L 20 SO 19/10

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
20
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 21 SO 86/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 20 SO 19/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8 SO 55/10 B
Datum
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 18.03.2008 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten, ob die Beklagte dem Kläger im Rahmen seines Bezugs von Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) zusätzliche Leistungen für Kosten zu erbringen hat, die im Rahmen der Wahrnehmung seines Umgangsrechts mit seinen minderjährigen Kindern für Fahrt- und Unterhaltskosten entstehen.

Der 1967 geborene Kläger bezieht eine befristete Erwerbsminderungsrente. Seit dem 01.01.2005 erhält er zudem von der Beklagten ergänzend laufende Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII. Zuvor hatte er seit November 2003 laufende Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) bezogen. Der Kläger ist Vater der beiden minderjährigen Söhne M und H. Die Söhne leben bei der Kindesmutter im Ort N-B. Die elterliche Sorge wird vom Kläger und der Kindesmutter gemeinsam ausgeübt. Aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung darf der Kläger die Söhne an jedem Wochenende zu sich nehmen, und zwar jeweils abwechselnd von Freitag auf Samstag bzw. von Samstag auf Sonntag. Über diese vereinbarten Umgangszeiten hinaus kommt es auch, etwa in Ferienzeiten, zu gelegentlichen weiteren Aufenthalten der Kinder beim Kläger.

Mit Schreiben vom 01.12.2006 beantragte der Kläger (erneut) bei der Beklagten Leistungen für die "Unterbringung" seiner Kinder. Ferner beantragte er Leistungen für Fahrtkosten. An Wochenenden, an denen die Kinder samstags bis sonntags bei ihm seien, übernehme die Kindesmutter das Bringen und Abholen der Söhne. An den Wochenenden, an denen die Kinder von freitags bis samstags bei ihm seien, hole er die Kinder freitags von Schule bzw. Kindergarten in F (Heimatort des Klägers) ab; er müsse sie dann samstags um 18:00 Uhr nach B bringen. Da zu dieser Zeit keine öffentlichen Verkehrsmittel dorthin und wieder zurück führen, bleibe ihm nur die Möglichkeit, die Kinder per Taxi nach Hause zu bringen, wofür er Leistungen beantrage.

Mit Bescheid vom 27.03.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.06.2007 teilte die Beklagte dem Kläger mit, seine eigenen Fahrtkosten im Rahmen der Ausübung des Umgangsrechts könnten als zusätzlicher Bedarf anerkannt werden, soweit sie tatsächlich entstünden und nachweislich über den bereits mit den Regelsätzen abgegoltenen Kosten lägen. Hierzu ergehe ein eigener Bescheid. Kosten im Zusammenhang mit der Ausübung des Umgangsrechts, die den Kindern selbst entstünden, könnten hingegen nicht als Leistungen an den Kläger übernommen werden. Der Kläger sei darauf zu verweisen, diesbezüglich mit dem anderen Elternteil eine Regelung zu finden. Wegen der Einzelheiten wird auf die genannten Bescheide Bezug genommen.

Hiergegen hat der Kläger am 16.07.2007 Klage erhoben. Er hat vorgetragen, er habe Anspruch auf die Gewährung zusätzlicher Regelsatzanteile für die Kosten, die ihm durch die Ausübung des Umgangsrechts mit seinen Kindern entstünden. Die in § 1684 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelten Rechte und Pflichten des Umgangs von Eltern mit dem Kind stünden unter dem Schutz des Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz (GG). Die Aufrechterhaltung der Eltern-Kind-Beziehung durch Ausübung des Umgangsrechts dürfe auch nicht faktisch vereitelt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Unterhaltsrecht habe der Elternteil, der das Umgangsrecht ausübe, die mit dessen Wahrnehmung verbundenen Aufwendungen grundsätzlich selbst zu tragen und könne sie regelmäßig weder auf das unterhaltsberechtigte Kind noch auf den anderen Elternteil abwälzen. Zu den Umgangskosten zählten unterhaltsrechtlich nicht nur Fahrtkosten, sondern auch sonstige aus den Kontakten resultierende angemessene Aufwendungen wie Übernachtungs- und Verpflegungskosten. Dementsprechend hätten die Verwaltungsgerichte zur Zeit der Geltung des BSHG die in Ausübung des Umgangsrechts entstehenden Kosten nicht dem Bedarf des Kindes, sondern dem Bedarf des Umgangsberechtigten zugeordnet. Der umgangsberechtigte Elternteil könne auch nicht darauf verwiesen werden, sich mit dem anderen Elternteil auf einen Kostenausgleich einigen zu müssen; das Zivilrecht sehe einen entsprechenden Anspruch nicht vor. Zwischen ihm und der Kindesmutter bestehe keine Bedarfsgemeinschaft, und es sei auch lebensfern, dass zwischen geschiedenen Eheleuten notwendige finanzielle Mittel nach Bedarf zur Verfügung gestellt würden. Wenn die Beklagte die Kosten des Umgangs dem Bedarf der Kinder selbst zuordnen wolle, sei dies rechtsirrig. Er habe keine rechtliche Möglichkeit, diese Kosten von den Kindern selbst oder von der Kindesmutter zu verlangen. Zugleich seien die Umgangskosten nicht vom Regelsatz abgedeckt.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid vom 27.03.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Kreises F vom 18.06.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm auf seinen Antrag vom 01.12.2006 hin die Übernahme im Rahmen des Umgangsrechts mit seinen Kindern entstehenden Kosten zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, nach der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ((BSG) Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 14/06 R) sei zwischen Ansprüchen des Klägers und denen seiner Kinder zu unterscheiden. Es komme nicht darauf an, wem die Kosten unterhaltsrechtlich zuzuordnen seien. Anspruchsinhaber sei nicht generell der Unterhaltsverpflichtete, sondern der jeweils Bedürftige für die ihm selbst entstehenden Kosten. Regelungen des SGB XII müssten - ebensowenig wie solche des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) - nicht notwendigerweise den Kriterien des Unterhaltsrechts folgen. Es könne nicht Aufgabe des SGB XII sein, bis in jede Einzelheit für eine Verteilung der notwendigen Gelder zwischen allen Beteiligten zu sorgen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass Zuordnungsprobleme innerhalb familiärer Beziehungen von den betroffenen Personen im Rahmen bestehender Bedarfsgemeinschaften gemeistert würden. Die Kinder des Klägers lebten mit der Kindesmutter in Bedarfsgemeinschaft. Es sei davon auszugehen, dass die Mutter für die Kinder Einkünfte beziehe, die deren Lebensunterhalt ausreichend sicherstellten. Sofern die Kinder selbst nicht bedürftig seien, bestehe jedoch keine existenzielle Notwendigkeit für ihre staatliche Unterstützung. Der Kläger sei deshalb darauf zu verweisen, sich ggf. mit der Kindesmutter dahingehend zu verständigen, dass diese ihm anteilige Leistungen aus dem für die Kinder bestimmten Einkommen überlasse. Es sei davon auszugehen, dass die Kinder des Klägers zumindest teilweise Leistungen bezögen (Kindergeld, Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz, Sozialgeld, etc.), oder dass ihr Lebensunterhalt aus dem Erwerbseinkommen der Mutter sicher gestellt werde. Wenn der Kläger jetzt im Rahmen des Umgangsrechts keinen eigenen, sondern einen Bedarf für seine Kinder geltend mache, würde dies im Ergebnis zu einer doppelten Unterstützung der Kinder durch die Sozialleistungsträger führen, welche im Gesetz keine Grundlage finde. Leistungen nach dem SGB XII unterlägen dem Subsidiaritätsprinzip; es sei den Kindern zuzumuten, ihr Einkommen einzusetzen, sofern sie über solches verfügten.

Mit Urteil vom 18.03.2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Ein eigener sozialhilferechtlicher Anspruch des Klägers bzgl. der im Zusammenhang mit der Ausübung des Umgangsrechts entstehenden Kosten bestehe nicht. Zwischen den Ansprüchen des Klägers und denjenigen seiner Kinder müsse streng unterschieden werden. Wem die Kosten der Ausübung des Umgangsrechts unterhaltsrechtlich zuzuordnen seien, sei dabei nicht ausschlaggebend. Leistungsrechtlich sei Anspruchsinhaber nicht generell der Unterhaltsverpflichtete, sondern der jeweils Bedürftige für seine Kosten. Bereits unterhaltsrechtlich sei davon auszugehen, dass der Umgangsberechtigte die Kosten der Kinder nicht zu tragen habe, wenn und soweit er selbst kein Einkommen besitze, welches sein eigenes Existenzminimum decke. Darüber hinaus müssten Regelungen des SGB XII ebensowenig wie solche des SGB II notwendigerweise den Kriterien des Unterhaltsrechts folgen. Sie substituierten gerade keine Unterhaltsverpflichtung durch Leistungen an den Verpflichteten, sondern fehlende Unterhaltszahlungen durch Leistungen an den Unterhaltsberechtigten. Für den Kläger kämen deshalb Leistungen nach § 73 SGB XII allenfalls für die für ihn selbst anfallenden Fahrtkosten bei der Ausübung seines Besuchsrechts in Frage, was allerdings nicht Streitgegenstand sei und von der Beklagten dem Grunde nach auch nicht in Zweifel gezogen werde. Die Fahrt- und Unterhaltskosten, die für die beiden Kinder des Klägers anlässlich ihrer Besuchsaufenthalte bei ihm entstünden, seien dagegen ein allein in ihrer Person auftretender Bedarf. Denkbar sei insoweit allein ein eigener Sozialhilfeanspruch der Kinder nach § 73 SGB XII für deren Fahrtkosten und nach §§ 27, 28 SGB XII für ihren Lebensunterhalt während ihres Aufenthalts beim Kläger. Entgegen der Ansicht des Klägers drohe ihm auch keine Vereitelung des mit Verfassungsrang ausgestatteten Umgangsrechts. Denn die Elternteile seien zunächst auf eine einvernehmliche Regelung untereinander zu verweisen. Hierfür spreche insbesondere die sog. Wohlverhaltensklausel des § 1684 Abs. 2 BGB. Diesbezüglich habe der Kläger schon nicht substantiiert vorgetragen, dass die Kindesmutter sein Umgangsrecht faktisch etwa dergestalt ins Leere laufen lasse, dass bei ihr keinerlei Bereitschaft bestehe, die notwendigen finanziellen Mittel zu Verfügung zu stellen. Doch selbst, wenn dies der Fall sein sollte, bliebe dem Kläger die Möglichkeit, gegen die Kindesmutter zivilrechtlich vorzugehen; damit würde im Übrigen der vorliegende Streit um die Gewährung sozialhilferechtlicher Leistungen auf den eigentlichen familienrechtlichen Kern zurückgeführt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Urteil Bezug genommen.

Gegen das am 18.06.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 15.07.2008 Berufung eingelegt. Er trägt vor, die Entscheidung des Sozialgerichts beruhe auf der falschen Auffassung, die Kosten der Ausübung des Umgangsrechts seien nicht seine Kosten, sondern solche seiner Kinder. Das Gericht übersehe, dass die Kindesmutter weder bereit noch in der Lage sei, sich finanziell an diesen Kosten zu beteiligen. Tatsächlich stünden ihm deshalb keine Mittel zur Verfügung, was zu einer Vereitelung des Umgangsrechts führe. Zwar verlange § 1684 Abs. 2 BGB von den Eltern, alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtige oder die Erziehung erschwere. Die Vorschrift sei jedoch keine Anspruchsgrundlage, aufgrund derer er einen Zahlungsanspruch gegen die Kindesmutter habe.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 18.03.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 27.03.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Kreises F vom 18.06.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm auf seinen Antrag vom 01.12.2006 die im Rahmen der Ausübung seines Umgangsrechts mit seinen Kindern entstehenden Kosten als Sozialhilfeleistung zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie trägt vor, das Umgangsrecht werde keineswegs dadurch faktisch vereitelt, dass entsprechende Bedarfe den Kindern und nicht dem Kläger zugeordnet würden. Zwar liefere § 1684 Abs. 2 BGB für den Kläger keine Anspruchsgrundlage gegen die Kindesmutter. Die Vorschrift regele jedoch die Verpflichtung des anderen Elternteils, alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtige. Soweit die Kindesmutter nicht bedürftig sei und über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts der Kinder verfüge, bestehe für den Kläger die zivilrechtliche Möglichkeit, die Kindesmutter zu verpflichten, für den Lebensunterhalt der Kinder auch während der Zeit ihres Aufenthalts beim Kläger zu sorgen, um auf diese Weise nicht mutwillig das Umgangsrecht zu vereiteln und gegen § 1684 Abs. 2 BGB zu verstoßen. Anderenfalls würde diese zivilrechtliche Bestimmung keinen Sinn ergeben. Entsprechende Anstrengungen habe der Kläger jedoch nicht unternommen. Der Umstand, dass ein solcher Weg rechtlich und in tatsächlicher Hinsicht schwieriger sei, könne keinesfalls dazu führen, dass gleichsam präventiv vorrangig eine Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII zu erfolgen habe.

Aufgrund eines Beschlusses des Senats vom 25.08.2008 hat das Verfahren zwischenzeitlich geruht, um die Entscheidung des BSG im Revisionsverfahren B 14 AS 54/08 R abzuwarten. Nachdem jenes Verfahren durch Urteil vom 02.07.2009 beendet wurde, wurde das vorliegende Verfahren fortgeführt.

In einem Erörterungstermin vom 28.04.2010 hat der Kläger auf Befragen u.a. angegeben, seine geschiedene Ehefrau sei als Physiotherapeutin berufstätig, seines Wissens nicht selbständig; über den Umfang ihrer Berufstätigkeit könne er nichts sagen. Die beiden gemeinsamen Kinder seien derzeit sieben bzw. dreizehn Jahre alt. Sie wohnten in N-B etwa acht Kilometer von seiner eigenen Wohnung entfernt.

Nachdem mit den Beteiligen im Erörterungstermin die Urteile des BSG vom 07.11.2006 - B 7 AS 14/06 R sowie vom 02.07.2009 - B 14 AS 54/08 R erörtert worden waren, hat der Bevollmächtigte des Klägers erklärt, er erwäge wegen der mit Rücksicht auf Art. 6 GG unbefriedigenden Rechtsprechung des BSG eine Weiterführung des Verfahrens mit dem Ziel der Durchführung einer Verfassungsbeschwerde. Es sei insofern von Bedeutung, dass es wahrscheinlich zu familiären Verwerfungen führen würde, würde er durch Anrufung des Familiengerichts erreichen wollen, dass die Kinder etwaige Ansprüche nach dem SGB XII einklagten. Eine Kostentragung durch die Kindesmutter selbst sei nicht zu erwarten. Eine gedeihliche Ausübung des Umgangsrechts wäre durch ein Vorgehen vor dem Familiengericht sehr gefährdet. Aus seiner Sicht habe die Kindesmutter familienrechtlich auch nichts mit den Kosten des Umgangs zu tun.

Die Beteiligen haben sich in dem Erörterungstermin nach entsprechendem Hinweis mit einer Entscheidung gem. § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Akte SG Köln S 21 SO 131/07 (gleiches Rubrum) sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen.

II.

1. Der Senat kann nach § 153 Abs. 4 SGG die Berufung ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückweisen, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligen sind auf diese Möglichkeit im Erörterungstermin vom 28.04.2010 hingewiesen worden; sie haben im Übrigen erklärt, hiergegen keine Einwände zu haben.

2. Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat seine Klage zu Recht abgewiesen. Denn die von ihm angefochtenen Bescheide beschweren ihn nicht i.S.d. § 54 Abs. 2 SGG in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Sozialhilfeleistungen an sich selbst wegen der Kosten, die - außerhalb der im vorliegenden Verfahren nicht streitigen, für ihn selbst anfallenden Fahrtkosten - für seine Kinder im Zusammenhang mit der Ausübung seines Umgangsrechts anfallen.

a) Denn selbst, wenn - was der Senat offen lassen kann - ein entsprechender Sozialleistungsbedarf mangels eigenen Einkommens oder Vermögens der Kinder oder entsprechender Deckungsansprüche der Kinder gegen Dritte bestehen sollte, so würde es sich dabei nicht um einen Bedarf des Klägers selbst handeln. Ansprüche auf bedarfsdeckende Leistungen könnten vielmehr allein den Kindern selbst zustehen:

In Anwendung der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 14/06 R) ist zwischen den Ansprüchen des Klägers selbst und denen seiner Kinder zu unterscheiden. Wie das Sozialgericht, die Rechtsprechung des BSG teilend, zutreffend ausgeführt hat, ist insbesondere nicht ausschlaggebend, wem die Kosten der Ausübung des Umgangsrechts unterhaltsrechtlich zuzuordnen sind. (Sozialhilferechtlicher) Anspruchsinhaber ist nicht generell der (zivilrechtlich) Unterhaltsverpflichtete, sondern der jeweils Bedürftige für seine ihm selbst (sozialhilferechtlich) zuzuordnenden Kosten. Ist ohnehin schon unterhaltsrechtlich davon auszugehen, dass der Kläger die seinen Kindern im Rahmen der Ausübung des Umgangsrechts entstehenden Kosten nicht zu tragen hat, weil er über kein Einkommen bzw. Vermögen oberhalb des sozialhilferechtlichen Existenzminimums verfügt, so müssen die Regelungen des SGB XII (ebensowenig die des SGB II) auch nicht notwendigerweise den Kriterien des Unterhaltsrechts folgen. Denn sie substituieren keine Unterhaltsverpflichtung durch Leistungen an den Verpflichteten, sondern fehlende Unterhaltszahlungen durch Leistungen an den Unterhaltsberechtigten. Daraus folgt, dass der Kläger außerhalb des Bedarfs für in seiner Person selbst entstehende Fahrtkosten, welche vorliegend nicht streitbefangen sind, im Zusammenhang mit der Ausübung seines Umgangsrechts keinen weiteren Anspruch auf ergänzende Leistungen (an ihn selbst) gegen die Beklagte hat. Denkbar sind vielmehr, ohne das der Senat dies im vorliegenden, allein vom Kläger geführten Verfahren zu entscheiden hätte, allein entsprechende eigene Ansprüche der Kinder, wenn bei ihnen nämlich eine entsprechende Bedürftigkeit bestehen sollte.

Soweit es der Kläger für mit Verfassungsrecht unvereinbar hält, wenn die von ihm geltend gemachten Bedarfe nicht ihm, sondern seinen Kindern zugeordnet werden, folgt ihm der Senat nicht. Eine sozialrechtliche Zuordnung von Leistungsansprüchen im Zusammenhang mit der Ausübung des Umgangsrechts zu den betroffenen Kindern gewährleistet in gleicher Weise die sozialhilferechtliche Versorung während der Ausübung des Umgangsrechts, wie es eine Zuordnung entsprechender Bedarfe zum umgangsberechtigten Elternteil täte. Da Sozialhilfeleistungen nur nachrangig zu erbringen sind (§ 2 Abs. 1 SGB XII), sprechen zudem sozialhilferechtsimmante Gründe dagegen, entsprechende Bedarfe leistungsrechtlich allein dem umgangsberechtigten Elternteil zuzuordnen und dabei zwangsläufig unberücksichtigt zu lassen, ob etwa das betroffene Kind über eigenes Einkommen und Vermögen verfügt, welches ihm eine Befriedigung der entsprechenden Bedarfe ohne weiteres sicherstellen könnte.

b) Die Verfahrensführung des Klägers ist auch nicht etwa im Sinne der Anwendung eines "Meistbegünstigungsprinzips" dahingehend zu verstehen, dass er gar nicht eigene, sondern Ansprüche seiner Söhne geltend macht.

aa) Zum einen trägt der Kläger selbst vor, er begehre die Sozialhilfeleistungen gerade als Leistungen an ihn selbst für in seiner eigenen Person anfallenden Bedarfe; denn Kosten im Zusammenhang mit der Ausübung des Umgangsrechts seien dem umgangsrechtsberechtigten Elternteil zuzuordnen, wie es schon in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zum BSHG angenommen worden sei.

bb) Zum andern wäre - selbst wenn der Kläger Ansprüche seiner Söhne im vorliegenden Verfahren geltend machen wollte - eine entsprechende Meistbegünstigung schon deshalb nicht möglich, weil der Kläger gar nicht berechtigt wäre, seine beiden Söhne im vorliegenden Verfahren zu vertreten.

Denn die beiden Söhne sind derzeit nicht selbst prozessfähig i.S.d. § 71 Abs. 1 und 2 SGG i.V.m. §§ 104 ff. BGB. Ein Beteiligter ist nach § 71 Abs. 1 SGG prozessfähig, wenn er sich durch Verträge verpflichten kann. Minderjährige sind gemäß § 71 Abs. 2 Satz 1 SGG in eigenen Sachen prozessfähig, soweit sie durch Vorschriften des bürgerlichen oder des öffentlichen Rechts für den Gegenstand des Verfahrens als geschäftsfähig anerkannt sind. Die Söhne des Kläger sind in diesem Zusammenhang nicht etwa nach den Vorschriften des öffentlichen Rechts handlungsfähig; denn die sozialrechtliche Handlungsfähigkeit setzt nach § 36 Abs. 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) die Vollendung des 15. Lebensjahres voraus, was nach den glaubhaften Angaben des Klägers im Erörterungstermin vom 28.04.2010 derzeit noch nicht der Fall ist. Nach der bürgerlich-rechtlichen Vorschrift des § 107 BGB bedarf der Minderjährige zu einer Willenserklärung, durch die er nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters. Die Prozessführung für die Söhne des Klägers wäre auch nicht lediglich rechtlich vorteilhaft. Denn die Geltendmachung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB XII ist bereits deshalb nicht lediglich rechtlich vorteilhaft, weil eine Leistungsgewährung zum Erlöschen der Forderung führen würde (vgl. für den entsprechenden Fall von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II BSG, Urteil vom 02.07.2009 - B 14 AS 54/08 R).

Die gesetzliche Vertretung eines Kindes erfolgt nach § 1629 Abs. 1 Satz 2 BGB gemeinschaftlich durch die Eltern. Ein Elternteil vertritt das Kind nur dann allein, wenn er die elterliche Sorge allein ausübt oder ihm die Entscheidung nach § 1628 BGB übertragen worden ist (§ 1629 Abs. 1 Satz 3 BGB). Keine dieser Voraussetzungen für eine Alleinvertretungsbefugnis des Klägers wäre vorliegend erfüllt. Er übt die elterliche Sorge mit der Kindesmutter gemeinsam aus, und für eine Bevollmächtigung durch die Kindesmutter oder auch nur für eine nachträgliche Genehmigung liegen keine Anhaltspunkte vor. Eine Sonderregelung zur Vertretungsbefugnis im Rahmen des SGB XII oder des SGG besteht ebenfalls nicht.

Schließlich ergäbe sich eine Alleinvertretungsbefugnis des Klägers auch nicht aus § 1687 Abs. 1 Satz 4 BGB. Solange sich das Kind mit Einwilligung des Elternteils, bei dem es sich gewöhnlich aufhält, oder aufgrund einer gerichtlichen Entscheidung bei dem anderen Elternteil aufhält, hat dieser Elternteil danach die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung. Diese Befugnis beschränkt sich jedoch auf tatsächliche Umstände wie etwa Ernährung, Bettruhe oder Fernsehkonsum; ein Vertretungsrecht abweichend von der allgemeinen Regelung des § 1629 BGB wird dem jeweiligen Elternteil jedoch nicht eingeräumt. Bereits der Wortlaut der Vorschrift "Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung" schließt eine Entscheidung in in erster Linie rechtlich bedeutsamen Angelegenheiten - wie der Einlegung von Rechtsmitteln - aus (BSG, a.a.O.).

Dass es sich bei den Befugnissen nach § 1687 Abs. 1 Satz 4 BGB nur um solche in tatsächlichen Angelegenheiten von geringer (auch wirtschaftlicher) Bedeutung handeln soll, verdeutlicht auch die Systematik der Norm: Während (im Falle gemeinsamer elterlicher Sorge) bei Entscheidungen in Angelegenheiten, deren Regelung für das Kind von erheblicher Bedeutung ist, das gegenseitige Einvernehmen der Eltern erforderlich ist (§ 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB), ist bereits der Elternteil, bei dem sich das Kind gewöhnlich aufhält, zur alleinigen Entscheidung nur insoweit befugt, als es um Angelegenheiten des täglichen Lebens geht (§ 1687 Abs. 1 Satz 2 BGB). Das sind nach § 1687 Abs. 1 Satz 3 BGB in der Regel solche Angelegenheiten, die häufig vorkommen und die keine schwer abzuändernde Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben. Hinter diesen Angelegenheiten des täglichen Lebens haben bei systematischer Betrachtung die Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung, über die während der Ausübung des Umgangsrechts zu entscheiden ist, hinsichtlich ihrer Bedeutung eher noch zurückzubleiben. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift dient die Entscheidungsbefugnis nach § 1687 Abs. 1 Satz 4 BGB der rechtlichen Absicherung der Erziehungsmaßnahmen des umgangsberechtigten Elternteils während der Ausübung des Umgangsrechts. Um eine solche Angelegenheit handelt es sich bei der Vertretung eines Kindes im sozialgerichtlichen Verfahren aber gerade nicht. Es ist vielmehr in aller Regel eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung i.S.d. § 1687 Abs. 1 Satz 1 BGB anzunehmen (BSG, a.a.O.).

Eine Alleinvertretungsbefugnis des Klägers ergäbe sich auch nicht etwa aus einer verfassungskonformen, erweiternden Auslegung des § 1687 Abs. 1 Satz 4 BGB im Lichte von Art. 6 GG. Denn für eine Durchsetzung des verfassungsrechtlich geschützten elterlichen Umgangsrechts stehen familienrechtliche Instrumentarien zur Verfügung, welche einerseits eine Berücksichtigung der Belange aller familienrechtlich Beteiligen gewährleisten, andererseits ggf. aber auch eine Durchsetzung der sozialhilferechtlichen Ansprüche der Kinder des Klägers gegen den Willen der Kindesmutter zulassen würden. Dementsprechend scheidet auch eine Verletzung des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 Satz 4 GG aus. Denn der Kläger hat die Möglichkeit, eine gerichtliche Entscheidung nach § 1628 Satz 1 BGB herbeizuführen. Nach dieser Vorschrift kann das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils die Entscheidung einem Elternteil übertragen, wenn sich die Eltern in einer einzelnen Angelegenheit oder in einer bestimmten Art von Angelegenheiten der elterlichen Sorge, deren Regelung für das Kind von besonderer Bedeutung ist, nicht einigen können. Der Elternteil, dem die Entscheidung nach § 1628 BGB übertragen ist, vertritt gemäß § 1629 Abs. 1 Satz 3 BGB das Kind allein. Auf diese Weise kann auch im laufenden sozialgerichtlichen Verfahren die mangels Einvernehmens der sorgeberechtigten Eltern fehlende gesetzliche Vertretung nur durch einen Elternteil hergestellt werden. In diesem gerichtlichen Verfahren ist die Durchsetzung der materiellen Grundrechtsposition der Beteiligen sicherzustellen. Dass eine zeitnahe Entscheidung ergeht, kann ggf. im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes sicher gestellt werden (so BSG, a.a.O.).

Zwar ist dem Kläger zuzugeben, dass bei einem entsprechenden familienrechtlichen Vorgehen Friktionen mit der Kindesmutter und damit auch faktisch nachteilige Auswirkungen im familiären Verhältnis auch zu seinen Kindern erwartbar erscheinen. Rechtspolitisch mag man sich deshalb in Fällen wie dem vorliegenden eine gerichtliche Alleinvertretung durch den umgangsberechtigten Elternteil vorstellen können (Entsprechendes könnte im Übrigen bereits für die Frage der Zuordnung der vom Kläger als eigene geltend gemachten Leistungsansprüche zum umgangsberechtigten Elternteil statt zum Kind ins Feld geführt werden). Da die Rechtsordnung allerdings mit § 1628 Satz 1 BGB de lege lata eine Verfahrensweise ausdrücklich vorsieht, bei der entsprechende faktische Problemlagen gerichtlich lösbar sind, ist der Kläger auf diese von der Rechtsordnung vorgesehene Möglichkeit zu verweisen, sofern sich eine entsprechende Verständigung mit der Kindesmutter nicht erreichen lassen sollte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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