S 32 AS 2091/10

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
32
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 32 AS 2091/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Aufwendungen eines Mieters für kleinere Repara­turen in der Wohnung (hier: defektes Ventil an einem Wasseranschluss) sind bereits in dem Regelsatz zur Sicherung des Le­bensunterhaltes gemäß § 20 Abs. 1 SGB II enthalten und können nicht nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II als Kosten der Unterkunft übernommen werden.
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Übernahme von Reparaturkosten für ein defektes Ventil an einem Wasseranschluss als Unterkunftskosten auf der Grundlage von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II.

Die Klägerin bezieht seit 2006 laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II von der Beklagten. Gemeinsam mit ihrem Ehemann bewohnt die Klägerin seit November 2008 eine Wohnung im Haus G-Straße in B. Die Grundmiete beträgt 286,00 Euro zuzüglich Heiz- und Nebenkosten. Nach Ziff. 5 des durch die Klägerin unterzeichneten Mietvertrages trägt der Mieter die Kosten für Schönheitsreparaturen und kleine Instandhaltungs- und Instandsetzungsarbeiten selbst. Die Einzelheiten dazu sind in § 9 der Allgemeinen Vertragsvereinbarungen Wohnungsmietvertrag (AVW) geregelt, die gemäß Ziff. 7 des Mietvertrages Bestandteil des Mietvertrages sind. § 9 Ziff. 5 AVW bestimmt, dass der Mieter die Kosten für kleine Instandhaltungen trägt, soweit die Kosten für die Einzelreparatur 75,00 Euro und der dem Mieter dadurch entstehende jährlich Aufwand 6 % der Jahresgrundmiete nicht übersteigt. Die kleinen Instandhaltungen sollen das Beheben kleiner Schäden u.a. an den Installationsgegenständen für Elektrizität, Wasser und Gas sowie Heizkörperventilen, Abflüssen, Wasserhähnen, Waschbecken und Duschvorrichtungen umfassen.

Am 30.01.2009 ließ die Klägerin ein undichtes Eckventil an einem Wasseranschluss in der Küche durch die Firma R. für 49,97 Euro reparieren. Den am 12.11.2009 in Rechnung gestellten Betrag überwies die Klägerin am 07.12.2009. Am 12.02.2010 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Übernahme der Reparaturkosten. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 03.03.2010 ab. Zur Begründung führte die Beklagte an, dass die durch die Rechnung nachgewiesenen Reparaturkosten bereits von der laufenden Regelleistung umfasst seien. Zur Reparatur und Instandhaltung der Wohnung gehörten kleinere Aufwendungen, die in einer Mietwohnung üblicherweise auch außerhalb von Schönheitsreparaturen anfallen und mithin nicht als zusätzlicher Bedarf im Rahmen der anteiligen Leistungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II anerkannt werden könnten. Mit Schreiben vom 31.03.2010 legte die Klägerin gegen den Bescheid vom 03.03.2010 Widerspruch ein. Zur Begründung führte die Klägerin aus, dass sich die Reparaturkosten letztlich aus dem Mietvertrag ergäben und daher den Unterkunftskosten im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zuzurechnen seien. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.04.2010 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück.

Am 21.05.2010 hat die Klägerin Klage erhoben, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens aus dem Verwaltungsverfahren die Übernahme der Reparaturkosten durch die Beklagte begehrt.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, unter Aufhebung des Bescheides vom 03.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2010 einen Betrag von 49,97 Euro für die Reparaturkosten zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verweist zur Begründung ihrer Rechtsansicht auf die Ausführungen in den mit der Klage angefochtenen Bescheiden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid vom 03.03.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 SGG in ihren Rechten.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Übernahme der Reparaturkosten in Höhe von 49,97 Euro aus § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Die Aufwendungen eines Mieters für kleinere Reparaturen in der Wohnung, die jenseits mietvertraglich geschuldeter Schönheitsreparaturen entstehen und die auch keine wertsteigernden Reparatur- und Erneuerungsarbeiten darstellen, sind bereits in dem Regelsatz zur Sicherung des Lebensunterhaltes gemäß § 20 Abs. 1 SGB II enthalten (BSG, Urteil vom 19.03.2008, Az.: B 11b AS 31/06 R; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.01.2009, Az.: L 7 SO 5864/08 NZB; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.05.2009, Az.: L 12 AS 575/09; zur Abgrenzung zu wertsteigernden Reparatur- und Erneuerungsarbeiten vgl. Bay. LSG, Urteil vom 15.10.2008, Az.: L 16 AS 330/07 und LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 16.11.2005, Az.: L 2 B 68/05 AS ER; jeweils zitiert nach Juris). Gemäß § 20 Abs. 1 SGB II umfasst die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung entfallenden Anteile, Bedarfe des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben. Bei der Festsetzung der Regelleistung in § 20 Abs. 1 SGB II hat sich der Gesetzgeber an das Sozialhilferecht angelehnt (vgl. BT-Drucks. 15/1516, S. 56). Für die Bemessung der Regelleistungen sind demnach die Regelungen im SGB XII einschließlich der Regelsatzverordnung einschlägig. Nach § 28 Abs. 1 SGB XII wird der gesamte Bedarf des notwendigen Lebensunterhaltes außerhalb von Unterkunft und Heizung nach Regelsätzen erbracht. Grundlage für die Regelsatzbemessung sind die tatsächlichen, statistisch ermittelten Verbrauchsausgaben von Haushalten in unteren Einkommensgruppen. Gemäß § 28 Abs. 3 Satz 3, 4 SGB XII ist Datengrundlage die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) des Statistischen Bundesamtes. Nach § 2 Abs. 2 der Regelsatzverordnung vom 03.06.2004, zuletzt geändert durch Artikel 17 des Gesetzes vom 02.03.2009 (BGBl. I Seite 416) setzt sich der Regelsatz aus prozentualen Anteilen der Abteilungen des Verzeichnisses des Statistischen Bundesamtes zur EVS zusammen. Grundlage ist dabei die EVS 2003, wobei der Eckregelsatz entsprechend den Änderungen des aktuellen Rentenwertes anzupassen ist. Gemäß § 2 Abs. 2 Ziff. 3 der Regelsatzverordnung fließen dabei auch die in Abteilung 4 der EVS erfassten Ausgaben für den Bereich Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung zu einem Anteil von 8 % ein. Der niedrige Anteil von 8 % beruht dabei darauf, dass die Kosten für Unterkunft und Heizung gesondert abgedeckt sind. Die Einzelpositionen für Strom werden weitgehend, die Ausgaben für Reparaturen in der Wohnung voll anerkannt (vgl. BR-Drucks. 206/04, S. 7, 8).

Eine Übernahme der Reparaturkosten durch die Beklagte wäre allenfalls darlehensweise gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II möglich. Danach erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt dem Hilfebedürftigen ein entsprechendes Darlehen, wenn im Einzelfall ein von den Regelleistungen umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes weder durch das Vermögen noch auf andere Weise gedeckt werden kann. Das Vorliegen eines unabweisbaren Bedarfs setzt dabei in zeitlicher Hinsicht voraus, dass es sich um einen Bedarf handelt, dessen Abdeckung keinen Aufschub duldet (vgl. Lang/Blüggel, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 23 Rn. 27). Eine darlehensweise Kostenübernahme von in diesem Sinne keinen Aufschub duldenden Reparaturmaßnahmen käme insbesondere dann in Betracht, wenn die Klägerin aufgrund der Höhe der Kosten oder aufgrund einer zeitlichen Häufung von Reparaturfällen nicht in der Lage wäre, diese durch den im Regelsatz enthaltenen Anteil für Instandhaltungsreparaturen zu decken. Vorliegend hat die Klägerin die Reparaturkosten jedoch umgehend beglichen, so dass eine darlehensweise Übernahme der Reparaturkosten nicht mehr in Betracht kommt.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Die Berufung war gemäß § 144 Abs. 2 SGG nicht zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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