S 39 AS 3620/08

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Potsdam (BRB)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
39
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 39 AS 3620/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
1. Die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 09.04.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 10.06.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.06.2008 und 11.06.2008 werden aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, den Klägern zu 1) + 2) Arbeitslosengeld II nach den gesetzlichen Bestimmungen des SGB II dem Grunde nach zu gewähren und bei der Berechnung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld II-Leistungen den Verpflegungsmehraufwand für Fernkraft-fahrer des Kläger zu 1) außer Acht zu lassen. 2. Die Beklagte hat den Klägern die notwendigen außergerichtlichen Kosten dem Grunde nach zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die vom Arbeitgeber des Klägers zu 1) gezahlten Ver-pflegungsmehraufwendungen auf den Bedarf für Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsu-chende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in den Monaten Februar und März 2008 als Einkommen anzurechnen ist.

Die (Kläger zu 1) und (Klägerin zu 2) geborenen Kläger leben zusammen in einer Bedarfs-gemeinschaft (ohne Kinder). Am 1. Oktober 2007 stellte die Klägerin zu 2) für sich und den Kläger zu 2) einen Antrag auf SGB II-Leistungen. Mit Bewilligungsbescheid vom 05.11.2007 bewilligte die Beklagte in dem Zeitraum vom 01.10.2007 bis 31.03.2008 jedem der Kläger monatlich 198,85 EUR für Kosten der Unterkunft, insgesamt den Betrag in Höhe von 393,71 EUR monatlich. Wegen des Inhalts des Bewilligungsbescheides im Einzelnen wird auf Blatt 42 Verwaltungsakte sowie den beiliegenden Berechnungsbogen Blatt 43 ff. Verwaltungsakte ver-wiesen.

Mit Veränderungsmitteilung meldete sich der Kläger zu 1) in Arbeit ab und teilte der Beklag-ten mit, dass er ab 04.01.2008 unbefristet bei der E Spedition als Kraftfahrer eine Arbeit in Vollzeit aufgenommen habe. Die erste Lohnzahlung werde voraussichtlich Mitte Februar er-folgen, wobei die Höhe des Verdienstes noch unbekannt sei. Mit Bescheid vom 11.01.2008 stellte die Beklagte daraufhin vorläufig die Leistungsgewährung ein. Am 24.01.2008 ging bei der Beklagten die Einkommensbescheinigung des Arbeitgebers vom 18.01.2008 ein, wonach ein sozialversicherungspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 1.493,33 EUR in dem Zeit-raum vom 04.01.2008 bis 31.01.2008 bescheinigt wurde. Das Nettoarbeitsentgelt wurde in Hö-he von 1.023,58 EUR angegeben und als weitere laufende Leistungen ein Verpflegungsmehrauf-wand als Fernfahrer in Höhe von 480,00 EUR ausgewiesen.

Auf den Antrag der Klägerin zu 2) wurden ihr 200,00 EUR als Vorschuss für den Monat Februar 2008 in bar ausgezahlt (30.01.2008).

Mit Änderungsbescheid vom 08.02.2008 für den Zeitraum vom 01.10.2007 bis 31.03.2008 berücksichtigte die Beklagte die Krankengeldzahlung vom 03.07.2007 bis 18.12.2007 sowie das Arbeitseinkommen des Klägers zu 1). In dem streitbefangenen Zeitraum vom 01.02.2008 bis 31.03.2008 errechnete die Beklagte den Gesamtbetrag in Höhe von monatlich 424,68 EUR für Kosten der Unterkunft (KdU) jeweils für die Kläger in Höhe von 212,34 EUR monatlich. Wegen des Inhalts wird auf Blatt 64 Verwaltungsakte einschließlich der Berechnungsbögen bis Blatt 67 der Leistungsakte verwiesen. Mit dem Fortzahlungsantrag vom 15.03.2008 reichte die Klägerin zu 2) die Einkommensbe-scheinigung des Arbeitgebers des Klägers zu 1) für den Monat Februar 2008, womit ein sozial-versicherungspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 1.600,00 EUR sowie unter anderem Verpflegungsmehraufwand als Fernfahrer in Höhe von 432,00 EUR bescheinigt wurde, ein. Das Nettoarbeitsentgelt wurde mit dem Betrag in Höhe von 1.096,00 EUR ausgewiesen.

Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 09.04.2008 hob die Beklagte den Bewilli-gungsbescheid vom 08.02.2008 teilweise in Höhe von 394,13 EUR sowohl gegenüber der Klägerin zu 2) als auch gegenüber dem Kläger zu 1) auf. Die Beklagte war der Auffassung, dass in den Monaten Februar und März 2008 Leistungen für Unterkunft und Heizung von den Klägern zu erstatten seien, da der Kläger zu 1) ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit als Fernfahrer bei der E -Transporte erzielte und er einen Verpflegungsmehraufwand als Fernfahrer erhalten habe, welcher ebenfalls ein Einkommen zu berücksichtigen sei, was jedoch nicht bislang berücksich-tigt wurde. Die Kläger seien mit den nachgewiesenen Einkommensverhältnissen nicht in bisher festgestellter und bewilligter Höhe hilfebedürftig. Ihr Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bestehe daher nur noch in geringerer Höhe. Die Beklagte stützte sich bei ihrer Aufhebungsentscheidung auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. § 50 SGB X.

Auf den Widerspruch der Kläger vom 17.04.2008, mit dem sie im Wesentlichen geltend mach-ten, dass der Verpflegungsmehraufwand nicht zum vereinbarten Lohn gehöre, erteilte die Be-klagte den Änderungsbescheid vom 10.06.2008, mit dem sie die angefochtenen Bescheide vom 09.04.2008 insoweit abänderte (Blatt 127 Verwaltungsakte), als dass von den Klägern jeweils eine Forderung in Höhe von 263,67 EUR bestehe und wegen dessen Inhalts auf Blatt 128 ein-schließlich der Berechnungsbögen bis Blatt 129 der Leistungsakte verwiesen wird. Im Übrigen wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.06.2008 (die Klägerin zu 2 betreffend) und mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 11.06.2008 (den Kläger zu 1 betreffend) den Widerspruch der Kläger als unbegründet nach Erlass des Änderungsbescheides vom 10.06.2008 zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass der Verpflegungs-mehraufwand zum Brutto- und Nettoeinkommen hinzuzuaddieren sei und nach dem so ermit-telten Gesamtbruttoeinkommen und der erfolgten Einkommensbereinigung der Bedarfsge-meinschaft ein zu berücksichtigendes Einkommen im Monat Februar 2008 in Höhe von 995,05 EUR und im Monat März 2008 in Höhe von 1.019,47 EUR zu berücksichtigen sei. Das anzu-rechnende Einkommen mindere den Bedarf, sodass ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts im Monat Februar 2008 in Höhe von 173,21 EUR und im Monat März in Höhe von 148,79 EUR bestand, wegen des Inhalts der Widerspruchsbescheide im Übrigen wird auf Blatt 130 bis 152 der Leistungsakte verwiesen.

Hiergegen richtet sich die am 04.07.2008 erhobene Klage der Kläger zum Sozialgericht Pots-dam, mit der diese ihr Begehren, SGB II-Leistungen ohne Addition des Verpflegungsmehr-aufwandes zum Brutto- und Nettoeinkommen zu erhalten, mithin höhere SGB II-Leistungen, weiterverfolgen.

Die Kläger zu 1) und 2) beantragen,

die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 09.04.2008 in der Fassung des Ände-rungsbescheides vom 10.06.2008 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 10.06.2008 und vom 11.06.2008 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, die Ein-kommensberechnung ohne den Verpflegungsmehraufwand für Kraftfahrer vorzuneh-men und die insoweit entgegenstehenden Bescheide aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Sie stützt sich auf die Begründung der angefochtenen Bescheide.

Im Erörterungstermin hat der Kläger zu 1) unter anderem vorgetragen, dass der Verpflegungs-mehraufwand nicht sein Einkommen erhöhe, da er dieses ausschließlich während seiner Fern-fahrertätigkeit für Parkgebühren, Sanitärauslagen auf Raststätten sowie Verpflegung ausgebe. Insbesondere sei die Verpflegung teuerer als zu Hause im Vergleich zu Rasthöfen und Auto-bahnhöfen. Das zu transportierende Stückgut durfte nicht auf unbewachten Parkplätzen stehen, sodass insoweit Parkgebühren angefallen waren und er im Endeffekt von den 400,00 bzw. ca. 450,00 EUR nichts übrig hatte. Der Arbeitgeber lege auch Wert auf ein gepflegtes Erscheinen bei den Kunden, sodass insbesondere nach Nachtfahrten Duschen und Sanitäreinrichtungen auf Raststätten benutzt werden müssen. Auch empfinde er es als ungerecht, dass bei den Leistun-gen nach dem SGB II der Verpflegungssatz als Einkommen angesehen werde und hingegen bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes I diese von der Arbeitsagentur nicht als Einkommen berücksichtigt werden, was zu einem geringeren Arbeitslosengeld I führe.

Die Klägerin zu 2) bestätigte, dass sie von dem Verpflegungsgeld "nichts gesehen" habe. Sie habe mit 25,00 EUR im Monat auskommen müssen, was nicht gehe. Des Weiteren hat der Kläger zu 1) klarstellend im Erörterungstermin erklärt, dass der Standort des Lkw S. war und die einfache Wegstrecke vom damaligen Wohnort N. bei N. ca. 50 km betrug.

Die Beteiligten haben sich damit einverstanden erklärt, dass das Gericht gemäß § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Gerichtsbescheid in der Sache entscheidet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Betei-ligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Leistungsakte der Beklagten, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte gemäß § 105 Abs. 1 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbe-scheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder recht-licher Art aufweist, der Sachverhalt hinreichend geklärt ist und die Beteiligten vorher hierzu angehört wurden. Sie haben sich mit einer Entscheidung in diesem Sinne einverstanden erklärt.

Die Klagen im Sinne der Klagenhäufung sind zulässig, sie sind auch begründet.

Die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 09.04.2008 in der Fassung des Änderungsbe-scheides vom 10.06.2008 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 10.06.2008 und 11.06.2008 sind in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten.

Zwar wäre Rechtsgrundlage für die teilweise Aufhebung der Leistungsbewilligung vom 05.11.2007 und 08.02.2008 für die Monate Februar und Januar 2008 § 40 Abs. 2 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III und § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X, wenn es sich bei dem Verpfle-gungsmehraufwand um Einkommen i.S.d. § 11 SGB II handeln würde.

Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Zu Unrecht geht die Beklagte in ihrer Berechnung der Alg II-Leistungen bei den Klägern davon aus, dass der dem Kläger zu 1) vom Arbeitgeber ge-währte Verpflegungsmehraufwand im Monat Januar in Höhe von 480,00 EUR und im Monat Feb-ruar in Höhe von 432,00 EUR für Verpflegungsmehraufwendungen anrechenbares Einkommen auf den Bedarf ist. Die Kläger haben jeweils Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem SGB II (AlG II). Diese werden ihnen durch die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide vom 09.04.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 10.06.2008 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 10.06.2008 und 11.06.2008 rechtswid-rig nicht gewährt.

Unstreitig erfüllen die Kläger die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 19 Satz 1 SGB II für den Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und Kosten der Un-terkunft und Heizung. Sie sind erwerbsfähige Hilfebedürftige und stehen unstreitig in einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft i.S.v. § 7 Abs. 3 Nr. 3 c SGB II.

Die Kläger sind nach Auffassung des Gerichts auch hilfebedürftig i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 9 SGB II, da sie ihren Lebensunterhalt trotz des Einkommens des Klägers zu 1) nicht aus-reichend aus eigenen Mitteln – weder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Ver-mögen – sichern können.

Die Kläger haben einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, soweit sie unter Berücksichtigung des Einkommens der jeweils anderen Mitglieder der Bedarfsge-meinschaft hilfebedürftig sind (§ 9 Abs. 1 und 2 SGB II). Dabei sind einsetzbares Vermögen und das Einkommen der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zu berücksichtigen nach § 11 und § 12 SGB II. Vorliegend kommt es auf das erzielte Einkommen an. Als Einkommen sind zwar alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II und der weiter in § 11 Abs. 1 SGB II genannten Ausnahmen. Nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II sind jedoch nicht als Einkommen zu berücksichtigen zweckbestimmte Einnahmen.

Bei den dem Kläger zu 1) gewährten Verpflegungsmehraufwand in den Monaten Februar und März 2008 handelt es sich um derartige zweckbestimmte Einnahmen i.S.v. § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II, sodass eine Anrechnung auf zu gewährendes Arbeitslosengeld II nicht erfolgen kann. Diese Auffassung wird durch die Entscheidungen der nachfolgend genannten Landessozialge-richte gestützt.

Danach liegt eine zweckbestimmte Leistung dann vor, wenn ihr eine bestimmte, entweder vom Gesetzgeber oder vom Leistungserbringer erkennbar gebilligte Zweckrichtung zu Eigen ist, die im Falle der Anrechnung vereitelt würde.

In dem Beschluss des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 29.06.2007, Az.: L 8 B 229/06 hat der 8. Senat bereits die Rechtsfrage, dass Spesen unter die Regelung des § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II fallen (können), bejaht. Das LSG Mecklenburg-Vorpommern führt dazu aus:

"(der Senat) sieht sich darin in Übereinstimmung mit dem Beschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 25. August 2006 – L 5 B 549/06 AS – , Juris ( ) von dem Zweck her, für den der Arbeitgeber die Spesen zahlt, kommt die Annahme einer zweckbe-stimmten Einnahme durchaus in Betracht – ( )

Der Senat geht davon aus, dass eine Verpflegung auf Raststätten mit einem wesentlich höheren finanziellen Aufwand verbunden ist als die Verpflegung z.B. in einer Kantine zu normalen Arbeitszeiten. Ferner ist gerichtsbekannt, dass durch die Benutzung gebüh-renpflichtiger Toiletten und Duschen auf Raststätten Fernfahrern zusätzliche Kosten entstehen. Gleiches gilt für die vergleichsweise hohen Preise, die an Tankstellen und Raststätten für Speisen und Getränke zu bezahlen sind. Die Spesen decken mithin einen aufgrund der Arbeit entstehenden, zusätzlichen Mehrbedarf ab, der somit als "anderer Zweck" i.S.d. § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II zu sehen ist."

Der Senat führt weiter aus:

"Da sich die Spesen und die Mehrkosten nach jetziger und vorläufiger Einschätzung des Senats im Wesentlichen ausgleichen dürften, wird durch die zweckbestimmten Ein-nahmen (hier Spesen) die Lage des dortigen Antragsstellers nicht so günstig beeinflusst, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären. Die Spesen dürf-ten sich im Wesentlichen als so genannter durchlaufender Posten darstellen."

Das Gericht schließt sich dieser Auffassung aus eigener Überzeugung an, denn so liegt der Fall hier. Der Kläger zu 1) hat glaubhaft dargelegt, dass er bei seiner Tätigkeit als Fernfahrer auf die Inanspruchnahme der teuren Versorgung für Essen und Getränke an Tankstellen und Rast-stätten angewiesen ist sowie die dortigen Serviceleistungen wie Toiletten und Duschen in An-spruch nehmen muss. Dies ist für das Gericht nachvollziehbar, da nach der glaubhaft geschil-derten Größe des Lastzuges liegt es offen zu Tage, dass ein Parken und Halten dem Kläger mit dem LKW nicht überall möglich ist. Der dem Kläger von seinem Arbeitgeber gewährte Ver-pflegungsmehraufwand deckt mithin einen aufgrund der Arbeit entstehenden, zusätzlichen Mehrbedarf ab, der einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II dient und die Lage der Kläger nicht so günstig beeinflusst, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären (§ 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II).

Entgegen der Auffassung der Beklagten, ist § 6 Abs. 3 Alg II – V nicht anzuwenden. Insoweit handelt es sich um eine Verordnung und steht im Rang unter der Gesetzesnorm des § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II, welche hier als (Lex spezialis) anzuwenden ist. § 6 Abs. 3 Alg II – Verordnung kommt lediglich dann nach Auffassung des Gerichts zur Anwendung, wenn die dort genannten Pauschbeträge nicht bereits Gegenstand von Einnahmen i.S. v. § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II sind. Folglich kommt vorliegend § 6 Abs. 3 Alg II-Verordnung gar nicht zur Anwendung, sondern wird von § 11 Abs. 3 Nr. 1 a SGB II als der ranghöheren Norm verdrängt.

Die angefochtenen Bescheide waren daher aufzuheben und die Beklagte war zu verurteilen, unter Außerachtlassung der Spesenzahlungen (Verpflegungsmehraufwand) die SGB II-Leistungen der Kläger in den Monaten Februar und März 2008 neu zu berechnen und dem Grunde nach auszuzahlen (Grundurteil).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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