L 16 B 848/07 AS PKH

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
16
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 8 AS 265/06 u. AS
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 B 848/07 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 20.08.2007 aufgehoben.

II. Dem Beschwerdeführer wird für die Klageverfahren S 8 AS 265/06 und S 8 AS 349/06 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt Dr.G. K., C.-Allee , B-Stadt, beigeordnet.

Gründe:

I. Der 1985 geborene Kläger bezog vom 15.06.2005 bis 31.01.2007 laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II). Zwischen den Beteiligten ist die Übernahme einer Heizkostennachzahlung in Höhe von 370,00 Euro sowie die Übernahme der angemessenen Heizkosten im Zeitraum vom 15.03.2006 bis zum 31.07.2006 streitig. Der Kläger wohnte ab dem 01.09.2005 in einer 53 m² großen Wohnung in der A.Straße in B-Stadt. Die Kaltmiete und die kalten Nebenkosten für diese Wohnung beliefen sich auf monatlich 217,48 Euro. Laut Mietvertrag war die Wohnung weder mit einer Heizungsanlage noch mit Einzelöfen ausgestattet. Der Kläger heizte daher mittels elektrischer Heizstrahler. Auf einen Weitergewährungsantrag des Klägers vom 02.12.2005 hin bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 14.12.2005 für die Zeit vom 01.02.2006 bis zum 31.07.2006 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 168,48 Euro. Mit Änderungsbescheid vom 23.03.2006 gewährte sie für den gleichen Zeitraum Leistungen in Höhe von 226,12 Euro. Am 25.01.2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass seine Heizart unwirtschaftlich und unrentabel erscheine. Daher werde die Heizkostenpauschale laut Betriebskostenspiegel in Höhe von 0,82 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche übernommen. Am 30.03.2006 beantragte der Kläger die Übernahme einer Strom- und Gasnachzahlungsforderung des Energieversorgungsunternehmens vom 14.03.2006 in einer Höhe von insgesamt 778,16 Euro. Mit Bescheid vom 12.04.2006 lehnte die Beklagte die Übernahme von höheren Heizkosten ab. Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 25.04.2006 zurückgewiesen, da aufgrund der unwirtschaftlichen Heizart nur die nach dem aktuellen Betriebskostenspiegel angemessenen Heizkosten übernommen werden würden. Am 20.04.2006 beantragte der Kläger die erhöhte Abschlagszahlung des Energieversorgungsunternehmens in Höhe von 261,00 Euro monatlich zu übernehmen. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28.04.2006 und Widerspruchsbescheid vom 30.05.2006 mit der schon im Widerspruchsbescheid vom 25.04.2006 angeführten Begründung ab. Gegen beide Widerspruchsbescheide hat der Kläger, vertreten durch seinen Bevollmächtigten, am 15.05.2006 bzw. am 13.06.2006 Klage erhoben. Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wurde am 26.05.2006 und am 21.06.2006 gestellt. Mit Beschluss vom 20.08.2007 verband des Sozialgericht gemäß § 103 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beide Verfahren zur gemeinsamen Entscheidung im Hinblick auf die gestellten Prozesskostenhilfeanträge. Mit gleichem Beschluss lehnte es die Gewährung von Prozesskostenhilfe wegen des unwirtschaftlichen Heizverhaltens des Klägers ab. Gegen den Beschluss vom 20.08.2007 hat der Bevollmächtigte des Klägers am 07.09.2007 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass der Kläger psychisch erkrankt sei, unter Betreuung stehe und nicht in der Lage sei, einen Prozess selbst zu führen. Im Übrigen habe die Beklagte die Umstände des Einzelfalles außer Acht gelassen, nämlich, dass die Wohnung extrem preiswert sei und die Beklagte hierdurch nur gering belastet werden würde und der Kläger ohne Zustimmung seines Vermieters keine Öfen in seiner Wohnung einbauen dürfe. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die nach § 172 SGG zulässige Beschwerde ist begründet. Gemäß § 73a SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Aus der vorliegenden Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers geht hervor, dass er zur Sicherung seines Lebensunterhaltes auf die Leistungen des SGB II angewiesen ist. Somit liegen die wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine Prozesskostenhilfebewilligung ohne Ratenzahlungsverpflichtung vor. Die Klagen erscheinen aber auch weder mutwillig noch kann eine hinreichende Erfolgsaussicht verneint werden. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Frage, ob während der "Schonfrist" nach § 22 Abs.1 S. 2 SGB II auch die Heizkosten in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift ohne Prüfung der Angemessenheit zu übernehmen sind, zum Zeitpunkt der Klageerhebung eine ungeklärte Rechtsfrage darstellte. Zwischenzeitlich hat das Bundesssozialgericht am 12.09.2008, Az.: B 14 AS 54/07 R entschieden, dass die "Schonfrist" von sechs Monaten auch für die Heizkosten gilt und jedenfalls die tatsächlichen Heizkosten unabhängig von der Angemessenheit in analoger Anwendung von § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II für diese sechs Monate zu tragen sind. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass eine pauschalierte Heizkostenberechnung, wie sie die Beklagte im vorliegenden Fall vorgenommen hat, keine Rechtsgrundlage im Gesetz findet. Schon unter diesem Gesichtspunkt konnte die hinreichende Erfolgsaussicht der Klagen nicht verneint werden. Denn nach ständiger Rechtsprechung sowohl des Bundessozialgerichts als auch des Bundesverfassungsgerichtes ist bei der Beurteilung, ob eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, der verfassungsrechtliche Rahmen aus Art.3 Abs.1, 20 Abs.3 und 19 Abs.4 Grundgesetz (GG) zu berücksichtigen. Daher darf der Maßstab bei der Prüfung der Erfolgsaussicht der Klage nicht überzogen werden. Das Bundessozialgericht hat mehrfach entschieden, dass die Fachgerichte ihren Entscheidungsspielraum, der ihnen bei der Auslegung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals der hinreichende Erfolgsaussicht zukommt, dann überschreiten, wenn sie die Anforderungen an die Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung oder -verteidigung unter Verkennung der Bedeutung der in Art.3 Abs.1 i.V.m. Art.20 Abs.3 GG verbürgten Rechtsschutzgleichheit überspannen und dadurch den Zweck der Prozesskostenhilfe verfehlen. Hinreichende Erfolgsaussicht ist immer dann zu bejahen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Notwendigkeit der Beweisführung überzeugt ist. Dies ist, da hier sogar eine zum Zeitpunkt der Klageerhebung höchstrichterlich nicht geklärte Rechtsfrage im Raum stand, im vorliegenden Fall gegeben. Auch erscheint die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nach § 121 Abs.2 ZPO erforderlich. Dem Beschwerdeführer war daher Prozesskostenhilfe zu gewähren. Dieser Beschluss ist gem. § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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