten Regelsatzhöhe, ohne dass das Verhältnis der darin enthaltenen, auf Basis der EVS 1998 gewichteten Anteile verändert wurde. Mit dem "Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze" vom 24. März 2006 (BGBl. 2006 I, S. 558) wurden die damals noch unterschiedlich hohen Regelsätze Ost und West angeglichen, ohne dass der Gesetzeswortlaut Anhaltspunkte für eine Einbeziehung der Regelsatzbemessung nach der EVS 2003 bietet. Aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes ergibt sich eindeutig, dass der Gesetzgeber von der Einbeziehung der EVS 2003 ausdrücklich abgesehen hat. Auf den Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 2. September 2005 (siehe BT-Drs. 657/05) nahm der Bundesrat in seiner Sitzung am 14. Oktober 2005 wie folgt Stellung (BT-Drs. 16/99, S. 8): "Mit der beabsichtigten Erhöhung der Regelleistung für die neuen Länder wird die bundesgesetzlich nach § 20 Abs. 4 SGB II vorgesehene Anpassungssystematik durchbrochen, wonach sich die Höhe der Regelleistung an den Veränderungen des aktuellen Rentenwertes bzw. den Anpassungen im SGB XII orientiert. Eine Entscheidung über die Änderung der Höhe der Regelleistung sollte bis zu der für Ende 2005 zu erwartenden Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) 2003 zurückgestellt werden." Dem erteilte die Bundesregierung in einer Gegenäußerung aus politischen Gründen eine Absage und äußerte sich wie folgt (BT-Drs. 16/99, S. 9): "Es soll, unabhängig von den Ergebnissen der Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2003, eine bundeseinheitliche Regelleistung im Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende festgelegt werden. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung setzt dies um." Den in der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales des Bundestages vom 13. Februar 2006 erhobenen Bedenken gegen eine Abkehr von der gesetzlichen Anpassungssystematik vor Auswertung der EVS 2003 (BT- Drs. 16/688 S. 10-12) folgte der Ausschuss nicht und empfahl in seiner Sitzung am 15. Februar 2006 dem Deutschen Bundestag die Annahme des Gesetzentwurfs. Die unveränderte Umsetzung erfolgte mit Gesetz vom 24. März 2006 (BGBl. 2006 I, S. 558). Auch in der nachfolgenden Änderung des § 20 SGB II erfolgte keine Neubemessung der Regelsätze auf der Grundlage der EVS 2003, da diese noch nicht in das Gesetzgebungsverfahren einfloss. Mit dem "Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende" vom 20. Juli 2006 (BGBl. 2006 I, S. 1706) stellte der Gesetzgeber lediglich klar, dass die Regelleistung die Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung entfallenden Anteile umfasst, ohne den Regelsatz selbst neu zu bemessen. In der Entwurfsbegründung vom 9. Mai 2006 wird ausgeführt (BT-Drs. 16/1410, S. 23): "Die Regelung stellt klar, dass die Regelleistung auch die Bedarfe für Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung entfallenden Anteile erfasst. Die Klarstellung ist vor dem Hintergrund notwendig, dass die Sozialhilfe grundsätzlich als Referenzsystem für die Bemessung der Regelleistung im SGB II dient. Bei der Bemessung des Regelsatzes nach der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe werden insbesondere auch die Bedarfe für die Kochfeuerung, die Warmwasserbereitung und Beleuchtung berücksichtigt. Eine Übernahme dieser Kosten im Rahmen der Leistungen für Unterkunft und Heizung würde daher zu einer systemwidrigen "doppelten" Leistungserbringung führen." Eine Auseinandersetzung mit dem Verhältnis der einzelnen Anteile der Regelleistung erfolgte nicht. Da erst kurz zuvor, am 15. Juni 2006, zunächst nur die Unterrichtung des Ausschusses für Arbeit und Soziales durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales über die Auswertung der EVS 2003 als Grundlage der Neubemessung der Regelsätze nach dem SGB XII erfolgt war (BT-Drs. 16(11)286), konnte die EVS 2003 keinen Eingang in das Gesetzgebungsverfahren zum "Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende finden. Da sich mit der EVS 2003 die Summe der einzelnen Abteilungswerte nicht veränderte und sich ein Sozialhilferegelsatz von ebenso 345 EUR ergab, ist zu vermuten, dass der Gesetzgeber auch keinen Anlass für eine Neubemessung des Regelsatzes sah. Im Jahr 2006 blieb somit eine gesetzgeberische Neubemessung der Regelsätze im SGB II aus. Damit blieb eine Neubemessung des SGB-II-Regelsatzes im Jahr 2006 aus, wovon auch der Beklagte ausgeht. Die weiteren Regelsatzanpassungen erfolgten lediglich durch Bekanntmachung der nach der Entwicklung der Rentenwerte dynamisierten Regelsätze auf 347 EUR zum 1. Juli 2007 (BGBl. I 2007, S. 1139), auf 351 EUR zum 1. Juli 2008 (BGBl. I 2008, S. 1102) sowie auf 359 EUR zum 1. Juli 2009 (BGBl. I 2009, S. 1342). Mit der Einführung des § 74 SGB II, nach welchem vorübergehend in der Zeit vom 1. Juli 2009 bis zum 31. Dezember 2011 Kindern ab Beginn des 7. Lebensjahres bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 70 % der Regelleistung zugedacht wurden, erfolgte schließlich auch keine Neubemessung des Regelsatzes. Der Gesetzgeber bewährte lediglich einen prozentual erhöhten Satz für ältere Kinder, um deren gestiegenen Bedarf zu befriedigen. Eine Neujustierung der Regelsatzanteile erfolgte damit nicht, da wiederum anteilig der nach der EVS 1998 bemessene Regelsatz gewährt und nur eine provisorische Regelung eingeführt wurde. Die Anteile der Kosten der Warmwasserbereitung und die Kosten für Kochgasbezug sind somit anhand des in der Regelleistung nach Vorgaben der EVS 1998 enthaltenen Haushaltsenergieanteils zu bestimmen. Nach der EVS 1998, auf welche das Bundessozialgericht auch ausdrücklich Bezug nimmt, entsprachen die Gesamtausgaben in der Abteilung 04 (Wohnung, Wasser, Strom, Gas und Brennstoffe) einem Wert von 313,23 EUR. Hieraus werden als Regelsatz relevant 24,18 EUR anerkannt, aus denen die Kosten für Reparatur und Instandhaltung der Wohnung in Höhe von 4,84 EUR herauszurechnen sind, sodass insgesamt für Strom/Haushaltsenergie 19,34 EUR regelsatzrelevant wurden. Die aus der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 1998 gewonnenen Werte bzw. anerkannten Regelsatzbestandteile wurden zum 1. Januar 2005 um (kumulativ) 7,23 % dynamisiert bzw. angepasst entsprechend der Entwicklung des aktuellen Rentenwerts im Zeitraum vom 1. Juli 1998 bis 1. Januar 2005 (vgl. BT-Drucks 206/04, S. 13) woraus sich der Betrag für Haushaltsenergie in Höhe von 20,74 EUR monatlich bei einem Regelsatz von 345 EUR ergibt. Eine weitere Aufgliederung dieses Betrages in Einzelpositionen kann weder den Materialien noch der EVS entnommen werden. Da in der Regel der gesamte elektrische Energieverbrauch eines Haushalts über einen Zähler gemessen wird, lässt sich der Energieaufwand für Warmwasserbereitung nicht exakt messen, sondern lediglich schätzen. Mangels anderer Anhaltspunkte greift die Kammer daher in Übereinstimmung mit dem Urteil des BSG vom 27. Februar 2008 (a.a.O.) auf die Empfehlung des Deutschen Vereins aus dem Jahre 1991 zurück, nach der auf der Grundlage verschiedener Modellrechnungen die Kosten der Warmwasserbereitung mit 30 % des im Regelsatz enthaltenen Betrags für Haushaltsenergie anzusetzen sind (vgl. NDV 1991, 77). Die Kochgaspauschale ist mit 22,3 % des im Regelsatz enthaltenen Betrags für Haushaltsenergie anzusetzen. Die Regelsatzleistung des § 20 SGB II wurde entsprechend § 20 Abs. 4 Satz 1 SGB II dynamisiert. Im Verhältnis der Erhöhung der Regelleistung von 345 EUR ergibt sich ein relativer Anstieg unter Einbeziehung der Rundungen zum 1. Juli 2007 um 0,579 %, zum 1. Juli 2008 um 1,739 % sowie zum 1. Juli 2009 um 4,058%. Dementsprechend ist auch der für Haushaltsenergie anerkannte Betrag in Höhe von 20,74 EUR um 0,579 % bzw. 1,739 % bzw. 4,058 % zu dynamisieren. Daraus ergibt sich bei voller Regelleistung ein Betrag für Haushaltsenergie in Höhe von monatlich 20,86 EUR von 347 EUR, von monatlich 21,10 EUR bei einer Regelleistung von 351 EUR sowie von monatlich 21,58 EUR bei einer Regelleistung von 359 EUR. Die Anteile der Regelsätze nach § 20 Abs. 2 S. 2 SGB II, § 20 Abs. 2a SGB II, § 20 Abs. 3 SGB II, § 74 SGB II sowie nach § 28 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II ergeben sich anteilig. Von den tatsächlichen Aufwendungen der Kläger für Unterkunft und Heizung von 370,86 EUR ist der in der Regelleistung enthaltene Anteil für die Warmwasseraufbereitung und Kochgas von insgesamt 52,3 % des im Regelsatz enthaltenen Betrags für Haushaltsenergie in Abzug zu bringen. In einem Regelsatz von 316 EUR (90 % von 351 EUR) sind 18,99 EUR (90 % von 21,10 EUR) Haushaltsenergie enthalten, 52,3 % davon entsprechen je Kläger 9,93 EUR. Für beide Kläger war zur Vermeidung einer Doppelzahlung ein Abzug von den tatsächlichen Unterkunftskosten in Höhe von monatlich 19,86 EUR zulässig. Somit waren den Klägern nach § 22 Abs. 1 SGB II von den Unterkunftskosten in Höhe von insgesamt 370,86 EUR monatlich insgesamt 351,00 EUR für die Monate September 2008 sowie November 2008 bis einschließlich Februar 2009 zu bewilligen. Damit ergibt sich für diese Monate ein jeweils um 0,96 EUR höherer Anspruch. Für Oktober 2008 bestanden unter Hinzurechnung der Betriebskostennachzahlung von 38,62 EUR angemessene Aufwendungen für die Unterkunft von insgesamt 389,62 EUR. Nach § 41 Abs. 2 SGB II ist dieser Betrag auf einen vollen EUR-Betrag aufzurunden, so dass im Oktober 2008 ein Anspruch der Kläger von insgesamt 390,00 EUR bestand und sich ein um 0,34 EUR höherer Anspruch der Kläger ergibt. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt die Anteile des Obsiegens und Unterliegens der Kläger, die zunächst die Gewährung von Kosten der Unterkunft gänzlich ohne Pauschalabzüge begehrt haben. Die Berufung war nach § 144 SGG zuzulassen. Die Berufungszulassung war erforderlich, da der Berufungsstreitwert gemäß § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG von 750,00 EUR nicht erreicht ist und die Klage keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft, § 144 Abs. 1 S. 2 SGG. Nach Auffassung der Kammer hat die Rechtssache jedoch grundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG, da der Beklagte sowie das Bundesministerium für Arbeit und Soziales durchweg von der Geltung der EVS 2003 auch für die Regelsätze des SGB II ausgehen und damit höheren Anteile für die Warmwasseraufbereitung in Abzug gebracht werden.
Rechtskraft
Aus
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