L 1 AS 36/09

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
1
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 17 AS 146/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 1 AS 36/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 6.5.2009 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt auch die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um den Umfang der Kostenerstattungspflicht wegen des Aufenthaltes einer Hilfebedürftigen und ihres Sohnes in einem Frauenhaus.

Die Klägerin ist eine kreisfreie Stadt. Die Beklagte ist eine nach § 44b SGB II von der Bundesagentur für Arbeit (Agentur für Arbeit T1) und dem Kreis T errichtete Arbeitsgemeinschaft, der Kreis T hat der Beklagten gem. § 44b Abs. 3 S. 2 SGB II die Wahrnehmung der ihm als kommunaler Träger i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB II obliegenden Aufgaben nach dem SGB II übertragen.

Die Hilfebedürftige Frau I L wohnte mit ihrem am 00.00.2004 geborenen Sohn und ihrem Ehemann in T1. Am 14.7.2006 zogen Frau L und ihr Sohn in das Frauenhaus T1 (im Zuständigkeitsbereich des Kreises T), wo sie bis einschließlich zum 7.3.2007 wohnten. Am 8.3.2007 wechselten sie in ein von der Klägerin unterhaltenes und im Zuständigkeitsbereich der Klägerin liegendes Frauenhaus, wo sie sich bis zum 16.7.2007 aufhielten. Seither leben Frau L und ihr Sohn in einer angemieteten Wohnung in L.

Bis zum 12.3.2007 bewilligte die Beklagte Grundsicherungsleistungen, ab dem 20.3.2007 erhielt die Hilfebedürftige Grundsicherungsleistungen von der Arge L.

Mit Schreiben vom 4.9.2007 meldete die Klägerin bei der Beklagten einen Erstattungsanspruch nach § 36a SGB II an. Sie machte folgende Kosten geltend:

"Frauenhaus Tagessatz" vom 20.3.2007-15.7.2007 (118 Tage) für die Hilfebedürftige und ihr Kind je 2583,02 EUR = 5166,04 EUR

- "Betreuungskosten" vom 20.3.2007-15.7.2007 (118 Tage) für die Hilfebedürftige und ihr Kind je 1062.- EUR (entspricht 9.-EUR/Tag) = 2124.- EUR

Die Beklagte erkannte ihre Erstattungspflicht hinsichtlich des Tagessatzes in Höhe von 5166,04 EUR an. Hinsichtlich der Betreuungskosten meinte sie, hierbei handele es sich um Personalkosten, die nicht der Erstattungspflicht nach § 36a SGB II unterlägen. Es handele sich nicht um Unterkunftskosten. Ob es sich um erstattungsfähige Kosten der psychosozialen Betreuung i.S.d. §§ 6 Abs. 1 Nr. 2, 16a Nr. 3 SGB II handele, sei noch zu klären. Nicht jeder Frauenhausaufenthalt beinhalte eine psychosoziale Betreuung.

Am 23.7.2008 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie hat dargelegt, bei dem für die Betreuungsleistungen pro Person geltend gemachten Tagessatz in Höhe von 9.- EUR handele es sich um Kosten für die allgemeine Betreuung der Personen im Frauenhaus, die je nach Problemstellung sehr unterschiedlich ausfallen könne. Der von der Beklagten geforderte Beleg von Notwendigkeit und Umfang der erbrachten Betreuungsleistungen im Einzelfall sei nicht erbringbar, da diese Leistungen im Hinblick auf das besondere Vertrauensverhältnis zwischen den Frauen und ihren Betreuerinnen der Verschwiegenheit unterlägen. Zudem seien auch die allgemeinen Betreuungsleistungen als erstattungsfähige Kosten der Unterkunft i.S.d. § 22 SGB II anzusehen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2124.- EUR zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen gemeint, eine Kostenübernahme scheitere auch daran, dass die Betreuungsleistungen nicht erbracht worden seien, um Vermittlungshemmnisse am Arbeitsmarkt zu beseitigen.

Mit Urteil vom 6.5.2009 hat das Sozialgericht Köln die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 2124.- EUR zu zahlen, und die Berufung zugelassen: Der Erstattungspflicht nach § 36a SGB II unterlägen neben den Kosten für Unterkunft und Heizung die Leistungen, die für die Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in das Erwerbsleben erforderlich seien. Der Begriff der erforderlichen Eingliederung sei weit zu fassen. Die allgemeine Betreuung im Frauenhaus gehöre zu den Maßnahmen einer beruflichen Eingliederung. Ziel eines Aufenthaltes im Frauenhaus sei neben der Schutzgewährung auch die Vorbereitung auf die Zeit nach dem Aufenthalt im Frauenhaus. Die Befähigung zu einem selbstbestimmten und unabhängigen Leben, welche durch die individuelle Betreuung der Betroffenen im Frauenhaus erreicht werden solle, sei Voraussetzung für die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt.

Gegen diese ihr am 27.5.2009 zugestellte Entscheidung richtet sich die Berufung der Beklagten vom 9.6.2009. Die Beklagte beruft sich ergänzend auf ein Schreiben des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 7.7.2009, in dem ausgeführt wird, dass eine Kostenerstattungspflicht für psychosoziale Betreuung in Frauenhäusern nur in Betracht komme, wenn es sich um einzelfallbezogene Leistungen zur Eingliederung in Arbeit i.S.d. § 3 Abs. 1 S. 1 SGB II handele.

Die Beklagte hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat über Art und Umfang der im Frauenhaus allgemein und gegenüber Frau L speziell erbrachten Betreuungsleistungen Beweis erhoben durch Vernehmung der Mitarbeiterin der Stadt L, Frau N K. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Terminsprotokoll vom 26.1.2010 verwiesen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der vom Senat beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Recht verurteilt, an die Klägerin 2124.- EUR zu zahlen.

Die Klage ist als (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG statthaft. Bei einem Erstattungsstreit zwischen Sozialleistungsträgern (vgl. §§ 12 Satz 1, 19a Erstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB I) handelt es sich um einen sog. Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht kommt. Ein Vorverfahren war mithin nicht durchzuführen, die Einhaltung einer Klagefrist nicht geboten (Keller, in: Meyer- Ladewig ua. SGG. 9 Aufl. 2008, § 54 Rnr 41 mwN; vgl. auch BSGE 86, 166 , 167 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 1; BSGE 90, 1 f = SozR 3-2500 § 112 Nr 3; 92, 223ff = SozR 4-2500 § 39 Nr 1).

Die Beklagte hat der Klägerin den Betrag von 2124,- EUR gem. § 36a SGB II zu erstatten. Sucht eine Person in einem Frauenhaus Zuflucht, ist nach dieser Vorschrift der kommunale Träger am bisherigen gewöhnlichen Aufenthalt verpflichtet, dem durch die Aufnahme im Frauenhaus zuständigen kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses die Kosten für die Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus zu erstatten. Die Beteiligten sind kommunale Träger im Sinne dieser Vorschrift, die Beklagte ist der kommunale Träger am bisherigen Wohnort der Hilfebedürftigen, die Klägerin ist durch die Aufnahme der Frau L in ihrem Frauenhaus zuständiger kommunaler Träger geworden (§ 36 S. 2 SGB II). Der Umstand, dass auch im Zuständigkeitsbereich der Klägerin eine Arbeitsgemeinschaft i.S.d. § 44b SGB II gebildet ist, ändert an der Eigenschaft der Klägerin als kommunaler Leistungsträger gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB II und damit der Aktivlegitimation der Klägerin nichts (Berlit, in: LPK-SGB II § 44b Rnr. 42). Die Passivlegitimation der Beklagten resultiert aus § 44 b Abs. 3 S. 2 SGB II, wonach die kommunalen Träger der Arbeitsgemeinschaft die Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach dem SGB II übertragen. Die Erbringung von Leistungen für die Zeit während des Aufenthalts im Frauenhaus an hilfebedürftige Personen gehört zu den hiernach übertragenen Aufgaben.

Die Erstattungspflicht dem Grunde nach ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht umstritten.

Der Umstand, dass Frau L und ihr Sohn bereits im Zuständigkeitsbereich der Beklagten in einem Frauenhaus wohnten, steht der Erstattungspflicht der Beklagten dem Grunde nach nicht entgegen. Der Erstattungsanspruch nach § 36a SGB II besteht auch, wenn durch einen Wechsel des Frauenhauses die Zuständigkeit eines anderen kommunalen Trägers begründet wird. Zwar setzt § 36 a SGB II tatbestandlich voraus, dass eine Person in einem Frauenhaus Zuflucht sucht, woran es fehlen dürfte, wenn diese Person bereits unmittelbar zuvor in einem (anderen) Frauenhaus lebte. In einem solchen Fall dürfte deshalb der kommunale Träger erstattungspflichtig sein, in dem die hilfesuchende Person vor dem ersten Frauenhausaufenthalt ihren gewöhnlichen Aufenthalt i.S.d. § 36 SGB II hatte (ebenso SG Karlsruhe, Urteil vom 16.7.2008 - S 8 AS 4000/07). Diese Frage braucht jedoch für den vorliegenden Fall nicht abschließend entschieden zu werden, weil Frau L auch vor der Aufnahme in das Frauenhaus T1 bereits ihren gewöhnlichen Aufenthalt in dieser Stadt hatte.

Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass auch die von der Klägerin geltend gemachten Betreuungskosten der Erstattungspflicht nach § 36a SGB II unterliegen.

§ 36a SGB II wurde eingefügt durch Art. 1 des Freibetragsneuregelungsgesetzes vom 14.8.2005 (BGBl. I, S. 2407) und erhielt seine jetzige Fassung mit Wirkung ab 1.8.2006 durch Art. 1 Nr. 32 des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl. I, S. 1706 ). In der Gesetzesbegründung hierzu wird ausgeführt, dass die Kostenerstattungspflicht Leistungen nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II umfasst (BT-Drucks. 16/1410 S. 27). Gem. § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II in der vom 1.8.2006 bis zum 31.12.2008 - also hier maßgeblichen - Fassung waren die kreisfreien Städte und Kreise (u.a.) für die Leistungen nach § 16 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 - 4 SGB II zuständige Leistungsträger. § 16 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 - 4 SGB II in der vom 1.8.2006 bis zum 30.4.2007 - also für den streitigen Zeitraum maßgebenden - Fassung (a.F.) bestimmte, dass zu den weiteren Leistungen, die für die Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in das Erwerbsleben erforderlich sind, insbesondere die Betreuung minderjähriger oder behinderter Kinder oder die häusliche Pflege von Angehörigen (Nr. 1), die Schuldnerberatung (Nr. 2), die psychosoziale Betreuung (Nr. 3) und die Suchtberatung (Nr. 4) gehören. Die Aufzählung der weiteren Leistungen in § 16 Abs. 2 S. 2 a.F. SGB II war - wie sich aus der Verwendung des Wortes "insbesondere" ergibt - nicht abschließend. Der Erstattungspflicht nach § 36a SGB II unterfallen damit jedenfalls im hier maßgeblichen Zeitraum die Leistungen, die in Erfüllung der sich aus § 16 Abs. 2 SGB II ergebenden Pflicht des kommunalen Trägers (bzw. der Arbeitsgemeinschaft) erbracht werden. Dies sind alle Leistungen, die für die Eingliederung des Hilfebedürftigen in das Erwerbsleben erforderlich sind. Auf die Frage, ob es sich um psychosoziale Betreuung i.S.d. § 16 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 a.F. SGB II im engeren Sinne handelt, oder ob es sich um anderweitige Betreuungsleistungen handelt, kommt es nicht an. Unmaßgeblich ist daher auch, ob es sich bei den betreuten Personen um Menschen handelt, deren psychische Struktur die Teilhabe am sozialen Leben erschwert oder verhindert (so aber Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, Arbeitshilfe "kommunale Eingliederungsleistungen nach § 16a SGB II", S. 11). Ebenfalls bedarf es keiner förmlichen Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II. Entscheidend ist allein, dass es sich um Leistungen handelt, die mindestens auch dazu dienen, die Eingliederung des Betroffenen in das Erwerbsleben zu fördern.

Dies ist bei den gegenüber Frau L und ihrem Sohn erbrachten Betreuungsleistungen der Fall: Die als städtische Verwaltungsbeamtin für die von der Stadt L betriebenen Frauenhäuser zuständige sachverständige Zeugin K hat nachvollziehbar dargelegt, dass die Eingliederung in das Erwerbsleben neben anderen Funktionen auch ein wesentlicher Zweck der im Frauenhaus geleisteten Betreuung ist. Der Senat folgt der Zeugin und den Erwägungen des Sozialgerichts dahingehend, dass die psychische, soziale und rechtliche Stabilisierung unabdingbare Voraussetzung dafür ist, dass an eine Eingliederung in das Erwerbsleben gedacht werden kann. Das Sozialgericht hat richtig darauf hingewiesen, dass Ziel eines jeden Aufenthaltes im Frauenhaus neben der Schutzgewährung auch die Vorbereitung auf die Zeit nach dem Aufenthalt im Frauenhaus ist. Die Feststellung, welche konkreten Leistungen gegenüber der Hilfebedürftigen im Einzelfall erbracht wurden und weshalb diese indiziert waren, ist deshalb entbehrlich, zumal die Klägerin - bestätigt durch die entsprechenden Ausführungen der Zeugin - nachvollziehbar darauf hinweist, dass aufgrund der besonderen Vertrauensstellung zwischen der Frau und der Betreuerin und aufgrund der besonders hohen Anforderungen an den Datenschutz im Frauenhaus derartige Feststellungen auch kaum getroffen werden können.

Auch die Kinderbetreuungskosten gehören zu den Leistungen, die zur Eingliederung in das Erwerbsleben dienen. Denn derartige Leistungen sind als Eingliederungsleistungen in § 16 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 a.F. SGB II, jetzt § 16a Nr. 1 SGB II, ausdrücklich aufgeführt. Außerdem ist die dauerhafte Eingliederung einer alleinerziehenden Mutter in das Erwerbsleben ohne Betreuung und ggfs. psychische und soziale Stabilisierung ihrer Kinder regelmäßig nicht möglich. Auch aus § 7 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 SGB II, wonach Dienstleistungen und Sachleistungen auch an Personen erbracht werden, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung erwerbsfähiger Hilfebedürftiger beseitigt oder vermindert werden, wird deutlich, dass die Leistungserbringung an Dritte der Eingliederung des Hilfebedürftigen dienen kann (ähnlich bereits SG Aachen, Urteil vom 20.7.2007 - S 8 AS 17/07).

Nur eine derartig verstandene umfassende Kostenerstattungspflicht entspricht im Übrigen Sinn und Zweck von § 36a SGB II. Hierdurch soll eine einseitigen Belastung der Kommunen, die Frauenhäuser betreiben, vermieden und letztlich verhindert werden, dass Frauen aus anderen Regionen wegen der ungeklärten Finanzierung abgewiesen werden (BT-Drucks. 15/5607 S. 7; Schoch, in LPK-SGB II, § 36a Rnr. 2, 3). Der erstattungspflichtige Leistungsträger soll im Ergebnis nicht besser gestellt werden, als er stünde, wenn er die Hilfebedürftige in ein von ihm selbst betriebenes Frauenhaus aufnähme (bzw. im vorliegenden Fall: sie sich dort weiterhin aufhielte). Dieser Zweck würde verfehlt, wenn regelmäßig anfallende und zum Aufenthalt in Frauenhäusern notwendig gehörende Betreuungskosten nicht von der Erstattungspflicht umfasst wären.

Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die geltend gemachten Kosten für die Betreuung der Frau L und ihres Sohnes tatsächlich angefallen sind. Die Zeugin K hat bestätigt, dass jede Frau im Frauenhaus eine konkrete Ansprechpartnerin erhält, und die Kinder mindestens in einem Kindergarten betreut werden. Der hierfür von der Klägerin angesetzte Kostenaufwand von 9.- EUR täglich pro Person ist plausibel und nicht überhöht. Die Beklagte hat zur Höhe der Kosten keine Einwendungen erhoben.

Da hier feststeht, dass solche Betreuungsleistungen erbracht wurden, kann der Senat offen lassen, ob für psychosoziale Betreuung entstehende Kosten als notwendig mit der Unterhaltung eines Frauenhauses verbundene "Vorhaltekosten" (nach der Formulierung der Zeugin K: "institutionelle Kosten") generell erstattungsfähig sind. Die Frage, ob bei einem Aufenthalt im Frauenhaus die zwangsläufig anfallenden Betreuungskosten (auch) angemessene Kosten der Unterkunft iS von § 22 Abs 1 SGB II sind, kann damit ebenfalls unbeantwortet bleiben.

Abschließend weist der Senat darauf hin, dass auch nach Inkrafttreten von § 16a SGB II am 1.1.2009 (Art. 2 des Gesetzes zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente vom 21.12.2008 - BGBl. I, S. 2917) weiterhin die allgemeinen Betreuungsleistungen im Frauenhaus nach § 36a SGB II erstattungspflichtig sind, die Rechtlage hat sich mit Inkrafttreten dieser Vorschrift insoweit nicht geändert: Die in § 16 Abs. 2 S. 2 a.F. SGB II noch erfolgte nicht abschließende Aufzählung der weiteren Leistungen zur Eingliederung ist allerdings mittlerweile mit § 16a SGB II in eine abschließende Aufzählung umgewandelt worden (hierzu näher Thie, in: LPK-SGB II § 16a Rnr. 1). Die jetzt abschließend aufgezählten Leistungen sollen nach ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung eine ganzheitliche und umfassende Betreuung und Unterstützung bei der Eingliederung in Arbeit gewährleisten. Der Begriff der psychosozialen Betreuung ist vor diesem Hintergrund weit auszulegen. Er umfasst nicht nur medizinisch indizierte psychiatrische oder psychotherapeutische Interventionen und Betreuung im engeren Sinne, sondern alle Maßnahmen, die zur psychischen und sozialen Stabilisierung des Betroffenen zu dienen bestimmt sind (ähnlich Eicher, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, § 16 Rnr. 185).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197a, 154 Abs. 2 VwGO.

Der Senat hat die Revision gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, weil der Umfang der Erstattungspflicht nach § 36a SGB II klärungsbedürftig und höchstrichterlich noch nicht geklärt ist.
Rechtskraft
Aus
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