L 3 AS 138/08

Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
3
1. Instanz
SG Speyer (RPF)
Aktenzeichen
S 10 AS 945/06
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 3 AS 138/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein Bescheid, der frühere Bewilligungsbescheide aufhebt und gewährte Leistungen nach dem SGB II zurückfordert, ist nur dann hinreichend bestimmt, wenn erkennbar ist, für welchen Zeitraum in welcher Höhe welche Art von Leistungen aufgehoben bzw. zurückgefordert werden.
1. Das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 23.01.2008 wird geändert. Der Bescheid vom 09.11.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.12.2006 sowie der Änderungsbescheid vom 07.11.2007 werden aufgehoben, soweit die Beklagte die Bewilligung von Leistungen für den Zeitraum vom 01.09.2005 bis 31.10.2006 aufgehoben und vom Kläger die Erstattung der auf diesen Zeitraum entfallenden Leistungen verlangt hat.

2. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen einen Aufhebungs und Erstattungsbescheid.

Der 1967 geborene Kläger und seine damalige Ehefrau bezogen seit dem 04.01.2005 (mit einer kurzen Unterbrechung vom 01.08.2005 bis 04.09.2005) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Die Eheleute bewohnten eine 2 Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 49 qm, für die sie eine Kaltmiete in Höhe von 330,00 EUR monatlich sowie Heizkosten von 47,99 EUR monatlich und Nebenkosten in Höhe von 79,25 EUR monatlich zahlten.

Bei der Antragstellung im Januar 2005 hatte der Kläger ein Beschäftigungsverhältnis seiner Ehefrau angegeben und eine Verdienstbescheinigung ihres Arbeitgebers für den Dezember 2004 vorgelegt. Danach hatte die Ehefrau in diesem Monat ein Bruttoarbeitsentgelt von 1.212,77 EUR und ein Nettoarbeitsentgelt in Höhe von 656,37 EUR erzielt. Der Arbeitgeber gab an, das Einkommen sei monatlich unterschiedlich hoch und werde jeweils zum Ende des laufenden Monats ausgezahlt.
Ab September 2005 wurde die Lohnsteuerklasse der Ehefrau von fünf nach drei geändert.

In der Zeit von Januar 2005 bis Februar 2007 erzielte die Ehefrau des Klägers aus der Beschäftigung folgendes Nettoeinkommen:

Januar 2005 676,49 EUR
Februar 2005 734,14 EUR
März 2005 610,22 EUR
April 2005 662,28 EUR
Mai 2005 874,60 EUR
(einschließlich Urlaubsgeld in Höhe von 742,89 EUR brutto)
Juni 2005 722,01 EUR
Juli 2005 631,04 EUR
August 2005 620,72 EUR
September 2005 981,47 EUR
Oktober 2005 1.036,46 EUR
November 2005 1.754,45 EUR (einschließlich Weihnachtsgeld in Höhe von 770,00 EUR brutto)
Dezember 2005 1.012,47 EUR
Januar 2006 1.000,82 EUR
Februar 2006 842,07 EUR
März 2006 1.090,55 EUR
April 2006 1.054,43 EUR
Mai 2006 1.608,39 EUR
(einschließlich Urlaubsgeld in Höhe von 714,96 EUR brutto)
Juni 2006 1.284,71 EUR
Juli 2006 936,99 EUR
August 2006 1.058,17 EUR
September 2006 979,91 EUR
Oktober 2006 807,34 EUR
November 2006 1.630,13 EUR (einschließlich Weihnachtsgeld in Höhe von 738,00 EUR brutto)
Dezember 2006 1.075,89 EUR
Januar 2007 996,52 EUR
Februar 2007 796,68 EUR.

Der Kläger übte vom 01.02.2006 bis September 2006 eine geringfügige Beschäftigung als Wachdienst für die Firma g aus. Der jeweils im Folgemonat gezahlte Verdienst belief sich zunächst auf 163,84 EUR monatlich brutto gleich netto und von Juni bis September 2006 auf monatlich 164,00 EUR brutto gleich netto (Bescheinigung der Arbeitgeberin vom 11.01.2007).

Vom 01.01.2007 bis zum 14.03.2007 war der Kläger für die Firma M S , E , tätig. Sein jeweils im Folgemonat ausgezahlter Verdienst belief sich für Januar auf 1.349,67 EUR brutto, für Februar auf 1.027,03 EUR brutto und für März auf 2.487,93 EUR brutto.

Für das Jahr 2004 erhielten der Kläger und seine Ehefrau im Juli 2005 eine Steuerrückzahlung in Höhe von 2.686,22 EUR und für das Jahr 2005 eine Steuerrückzahlung in Höhe von 2.824,59 EUR am 08.06.2006.

Mit Bescheid vom 11.01.2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger und seiner mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Ehefrau vom 04.01.2005 Leistungen in Höhe von 816,35 EUR und vom 01.02. bis zum 31.07.2005 in Höhe von 874,65 EUR monatlich, wobei sie von einem monatlichen Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft von 1.079,25 EUR (Regelleistungen in Höhe von 622,00 EUR sowie Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 457,25 EUR) ausging und hierauf ein monatliches Gesamteinkommen in Höhe von 481,60 EUR anrechnete (ausgehend von einem Netto-Erwerbseinkommen der Ehefrau in Höhe von 641,04 EUR abzüglich eines Freibetrages von 129,44 EUR sowie einer Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 EUR). Ferner bewilligte sie dem Kläger einen befristeten Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld nach § 24 SGB II in Höhe von 277,00 EUR monatlich.

Auf den Fortzahlungsantrag des Klägers vom 05.09.2005, in dem dieser angab, es seien keine Änderungen eingetreten, bewilligte die Beklagte ihm und seiner Ehefrau mit Bescheid vom 05.09.2005 für den Bewilligungsabschnitt vom 05.09.2005 bis 28.02.2006 erneut Leistungen. Die Berechnungsgrundlagen blieben unverändert, jedoch wurde der befristete Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld ab dem 01.12.2005 auf 254,00 EUR monatlich und ab dem 01.01.2006 auf 139,00 EUR abgesenkt. Vom 05.09.2005 bis zum 30.09.2005 ergab dies einen Zahlbetrag von insgesamt 758,02 EUR, vom 01.10.2005 bis zum 30.11.2005 einen solchen von monatlich 874,65 EUR, vom 01.12.2005 bis zum 31.12.2005 einen Betrag von 851,65 EUR und vom 01.01.2006 bis zum 28.02.2006 einen in Höhe von 736,65 EUR pro Monat.

Auf den weiteren Fortzahlungsantrag der Bedarfsgemeinschaft vom 06.02.2006, in dem wiederum eine Änderung gegenüber den früheren Angaben verneint wurde, bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 02.03.2006 Leistungen für die Zeit vom 01.03.2006 bis 31.08.2006 in Höhe von 750,70 EUR monatlich. Dabei ging sie aufgrund der nunmehr vom Kläger vorgelegten, zwischen seiner Ehefrau und ihrem Arbeitgeber geschlossenen Vereinbarung über die Änderung ihrer Arbeitsstundenzahl, von einem zu berücksichtigenden Gesamteinkommen in Höhe von 467,55 EUR (sonstiges Einkommen in Höhe von 497,55 EUR abzüglich einer Versicherungspauschale von 30,00 EUR) aus.

Nachdem die Beklagte von der geringfügigen Beschäftigung des Klägers bei der Firma g erfahren hatte, änderte sie mit Bescheid vom 12.05.2006 ihre Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen für den Zeitraum vom 01.03.2006 bis 31.08.2006 und bewilligte unter Anrechnung eines monatlichen Einkommens des Klägers von 51,07 EUR Leistungen in Höhe von insgesamt 669,63 EUR monatlich.

Auf den Fortzahlungsantrag der Bedarfsgemeinschaft bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 12.07.2006 für die Zeit vom 01.09.2006 bis zum 30.11.2006 wie in dem Änderungsbescheid vom 12.05.2006 Leistungen in Höhe von 669,63 EUR monatlich, für den Monat Dezember 2006 in Höhe von 646,46 EUR und für die Monate Januar und Februar 2007 jeweils in Höhe von 530,63 EUR monatlich. Die Absenkung der Leistungen ab Dezember 2006 ergab sich daraus, dass dem Kläger der befristete Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld im Dezember auf 115,83 EUR abgesenkt und ab dem Monat Januar 2007 nicht mehr bewilligt wurde.

Auf Anfrage der Beklagten legte der Kläger Lohnabrechnungen des Arbeitgebers seiner Ehefrau vor, aus denen sich ergab, dass sie mehr als die den Berechnungen bisher zugrunde gelegten Beträge verdient hatte.

Auf weitere Nachfrage der Beklagten legte der Kläger Einkommensteuerbescheide für das Jahr 2004 (Bescheid des Finanzamtes Speyer Germersheim vom 26.07.2005 und vom 08.06.2006) vor. Bezüglich der Kfz-Haftpflichtversicherung wies er Kosten in Höhe von vierteljährlich 90,43 EUR nach.

Die Beklagte hörte den Kläger daraufhin mit Schreiben vom 20.10.2006 zu der beabsichtigten Aufhebung ihrer Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen an. Der Kläger habe nach ihren Erkenntnissen wegen erfolgter Steuererstattungen und erhöhtem Einkommens der Ehefrau im Zeitraum vom 04.01.2005 bis 31.10.2006 Arbeitslosengeld II in Höhe von 9.404,61 EUR zu Unrecht bezogen.

Nachdem sich der Kläger hierzu nicht geäußert hatte, hob die Beklagte mit Bescheid vom 09.11.2006 ihre Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 04.01.2005 bis zum 30.06.2005 teilweise, für die Zeit vom 01.09.2005 bis zum 31.01.2006 ganz, für die Zeit vom 01.02.2006 bis zum 30.04.2006 teilweise, für die Zeit vom 01.05.2006 bis zum 31.05.2006 ganz, für die Zeit vom 01.06.2006 bis zum 30.06.2006 teilweise und ab dem 01.07.2006 ganz auf. Die Erstattungsforderung bezifferte sie für den Zeitraum vom 04.01.2005 bis zum 31.10.2006 mit 1.635,45 EUR für die Regelleistungen, mit 5.887,09 EUR für Leistungen für Unterkunft und Heizung sowie mit 1.882,07 EUR für den befristeten Zuschlag nach dem Bezug von Arbeitslosengeld, insgesamt 9.404,61 EUR.

Den Widerspruch des Klägers vom 30.11.2006, mit dem dieser geltend machte, jeweils alle Änderungen mitgeteilt zu haben, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.12.2006 zurück. Die Bewilligungsbescheide beruhten auf Angaben, die der Kläger zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig bzw. unvollständig gemacht worden habe. Es treffe nicht zu, dass dieser alle Einkünfte regelmäßig und ohne schuldhaftes Zögern offen gelegt habe. Die Rechtswidrigkeit der Bescheide sei dem Kläger auch bekannt gewesen, denn er habe dem ihm übergebenen Merkblatt eindeutig entnehmen können, dass alle Änderungen in den tatsächlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen umgehend mitzuteilen seien.

Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 14.12.2006 Klage beim Sozialgericht Speyer erhoben.

Im vorläufigen Rechtsschutzverfahren L 3 ER 438/06 AS hat der erkennende Senat die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 09.11.2006 insoweit angeordnet, als mit dem Bescheid die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen an die Ehefrau des Klägers ganz und an den Kläger für den Monat November 2006 über einen Betrag in Höhe von 281,31 EUR aufgehoben wurde. Die Aufhebung der Leistungsgewährung für die Ehefrau hätte in einem an diese gerichteten Bescheid vorgenommen werden müssen. Auch die Aufhebung gegenüber dem Kläger begegne teilweise Bedenken: So hätte das Weihnachtsgeld als einmalige Einnahme nicht voll im Monat November berücksichtigt werden dürfen, sondern sei -wie auch die Steuererstattungen- auf das Jahr zu verteilen und entsprechend für 12 Monate anzurechnen.

Während des laufenden Klageverfahrens hat der Kläger die Kopie der Kündigung seines Arbeitsvertrages mit der Firma M S , E , zum 14.03.2007 vorgelegt sowie die Verdienstabrechnungen der Firma. Ferner sind Verdienstbescheinigungen der Ehefrau des Klägers für die Monate September, Oktober und November 2006 sowie für Januar 2007 eingereicht worden.

Im März und April 2007 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers der Beklagten mitgeteilt, dass dieser auf Grund seelischer Probleme leistungsgemindert und dessen Ehefrau aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen sei. Ein Betreuungsverfahren sei angeregt worden, der Kläger solle in eine psychiatrische Klinik eingewiesen werden. In einer Bescheinigung des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B , M , vom 12.03.2007 ist ausgeführt, der Kläger leide unter einer paranoiden Psychose mit zönästhetischen Erscheinungen, die dringend klinisch behandlungsbedürftig sei. Eine Betreuung sei erforderlich. Am 02.05.2007 hat das Amtsgericht Ludwigshafen eine Betreuung für die Bereiche Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung, Vermögensangelegenheiten, Versicherungsangelegenheiten, Wohnungsangelegenheiten, Regelung der häuslichen Versorgung, Entscheidungen über das Entgegegennehmen, Öffnen und Anhalten der Post, angeordnet und für den Kläger einen Betreuer bestellt.

Am 11.07.2007 hat die Beklagte gegenüber dem Kläger einen "geänderten Aufhebungs- und Erstattungsbescheid" erlassen. Darin heißt es:

" die Entscheidungen vom 11.01.2005, vom 05.09.2005, vom 12.05.2006 und vom 12.07.2006 über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II werden vom
01.02.2005 bis 28.02.2005 teilweise in Höhe von 20,97 EUR
01.06.2005 bis 30.06.2005 teilweise in Höhe von 29,69 EUR
01.09.2005 bis 30.09.2005 teilweise in Höhe von 216,37 EUR
01.10.2005 bis 31.10.2005 teilweise in Höhe von 272,93 EUR
01.11.2005 bis 30.11.2005 ganz in Höhe von 575,82 EUR
01.12.2005 bis 31.12.2005 teilweise in Höhe von 289,43 EUR
01.01.2006 bis 31.01.2006 teilweise in Höhe von 284,52 EUR
01.02.2006 bis 28.02.2006 teilweise in Höhe von 217,48 EUR
01.03.2006 bis 31.10.2006 ganz in Höhe von 3.234,48 EUR

aufgehoben. Ihre Überzahlung beträgt 5.141,68 EUR. Die gesamte Überzahlung beträgt 8.894,52 EUR) ..."

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger habe in der Zeit vom 04.01.2005 bis zum 31.10.2006 zusammen mit seiner Frau eine Bedarfsgemeinschaft gebildet. Das Einkommen der Frau sei höher gewesen als im Antrag angegeben, auch durch Weihnachtsgeld und Urlaubsgeld, außerdem sei Einkommen aus Steuerrückzahlungen im August 2005 und Juni 2006 erzielt worden. Diese einmaligen Einkommen seien um die gesetzlichen Freibeträge bereinigt und auf den Zeitraum von 12 Monaten angerechnet worden. Mit den nachgewiesenen Einkommensverhältnissen bestünden in den Monaten Februar, Juni, September, Oktober und Dezember 2005 sowie bis Februar 2006 Ansprüche auf Leistungen nach dem SGB II in geringerer Höhe als früher festgestellt. Im November 2005 und von März bis Oktober 2006 habe keine Hilfebedürftigkeit mehr bestanden.

Der Kläger sei nach § 60 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) verpflichtet gewesen, der Behörde alle Änderungen in den Verhältnissen mitzuteilen, die für die Leistung erheblich seien. Dieser Verpflichtung sei er zumindest grob fahrlässig nicht rechtzeitig nachgekommen (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch SGB X). Außerdem sei Einkommen erzielt worden, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruches geführt habe (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X). Der Bescheid vom 05.09.2005 sei daher nach § 45 Abs. 1 SGB X i.V.m. § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X ganz bzw. teilweise aufzuheben.

Auch an die Ehefrau des Klägers hat die Beklagte einen geänderten Aufhebungs- und Erstattungsbescheid gerichtet, der nicht angefochten worden ist.

Mit Schriftsatz vom 23.10.2007 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers dem SG mitgeteilt, dass der Kläger zwischenzeitlich in eine psychiatrische Klinik eingewiesen worden sei. Zur Begründung der Klage hat er vorgetragen, dass eine Rücknahme der ursprünglichen Bewilligungsbescheide nur auf § 45 SGB X gestützt werden könnte, weil diese bereits von Anfang an rechtswidrig gewesen seien. Die Ehefrau des Klägers habe ein höheres Einkommen erzielt als von der Beklagte berücksichtigt. Da es der Beklagten bekannt gewesen sei, dass diese mit variablen Stundenzahlen arbeite und damit auch der Lohn unterschiedlich hoch sei, sei es von Anfang an falsch gewesen, von einem gleichbleibenden Einkommen auszugehen. Die Voraussetzungen des § 45 SGB X lägen aber nicht vor. Der Kläger habe weder grob fahrlässig noch vorsätzlich falschen Angaben gemacht, er habe mit extremen psychischen Problemen zu kämpfen, so dass schuldloses Handeln vorliege.

Das SG Speyer hat durch Urteil vom 23.10.2008 den Bescheid vom 09.11.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.12.2006 und des Bescheides vom 11.07.2007 aufgehoben, soweit die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld II für den Monat November 2006 über einen Betrag von mehr als 281,31 EUR hinaus und für den Monat Januar 2007 über einen Betrag von mehr als 304,74 EUR hinaus aufgehoben hat. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der an den Kläger gerichtete Bescheid sei lediglich bezüglich der Aufhebung der Leistungen für die Monate November 2006 und Januar 2007 rechtswidrig.

Die Aufhebung für die Monate Februar und Juni 2005 finde ihre Rechtsgrundlage in § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II und § 330 Abs. 2 SGB III. Nach Erlass des Bewilligungsbescheides vom 11.01.2005 habe die Ehefrau des Klägers in diesen Monaten Einkommen erzielt, das zu einem Wegfall des Anspruchs des Klägers in Höhe von 20,97 EUR im Februar 2005 und in Höhe von 29,68 EUR im Juni 2005 geführt habe, wie es die Beklagte verfügt habe. Die Aufhebung für die Zeiträume September 2005 bis Oktober 2006 sei auf § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X zu stützen. Die Bewilligungsbescheide vom 05.09.2005, vom 12.05.2006 und vom 12.07.2006, die den Zeitraum bis zum 28.02.2007 beträfen, seien von Anfang an in dem von der Beklagten im Bescheid vom 11.07.2007 dargelegten Umfang ganz oder teilweise rechtswidrig gewesen, weil die Ehefrau des Klägers ein höheres als das den Bewilligungen zu Grunde gelegte Arbeitsentgelt erzielt habe und zudem in den Jahren 2005 und 2006 noch Steuererstattungen ausgezahlt worden seien, die auf den Leistungsanspruch anzurechnen seien. Berechnungsfehler der Beklagten seien insoweit weder erkennbar noch vorgetragen. Die Beklagte habe sich nunmehr auch an die Vorgaben des Senats des Landessozialgerichts (LSG) Rheinland-Pfalz im Beschluss vom 15.01.2007 im Eilverfahren L 3 ER 266/06 AS gehalten.

Die Aufhebungsvoraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X lägen vor. Weder der Kläger noch die Ehefrau hätten vor Erlass des Bescheides vom 12.7.2006 mitgeteilt, dass durchweg ein weit höheres durchschnittliches Nettoeinkommen als die im Erstantrag angegebenen und in den Bewilligungsbescheiden zu Grunde gelegten 656,37 EUR netto bezogen worden sei. Die entsprechenden Gehaltsbescheinigungen seien erst am 29.09.2006 vorgelegt worden, die Einkommensteuererstattungen seien erst nach Erlass des Bewilligungsbescheides am 18.10.2006 mitgeteilt worden. Somit beruhten die Bewilligungsbescheide auf Angaben, die der Kläger zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht habe. Auf Grund des gegenüber den Vorbewilligungen im wesentlichen gleich gebliebenen Anrechnungsbetrages hätte der Kläger auch erkennen müssen, dass eine entsprechende Anrechnung durch die Beklagte noch nicht erfolgt sei. Es sei nicht ersichtlich, dass die psychischen Probleme des Klägers schon im streitigen Zeitraum derart ausgeprägt gewesen seien, dass er nicht in der Lage gewesen wäre, einfachen Mitteilungspflichten, auf die in Anträgen und Bewilligungsbescheiden in leicht verständlicher Weise hingewiesen worden sei, nachzukommen.

Die im Bescheid vom 09.11.2006 geregelte Aufhebung für den Zeitraum vom 01.11.2006 bis zum 28.02.2007 (vollständige Aufhebung für die Monate Dezember 2006 und Februar 2007) sei ebenfalls rechtmäßig. Das Einkommen habe in dieser Zeit den Gesamtbedarf überschritten. Bezüglich des Monates November 2006 sei die Aufhebung gegenüber dem Kläger nur in Höhe von 281,31 EUR rechtmäßig und für Januar nur in Höhe von 304,74 EUR; insoweit sei auf die Ausführungen des LSG im zitierten Beschluss vom 15.01.2007 zu verweisen.

Der Aufhebungsbescheid an die Ehefrau des Klägers sei nicht Gegenstand des Verfahrens.

Der Kläger hat gegen das ihm am 02.11.2008 zugestellte Urteil am 10.11.2008 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, ihm könne keine grobe Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden. Er leide an Schizophrenie und werde deshalb medikamentös behandelt. Zwar sei die Erkrankung erst nach Erlass der streitigen Bescheide diagnostiziert worden, Krankheitserscheinungen seien aber auch schon vorher aufgetreten. Er sei nicht in der Lage gewesen, gegenüber der Beklagten zutreffende Angaben zu machen. Im Übrigen sei nicht er, sondern seine frühere Ehefrau verpflichtet gewesen, die Unterlagen vorzulegen. Die Steuererstattung hätte wegen der von der Beklagten angenommenen Unterbrechung der Hilfebedürftigkeit zudem als Vermögen und nicht als Einkommen angerechnet werden müssen.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG Speyer vom 23.10.2008 abzuändern sowie den Bescheid der Beklagten vom 09.11.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.12.2006 und des Bescheides vom 11.07.2007 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, aus den nun diagnostizierten Erkrankungen des Klägers könne nicht geschlossen werden, dass er zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht in der Lage gewesen sei, ausreichende Angaben zu machen. Hätte damals schon eine entsprechende Erkrankung vorgelegen, würde es an der Erwerbsfähigkeit des Klägers und damit an ihrer Zuständigkeit fehlen. Im Übrigen komme es beim Zufluss von Einkommen nur darauf an, dass gegen gesetzliche Mitteilungspflichten verstoßen worden sei, nicht, ob der Betroffene die Berechnungen nachvollziehen könne.

Der Senat hat den Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung am 30.03.2010 angehört. Zu den Einzelheiten wird auf die Niederschrift vom 30.03.2010 verwiesen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Prozessakte und der beigezogenen Akte L 3 ER 266/06 AS verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143 ff. Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist begründet.

Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der an den Kläger gerichtete Aufhebungs und Erstattungsbescheid vom 09.11.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.12.2006 und der Fassung des Bescheides vom 11.07.2007, durch den die ergangenen Bewilligungsbescheide vom 11.01.2005, 05.09.2005, 12.05.2006 und vom 12.07.2006 über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II ganz oder teilweise aufgehoben wurden. Der gesondert an die Ehefrau ergangene Bescheid ist weder von ihr noch vom Kläger angefochten worden.

Der Überschrift "geänderter Aufhebungs- und Erstattungsbescheid" und dem Verfügungssatz, nach dem die erwähnten Bewilligungsbescheide für die im Einzelnen genannten Zeiträume jeweils ganz oder teilweise aufgehoben werden, ist zu entnehmen, dass der Bescheid vom 11.07.2007 den früheren an den Kläger gerichteten Bescheid vom 09.11.2006 nicht nur bezüglich einzelner Leistungszeiträume abändern, sondern in Gänze ersetzen sollte. Daraus ergibt sich, dass eine Aufhebung und Erstattung vom Kläger lediglich in den genannten Zeiträumen verlangt wird und nicht etwa der Bescheid vom 09.11.2006 bezüglich der Aufhebung von Leistungen für die Zeit vom 04.01.2005 bis zum 31.01.2005 und vom 01.11.2006 bis zum 28.02.2007 weiter Bestand haben sollte.

Nachdem der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 30.03.2010 die Klage gegen den streitigen Bescheid zurückgenommen hat, soweit die Beklagte damit die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 01. bis zum 28.02.2005 und vom 01.06. bis zum 30.06.2005 aufgehoben und deren Erstattung gefordert hat, ist der Bescheid bestandskräftig und nicht mehr Gegenstand des Verfahrens.

Im Streit steht damit die Aufhebung und Forderung der Erstattung von Leistungen für die Zeit vom 05.09.2005 bis zum 31.10.2006. Für diesen Zeitraum waren ursprünglich Leistungen durch die Bescheide vom 05.09.2005, vom 12.05.2006 und vom 12.07.2006 gewährt worden. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, waren diese Bescheide bereits bei ihrem Erlass rechtswidrig. Dies ergibt sich schon daraus, dass dem Kläger und seiner Ehefrau Einkommen zugeflossen ist, das, wie der Senat entsprechend im Beschluss im vorläufigen Rechtsschutzverfahren entschieden hat, jeweils auf 12 Monate zu verteilen ist (vorliegend also eine Steuererstattung im Juni/Juli 2005, Weihnachtsgeld im November 2005, eine Steuererstattung im Juni 2006 sowie Weihnachtsgeld im November 2006). Da dies die Beklagte in ihren Bescheiden nicht entsprechend berücksichtigt hatte, erweisen sich diese von Anfang an bezüglich des gesamten betroffenen Bewilligungszeitraumes als rechtswidrig.

Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bescheide ist damit § 45 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II und § 330 Abs. 2 SGB III. Ob die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X vorliegen, die Bescheide also auf Angaben beruhen, die der Kläger vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, wie das SG angenommen hat, kann hier letztlich dahinstehen. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid erweist sich bereits deshalb als rechtswidrig, weil es ihm an der notwendigen Bestimmtheit fehlt.

Bei dem in § 33 Abs. 1 SGB X normierten Erfordernis der hinreichenden Bestimmtheit handelt es sich um eine materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung und um eine Ausprägung des aus Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz folgenden Rechtsstaatsprinzips. Dieses dient der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Zur hinreichenden Bestimmtheit muss eine behördliche Entscheidung so eindeutig formuliert sein, dass sich ohne Rückfrage ergibt, wer Adressat der Entscheidung ist und welcher Sachverhalt in welcher Weise geregelt wird. Ob hinreichend konkrete Verfügungen vorliegen, ist durch Auslegung zu ermitteln. Maßstab für die Auslegung des Verwaltungsaktes ist die Sicht eines verständigen Empfängers, der als Beteiligter die Zusammenhänge berücksichtigt, welche die Behörde nach ihrem wirklichen Willen in ihre Entscheidung einbezogen hat, wobei Unklarheiten zu Lasten der Behörde gehen (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2009, Az.: B 4 AS 30/09 R und vom 14.08.1996, Az.: 13 RI 9/95).

Diesen Anforderungen genügt der streitige Bescheid nicht. Zwar begegnet er, anders als der ursprüngliche Aufhebungsbescheid vom 09.11.2006, insoweit keinen Bedenken, als er für jeden Monat des ursprünglichen Bewilligungszeitraumes aufführt, in welcher Höhe die Leistungsgewährung jeweils aufgehoben wird (siehe insoweit die Rechtsprechung des BSG, Urteile vom 02.06.2004, B 7 AL 58/03 R in SozR 4 4100 § 115 Nr. 1, sowie vom 15.08.2002, Az.: B 7 AL 66/01 R in SozR 3 1500 § 128 Nr. 15, wonach ein Rücknahmebescheid mit einer Teilaufhebung für einen Gesamtzeitraum in Höhe eines Gesamtbetrages nicht dem Bestimmtheitsgebot entspricht).

Hier fehlt es deshalb an der ausreichenden Bestimmtheit, weil nicht dargelegt ist, welche Art von Leistungen in welcher Höhe zurückgenommen werden sollen: die gewährten Regelleistungen nach § 20 SGB II, die Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II oder der Zuschlag nach § 24 SGB II. Hierbei handelt es sich aber um unterschiedliche Arten von Leistungen, sodass auch grundsätzlich klar sein muss, welche dieser Leistungen bewilligt sind. Sowohl aus einem Bewilligungsbescheid als auch aus einem Aufhebungs- oder Rücknahmebescheid, der das Spiegelbild eines Bewilligungsbescheides darstellt, muss mit hinreichender Deutlichkeit hervorgehen, welche Art von Leistungen in welcher Höhe bewilligt bzw. in welcher Höhe die Gewährung welcher Leistung aufgehoben oder zurückgenommen wird.

Die Gewährung von Regelleistungen, Kosten für Unterkunft und Heizung und des befristeten Zuschlags nach § 24 SGB II knüpft zum Teil an unterschiedliche Voraussetzungen an; zudem ergeben sich aus dem Bezug der Leistungen teilweise auch verschiedene Rechtsfolgen. Bzgl. des Zuschlags nach § 24 SGB II lässt sich dies insbesondere aus den §§ 19 und 24 SGB II in der ab dem 01.08.2006, also zumindest für einen Teil des Leistungszeitraumes geltenden Fassung, ableiten. Mit der zu diesem Zeitpunkt in Kraft getretenen Gesetzesänderung durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.07.2006 (BGBl. I S. 1706) wurde die Bestimmung in § 19 Satz 1 Nr. 2 SGB II gestrichen, wonach erwerbsfähige Hilfebedürftige den Zuschlag nach § 24 SGB II (bei Vorliegen der Voraussetzungen) als Arbeitslosengeld II erhalten. Auch die Überschrift des Unterabschnittes 1 des SGB II wurde in "Arbeitslosengeld II und befristeter Zuschlag" geändert. Nach der Gesetzbegründung (BT Drs. 16/1410, S. 23) sollte damit klargestellt werden, dass der befristete Zuschlag nach § 24 SGB II kein Bestandteil des Arbeitslosengeldes II (mehr) ist, sondern zusätzlich zu diesem gewährt wird. Als Rechtsfolge sollte sich daraus ua ergeben, dass der Anspruch auf den Zuschlag nach § 24 SGB II keine Hilfebedürftigkeit und daher keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II begründen kann.

Die Erforderlichkeit einer Differenzierung zwischen Regelleistungen und Kosten für Unterkunft und Heizung ist aus § 19 S. 3 SGB II abzuleiten. Zwar gelten die Kosten für Unterkunft und Heizung nach S. 1 der Vorschrift ebenfalls als Arbeitslosengeld II. In S. 3 der Bestimmung ist aber geregelt, dass zu berücksichtigendes Einkommen und Vermögen zunächst die Geldleistungen der Agentur für Arbeit mindert und nur soweit Einkommen und Vermögen darüber hinaus zu berücksichtigen ist die Geldleistungen der kommunalen Träger. Die kommunalen Träger sind nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB II u.a für die Leistungen nach § 22 SGB II, also für Unterkunft und Heizung, zuständig. Aus dieser Aufspaltung der Zuständigkeiten und der Reihenfolge der Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen gemäß § 19 S. 3 SGB II hat das BSG geschlossen, dass es sich bei der Bewilligung der jeweiligen Leistungen in den maßgebenden Bescheiden um eigenständige, abgrenzbare Verfügungen handelt (s. Urteil vom 07.11.2006, Az.: B 7b AS 8/06 R = SozR 4 4200 § 22 Nr. 1). Zwar ist die unterschiedliche Zuständigkeit bei Wahrnehmungszuständigkeit der ARGEn i.S.v. § 44b SGB II faktisch aufgehoben, dies ändert jedoch nichts daran, dass es sich um zwei rechtlich eigenständige Leistungen und Verfügungen handelt. Sind aber die Festsetzungen von Regelleistungen und Leistungen für Unterkunft und Heizung rechtlich getrennte eigenständige Verfügungen, muss dies auch aus den Bescheiden in ausreichendem Maße hervorgehen.

Dass gerade auch bei Rücknahme oder Aufhebungsbescheiden eine entsprechende Klarstellung erforderlich ist, ergibt sich zudem aus § 40 Abs. 2 S. 1 SGB II. Danach sind mit Ausnahme der in S. 2 der Regelung erwähnten Fälle abweichend von § 50 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) 56 v.H. der Kosten für Unterkunft mit Ausnahme der Kosten für Heizungs und Warmwasserversorgung nicht zu erstatten. Diese Vorschrift begrenzt damit in bestimmten Fällen den Erstattungsanspruch zuviel gezahlter Unterkunftskosten. Nicht zuletzt zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Erstattungsforderung ist es daher erforderlich, dass aus dem Bescheid klar hervorgeht, in welcher Höhe Unterkunftskosten für welchen konkreten Zeitraum zurückgefordert werden.

Aus dem Verfügungssatz des angefochtenen Bescheides ist dies, wie dargelegt, ebenso wenig erkennbar wie aus der Begründung. Es ist auch nicht ersichtlich, dass dem Bescheid ein Berechnungsbogen beigelegt war, der als dessen Bestandteil gewertet werden könnte und aus dem zu entnehmen gewesen wäre, in welcher Höhe welche Leistungen zurückgefordert werden. Der Bescheid enthält keine Hinweise auf eine Anlage; im Übrigen hat die Beklagte selbst die Existenz einer solchen Anlage nicht behauptet.

Bei dieser Sachlage kann es dahinstehen, ob der Bescheid die in § 35 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB X geregelten Anforderungen an eine ordnungsgemäße Begründung erfüllt. Dagegen spricht, dass für den Kläger nicht erkennbar ist, wie die Beklagte den Nachforderungsbetrag errechnet hat und von welchen wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten sie hierbei ausgegangen ist.

Fehlt es nach dem oben Gesagten bereits an der ausreichenden Bestimmtheit des angefochtenen Bescheides, ist dieser schon deswegen als rechtswidrig aufzuheben, ohne dass es darauf ankommt, ob die weiteren Voraussetzungen für die Rücknahme, etwa Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit des Klägers, vorgelegen haben und ob die Höhe der geltend gemachten Erstattung zutreffend ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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