S 10 AS 53/09

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Fulda (HES)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Fulda (HES)
Aktenzeichen
S 10 AS 53/09
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 125/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zu den Voraussetzungen zusätzlichen Wohnflächenbedarfs im Zusammenhang mit der Wahrnehmung des Umgangsrechts mit getrennt lebenden Kindern.

Ein zusätzlicher Wonflächenbedarf ist ausschließlich beim Unterkunftskostenbedarf des jeweiligen Elternteils zu berücksichtigen (keine anteilige Leistungsgewährung an getrennt lebende Kinder).

Bei Nichtvorliegen eines schlüssigen Konzepts zur Ermittlung der Unterkunftskosten und mangelnden Erkenntnismöglichkeiten des Gerichts sind die Kosten in tatsächlicher Höhe zu übernehmen, solange sie nicht evident unangemessen sind. Die Evidenzgrenze wird – bezogen auf den konkret streitgegenständlichen Zeitraum Februar bis Juli 2009 - nicht erreicht, solange die Tabellenwerte des § 12 WoGG zuzüglich eines Zuschlages i.H.v. weiteren 10 % nicht überschritten werden.
1. Der Bescheid vom 15.01.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.02.2009 wird abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum Februar bis Juli 2009 weitere Unterkunftskosten in Höhe von 101,80 Euro monatlich sowie weitere Heizkosten in Höhe von 28,50 Euro für die Monate Februar bis Juni 2009 und in Höhe von 28,35 Euro für den Monat Juli 2009 zu gewähren.

2. Der Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Höhe der dem Kläger zustehenden Leistungen nach dem SGB II, konkret um die Höhe der Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II für den Zeitraum Februar bis Juli 2009.

Der Kläger bezog von dem zum damaligen Zeitpunkt als SGB II-Träger zuständigen Landkreis M (im folgenden M.) seit dem Jahre 2005 Leistungen nach dem SGB II. Der Kläger ist der Vater der Beigeladenen zu 1) und 2). Der Beigeladene zu 1) ist am xx.xx.1997, der Beigeladene zu 2) ist xx.xx.1999 geboren. Im Mai 2008 trennte sich der Kläger von seiner Ehefrau, welche daraufhin mit den Beigeladenen am 16.05.2008 aus der gemeinsamen Wohnung in eine andere Wohnung am Wohnort des Klägers verzog. Die Wohnung, in welcher der Kläger seit dem Auszug seiner Ehefrau und der Beigeladenen allein lebt, weist eine Wohnfläche von 86 m² auf. Diese Wohnfläche verteilt sich ausweislich der Mietbescheinigung der Vermieterin vom 22.11.2005 auf eine Küche, ein Wohnzimmer, ein Schlafzimmer, zwei sonstige Wohnräume sowie zwei Nebenräume. Nach dem Mietvertrag ist für die im Jahr 1989 errichtete Wohnung eine monatliche Grundmiete in Höhe von 350,00 EUR zuzüglich 75,00 EUR Betriebskosten sowie 75,00 EUR Heizkosten zu zahlen. Der Beklagte weist die Miete monatlich unmittelbar an die Vermieterin an.

Ausweislich einer am 11.12.2008 vor dem Amtsgericht G. geschlossenen Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Kindesmutter steht dem Kläger unter anderem das Recht zu, die Beigeladenen jeweils an drei Wochenenden hintereinander in der Zeit von Freitag, 16.00 Uhr bis Sonntag, 18.00 Uhr, zu sich zu nehmen. Jedes vierte Wochenende verbringen die Beigeladenen entsprechend der Vereinbarung bei der Kindesmutter. Darüber hinaus wurde vereinbart, dass die Beigeladenen die Osterferien eines jeden Jahres sowie die erste Ferienhälfte der Sommerferien und in jedem zweiten Jahr die Weihnachtsferien bei dem Kläger verbringen.

Für den regelmäßigen Aufenthalt der Beigeladenen beim Kläger gewährt der zuständige Sozialhilfeträger diesen anteilige Regelleistungen.

Mit Schreiben des M. vom 04.07.2008 teilte dieser dem Kläger mit, dass die Unterkunftskosten als unangemessen hoch angesehen werden. Als angemessen erachtete der M. eine Grundmiete in Höhe von 280,00 EUR monatlich, ausgehend von einer für eine Person angemessenen Wohnfläche von 45 m². Der Kläger wurde dementsprechend unter Fristsetzung bis zum 31.01.2009 aufgefordert, die Unterkunftskosten zu senken, verbunden mit dem Hinweis, dass ab 01.02.2009 nur noch die angemessenen Unterkunftskosten berücksichtigt werden könnten.

Mit Bescheid vom 15.01.2009 bewilligte der M. dem Kläger Leistungen für den Zeitraum Februar 2009 bis Juli 2009 in Höhe von 840,77 EUR monatlich. In diesem Zusammenhang wurde als Unterkunftsbedarf des Klägers auf der Basis der von M. anerkannten Unterkunfts- und Heizkosten lediglich eine Kaltmiete in Höhe von 280,00 EUR zuzüglich 43,20 EUR Betriebskosten (entspr. 45 m² x 0,96 EUR), EUR sowie weiterer 46,80 EUR Heizkosten (entspr. 45 m² x 1,04 EUR) anerkannt. Von den Heizkosten wurde zudem ein Betrag in Höhe von 6,63 EUR für die Warmwasseraufbereitung abgesetzt.

Am 27.01.2009 erhob der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten gegen das Schreiben vom 04.07.2008 (Aufforderung zur Kostensenkung) sowie gegen den Bescheid vom 15.01.2009 Widerspruch und führte zur Begründung aus, dass der Bescheid vom 04.07.2008 bereits deshalb rechtswidrig sei, da die Angemessenheit der Unterkunftskosten nicht individuell für den Einzelfall ermittelt worden seien. Daneben vertrat der Kläger die Auffassung, dass der Bescheid vom 15.01.2009 insoweit rechtswidrig sei, als dort nicht die tatsächlichen Unterkunftskosten des Klägers berücksichtigt wurden. Der Kläger berief sich insoweit auf den oben genannten familiengerichtlichen Vergleich vom 11.12.2008.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.02.2009 wies der M. den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück und führte zur Begründung an, dass das Schreiben vom 04.07.2008 nicht die Voraussetzungen eines Verwaltungsaktes erfülle, der Widerspruch mithin insoweit unzulässig sei. Im Hinblick auf den Bescheid vom 15.01.2009 vertiefte der M. die Ausführungen aus dem Schreiben vom 04.07.2008.

Mit seiner am 09.03.2009 zum Sozialgericht Fulda erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Klagebegründung führt der Kläger aus, dass er nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet sei, sein Umgangsrecht gegenüber den Beigeladenen wahrzunehmen. Dies sei nur in einer Wohnung in der derzeit angemieteten Größe realisierbar, damit er seinen Kindern auch ein weiteres Zimmer zur Verfügung stellen könne.

Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 15.01.2009 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 19.02.2009 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger für den Zeitraum Februar 2009 bis Juli 2009 Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, dass dem Kläger nicht schon aufgrund der Tatsache, dass sich die Beigeladenen einige Tage im Monat bei ihm aufhalten, ein Anspruch auf Kosten der Unterkunft für eine für den Kläger allein zu große und zu teure Wohnung zusteht. Es sei dem Kläger sowie den Kindern zuzumuten, sich für die Dauer der Aufenthalte, auch wenn sie nicht nur als Besuche gelten, in einer kleineren Wohnung einzurichten. Dies folge insbesondere daraus, der sich die Kinder nur einige Tage im Monat und zeitweise während der Ferien bei dem Kläger aufhalten. Hinsichtlich der übrigen Zeiten im Monat sei der Kläger ansonsten gegenüber Hilfebedürftigen, die gemeinsam mit ihren Kindern dauerhaft in einer Wohnung leben sowie gegenüber alleinstehenden Hilfebedürftigen im Vorteil.

Als Grundlage der durchgeführten Ermittlungen der Kosten der Unterkunft legte der Beklagte dem Gericht eine tabellarische Aufstellung über die Mietobergrenzen im Landkreis M. vor. Danach wird für den Wohnort des Klägers für eine Person bei einer maximal angemessenen Wohnungsgröße von 45 m² eine Grundmiete ohne Nebenkosten in Höhe von maximal 280,00 EUR anerkannt. Des Weiteren wird in einer Fußnote der tabellarischen Aufstellung zur Grundlage der Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft ausgeführt: "Teilweise § 8 WoGG bzw. ab 2009 nach § 12 WoGG; Richtlinien des sozialen Wohnungsbaus; Mietpreisermittlung des XY-Kreises - September 2007". Auf weitere Nachfrage des Gerichts führte der Beklagte daneben aus, dass zur Ermittlung der Mietobergrenzen auf Wohnungsangebote aus den regionalen Zeitungen, dem Internet sowie Direktwohnungsangebote von Vermietern und Bestandsmieten aus dem internen EDV-System des Beklagten (ZZ.) zurückgegriffen werde. Dabei seien sowohl bestehende Mietverhältnisse als auch Angebotsmieten berücksichtigt worden, wobei nicht ausgeschlossen werden könne, dass die in der örtlichen Tagespresse aufgeführten Wohnungsanzeigen bei der Ermittlung mehrfach berücksichtigt wurden. Grundsätzlich werde jedoch versucht, bei der manuellen Auswertung der veröffentlichten Angebote dauerhaft inserierte Wohnungen nicht zu berücksichtigen. Zur Frage des Gerichts, wie viele Mietverhältnisse in die Ermittlung einbezogen worden seien und welchem prozentualen Anteil, bezogen auf sämtliche Mietverhältnisse des zu berücksichtigenden Wohnungsmarktes dies entspreche, führte der Beklagte aus, dass ein prozentualer Anteil nicht genannt werden könne. Der Beklagte legte in diesem Zusammenhang eine tabellarische Aufstellung vor, wonach für die Gemeinde W. im Jahr 2008 40 Wohnungsangebote betreffend Wohnungen mit einer Wohnfläche bis zu 45 m² aus regionalen Zeitungen, dem Internet und anrufenden Vermietern berücksichtigt worden seien; im Jahr 2009 waren es 46 Wohnungen. Daneben geht aus dieser Aufstellung hervor, dass aus dem internen EDV-System des Beklagten (ZZ.) im Jahr 2008 insgesamt 389 Datensätze und im Jahr 2009 insgesamt 396 Datensätze sämtlicher Bestandsmieten zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft berücksichtigt wurden. Des Weiteren legte der Beklagte eine Vergleichsberechnung zum Mietspiegel der Stadt H. und Umgebung vor.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Leistungsakte des Beklagten verwiesen.

Der M. hat mit Wirkung zum 01.01.2010 gem. §§ 2b ff. des Hessischen OFFENSIV-Gesetzes vom 20.12.2004 (GVBl. I 2004, 488) zur Wahrnehmung der ihm als Optionskommune im Sinne von § 6a SGB II obliegenden Aufgaben eine Anstalt des öffentlichen Rechts mit der Bezeichnung "K.". K. nimmt künftig alle dem M. übertragenen Aufgaben und Zuständigkeiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der kommunalen Leistungen nach dem SGB II wahr, insbesondere die Durchführung von Widerspruchs- und Sozialgerichtsverfahren, einschließlich aller zum Zeitpunkt 31.12.2009 nicht beendeter Verfahren.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig. Insbesondere stellt die oben geschilderte Funktionsnachfolge des Beklagten im Hinblick auf bereits anhängige Verfahren keine Klageänderung, sondern einen Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes dar mit der Folge, dass das Passivrubrum von Amts wegen zu berichtigen war (BSGE 62, 269; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 99, RdNr. 6a m.w.N.).

Die Klage ist auch begründet. Der Bescheid vom 15.01.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.02.2009 ist insoweit rechtswidrig, als dem Kläger nicht die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung gewährt wurden und verletzt den Kläger dementsprechend in seinen Rechten.

Der Kläger hat im tenorierten Umfang einen Anspruch auf weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung nach den Bestimmungen des SGB II. Insoweit hat die Kammer keine Bedenken, dass der Kläger dem berechtigten Personenkreis des § 7 Abs. 1 SGB II unterfällt und daneben im streitgegenständlichen Zeitraum auch hilfebedürftig im Sinne von § 9 Abs. 1 SGB II war. Weiterhin bestehen auch gegen die Beschränkung des Streitgegenstandes keine Bedenken. Bei der Festsetzung der Leistungen für Unterkunfts- und Heizkosten handelt es sich nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts um eine abtrennbare Verfügung des Gesamtbescheides, über die das Gericht bei entsprechendem Antrag isoliert entscheiden kann (vgl. nur BSG, Urt. vom 07.05.2009 - B 14 AS 31/07 R – m.w.N., zit. nach juris).

Der Anspruch des Klägers folgt aus § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II. Danach werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Die Kammer ist insoweit zu der Auffassung gelangt, dass die vom Kläger nach dem Mietvertrag zu zahlenden tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft angemessen sind.

Die Angemessenheit der Wohnkosten ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG (Urt. vom 22.09.2009 – B 4 AS 18/09 R sowie vom 18.06.2008 - B 14/7b AS 44/06 R, beide zit. nach juris) in mehreren Schritten zu prüfen: Zunächst ist die angemessene Wohnungsgröße zu ermitteln. Alsdann ist festzustellen, ob die angemietete Wohnung dem Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard entspricht, der sich in der Wohnungsmiete niederschlägt. Vergleichsmaßstab sind insoweit die räumlichen Gegebenheiten am Wohnort des Hilfebedürftigen, wobei die örtlichen Gegebenheiten auf dem Wohnungsmarkt zu ermitteln und zu berücksichtigen sind (abstrakte Angemessenheit). Schlussendlich gilt es festzustellen, ob für den Hilfebedürftigen eine andere bedarfsgerechte und kostengünstigere Wohnung konkret verfügbar und zugänglich war (konkrete Angemessenheit).

Als Grundlage für die Bestimmung der Wohnungsgröße kann in Übereinstimmung mit der zuvor zitierten Rechtsprechung des BSG insbesondere aus Gründen der Rechtssicherheit und Praktikabilität auf § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung vom 13.09.2001 (WoFG, BGBl I 2376) abgestellt werden. Danach können die Länder im geförderten Mietwohnungsbau die Anerkennung von bestimmten Grenzen für Wohnungsgrößen nach Grundsätzen der Angemessenheit regeln. Hierbei erlassen die einzelnen Bundesländer Richtlinien, wobei für das Bundesland Hessen auf die Richtlinie des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung zur sozialen Wohnraumförderung vom 20.02.2003 (StAnz. S. 1346), zuletzt geändert am 19.01.2004 (StAnz. S. 628) zurückgegriffen werden kann. Danach beträgt entsprechend Nr. 4.2.1 der Richtlinie die förderfähige Wohnfläche von Wohnungen für eine Person bis zu 45 m².

Die Kammer ist insoweit allerdings zu der Überzeugung gelangt, dass dem Kläger eine angemessene Wohnfläche für 2 Personen - entsprechend der oben genannten Richtlinie (in der Fassung vom 19.01.2004) im Umfang von 60 qm - zusteht. Dieser zusätzliche Wohnraumbedarf folgt daraus, dass sich die Beigeladenen in einem zeitlichen Umfang bei dem Kläger aufhalten, welcher es rechtfertigt, entsprechend den vom BSG entwickelten Grundsätzen zur "temporären Bedarfsgemeinschaft" (BSG, Urt. vom 07.11.2006 – B 7b AS 14/06 R, zit. nach juris) einen erhöhten Wohnraumbedarf anzuerkennen. Nach Auffassung des BSG - welcher sich die Kammer in vollem Umfang anschließt - verlangt die Regelung des § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II nach ihrem Wortlaut ("dem Haushalt angehörend") kein dauerhaftes Leben der unverheirateten Kinder im Haushalt des jeweiligen erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, wie es etwa für andere Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft in den Tatbeständen des § 7 Abs 3 Nr 2 und 3 SGB II vorausgesetzt wird. Es genügt danach vielmehr ein dauerhafter Zustand in der Form, dass die Kinder mit einer gewissen Regelmäßigkeit länger als einen Tag bei einem Elternteil wohnen, also nicht nur sporadische Besuche vorliegen. Diese Auslegung des § 7 Abs 3 Nr 4 SGB II, die eine SGB-II-immanente Lösung des Problems der Umgangskosten sicherstellt, ist angesichts der besonderen Förderungspflicht des Staates nach Art 6 Abs 1 Grundgesetz geboten (BSG, Urt. vom 07.11.2006 – B 7b AS 14/06 R). Dass auch im vorliegenden Fall eine temporäre Bedarfsgemeinschaft zwischen dem Kläger und den Beigeladenen während der Aufenthalte der Beigeladenen bei dem Kläger besteht, liegt in Anbetracht der Ausführungen des BSG auf der Hand und wird auch von der Beklagten nicht angezweifelt. Diese temporäre Bedarfsgemeinschaft rechtfertigt es jedenfalls bei einem umfassenden Umgang mit den Kindern wie vorliegend, dem Kläger zusätzlichen Wohnflächenbedarf für eine weitere Person zuzubilligen.

Die Frage, ob und in welchem Umfang eine temporäre Bedarfsgemeinschaft auch im Bereich der Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen ist, ist bislang nicht höchstrichterlich entschieden (das Problem wurde vom BSG in seinem Urteil vom 02.07.2009 – B 14 AS 36/08 R, zit. nach juris, lediglich angedeutet) und wird in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung auch nicht einheitlich beurteilt. So führt das SG Duisburg in seiner Entscheidung vom 31.03.2009 (Az.: S 5 AS 93/08, zit. nach juris), aus, dass bereits aus der besonderen Förderungspflicht des Staates gem. Art. 6 Abs. 1 GG folge, dass - unter der Voraussetzung einer gewissen Regelmäßigkeit und zeitlichen Erheblichkeit der Anwesenheit von Kindern im Haushalt eines hilfebedürftigen Elternteiles - ein höherer Anspruch auf Leistungen für Unterkunft bestehen müsse. Ähnlich stellt das LSG NRW in seinem Beschluss vom 17.06.2008 (Az.: L 20 B 225/07 AS ER, zit. nach juris) heraus, dass Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem SGB II in einem Umfang gewährt werden müssen, der eine Wahrnehmung des Umgangsrechts nicht vereiteln darf. Zwar sei es nicht sachgerecht, im Rahmen der Wahrnehmung des Umgangsrechts und bei zeitweisen Bedarfsgemeinschaften allein auf die Anzahl der während der "Besuchszeiten" anwesenden Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft abzustellen. Vielmehr bedürfe es insoweit der Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles. Kriterien für die Bestimmung einer angemessenen Wohnungsgröße gem § 22 Abs 1 S 1 SGB II könnten insbesondere der zeitliche Umfang der Ausübung des Umgangsrechts, das Alter der Kinder, individuell erhöhte Raumbedarfe, ggf auch die Entfernung zum Haushalt des anderen Elternteils sein. In Abhängigkeit davon sei daher bei zeitweisen Bedarfsgemeinschaften ein Zuschlag ausgehend von der dem Bedarf permanenten Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nach den landesrechtlichen Vorgaben über die Förderung des sozialen Wohnungsbaus bzw den dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen in Betracht zu ziehen. Demgegenüber hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg in seinem Beschluss vom 05.12.2008 (Az.: L 25 B 2022/08 ER, zit. nach juris) die Auffassung vertreten, dass ein Unterkunftsbedarf für zwei Personen nur dann ausgelöst werde, wenn auch tatsächlich zwei Personen die Wohnung ausschließlich oder aber ganz überwiegend bewohnen. Allein daraus, dass weitere Personen zeitweise in die Wohnung aufgenommen werden, folge nicht automatisch ein – ständiger – höherer Unterkunftsbedarf. Dies ergebe sich bereits aus der Überlegung, dass ansonsten in ähnlich gelagerten Fällen für drei Personen Unterkunftskosten für vier Personen übernommen werden müssten, was sowohl dem Wortlaut als auch dem Sinn des Gesetzes widerspreche, soweit dieses in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II bestimme, dass nur tatsächliche Unterkunftskosten übernommen würden. Tatsächlich könnten nicht Mutter und Vater jeweils einen Zweipersonenhaushalt mit demselben Kind führen.

Der letztgenannten Auffassung kann zur Überzeugung der Kammer bereits vor dem Hintergrund nicht gefolgt werden kann, als dort der grundrechtlichen Bedeutung des Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG nicht hinreichend Genüge getan wird. Insoweit hat das Bundesverfassungsgericht bereits in seinem Beschluss vom 25.10.1994 (Az.: 1 BvR 1197/93, zit. nach juris) klargestellt, dass Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG "bestimmt, daß Pflege und Erziehung der Kinder das natürliche Recht der Eltern sind und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Art. 6 Abs. 2 GG gewährt - neben seiner Bedeutung als Richtlinie - zugleich ein Abwehrrecht gegen unzulässige Eingriffe des Staates in das elterliche Erziehungsrecht und bindet insoweit auch die Gerichte als unmittelbar geltendes Recht (vgl. BVerfGE 4, 52 (57)). Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG schützt die freie Entscheidung der Eltern darüber, wie sie ihrer natürlichen Elternverantwortung gerecht werden wollen (vgl. BVerfGE 24, 119 (143)).

Das Umgangsrecht des nichtsorgeberechtigten Elternteils steht ebenso wie die elterliche Sorge des anderen Elternteils unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG. ( ) Wird eine Ehe geschieden und nur einem Elternteil das Sorgerecht übertragen, so bedeutet dies, daß nur dieser Elternteil die notwendigen Entscheidungen über die Pflege und Erziehung des Kindes zu treffen hat und die entsprechenden Elternfunktionen tatsächlich wahrnimmt. Jedoch soll nach der gesetzlichen Regelung des Umgangsrechts die Bindung des Kindes zu dem anderen Elternteil fortbestehen und entsprechend berücksichtigt werden. Das Umgangsrecht ermöglicht dem nichtsorgeberechtigten Elternteil, sich von dem körperlichen und geistigen Befinden des Kindes und seiner Entwicklung durch Augenschein und gegenseitige Absprache fortlaufend zu überzeugen, die verwandtschaftlichen Beziehungen zu ihm aufrechtzuerhalten und einer Entfremdung vorzubeugen, sowie dem Liebesbedürfnis beider Teile Rechnung zu tragen."

Hieran gemessen kann festgehalten werden, dass jedenfalls in den Fällen, in denen die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen dem getrennt lebenden Elternteil und seinen Kindern durch regelmäßige Aufenthalte der Kinder bei diesem Elternteil aufrechterhalten werden, sichergestellt sein muss, dass auch ein entsprechender Wohn- und Lebensraum zur Verfügung steht, innerhalb dessen dies möglich ist. In diesem Zusammenhang kann gerade nicht verlangt werden, dass sich die Kinder mit dem getrennt lebenden Elternteil in den Zeiten der Aufenthalte - ungeachtet der tatsächlichen räumlichen Verhältnisse – "einrichten" müssen. Ein solches Verlangen würde gerade in Fällen, in denen die wohnlichen Verhältnisse bezogen auf die Wohnfläche für lediglich eine Person zugeschnitten sind, die Gefahr bergen, dass die verwandtschaftlichen Beziehungen – als Folge eines dauerhaften bzw. regelmäßigen Zusammenlebens in beengten Verhältnissen - nicht ungehindert aufrechterhalten werden können und demzufolge jedenfalls auf längere Sicht betrachtet durchaus die Möglichkeit einer Vereitelung des Umgangsrechts droht. Die durch Art. 6 Abs. 1, 2 GG geschützte Lebens- und Erziehungsgemeinschaft wäre dann nicht mehr gewährleistet. Die Kammer ist dementsprechend zu der Überzeugung gelangt, dass dem Kläger im vorliegenden Fall ein zusätzlicher Wohnflächenbedarf für eine weitere Person zuzusprechen ist und hat sich insoweit von der Überlegung leiten lassen, dass die Frage, in welchem Umfang bei Vorliegen einer temporären Bedarfsgemeinschaft weiterer Wohnflächenbedarf anzuerkennen ist, nicht pauschal beantwortet werden kann. Insbesondere kann nicht in jedem Fall des Vorliegens einer temporären Bedarfsgemeinschaft für jedes Kind - unabhängig vom Umfang des Aufenthalts bei dem getrennt lebenden Elternteil - der volle zusätzliche Wohnflächenbedarf angesetzt werden, da dies - insbesondere in Fällen, in denen der temporären Bedarfsgemeinschaft drei oder mehr Kinder angehören - in der Tat zu unbilligen Ergebnissen führen könnte. In diesem Zusammenhang ist zudem zu berücksichtigen, dass sich der gesamte Wohnraumbedarf für eine weitere Person nicht nur auf ein zusätzliches Zimmer zum Wohnen bezieht, sondern zugleich den sonstigen anteiligen Flächenbedarf für z.B. Bad, Küche, Lagerraum etc. mit abdeckt. Dieser sonstige Wohnflächenbedarf muss in Abhängigkeit vom zeitlichen Umfang des Aufenthalts in der Wohnung beurteilt werden. Andererseits muss allerdings auch beachtet werden, dass bei einem hälftigen Aufenthalt der Kinder bei jedem Elternteil die Grenze dafür erreicht sein muss, beiden Elternteilen den Wohnflächenbedarf für die gesamte temporäre Bedarfsgemeinschaft zuzusprechen, um eine trennungsbedingte Benachteiligung der Mitglieder der jeweiligen gemeinsamen Bedarfsgemeinschaft zu vermeiden. Die Kammer ist daher zu der Auffassung gelangt, dass bei einem zeitlichen Umfang von regelmäßig zumindest 2 Wochenenden im Monat (entsprechend 4-5 Tage monatlich) für jedes Kind der hälftige zusätzliche Wohnflächenbedarf zu berücksichtigen ist. Ob bei einem Aufenthalt von weniger als 4 Tagen monatlich in jedem Fall kein zusätzlicher Wohnflächenbedarf zuzusprechen ist, braucht an dieser Stelle nicht abschließend entschieden zu werden und ist zudem - wie oben ausgeführt - ohnehin vom jeweiligen Einzelfall abhängig.

Des Weiteren ist die Kammer zu der Auffassung gelangt, dass es sich bei dem zusätzlichen Wohnflächenbedarf ausschließlich um einen solchen des Klägers selbst und nicht der Beigeladenen handelt. Zwar unterscheidet das BSG in seiner Entscheidung zur temporären Bedarfsgemeinschaft zwischen den Ansprüchen des Klägers und den Ansprüchen seiner von ihm getrennt lebenden Kinder und führt in diesem Zusammenhang aus, dass Anspruchsinhaber nicht generell der Unterhaltsverpflichtete, sondern der jeweils Bedürftige für seine Kosten sei (BSG, Urt. vom 07.11.2006 – B 7b AS 14/06 R). Dies kann allerdings nach Auffassung der Kammer nicht für die Frage der Kosten der Unterkunft gelten, da insoweit zu berücksichtigen ist, dass der Elternteil, bei dem sich die Kinder nur zeitweise aufhalten, den zusätzlichen Wohnflächenbedarf nicht nur für die Zeiten des Aufenthalts, sondern ständig vorhalten muss. Dies ist rein praktisch gesehen nur dann möglich, wenn auch die Gewissheit besteht, dass der regelmäßig fällige Mietzins auch pünktlich beglichen werden kann. In den Fällen, in denen anteilige Kosten der Unterkunft unmittelbar an die Kinder bzw. an den Elternteil, bei dem sich die Kinder vornehmlich aufhalten, ausgezahlt würde, wäre dies nicht ausreichend sichergestellt. Die Kammer ist daher der Auffassung, dass die Ausführungen des BSG zur anteiligen Leistungsgewährung im Fall der zeitweisen Bedarfsgemeinschaft nicht auf die Leistungen für die Kosten der Unterkunft übertragbar sind (so auch SG Aachen, Urteil vom 19.11.2007, Az.: S 14 AS 80/07, zit. nach juris).

Demgegenüber sieht sich die Kammer allerdings nicht in der Lage, ausgehend von den durch den Beklagten vorgelegten Wohnungsunterlagen den maßgeblichen Wohnungsmarkt festzulegen und die hypothetische Referenzmiete zu ermitteln. Das BSG hat hierzu folgende Grundsätze aufgestellt (Urt. vom 22.09.2009 – B 4 AS 18/09 R, zit. nach juris): "Ziel der Ermittlungen des Grundsicherungsträgers ist es, einen Quadratmeterpreis für Wohnungen einfachen Standards zu ermitteln, um diesen nach Maßgabe der Produkttheorie mit der dem Hilfeempfänger zugestandenen Quadratmeterzahl zu multiplizieren und so die angemessene Miete feststellen zu können.

Eine pauschale bundeseinheitliche Grenze (Quadratmeterpreis) scheidet hierbei aus, da einerseits auf die konkreten Verhältnisse abzustellen ist, die Kosten für Wohnraum in den einzelnen Vergleichsräumen andererseits sehr unterschiedlich sein können. Um trotzdem ein gleichmäßiges Verwaltungshandeln auch innerhalb eines Vergleichsraums zu gewährleisten, muss die Ermittlung der regionalen Angemessenheitsgrenze (Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R) auf Grundlage eines überprüfbaren "schlüssigen Konzepts" erfolgen. Das schlüssige Konzept soll die hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergegeben werden (vgl BSG, Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R = FEVS 60, 145, 149; vgl auch BSG, Urteil vom 19.3.2008 - B 11b AS 41/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 7 RdNr 23). Dabei muss der Grundsicherungsträger nicht zwingend auf einen einfachen oder qualifizierten Mietspiegel iS der §§ 558c und 558d BGB abstellen (vgl Urteil des 7b. Senats vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R, BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3; BSG, Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R = juris RdNr 7). Entscheidend ist vielmehr, dass den Feststellungen des Grundsicherungsträgers ein Konzept zu Grunde liegt, dieses im Interesse der Überprüfbarkeit des Ergebnisses schlüssig und damit die Begrenzung der tatsächlichen Unterkunftskosten auf ein "angemessenes Maß" hinreichend nachvollziehbar ist.

Ein Konzept ist ein planmäßiges Vorgehen des Grundsicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum und nicht nur ein punktuelles Vorgehen von Fall zu Fall.

Schlüssig ist das Konzept, wenn es mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllt:
= Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung),
= es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, zB welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße,
= Angaben über den Beobachtungszeitraum,
= Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel),
= Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten,
= Validität der Datenerhebung,
= Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und
= Angaben über die gezogenen Schlüsse (zB Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

Ausgehend von diesen Grundsätzen kann auch unter Zuhilfenahme der vom Beklagten vorgelegten Wohnungsunterlagen nicht hinreichend geprüft werden, welche Aufwendungen für eine einfache Wohnung mit einer abstrakt angemessenen Größe von 60 m² im unteren Segment des hier maßgeblichen Wohnungsmarktes zu zahlen sind. Es ist bereits nicht nachzuvollziehen, wie der Beklagte für seinen Zuständigkeitsbereich die Beschaffenheit des örtlichen Wohnungsmarktes ermittelt hat. Ausgehend von der vorgelegten Auswertung der Wohnungsangebote aus den regionalen Zeitungen, dem Internet und den anrufenden Vermietern muss davon ausgegangen werden, dass im gesamten Jahr 2008 für die Gemeinde W. lediglich 22 Wohnungsangebote betreffen Wohnungen mit einer Wohnfläche um 60 m² und im Jahr 2009 insgesamt lediglich 37 solcher Wohnungsangebote ausgewertet wurden. Eine solch geringe Zahl ausgewerteter Wohnungsangebote kann bei einer Gemeinde mit mehr als 12.000 Einwohnern keinesfalls als repräsentativ bezeichnet werden. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass aus der Aufstellung des Beklagten in keiner Weise hervorgeht, inwieweit hier die den Mietpreis bestimmenden Faktoren (Wohnungsstandard, Wohnungsausstattung etc.) in die Auswertung mit eingeflossen sind. Angesichts der Tatsache, dass die Angebotsmieten aus den regionalen Zeitungsannoncen, dem Internet sowie aus Angeboten von Vermietern, welche selbst auf den Beklagten zugekommen sind, entstammen, muss vielmehr unterstellt werden, dass diese Faktoren keinerlei Berücksichtigung fanden. Bezogen auf die von dem Beklagten vorgelegten ZZ.-Daten gilt im Ergebnis nichts anderes, so dass nach alledem festzuhalten ist, dass das entsprechend den Grundsätzen des BSG stets erforderliche schlüssige Konzept, auf welchem die Datengrundlage der Grundsicherungsträgers beruhen muss, hier nicht erkennbar ist.

Darüber hinaus ist die Kammer zu der Auffassung gelangt, dass im vorliegenden Fall auch keine Ermittlungen seitens des Gerichts zur Feststellung der hypothetischen Referenzmiete angezeigt sind. Nach Auffassung des BSG (Urt. vom 22.09.2009 – B 4 AS 18/09 R) ist es

"im Wesentlichen Sache der Grundsicherungsträger, für ihren Zuständigkeitsbereich ein schlüssiges Konzept zu entwickeln, auf dessen Grundlage die erforderlichen Daten zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze zu erheben und auszuwerten. Die anhand eines solchen Konzeptes erzielbaren Erkenntnisse sind vom Grundsicherungsträger daher grundsätzlich schon für eine sachgerechte Entscheidung im Verwaltungsverfahren notwendig und in einem Rechtsstreit vom Grundsicherungsträger vorzulegen. Entscheidet der Grundsicherungsträger ohne eine hinreichende Datengrundlage, ist er im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nach § 103 Satz 1, 2. Halbsatz SGG gehalten, dem Gericht eine möglichst zuverlässige Entscheidungsgrundlage zu verschaffen und ggf eine unterbliebene Datenerhebung und -aufbereitung nachzuholen. Es kann von dem gemäß § 6 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB II für die Leistungen nach § 22 SGB II zuständigen kommunalen Träger erwartet werden, dass er die bei ihm vorhandenen Daten sowie die persönlichen und/oder sachlichen Voraussetzungen für die Erhebung und Auswertung der erforderlichen Daten zur Verfügung stellt. Diese Ermittlungspflicht geht nicht ohne Weiteres auf das Sozialgericht über, wenn sich das Konzept des Grundsicherungsträgers als nicht tragfähig (schlüssig) erweist oder bei einem an sich schlüssigen Konzept die erforderlichen Daten nicht oder nicht ordnungsgemäß erhoben worden sind.

Liegt der Bestimmung der Angemessenheitsgrenze des Grundsicherungsträgers ein schlüssiges Konzept nicht zu Grunde, besteht für das Sozialgericht die Möglichkeit, den angefochtenen Verwaltungsakt innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Eingang der Akten alle Bescheide nach § 131 Abs 2 SGG aufzuheben. Die Belange der Beklagten können dadurch gewahrt werden, dass das Gericht bis zum Erlass eines neuen Verwaltungsaktes eine einstweilige Regelung trifft (§ 131 Abs 5 Satz 2 SGG) die auch in der Verpflichtung zur Fortzahlung der tatsächlichen Unterkunftskosten bestehen kann. Steht nach Ausschöpfung aller Ermittlungsmöglichkeiten zur Überzeugung des Gerichts fest, dass keine solchen Erkenntnismöglichkeiten mehr vorhanden sind - etwa durch Zeitablauf - sind vom Grundsicherungsträger die tatsächlichen Aufwendungen des Hilfebedürftigen für Unterkunft zu übernehmen. Sie sind allerdings auch in diesem Fall nicht völlig unbegrenzt zu übernehmen, sondern nur bis zur Höhe der durch einen Zuschlag maßvoll erhöhten Tabellenwerte in § 8 WoGG."

In Anwendung dieser Grundsätze ist die Kammer der Überzeugung, dass keinerlei Erkenntnismöglichkeiten existieren, um das Gericht in die Lage zu versetzen, nunmehr die angemessene Referenzmiete zu ermitteln. Vor dem Hintergrund, dass das Konzept des Beklagten keine brauchbare Grundlage für eine solche Ermittlung sein kann und der Beklagte – wie der Kammer aus anderen Klageverfahren bekannt ist - zudem nicht in der Lage ist, dem Gericht die erforderlichen Daten nachträglich vorzulegen bzw. aufzuarbeiten und damit dem Gericht eine zuverlässige Entscheidungsgrundlage im o.g. Sinn zu verschaffen, vermag die Kammer nicht zu erkennen, wie hier die maßgebliche Referenzmiete bestimmt werden soll. Insoweit ist insbesondere zu berücksichtigen, dass das Gericht dazu berufen ist, die Bescheide des Beklagten im Nachhinein auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Bei einer solchen Prüfung ist naturgemäß bereits Zeit vertrichen, bis das Gericht seinerseits überhaupt erst in Ermittlungen betreffend den tatsächlichen Wohnungsmarkt eintreten könnte. Dass die Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt zu dem Zeitpunkt, in dem das Gericht in seine Ermittlungen eintritt, noch dieselben sind, wie zum Zeitpunkt der Bewilligungsbescheide, liegt außerhalb jeglicher Lebenserfahrung, da nicht absehbar ist, wie sich die Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt in dem vergangenen Zeitabschnitt tatsächlich dargestellt haben (SG Kassel, Urteil vom 12.08.2009, Az.: S 7 AS 618/06, zit. nach juris).

In Anlehnung an die obigen Ausführungen des BSG und ausgehend vom Wortlaut des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II sind daher von dem Beklagten grundsätzlich die tatsächlichen Aufwendungen des Klägers für die Unterkunft zu übernehmen. Eine solche Übernahme ist allerdings - wie auch das BSG ausgeführt hat - nicht völlig unbegrenzt möglich, sondern nur bis zur Höhe der durch einen Zuschlag maßvoll erhöhten Tabellenwerte des Wohngeldgesetzes. Angesichts der Tatsache, dass sich der streitgegenständliche Zeitraum im vorliegenden Fall ausschließlich auf das Jahr 2009 bezieht, ist die Kammer zu der Auffassung gelangt, dass dementsprechend auch die Tabellenwerte des § 12 WoGG (in der Fassung ab dem 01.01.2009) herangezogen werden müssen. Dies stützt sich auf die Überlegung, dass sowohl die Leistungen für die Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II als auch das Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz der Sicherung des Wohnens dienen. Bezieher von Arbeitslosengeld II und Sozialgeldempfänger nach dem SGB II sind nur deshalb aus dem Kreis der Wohngeldberechtigten (§ 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 WoGG) ausgeschlossen, weil Leistungen für die Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II den angemessenen Wohnbedarf umfassend sicherstellen (BSG, Urteil vom 18.06.2008- B 14/11b AS 67/06 R, zit. nach juris). Vor dem Hintergrund, dass das Wohngeld nach § 1 Abs. 1 WoGG der wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens dient, liegt daher zumindest nahe, dass der Gesetzgeber zum Ausdruck bringen wollte, dass er Wohnungen, für die Aufwendungen bis zur Höhe der in § 12 WoGG genannten Tabellenwerte entstehen, für angemessen hält und die Zahlung von Wohngeld für diese als vertretbare Kosten zulasten der Allgemeinheit betrachtet (vgl. auch Putz in: info also 2009, 255 (256). In Anbetracht der Tatsache, dass nach dem Wortlaut des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II die Kosten der Unterkunft grundsätzlich in tatsächlicher Höhe zu übernehmen sind, andererseits die Grenze aber dann erreicht sein muss, wenn die Unterkunftskosten evident zu hoch sind, gelangt die Kammer zu der Auffassung, dass eine solche Evidenzgrenze nicht bereits bei Erreichen der Tabellenwerte des § 12 WoGG erreicht wird, sondern erst dann, wenn diese Werte um mehr als 10 % überschritten werden. Ein entsprechender Zuschlag von 10 % ist zudem geeignet, der generellen Ungenauigkeit der Pauschalierung der Tabellenwerte nach dem Wohngeldgesetz hinreichend zu begegnen (BSG, Urt. vom 07.11.2006 – B 7b AS 18/06 R, vom 20.8.2009 – B 14 AS 41/08 R sowie vom 22.09.2009 – B 4 AS 18/09 R, zit. nach juris).

Nach alledem ergibt sich aus den vorgenannten Ausführungen folgende Berechnung:

Die Gemeinde W. unterfällt der Mietstufe 3 zur Wohngeldtabelle zu § 12 WoGG. Für 2 Haushaltsmitglieder ergibt sich dementsprechend ein Höchstbetrag in Höhe von 402,00 EUR (Kaltmiete zuzüglich Nebenkosten, ohne Heizkosten). Zuzüglich des benannten Zuschlages von 10 % läge die Evidenzgrenze folglich bei 442,20 EUR. Die tatsächlich nach dem Mietvertrag zu zahlende Miete einschließlich Nebenkosten, ohne Heizkosten, beträgt demgegenüber 425,00 EUR mit der Folge, dass die tatsächlichen Kosten der Unterkunft nicht evident unangemessen sind und somit nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II vom Beklagten zu übernehmen sind. Der Beklagte hat folglich an den Kläger für jeden der streitgegenständlichen Monate weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von jeweils 101,80 EUR zu zahlen.

Darüber hinaus hat der Kläger auch einen Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Heizkosten abzüglich der in den Heizkosten enthaltenen Kosten für die Warmwasseraufbereitung.

Nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II werden die Kosten der Heizung ebenfalls in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Bei der Angemessenheitsprüfung ist ein konkret-individueller Maßstab anzulegen, die Angemessenheitsprüfung hat getrennt von der Prüfung der Angemessenheit der Unterkunftskosten zu erfolgen. Die tatsächlich anfallenden Kosten sind als angemessen anzusehen, soweit sie nicht einen Grenzwert überschreiten, der unangemessenes Heizen indiziert. Anhaltspunkte dafür, dass die Heizkosten unangemessen hoch sind, können sich insbesondere daraus ergeben, dass die tatsächlich anfallenden Kosten die durchschnittlich aufgewandten Kosten aller Verbraucher für eine Wohnung der den abstrakten Angemessenheitskriterien entsprechenden Größe signifikant überschreiten. Zur Bestimmung eines solchen Grenzwertes stellt das BSG auf den von der co2online gGmbH in Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund erstellten und durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geförderten "Kommunalen Heizspiegel" bzw - soweit diese für das Gebiet des jeweiligen Trägers fehlen - den "Bundesweiten Heizspiegel" ab. De Grenzwert bildet - nach vorheriger Bereinigung der tatsächlichen Heizkosten um die Kosten für die Warmwasserbereitung - das Produkt aus dem Wert, der auf "extrem hohe" Heizkosten bezogen auf den jeweiligen Energieträger und die Größe der Wohnanlage hindeutet (rechte Spalte), und dem Wert, der sich für den Haushalt des Hilfebedürftigen als abstrakt angemessene Wohnfläche nach den Ausführungsbestimmungen der Länder zu § 10 Abs 1 Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) bzw § 5 Abs 2 Wohnungsbindungsgesetz aF (WoBindG) ergibt. Der Grundsicherungsempfänger kann also im Regelfall die tatsächlichen Heizkosten nur bis zur Obergrenze aus dem Produkt des Wertes für extrem hohe Heizkosten mit der angemessenen Wohnfläche (in Quadratmetern) geltend machen (BSG, Urt. vom 02.07.2009 - B 14 AS 33/08 R sowie vom 22.09.2009 - B 4 AS 70/08 R, beide zit. nach juris).

Nach dem dem Gericht vorliegenden Aktenvorgang weist das Gebäude, in welchem die Wohnung des Klägers gelegen ist, eine Wohnfläche von weniger als 250 qm auf. Daneben wird das Haus ausweislich der in der Verwaltungsakte enthaltenen Ista-Abrechnung mit Öl beheizt. Der bundesweite Heizspiegel für das Jahr 2009 (Abrechnungsjahr 2008) weist für eine Gebäudefläche zwischen 100-250 m² und einer Beheizung mit Heizöl einen extrem hohen Verbrauch ab einem Betrag von 19,40 EUR/Quadratmeter/Jahr aus. Bei einer angemessenen Wohnfläche von 60 qm (siehe oben) entspricht dies einem Maximalbetrag von 1164,00 EUR/Jahr, entsprechend 97,00 EUR/Monat hiervon abzusetzen ist der Anteil für die Warmwasseraufbereitung in Höhe von 6,33 EUR für die Monate Februar bis Juni 2009 bzw. in Höhe von 6,48 EUR für den Monat Juli 2009 (entspr. BSG, Urteile vom 27.02.2008 – B 14/11b AS 15/07 R sowie vom 22.09.2009 - B 4 AS 8/09 R), so dass monatliche Heizkosten in Höhe von 90,67 EUR bzw. 90,52 EUR noch nicht unangemessen hoch wären. Die vom Kläger entsprechend der mietvertraglichen Vereinbarung zu zahlenden Heizkosten liegen deutlich darunter. Ausgehend von einem monatlichen Anspruch in Höhe von 68,67 EUR (Februar bis Juni 2009) bzw. in Höhe von 68,52 EUR (Juli 2009) - jeweils bereits bereinigt um die Kosten für die Warmwasseraufbereitung - hat der Beklagte dem Kläger folglich weitere Heizkosten in Höhe von jeweils 28,50 EUR für die Monate Februar bis Juni 2009 sowie in Höhe von 28,35 EUR für den Monat Juli 2009 zu zahlen.

Nach alledem war der Klage in vollem Umfang zu entsprechen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Angesichts des Umstandes, dass die Frage der abstrakt angemessenen Wohnfläche bei Bestehen einer temporären Bedarfsgemeinschaft sowie die Frage der Anwendbarkeit der Tabellenwerte des § 12 WoGG - soweit ersichtlich - noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, war die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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