L 3 R 510/06

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 12 RJ 130/04
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 R 510/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Berufsunfähigkeit, Korrosionsschutzarbeite, Gleichstellung miti Facharbeiter
Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI) streitig.

Der am ... 1948 geborene Kläger absolvierte nach Abschluss der Schulausbildung mit der achten Klasse keine Berufsausbildung. Er war nach seinen Angaben vom 24. August 1964 bis zum 30. April 1966 als Holzplatzarbeiter und vom 2. Mai 1966 bis zum 28. Mai 1971 als Dreher beschäftigt. Ab dem 8. Juni 1971 arbeitete der Kläger als Korrosionsschutzarbeiter, zuletzt ab dem 1. Januar 1997 bei der KSE Bautenschutz GmbH in L ... Vom 11. April 2000 an war er arbeitsunfähig erkrankt. Seit Oktober 2001 ist er arbeitslos.

Am 5. Oktober 2000 hatte der Kläger die Bewilligung von Rente wegen Erwerbs-/ Berufsunfähigkeit beantragt und seine letzte berufliche Tätigkeit als die des "Anstreichers" bezeichnet. Die Beklagte hatte daraufhin zunächst den Rehabilitationsentlassungsbericht des S. Reha-Klinikums II vom 20. September 2000 über den stationären Aufenthalt des Klägers vom 16. August bis zum 6. September 2000 beigezogen. Dort waren als Diagnosen ein Thorakolumbalsyndrom bei Morbus Forestier, eine mäßige Coxarthrose beidseits, eine arterielle Hypertonie Stadium I, eine Hypercholesterinämie und eine Adipositas (99 bzw. 97 kg bei 178 cm Körpergröße) berücksichtigt. Als "Arbeiter im Korrosionsschutz" sei der Kläger nur noch unter zwei Stunden täglich einsetzbar; auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könne er leichte bis mittelschwere Arbeiten im Wechselrhythmus ohne gebückte Zwangshaltungen, ohne Klettern und Steigen sowie ohne ständiges Heben und Tragen vollschichtig verrichten. Nachdem die Beklagte den Rentenantrag dann mit Bescheid vom 17. Januar 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 2001 abgelehnt und der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Dessau (S 4 RJ 208/01) erhoben hatte, war vom Sozialgericht das Gutachten der Fachärztin für Orthopädie Dr. S. vom 12. Dezember 2002 eingeholt worden. Dr. S. hatte folgende Gesundheitsstörungen festgestellt: Chronisches Craniocervikalsyndrom. Chronische vertebrale Schmerzsyndrome, teilfixierter Hohlrundrücken, Thorakalskoliose bei Morbus Forrestier. Arthralgien beider Schultergelenke. Coxarthrose ohne klinische Relevanz. Beginnende Gonarthrose ohne klinische Relevanz. Der Kläger könne im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen mit Heben und Tragen von Lasten bis zu 10 kg, zeitweilig bis 12 kg, einfache Arbeiten vollschichtig verrichten. Der Kläger hatte daraufhin die Klage beim Sozialgericht Dessau zurückgenommen.

Den dem Streitverfahren zugrunde liegenden Rentenantrag stellte der Kläger am 4. November 2003. Wegen eines Wirbelsäulenleidens könne er keinerlei Arbeiten mehr verrichten. Die Beklagte holte zunächst einen Behandlungs- und Befundbericht von der Fachärztin für Innere Medizin Dr. K. vom 30. Dezember 2003 ein und ließ den Kläger sodann von der Fachärztin für Orthopädie Dr. H. unter dem 11. Februar 2004 begutachten. Der Kläger habe ihr gegenüber über ständig bestehende Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) und Lendenwirbelsäule (LWS) geklagt, die häufig sowohl in die Arme als auch in beide Beine ausstrahlten. Der Kläger werde derzeit mit Schmerzpflastern versorgt. Dr. H. stellte folgende Diagnosen: Lumbales lokales, häufig pseudoradikuläres Schmerzsyndrom bei Osteochondrose und Spondylarthrose im Sinne eines Morbus Forestier. Cervikales Schmerzsyndrom bei Spondylarthrose. Beginnende Coxarthrose links, ISG-Arthrose beidseits. Funktionseinschränkung beider Schultergelenke, ACG-Arthrose. Das Lasègue-Zeichen sei beidseits negativ, Motorik, Reflexe und Sensibilität der unteren Extremitäten regelrecht gewesen. Der Kläger könne leichte bis mittelschwere Arbeiten ständig im Sitzen und auch überwiegend im Stehen und Gehen vollschichtig verrichten. Ungeeignet seien Tätigkeiten in ständiger Bück- oder Zwangshaltung, Arbeiten über Kopf sowie das Heben und Tragen von Lasten von über 15 kg.

Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 18. Februar 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. April 2004 ab. Beim Kläger bestehe noch ein Leistungsvermögen für sechs Stunden und mehr täglich für leichte bis mittelschwere Arbeiten ohne schweres Heben und Tragen, ohne häufiges Bücken, Hocken, Knien sowie ohne häufige Überkopfarbeiten. Aufgrund des beruflichen Werdeganges sei er auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar.

Hiergegen hat der Kläger am 12. Mai 2004 beim Sozialgericht Dessau Klage mit dem Ziel der Bewilligung einer Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit ab dem 4. November 2003 erhoben. Seine letzte berufliche Tätigkeit im Korrosionsschutz könne er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben.

Das Sozialgericht hat Behandlungs- und Befundberichte von Dr. K. vom 30. Juli 2004, von dem Facharzt für Orthopädie Dr. K. vom 30. Juli 2004, von der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. Dr. rer. nat. habil S. (im Weiteren: Dr. S.) vom 2. August 2004 und von dem Facharzt für Neurologie/Psychiatrie Dr. H. vom 18. August 2004 eingeholt. Dr. S. hat auf Harnblasen-Entleerungsstörungen und auf eine diesbezügliche stationäre Behandlung des Klägers vom 21. Juli bis zum 7. August 2003 in der Klinik für Neurologie im Fachkrankenhaus B. hingewiesen. Dort hatten Hinweise auf eine neurologische Genese der Blasen- und Mastdarmstörungen nicht verifiziert werden können. Klinisch hatte sich keine Radikulär- bzw. Caudasymptomatik ergeben. Das vertebragene Schmerzsyndrom (Lumbalgie) ist nach der Epikrise des Chefarztes der Neurologischen Klinik Dr. E. vom 21. August 2003 Folge der degenerativen LWS-Veränderungen mit medio-dorsalem Bandscheibenprolaps im Segment L 5/S 1 mit geringer Einengung des Spinalkanals. Elektroneurographisch hätten keine pathologischen Befunde verifiziert werden können. Eine Operationsindikation habe nicht bestanden.

Auf Antrag des Klägers ist dann gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Sachverständigengutachten von dem Chefarzt und Arzt für Orthopädie Prof. Dr. S. vom 13. Juni 2005 eingeholt worden. Der Gutachter hat eine Bewegungseinschränkung im Bereich beider Schultergelenke sowie der HWS, Brustwirbelsäule (BWS) und LWS bei Morbus Forestier mit begleitendem Zervical-, Thorakal- und Lumbalsyndrom ohne radikuläre Symptomatik sowie eine beginnende Coxarthrose beidseits festgestellt. Der Kläger könne nur noch leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung überwiegend im Sitzen in geschlossenen Räumen ohne Zugluft und Kälte und ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten vollschichtig verrichten. Er sei zudem in der Lage, viermal täglich 500 Meter zu gehen sowie öffentliche Verkehrsmittel und einen Pkw zu benutzen.

Das Sozialgericht hat schließlich eine Arbeitgeberauskunft der KSE Bautenschutz GmbH vom 23. Juni 2006 eingeholt. Danach habe der Kläger als Korrosionsschutzarbeiter Entrostungsarbeiten von Hand mit mechanischen Geräten, Strahlgebläse und Schleuderradanlage sowie Arbeiten zur Vorbehandlung des Untergrundes durchgeführt und diesen nach vorgegebenen Technologien beschichtet. Er habe das Streichen und Beschichten von Konstruktionsteilen aller Art mit der entsprechenden Technologie sowie Airless-Spritzen vorgenommen. Die weiteren vorgefertigten Fragen des Gerichts hat der Arbeitgeber dahingehend beantwortet, dass es sich bei der Beschäftigung des Klägers um normale ungelernte Arbeiten gehandelt habe, alle Arbeiten dennoch vollwertig wie bei einem normalen Ausbildungsweg in diesem Beruf verrichtet worden seien und der Kläger den gleichen Lohn wie Beschäftigte mit abgeschlossener Ausbildung erhalten habe. Bei den Arbeiten des Klägers habe es sich um körperlich mittelschwere oder schwere Arbeiten mit häufigem Heben und Tragen von Lasten, mit Überkopfarbeit und häufigem Bücken sowie überwiegend einseitiger Körperhaltung verbunden mit dauerndem Gehen und Stehen gehandelt. Er sei in den letzten drei Jahren tariflich in die Lohngruppe E 7 eingestuft gewesen und habe einen Stundenlohn von 16,14 DM erhalten.

Mit Urteil vom 26. September 2006 hat das Sozialgericht Dessau die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung nach der seit dem 1. Januar 2001 geltenden Rechtslage seien nicht erfüllt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei der Kläger noch in der Lage, zumindest körperlich leichte Arbeiten überwiegend sitzend mit der Möglichkeit des Haltungswechsels in geschlossenen Räumen, ohne Zugluft und Kälte, ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, ohne ständig gebückte Arbeitshaltung oder Arbeiten in Zwangshaltungen oder Überkopf sowie ohne Heben und Tragen von Lasten von mehr als 15 kg täglich sechs Stunden und mehr zu verrichten. Dies ergebe sich aus den orthopädischen Gutachten von Dr. H. vom 11. Februar 2004 und von Prof. Dr. S. vom 13. Juni 2005. Der Kläger sei auch nicht berufsunfähig. Er sei unter Berücksichtigung des vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten Mehrstufenschemas in die Gruppe der angelernten Arbeiter des unteren Bereichs einzuordnen. Zwar sei er von Juni 1971 bis April 2000 durchgehend als Korrosionsschutzarbeiter beschäftigt gewesen. Eine entsprechende Facharbeiterqualifikation habe der Kläger aber weder erworben noch sei sie ihm zuerkannt worden. Nach der Arbeitgeberauskunft habe der Kläger normale ungelernte Arbeiten ausgeführt. Die Angabe, er habe den gleichen Lohn wie Beschäftigte mit abgeschlossener Berufsausbildung erhalten, sei nicht nachvollziehbar. Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass die Arbeitnehmer der KSE Bautenschutz GmbH mit einem Stundenlohn zwischen 16,00 und 18,00 DM entlohnt worden seien. Danach sei der Kläger am unteren Ende des Lohngefüges eingestuft worden, was mit den Angaben seines Arbeitgebers zur Wertigkeit seiner Tätigkeit als ungelernter Arbeiter korrespondiere.

Gegen das ihm am 17. Oktober 2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 7. November 2006 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Schwerpunktmäßig richte sich die Berufung gegen die Feststellung des Sozialgerichts, wonach auch keine Berufsunfähigkeit vorliege. Das Sozialgericht habe weitere Ermittlungen durch Nachfragen beim Arbeitgeber durchführen müssen, um den Widerspruch zwischen der Angabe, er – der Kläger – habe ungelernte Arbeiten verrichtet, und der Auskunft, er sei wie ein gelernter Korrosionsschutzfacharbeiter entlohnt worden, aufzuklären. Er sei so zu behandeln wie ein Facharbeiter mit anerkannter Berufsausbildung und Ausbildungsdauer von mehr als zwei Jahren, da er rund 29 Jahre in diesem Beruf gearbeitet habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 26. September 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 18. Februar 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. April 2004 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. Dezember 2003 zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil und ihren Bescheid für rechtmäßig.

Die KSE Bautenschutz GmbH hat auf weitere Nachfragen des Senats angegeben, eine völlig ungelernte Kraft hätte drei Jahre lang eingearbeitet werden müssen, um die vom Kläger zuletzt ausgeübte Tätigkeit vollwertig verrichten zu können, der Kläger sei nur in den Teilbereichen Strahlen und Airless-Spritzen einsetzbar gewesen und ein gelernter Korrosionsschutzfacharbeiter mit erfolgreichem Abschluss sei in die Lohngruppe I mit einer sechsmonatigen Probezeit eingestuft worden. Der Arbeitgeber hat ferner die ab dem 1. August 1995 geltende Betriebsvereinbarung auf der Grundlage des geltenden Haustarifvertrages und des geltenden Entgelttarifvertrages, jeweils vom 19. April 1994, zu den Akten gereicht. Danach wurden die Entgeltgruppen E 7 und E 8 in einer neuen Lohngruppe II zusammengefasst. Schließlich hat der Arbeitgeber die Beschreibung der Tätigkeitsmerkmale der neugefassten Lohngruppen I bis IV übersandt.

Die Beklagte hat daraufhin die Auffassung vertreten, der Kläger könne hilfsweise maximal dem Berufsstatus eines Angelernten des oberen Bereichs zugeordnet werden und sei insoweit gesundheitlich und sozial zumutbar auf die Tätigkeit als Pförtner an einer Nebenpforte verweisbar; sie hat insoweit ein Anforderungsprofil benannt. Der Kläger hat daran festgehalten, aufgrund der langjährigen Arbeit über Fertigkeiten und Kenntnisse verfügt zu haben, die denen eines Facharbeiters vollumfänglich entsprochen hätten. Er sei einer der wenigen gewesen, der das Airless-Spritzen beherrscht habe; selbst sein damaliger Vorarbeiter des Klägers sei nicht befähigt gewesen, Airless zu spritzen. Der medizinische Sachverhalt sei durch die Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens weiter aufzuklären.

Der Senat hat Behandlungs- und Befundberichte von Dr. K. vom 3. März 2008 und von Dipl.-Med. A. vom 26. März 2008 eingeholt sowie den Kläger von dem Facharzt für Orthopädie/ Rheumatologie/ Sportmedizin/ Physikalische Therapie/ Chirotherapie/ Rehabilitationswesen/ Sozialmedizin Dr. E. unter dem 2. November 2008 begutachten lassen.

Der Kläger habe beim Sachverständigen über Beschwerden im Bereich der BWS und LWS mit Ausstrahlung in die Oberschenkel, zeitweilig im Bereich der HWS mit gelegentlichem Einschlafphänomen der Hände geklagt. Die Beschwerden bestünden belastungsabhängig; darüber hinaus seien Einlaufbeschwerden und Morgensteifigkeit angegeben worden. Die klinische Untersuchung habe im Bereich der HWS eine moderate Einschränkung der Beweglichkeit in der Seitneigebewegung, die neurologische Untersuchung der oberen Extremitäten keine Hinweise für neurologische Defizite ergeben. Im Bereich der BWS und LWS seien eine Fehlstatik im Sinne eines Hohlrundrückens sowie eine deutliche Einschränkung der Vorneige-, Seitneige- und Drehbeweglichkeit nachweisbar gewesen. Die neurologische Untersuchung der unteren Extremitäten habe ebenfalls einen unauffälligen Befund ergeben. Beide Schultergelenke hätten eine moderate Funktionsminderung aufgewiesen. Die Untersuchung der unteren Extremitäten habe keine Funktionsdefizite bis auf eine leichte Einschränkung der Beuge- und Innendrehfähigkeit beider Hüftgelenke bei ausreichender muskulärer Kompensation gezeigt. Der in der Magnetresonanztomografie (MRT)-Untersuchung festgestellte Bandscheibenvorfall in Höhe von L 5/S 1 habe derzeit klinisch kein Korrelat gezeigt. Folgende Gesundheitsstörungen seien zu berücksichtigen: Funktionsminderung der BWS und LWS bei verschleißbedingten Veränderungen. Cervikobrachiales vertebragenes Schmerzsyndrom mit geringer Funktionseinschränkung. Beginnender Verschleiß der Hüftgelenke mit geringer Funktionsminderung. Leichte Funktionseinschränkung beider Schultergelenke. Auf nichtorthopädischem Fachgebiet: Bluthochdruck, medikamentös behandelt. Adipositas Grad I. Der Kläger könne Tätigkeiten im Wechsel von Stehen, Sitzen und Gehen mit der Möglichkeit des gelegentlichen Haltungswechsels in geschlossenen Räumen verrichten. Ungünstig seien längeres Stehen und ständiges Heben, Bewegen und Tragen von Lasten mit einem Gewicht von über 10 kg. Arbeiten mit einseitiger körperlicher Belastung, Kälte- und Nässeexpositionen sowie Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten sollten vermieden werden. Reaktionsfähigkeit, Übersicht, Aufmerksamkeit, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit könnten als durchschnittlich ausgeprägt eingeschätzt werden. Körperliche Arbeiten wie das Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Packen und das Zusammensetzen von Teilen seien körperlich zumutbar. Der Kläger könne viermal arbeitstäglich einen Fußweg von jeweils mehr als 500 Meter in 15 Minuten zurücklegen. Er könne noch mindestens sechs Stunden täglich regelmäßig an fünf Tagen in der Woche arbeiten. Die durchgeführte medikamentöse Schmerztherapie sei suffizient. Auffälligkeiten bezüglich der Schmerzverarbeitung hätten sich bei der gutachterlichen Exploration nicht ergeben. Die vorliegenden nervenärztlichen Befunde ergäben ebenfalls in dieser Richtung keine Hinweise; eine weitere fachärztliche Begutachtung werde nicht für erforderlich gehalten.

Auf Antrag des Klägers ist dann gemäß § 109 SGG ein Gutachten von dem Facharzt für Innere Medizin/Kardiologie/Sozialmedizin Dr. sc. med. S. (im Weiteren: Dr. S.) vom 9. Juni 2009 eingeholt worden. Seit 2003 hätten zunächst im Vordergrund der Beschwerden gelegentliche Schmerzen im Bereich des Stütz- und Bewegungsapparates gestanden, wobei die Schmerzen periodisch manchmal nicht auszuhalten, dann wieder relativ gering seien. Bei längerem Laufen träten Schmerzen auf. Beim Sitzen mit angezogenen Beinen strahlten die Schmerzen überwiegend in Rücken und Beine aus. Es gäbe auch Tage vollständiger oder fast vollständiger Schmerzfreiheit. Als Gesundheitsstörungen seien zu berücksichtigen: Bluthochdruckkrankheit mit sekundärer Schädigung des Herzmuskels (Hypertonie Stadium II). Mäßige Fettleibigkeit (Adipositas 2. Grades). Leichte Störung des Fettstoffwechsels (Hyperlipidämie). Leicht eingeschränktes Lungenvolumen bei gestörter Beweglichkeit des Brustkorbes durch Elastizitätseinschränkung der Brustwirbelsäule. Störungen des Urinflusses und der Stuhlentleerung. Chronisches Schmerzsyndrom infolge degenerativer Erkrankungen der Wirbelsäule, der Schulter und Hüftgelenke. Der Kläger könne aus internistischer Sicht noch Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen bei frei wählbarer Körperhaltung ohne Zwangshaltung mit geringen Bildungsansprüchen in geschlossenen Räumen regelmäßig vollschichtig verrichten. Der Kläger könne unter den genannten Bedingungen noch fünf Tage in der Woche arbeiten, wobei mit längeren Ausfallzeiten durch die neuro-orthopädische Symptomatik zu rechnen sei.

Schließlich hat der Senat ein berufskundliches Sachverständigengutachten von dem Rehabilitationsberater R. vom 15. Februar 2010 eingeholt. Der Kläger, der keinen Berufsabschluss als Korrosionsschutzfacharbeiter vorzuweisen habe, aber auf fast 30 Jahre Berufserfahrung im Bereich Korrosionsschutz rückblicken könne, habe Kerntätigkeiten eines Facharbeiters verrichtet. Insbesondere Strahlarbeiten und Airless-Spritzen seien anspruchsvolle Tätigkeiten, für die nur qualifizierte Fachkräfte eingesetzt würden. Aus seiner Sicht sei der Kläger aufgrund seiner fachlichen Kenntnisse voll wettbewerbsfähig mit ausgebildeten Fachkräften. Die fachliche Kompetenz des Klägers sei sicherlich höher einzustufen als die Kompetenz eines "frisch" ausgelernten Facharbeiters. Es sei gängige Praxis, dass in vielen Branchen ausgebildete Facharbeiter über Jahre in Teilbereichen ihres Ausbildungsberufes eingesetzt würden. Ein solcher "Spezialist" beherrsche dann auch nur noch einen Teilbereich seines Ausbildungsberufes; er bleibe nach Auffassung des Gutachters dennoch ein Facharbeiter. Die Entlohnung des Klägers habe der Entlohnung anderer Facharbeiter entsprochen; dies ergebe sich aus den Angaben des Arbeitgebers, wonach der Kläger den gleichen Lohn erhalten habe wie Beschäftigte mit abgeschlossener Berufsausbildung, da ein Facharbeiter mit erfolgreichem Abschluss in die Lohngruppe I mit einer sechsmonatigen Probezeit eingestuft worden sei.

Die Beklagte hat an ihrer Auffassung festgehalten, wonach der Kläger allenfalls zur Gruppe der oberen Angelernten gehöre. Maßgebend sei, dass der Kläger als Korrosionsarbeiter und nicht als Korrosionsfacharbeiter beschäftigt worden sei. Zudem habe der Arbeitgeber angegeben, der Kläger habe "normale ungelernte Arbeiten" verrichtet. Die Auskunft des Arbeitgebers, wonach ein Korrosionsfacharbeiter nach erfolgreichem Abschluss in die Lohngruppe I mit einer sechsmonatigen Probezeit eingestuft werde, sei nicht nachvollziehbar. Der Kläger sei nach Auskunft des Arbeitgebers nur in Teilbereichen einsetzbar gewesen. Er – der Kläger – habe erklärt, dass auch höhere Stundenlöhne gezahlt worden seien. Der Sachverständige R. habe für seine persönliche Einschätzung lediglich die Sachverhalte herangezogen, die für eine Zuordnung zum Facharbeiter sprächen. Nach Auffassung der Beklagten habe er der Beschreibung der einzelnen Lohngruppen zu wenig Bedeutung zugemessen.

In einer hierzu eingeholtn ergänzenden Stellungnahme hat der Sachverständige R. unter dem 9. Mai 2010 ausgeführt, er halte an seiner Einschätzung fest. Die Einstufung als oberer Angelernter werde dem Kläger, der Kerntätigkeiten eines Malers und Lackierers-Bauten- und Korrosionsschutz ausgeführt habe, nicht gerecht. Hinsichtlich der Entlohnung sei zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber des Klägers als nicht tarifgebundener Betrieb offensichtlich seine Arbeitnehmer weit unter Tarif entlohnt habe. Er hat den TV Mindestlohn vom 9. September 2007 beigefügt, wonach "Gelernte Arbeitnehmer (Gesellen)" Arbeitnehmer seien, die für das Maler- und Lackiererhandwerk einschlägige handwerkliche Tätigkeiten, insbesondere die im Anhang 2 beschriebenen Tätigkeiten des Maler- und Lackiererhandwerks, ausführten (§ 2 Nr. 3 Satz 1).

Der Senat hat die Verordnung über die Berufsausbildung im Maler- und Lackierergewerbe vom 3. Juli 2003 sowie den Lohntarifvertrag zwischen dem Fachverband Farbe-Gestaltung-Bautenschutz LIV Sachsen des Maler- und Lackiererhandwerks und dem Landesverband Sachsen der IG Bauen-Agrar-Umwelt vom 24. Oktober 2000 und den Lohntarifvertrag 2003 für das Maler- und Lackiererhandwerk zwischen dem Hauptverband Farbe, Gestaltung, Bautenschutz und der IG Bauen-Agrar-Umwelt vom 7. Juli 2003 beigezogen und den Beteiligten übersandt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Zu Recht haben das Sozialgericht und die Beklagte einen Anspruch des Klägers auf Bewilligung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit verneint. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG).

Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Nach § 240 Abs. 1 SGB VI in der ab dem 1. Januar 2001 geltenden Fassung haben Anspruch auf eine solche Rente bei Erfüllung der sonstigen – für einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung maßgeblichen, insbesondere versicherungsrechtlichen – Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind.

Der Kläger ist vor dem 2. Januar 1961, nämlich am 1948, geboren.

Er ist aber nicht berufsunfähig. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nach § 240 Abs. 2 Satz 4 SGB VI nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

Für die Frage, ob ein Versicherter berufsunfähig ist, ist sein "bisheriger Beruf" maßgeblich. Wenn er diesen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann, ist die Zumutbarkeit einer anderen Tätigkeit zu prüfen. Bisheriger Beruf im Sinne des § 240 SGB VI ist grundsätzlich die zuletzt ausgeübte und auf Dauer angelegte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit. Diese muss also mit dem Ziel verrichtet werden, sie bis zur Erreichung der Altersgrenze auszuüben. Dieser Grundsatz gilt jedenfalls dann, wenn die Tätigkeit zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (KassKomm-Niesel § 240 SGB VI RdNr 9, 10 mit weiteren Nachweisen).

Bisheriger Beruf des Klägers ist der des Korrosionsschutzarbeiters. Diese versicherungspflichtige Tätigkeit hat der Kläger zuletzt vor Rentenantragstellung langjährig bis zu seiner Arbeitsunfähigkeit am 11. April 2000 bei der KSE Bautenschutz GmbH ausgeübt.

Der Senat geht davon aus, dass der Kläger den bisherigen Beruf des Korrosionsschutzarbeiters über den April 2000 hinaus gesundheitlich zumutbar nicht mehr verrichten kann. Der Kläger ist noch in der Lage, zumindest körperlich leichte Arbeiten im Wechsel der Haltungsarten in geschlossenen Räumen sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Arbeiten im Hocken und Knien, auf Leitern und Gerüsten, mit Absturzgefahr und mit Heben und Tragen von Lasten über zehn kg sind ihm nicht mehr zumutbar. Er verfügt über ein normales Hör- und Sehvermögen und ist durchschnittlichen Anforderungen an mnestische sowie einfachen Anforderungen an geistige Fähigkeiten gewachsen.

Dieses Leistungsbild ergibt sich für den Senat insbesondere aus den Feststellungen von Dr. E. in seinem Gutachten vom 2. November 2008. Dessen Feststellungen stimmen im Wesentlichen mit den Gutachten von Dr. H. vom 11. Februar 2004 und von Prof. Dr. S. vom 13. Juni 2005 überein. Danach leidet der Kläger unter einer Belastungsminderung der LWS und BWS bei verschleißbedingten Veränderungen, an einem zervikobrachialen vertebragenen Schmerzsyndrom sowie an einem beginnenden Verschleiß der Hüft- und Schultergelenke bei jeweils geringer Funktionsminderung. Insoweit sind ihm nur noch körperlich leichte Arbeiten ohne das Heben und Tragen von Lasten von mehr als zehn kg im Wechsel der Haltungsarten in geschlossenen Räumen ohne Einfluss von Nässe, Kälte, Zugluft und Temperaturschwankungen zumutbar. Motorische oder neurologische Ausfallerscheinungen sind weder von den gehörten Gutachtern noch von den behandelnden Ärzten festgestellt worden.

Bei den zuletzt verrichteten Arbeiten des Klägers handelte es sich um körperlich mittelschwere oder schwere Arbeiten mit häufigem Heben und Tragen von Lasten, mit Überkopfarbeit und häufigem Bücken sowie überwiegend einseitiger Körperhaltung verbunden mit dauerndem Gehen und Stehen, die ihm nicht mehr zumutbar sind; darüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit.

Damit ist der Kläger aber noch nicht berufsunfähig. Auf welche Berufstätigkeiten ein Versicherter nach seinem fachlichen und gesundheitlichen Leistungsvermögen noch zumutbar verwiesen werden kann, beurteilt das BSG nach einem von ihm entwickelten Mehrstufenschema, das auch der Senat seinen Entscheidungen zugrunde legt. Dieses gliedert die Berufe hierarchisch in vier Gruppen mit verschiedenen Leitberufen. An oberster Stelle steht die Gruppe der Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion und der besonders qualifizierten Facharbeiter. Es folgen die Facharbeiter in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei bis drei Jahren, danach die angelernten Arbeiter mit einer Ausbildungszeit von bis zu zwei Jahren. Zuletzt folgen die so genannten Ungelernten, auch mit einer erforderlichen Einarbeitungs- oder Einweisungszeit von bis zu drei Monaten. Eine von dem Versicherten sechsstündig ausübbare Tätigkeit ist ihm zumutbar im Sinne des § 240 Abs. 2 SGB VI, wenn er irgendwelche Tätigkeiten der eigenen Qualifikationsstufe oder aber der nächst niedrigeren Stufe spätestens nach einer Einarbeitung und Einweisung von drei Monaten zum Erwerb der notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten vollwertig ausüben kann. Dabei muss dem Versicherten allerdings grundsätzlich ein konkreter Verweisungsberuf benannt und zugeordnet werden können, anhand dessen sich die Zumutbarkeit seiner Ausübung beurteilen lässt. Kann ein anderer Beruf nicht konkret in Betracht gezogen werden, liegt bei der Unfähigkeit der Ausübung des bisherigen Berufs Berufsunfähigkeit vor.

Eine Ausnahme vom Erfordernis der konkreten Benennung eines Verweisungsberufs besteht aber dann, wenn dem Versicherten fachlich-qualitativ ungelernte Tätigkeiten und jedenfalls leichte körperliche, seelische und geistige Belastungen zumutbar sind. Es gibt eine Vielzahl von ungelernten Berufen im inländischen Erwerbsleben. Sie stellen gerade keine besonderen Anforderungen an Kenntnisse, fachliche Fähigkeiten, Ausbildung und Berufserfahrung.

Einem Versicherten ist die Ausübung einer ungelernten Arbeitstätigkeit grundsätzlich zuzumuten, wenn sein bisheriger Beruf entweder dem Leitberuf des angelernten Arbeiters oder dem des ungelernten Arbeiters zuzuordnen ist. Allerdings ist bei den angelernten Arbeitern weiter zu differenzieren: Angelernte mit einer Regelausbildungszeit von bis zu einem Jahr (so genannte untere Angelernte) sind auf alle ungelernten Tätigkeiten verweisbar. Demgegenüber können Angelernte mit einer Regelausbildungszeit von mehr als einem Jahr bis zu zwei Jahren (so genannte obere Angelernte) nur auf ungelernte Tätigkeiten verwiesen werden, die sich durch bestimmte Qualitätsmerkmale auszeichnen. Daher sind für Angelernte des oberen Bereichs Verweisungstätigkeiten konkret zu benennen (KassKomm-Niesel § 240 SGB VI RdNr 101 mit weiteren Nachweisen).

Der bisherige Beruf des Klägers als Korrosionsschutzarbeiter ist zur Überzeugung des Senats dem Bereich der unteren Angelernten zuzuordnen.

Einen Facharbeiterstatus kann der Kläger für sich nicht in Anspruch nehmen. Er hat in seinem Berufsleben keinerlei Berufsausbildung absolviert. Zwar kann ausnahmsweise bei langjähriger Tätigkeit in einem Beruf auch ohne eine formelle Ausbildung Berufsschutz als Facharbeiter angenommen werden, wenn ein Versicherter in gewissem Umfang über die praktischen und theoretischen Kenntnisse des Ausbildungsberufes verfügt. Dies ist anhand von Indizien zu bestimmen, wozu die Dauer der Tätigkeit, deren Umfang, die tarifvertragliche Entlohnung, die Einarbeitungszeit und die beruflichen Vorkenntnisse gehören (BSG, Urteil vom 8. Oktober 1992 – 13 RJ 49/91SozR 3-2200 § 1246 Nr 27; Urteil vom 24. April 1997 – 13 RJ 59/96 – juris). Hier war der Kläger zwar langjährig als Korrosionsschutzarbeiter tätig. Er verfügte aber weder über eine gewisse Bandbreite der Kenntnisse des DDR-Berufs des Korrosionsschutzfacharbeiters noch eines Malers und Lackierers. Im Rahmen der DDR-Ausbildung hätte es der schulischen Kenntnisse eines Zehnte-Klasse-Schulabschlusses bedurft, um hierauf aufbauend weitere zwei Jahre als Korrosionsschutzfacharbeiter ausgebildet werden zu können. Bei einem Achte-Klasse-Schulabschluss, über den der Kläger verfügt, wäre eine hierauf aufbauende Ausbildung von zweieinhalb Jahren erforderlich gewesen.

Der Kläger hat nach Angaben des früheren Arbeitgebers "normale ungelernte Arbeiten" verrichtet; er war nur in speziellen Teilbereichen eines gelernten Korrosionsschutzfacharbeiters, nämlich für das Strahlen und Airless-Spritzen vollwertig einsetzbar. Er war dementsprechend arbeitsvertraglich zur Verrichtung von Arbeiten eines "Korrosionsschutzarbeiters", nicht eines "Korrosionsschutzfacharbeiters" verpflichtet. Der Sachverständige R. hat diese Beurteilung insoweit bestätigt, als er ebenso zu dem Ergebnis gekommen ist, der Kläger sei in Teilbereichen der genannten Ausbildungsberufe eingesetzt worden. Seine rechtliche Wertung, ein "Spezialist" bleibe dennoch ein Facharbeiter, auch wenn er nur noch in Teilbereichen seines Ausbildungsberufs tätig werde, trifft nicht auf den Fall des Klägers, sondern für Versicherte zu, die einen Facharbeiterabschluss erlangt haben und dann im weiteren Berufsleben nur noch in speziellen Teilbereichen ihres erlernten Ausbildungsberufs tätig werden; diese Versicherten verlieren ihren Facharbeiterstatus grundsätzlich nicht. Allerdings kann für die Fallkonstellation, dass ein Facharbeiter mit entsprechendem Berufsabschluss nur noch zur Hälfte seiner Arbeitszeit Facharbeiten und im Übrigen ungelernte Arbeiten verrichtet, auch insoweit nicht mehr von einer Einstufung in die Gruppe der Facharbeiter, sondern nur noch in die darunterliegende Gruppe der Angelernten ausgegangen werden (vgl. Urteil des BSG vom 27. April 1989 – 5 RJ 8/88SozR 2200 § 1246 Nr 165).

Der Kläger ist auch aufgrund der Entlohnung bei seinem Arbeitgeber nicht einem Facharbeiter gleichzusetzen. Denn er ist nach der Lohngruppe II mit 16,14 DM und damit innerhalb des Lohngefüges des einschlägigen Entgelt-/Haustarifvertrages im unteren Bereich entlohnt worden. In die Lohngruppe I wurden Arbeitnehmer eingruppiert, die Tätigkeiten verrichten, die eine kurze Einweisung erfordern und jederzeit durch andere Arbeitnehmer verrichtet werden können. Nach der Lohngruppe II wurden der Kläger und Arbeitnehmer entlohnt, die Tätigkeiten verrichten, für die Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich sind, die durch eine angemessene Berufspraxis erworben wurden und eine mindestens zweijährige Berufspraxis erfordern. In der Lohngruppe III sind Arbeitnehmer aufgeführt, die Tätigkeiten verrichten, die Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetzten, die durch langjährige Praxis erworben wurden, sowie Tätigkeiten, die durch Anweisung auszuführen sind bzw. selbständig ausgeführt werden können. Schließlich wurden nach der höchsten Lohngruppe IV Arbeitnehmer entlohnt, die auf Anweisung selbständig arbeiten, weitere Mitarbeiter anweisen und kontrollieren, z.B. technologisch vorgegebene Arbeitsabläufe organisieren und diese selbständig ausführen bzw. die Ausführung überwachen (Vorarbeiter). Aus den Tätigkeitsbeschreibungen wird deutlich, dass für den Arbeitgeber des Klägers die durchlaufene Ausbildung seiner Arbeitnehmer keine Bedeutung hatte. Denn in keiner der Lohngruppen wird an eine bestimmte Ausbildung angeknüpft. Maßgebend sind allein der Umfang der beherrschten Verfahren und Techniken und die Dauer der beruflichen Praxis. Insoweit ist auch nachvollziehbar, dass der Arbeitgeber einen gelernten Korrosionsschutzfacharbeiter zunächst in die unterste Lohngruppe I eingestuft hätte. Aus der Einstufung des Klägers in die Lohngruppe II lassen sich daher keine Rückschlüsse auf eine bestimmte Ausbildungsdauer ziehen. Schlussfolgerungen können nur insoweit gezogen werden, dass er nach der Einschätzung seines Arbeitgebers Tätigkeiten verrichtet hat, die eine mindestens zweijährige Berufspraxis erforderten, und dass er nicht sämtliche Technik der manuellen und maschinellen Oberflächenbehandlung sowie sämtliche Applikationstechniken beherrscht hat; denn dann hätte der Kläger in die Lohngruppe IV eingruppiert werden können. Aus den genannten Gründen konnte sich der Senat auch insoweit nicht der Beurteilung des Sachverständigen R. anschließen, der Kläger sei wie ein Facharbeiter entlohnt werden.

Schließlich lässt sich aus dem im letzten Jahr der Tätigkeit des Klägers im Korrosionsschutz zeitlich und örtlich geltenden Tarifvertrag, der allein maßgebend sein kann (vgl. BSG, Urteil vom 21. Juni 2001 – B 13 RJ 45/00 RSGb 2001,555; juris), kein Rückschluss darauf ziehen, dass eine Gleichstellung des Klägers mit einem Facharbeiter in Betracht käme. Denn dieser fand hier auf das Arbeitsverhältnis des Klägers keine Anwendung. Auch bei hypothetischer Betrachtung ergibt sich nichts anderes. Denn in dem Lohntarifvertrag zwischen dem Fachverband Farbe-Gestaltung-Bautenschutz LIV Sachsen des Maler- und Lackiererhandwerks und dem Landesverband Sachsen der IG Bauen-Agrar-Umwelt vom 24. Oktober 2000 sind den Maler- und Lackierergesellen und damit den Arbeitnehmern in der Lohngruppe II, die einen 100 %-igen Lohn, den so genannten Ecklohn erhalten, lediglich Kraftfahrer mit abgeschlossener fachbezogener Berufsausbildung als Kfz-Mechaniker gleichgestellt. "Anstreicher" – und als solcher hatte sich der Kläger selbst bei Stellung seines ersten Rentenantrages bezeichnet – sind in die Lohngruppe IV eingruppiert und damit Arbeitnehmern gleichgestellt, die Maler- und Lackierarbeiten ausführen, die den Leistungskriterien eines Malers und Lackierers nur gemindert entsprechen.

Eine Einbeziehung von Bauten- und Objektbeschichtern in die Lohngruppe III, in der Arbeitnehmer aufgeführt sind, die im 1. oder 2. Gesellenjahr nach abgeschlossener Berufsausbildung als Maler- und Lackierergeselle arbeiten und einen 95 % bzw. 90 %-igen Lohn erhalten, ist nicht erfolgt. Ob sich eine solche Einbeziehung aus den Lohntarifverträgen vom 7. Juli 2003 für das Landes Sachsen und das Bundesgebiet ergibt, konnte der Senat offen lassen. Danach sind gelernte Arbeitnehmer (Gesellen) Arbeitnehmer, die für das Maler- und Lackiererhandwerk oder ein anderes Handwerk einschlägige handwerkliche Tätigkeiten ausführen. Hier ist jedoch – wie oben dar-gelegt – der beim Ausscheiden aus der Tätigkeit als Korrosionsschutzarbeiter zeitlich und örtlich einschlägige Tarifvertrag maßgebend. Gleiches gilt für den vom Sachverständigen R. übersandten TV Mindestlohn vom 9. September 2007; auch dieser war hier zum Ende des Beschäftigungsverhältnisses noch nicht maßgebend.

Zur Überzeugung des Senats ist davon auszugehen, dass der Kläger eine bis zu einjährige Anlernzeit durchlaufen musste, um die theoretischen und praktischen Kenntnisse vermittelt zu bekommen, die er für die Ausführung der zuletzt verrichteten Tätigkeiten benötigte. Zwar hat der Arbeitgeber angegeben, der Kläger habe normale ungelernte Arbeiten, d.h. Tätigkeiten verrichtet, für die eine bis zu dreimonatige Anlernzeit notwendig war. Im Hinblick auf die Auflistung des Arbeitgebers, welche Tätigkeiten der Kläger im Einzelnen ausgeführt hat, nämlich Entrostungsarbeiten von Hand mit mechanischen Geräten, Strahlgebläse und Schleuderradanlage, Arbeiten zur Vorbehandlung des Untergrundes sowie Streichen und Beschichten von Konstruktionsteilen aller Art mit der entsprechenden Technologie sowie Airless-Spritzen, geht der Senat davon aus, dass eine bis zu dreimonatige Anlernzeit nicht ausreichend war. Allerdings hat der Senat auch nicht genügende Anhaltspunkte, von einer mehr als einjährigen Anlernung auszugehen. Insbesondere ergibt sich dies nicht aus der Auskunft des Arbeitgebers, wonach eine völlig ungelernte Kraft drei Jahre lang hätte eingearbeitet werden müssen, um die vom Kläger zuletzt ausgeübte Tätigkeit vollwertig verrichten zu können. Der Senat geht vielmehr davon aus, dass keine dreijährige Anlernzeit, sondern eine dreijährige Berufspraxis erforderlich gewesen ist, um die letzte Tätigkeit vollwertig verrichten zu können. Unter Berufspraxis ist jedoch die wiederholte praktische Anwendung bereits erworbener praktischer und theoretischer Kenntnisse zu verstehen und von der Vermittlung dieser Kenntnisse abzugrenzen. Aus dem angewendeten Haustarifvertrag und den Ausführungen des Sachverständigen R. wird deutlich, dass der Berufspraxis eine besondere Bedeutung zukam, nicht jedoch der (zeitaufwändigen) Vermittlung von Kenntnissen.

Selbst wenn der Kläger in die Gruppe der Angelernten des oberen Bereichs einzustufen wäre, wäre er gesundheitlich und sozial zumutbar auf die von der Beklagten benannte Tätigkeit des Pförtners an der Nebenpforte verweisbar.

Die Tätigkeit des so genannten Pförtners an der Nebenpforte besteht – wie die Beklagte zutreffend dargelegt hat und es der Senat seiner ständigen Rechtsprechung zugrunde legt (vgl. zuletzt Urteil vom 15. Januar 2009 – L 3 R 108/07 – nicht veröffentlicht) – hauptsächlich darin, überwiegend für den Verkehr der Betriebsangehörigen bei Bedarf von der Pförtnerloge aus Einlass z. B. durch Öffnen einer Schranke oder Pforte mittels Knopfdruck zu gewähren. Der Arbeitsplatz ist in der Regel mit einem Schreibtisch und häufig mit Monitorwänden zur Videoüberwachung des Betriebsgeländes ausgestattet. Schwerpunktmäßig wird eine sitzende Tätigkeit verbunden mit stehenden und gehenden Tätigkeiten ausgeübt. Die Tätigkeit des Pförtners an der Nebenpforte ist nicht mit dem Heben und Tragen von Lasten verbunden. Darüber hinaus stellt die Pförtnertätigkeit an die Funktionstüchtigkeit der Arme und Beine keine besonderen Anforderungen; selbst für faktisch Einarmige gibt es insoweit Tätigkeitsbereiche (vgl. zur Pförtnertätigkeit faktisch Einarmiger und in der Schlüsselverwaltung Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 17. Oktober 1997 – L 8 J 262/97 – juris). Schließlich sind Pförtner an der Nebenpforte keinen besonderen Anforderungen an das Kommunikationsvermögen ausgesetzt, da sie lediglich gelegentlich Kontakt mit Mitarbeitern und nur ausnahmsweise mit Publikum haben.

Mit dem oben dargelegten medizinischen Leistungsbild kann der Kläger die Tätigkeit eines Pförtners an der Nebenpforte ausüben. Denn der Kläger kann eine Schranke zum Einlass von Fahrzeugen oder Mitarbeitern bedienen und die Pförtnerloge verlassen und ein Geschehen in der näheren Umgebung kontrollieren. Kontrollgänge wären möglich. Allerdings findet die Tätigkeit überwiegend in geschlossenen Räumen statt, so dass keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch ständige Witterungseinflüsse zu erwarten sind. Den geistigen Anforderungen für eine Geländekontrolle mit technischen Mitteln (Videoüberwachung) ist der Kläger gewachsen. Gleiches gilt für den gelegentlichen Kontakt mit Mitarbeitern und Publikum. Eine besondere Beanspruchung der Belastbarkeit der Wirbelsäule oder der oberen und unteren Extremitäten ist mit der Pförtnertätigkeit nicht verbunden. Insgesamt gesehen bestehen keine durchgreifenden Zweifel, dass der Kläger eine auf dem Arbeitsmarkt grundsätzlich noch vorhandene Pförtnertätigkeit an der Nebenpforte wettbewerbsfähig ausüben könnte, wenn er Zugang zu einer solchen Beschäftigung hätte und diese auch ernsthaft ausüben wollte.

Der Kläger ist auch in der Lage, sich innerhalb von drei Monaten auf diese Tätigkeit umzustellen. Dies ergibt sich aus den eingeholten Gutachten. Danach bestehen keine formalen oder inhaltlichen Denkstörungen und der Kläger ist einfachen geistigen Anforderungen und durchschnittlichen Anforderungen an mnestische Fähigkeiten gewachsen. Auch die einfach strukturierte Persönlichkeit ist kein Hindernis, zumal bei der Tätigkeit an der Nebenpforte nur ausnahmsweise Publikumsverkehr zu erwarten ist.

Schließlich geht der Senat davon aus, dass auch nach einem aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage erfolgten Abbau der Arbeitsplätze bundesweit alleine im Bereich der Wach- und Sicherheitsunternehmen noch mehrere hundert Arbeitsplätze für Pförtner an der Nebenpforte vorhanden sind (vgl. Urteil des Senats vom 15. Januar 2010 – L 3 R 108/07 –).

Ob Arbeitsplätze als Pförtner an der Nebenpforte frei oder besetzt sind, ist nicht zu ermitteln, denn das Risiko, dass die Klägerin möglicherweise keinen für sie geeigneten Arbeitsplatz finden könnte, geht nicht zu Lasten des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung (BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 41; BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 19; BSG NZS 1993, 403, 404 und Urteil vom 21. Juli 1992 – 3 RA 13/91 – juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.
Rechtskraft
Aus
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