S 20 (19) SO 50/09

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
20
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 20 (19) SO 50/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 SO 605/10
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Eingliederungshilfe in Form von Musiktherapie und die Erstattung der dafür in der Zeit von Oktober 2008 bis Juli 2010 aufgewendeten Kosten in Höhe von 2.680,00 EUR.

Der am 00.00.0000 geborene Kläger leidet (u.a.) an einer überaktiven (psychomotorischen) Störung mit Intelligenzminderung und Bewegungsstereotypien. Er besucht seit Sommer 2006 die "Regenbogenschule" T. (Förderschule für geistige Entwicklung). Er ist bei der Novitas BKK gesetzlich krankenversichert. Bis zum 3. Lebensjahr erhielt der Kläger ergotherapeutische Behandlung; seit Jahren und bis heute erhält er laufend logopädische und physiotherapeutische Behandlung; diese Therapien wurden und werden von der gesetzlichen Krankenkasse gewährt. Seit dem 4. Lebensjahr erhält der Kläger auch Reittherapie. Deren Kosten wurden ein Jahr lang vom Sozialhilfeträger aus Mitteln der Eingliederungshilfe übernommen, danach jedoch abgelehnt; seitdem tragen die Eltern des Klägers die Kosten der Reittherapie.

Am 13.10.2006 beantragte der Kläger erstmals Eingliederungshilfe in Form von Musiktherapie. Er legte dazu befürwortende Bescheinigungen des Bethlehem-Krankenhauses Stolberg und der Regenbogenschule vor. Nach Einholung einer Stellungnahme des Gesundheitsamtes bewilligte der Beklagte durch Bescheid vom 08.06.2007 die Eingliederungshilfe für ein Jahr mit der Begründung, die Musiktherapie sei geeignet und erforderlich, die Folgen der Behinderung zu beseitigen oder zumindest zu mindern. Von August 2007 bis Juni 2008 (= Schuljahr 2007/08) rechnete die Musiktherapeutin 43 Sitzungen à 40,00 EUR, insgesamt 1.720,00 EUR mit dem Beklagten ab.

Am 08.07.2008 beantragte der Kläger weitere Musiktherapie. Er legte hierzu einen Verlaufsbericht seiner Musiktherapeutin vor. In einer Stellungnahme des Gesundheitsamtes vom 04.09.2008 kam Dr. Michels zum Ergebnis, es bestehe keine Notwendigkeit für die Fortführung der Musiktherapie.

Daraufhin lehnte der Beklagte den Antrag durch Bescheid vom 22.09.2008 ab.

Dagegen legte der Kläger am 13.10.2008 Widerspruch ein. Er trug vor, die Musiktherapie diene nach wie vor dazu, die schwerwiegenden Folgen der Behinderung zumindest zu mildern; sie helfe auch, elementare Dinge des Lebens zu erlernen, Kontakt zu Mitmenschen aufzunehmen, Ausdauer zu fördern und Aggressionen abzubauen.

Durch Widerspruchsbescheid vom 28.04.2009 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, beim Kläger bestehe eine ausgeprägte medizinische Grundproblematik; aufgrund der eindeutigen Stellungnahme des Gesundheitsamtes könne aber Eingliederungshilfe nicht weiter gewährt werden.

Dagegen hat der Kläger am 19.05.2009 Klage erhoben. Er trägt vor, in schwerwiegender Form in seiner geistigen Entwicklung behindert zu sein; die Musiktherapie diene der Herbeiführung und Unterstützung einer angemessenen Schulbildung; die Notwendigkeit der Musiktherapie habe der Beklagte selbst für ein Jahr bejaht; dass jetzt keine Notwendigkeit mehr bestehe, sei nicht nachvollziehbar. Auch diene die Musiktherapie der Sprachentwicklung, Kommunikation und sozialen Interaktion, um ihn zu einer späteren Teilhabe am öffentlichen Leben zu befähigen. Wenn es sich um eine Leistung der Krankenkasse handele, sei der Beklagte auch insoweit - gemäß § 14 Abs. 1 und 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) - für die Entscheidung zuständig. Unabhängig davon könne der Anspruch aber auch darauf gestützt werden, dass sich die Musiktherapie in ihrer konkreten Ausprägung als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu darstelle. Sie trage im konkreten Fall zu einer Besserung der verbalen und kommunikativen Fähigkeit des Klägers bei, welche die Grundvoraussetzung für einen Schulbesuch biete. Durch die Musiktherapie habe er das Zählen erlernt, die Bedeutung der Wochentage und der Monate sowie der Jahreszeiten, indem er diese "nachgesungen" habe. Erst durch den Erwerb dieser Fähigkeiten sei er in die Lage versetzt worden, die grundlegenden Voraussetzungen für eine adäquate Kommunikation im Schulalltag zu erwerben.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 22.09.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.04.2009 zu verurteilen, ihm die Kosten der von Oktober 2008 bis Juni 2010 erhaltenen Musiktherapie in Höhe von 2.680,00 EUR zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, Musiktherapie sei medizinische Rehabilitation, für die die Krankenkasse zuständig sei, analog dem sog. therapeutischen Reiten. Mangels Weiterleitung des Antrags berufe er sich nicht auf fehlende Zuständigkeit, halte aber die Ablehnungsentscheidung auch insofern für zutreffend.

Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhalts ein Gutachten von der Kinder- und Jugendpsychiaterin Prof. Dr. I. eingeholt. Wegen des Ergebnisses wird auf das Gutachten vom 23.04.2010 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide des Beklagten nicht im Sinne des § 54 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Er hatte für den streitgegenständlichen Zeitraum unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegen keinen in Betracht kommenden Rehabilitationsträger Anspruch auf Musiktherapie und dementsprechend auch nicht auf Erstattung der durch die selbstbeschaffte Musiktherapie entstandenen Kosten von 2.680,00 EUR. Die Zuständigkeit des Beklagten für die Entscheidung über den Antrag des Klägers auf weitere Musiktherapie (als Leistung der Rehabilitation) ergibt sich aus § 14 Abs. 1 und 2 SGB IX, da der Beklagte als erst- angegangener Reha-Träger den Antrag nicht (an einen nach seiner Auffassung eventuell zuständigen Rehabilitationsträger) weitergeleitet hat. Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest. Diese Zuständigkeitsbestimmung in § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX erstreckt sich im Außenverhältnis zwischen dem Kläger als Antragsteller und dem Beklagten als erstangegangenem Reha-Träger auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation rehabilitationsrechtlich vorgesehen sind (BSG, Urteil vom 20.11.2008 - B 3 KN 4/07 KR R; Urteil vom 25.06.2009 - B 3 KR 4/08 R). Als Reha-Träger für die beantragte Musiktherapie kommen die gesetzliche Krankenkasse (Leistungen der medizinischen Rehabilitation; Heilmittel) und der Träger der Sozialhilfe (Eingliederungshilfe) in Betracht (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 7 SGB IX). Denkbar wäre zwar auch die Zuständigkeit des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe für Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 35a Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII). Diese Leistung ist jedoch aufgrund der Konkurrenzregelung des § 10 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII gegenüber Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) für junge Menschen, die körperlich oder - wie der Kläger - geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, nachrangig.

Der Kläger hatte für den streitbefangenen Zeitraum keinen Anspruch auf die Musiktherapie als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Zwar leidet er an einer überaktiven Störung mit Intelligenzminderung und Bewegungstereotypien zu deren Behandlung die Musiktherapie geeignet, zweckmäßig und hilfreich ist. Dies ergibt sich nicht nur aus der Bescheinigung des Bethlehem-Krankenhauses vom 20.06.2006, sondern zuletzt auch aus dem Gutachten von Prof. Dr. I. vom 23.04.2010. Nach Auffassung der vom Gericht bestellten Sachverständigen ist die Frage, ob die Musiktherapie für den Kläger geeignet war bzw. ist, eine festgestellte Behinderung zu beheben oder zu mindern oder eine drohende Behinderung zu vermeiden, eindeutig zu bejahen. Eine solcher Therapie leistet Hilfe bei der Krankheits- und Behinderungsverarbeitung. Ebenso wie die Ergo- Physio- und logopädische Behandlung ist auch die musiktherapeutische Behandlung geeignet, die Defizite des Klägers abzubauen. Bei der Musiktherapie handelt es sich um eine therapeutische Dienstleistung, die auf Verordnung eines Arztes durch besonders ausgebildete, nichtärztliche Fachkräfte erbracht wird. Sie ist im Rahmen des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung als Heilmittel im Sinne des § 32 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) einzustufen. Neue Heilmittel dürfen nur verordnet werden, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) zuvor ihren therapeutischen Nutzen anerkannt und in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V Empfehlungen für die Sicherung der Qualität bei der Leistungserbringung abgegeben hat. Neue Heilmittel können damit grundsätzlich nicht beansprucht werden, solange die geforderte Entscheidung des Bundesausschusses nicht ergangen ist. Bei der Musiktherapie fehlt es nicht etwa nur an einer entsprechenden Entscheidung des G-BA; vielmehr ist die Musiktherapie in der Anlage zu den Heilmittel-Richtlinien des G-BA ausdrücklich als nichtverordnungsfähiges Heilmittel eingestuft worden (vgl. Anlage "Nichtverordnungsfähige Heilmittel", a) Ziff. 4). Damit gehört die Musiktherapie nicht zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung.

Ein Anspruch auf die Musiktherapie besteht auch nicht als Leistung der Eingliederungshilfe gegenüber dem Beklagten als Träger der Sozialhilfe auf der Grundlage der §§ 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 SGB XII. Zwar gehört der Kläger zum Kreis der Personen im Sinne von § 53 Abs. 1 SGB XII die grundsätzlich Leistungen der Eingliederungshilfe beanspruchen können. Jedoch erfüllt er nicht die konkreten Leistungsvoraussetzungen für Eingliederungshilfe. Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII sind Leistungen der Eingliederungshilfe neben den Leistungen nach §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX insbesondere die in den Nrn. 1 bis 5 aufgeführten Leistungen. Dass keiner der durch § 54 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 bis 5 SGB XII hervorgehobenen Leistungsfälle vorliegt, ist offensichtlich und bedarf keiner näheren Erläuterung. Bei der Musiktherapie handelt es sich aber auch - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht um eine Hilfe im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII. Diese Norm bezieht sich nur auf spezielle Ausbildungshilfen, die gerade auf den Schulbesuch ausgerichtet sind. Allein der Umstand, dass die Musiktherapie neben ihrem im Vordergrund stehenden Zweck der medizinischen Rehabilitation auch die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft und im weiteren Sinne auch den Schulbesuch fördert, rechtfertigt nicht bereits, sie als Leistung der Eingliederungshilfe zu qualifizieren. Nur bei einem überwiegend direkten Bezug zur schulischen Ausbildung ist die Maßnahme dem Geltungsbereich des § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII und des § 12 der Eingliederungshilfeverordnung zuzurechnen (Grube/Wahrendorf, SGB XII-Kommentar, 3. Auflage 2010, § 54 Rn. 30). Ein solcher überwiegend direkter Bezug zur schulischen Ausbildung besteht nach Auffassung der Kammer bei der Musiktherapie nicht. Denn bei dieser steht die medizinische Rehabilitation und der Behinderungsausgleich ganz im Vordergrund.

Ein Anspruch auf die Musiktherapie als Eingliederungshilfe ergibt sich auch aus keiner der durch § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII in Bezug genommenen Normen des SGB IX. Dies ist für die §§ 33 und 41 SGB IX offensichtlich, da diese sich auf Werkstätten für behinderte Menschen sowie auf Hilfen zur Teilhabe am Arbeitsleben beziehen und damit für den Kläger nicht einschlägig sind.

Der Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 26 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX. Nach dieser Vorschrift werden zur medizinischen Rehabilitation behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen die erforderlichen Leistungen erbracht, um Behinderungen einschließlich chronischer Krankheiten abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen oder eine Verschlimmerung zu verhüten. Nach § 26 Abs. 2 SGB IX umfassen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation insbesondere neben der Behandlung durch Ärzte auch Heilmittel. Bestandteil der Leistungen der medizinischen Rehabilitation sind insbesondere auch Hilfen zur Unterstützung bei der Krankheits- und Behinderungsverarbeitung, die Aktivierung von Selbsthilfepotentialen, Hilfen zur seelischen Stabilisierung und zur Förderung der sozialen Kompetenz, u.a. durch Training sozialer und kommunikativer Fähigkeiten und im Umgang mit Krisensituationen sowie das Training lebenspraktischer Fähigkeiten (vgl. § 26 Abs. 3 Nrn. 1, 2, 5 und 6 SGB IX). Die medizinische Sachverständige Prof. Dr. I. hat in ihrem Gutachten dargelegt, dass die Musiktherapie am Krankheitsbild des Klägers, seiner überaktiven Störung mit Intelligenzminderung und Bewegungsstereotypien, ansetzt und dazu dient, die Behinderung zu beheben oder zu mildern und Hilfe bei der Krankheits- und Behinderungsverarbeitung zu liefern. Soweit sie auch soziale Kompetenz fördert, lebenspraktische Fähigkeiten trainiert und Selbsthilfepotentiale aktiviert, ist dies, wie sich aus § 26 Abs. 3 SGB IX ergibt, Bestandteil der medizinischen Rehabilitation.

Eine Übernahme der Kosten für die Musiktherapie als medizinische Rehabilitationsleistung im Rahmen der Eingliederungshilfe scheitert aber an § 54 Abs. 1 Satz 2 SGB XII. Nach dieser Vorschrift entsprechen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation den Reha-Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Im Rahmen der Eingliederungshilfe sind also keine geringeren, aber auch keine weitergehenden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation zu erbringen als in der gesetzlichen Krankenversicherung (LSG, NRW, Urteil vom 27.08.2009 - L 9 SO 5/08). Wie bereits dargelegt, entspricht die Musiktherapie nicht dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung. Als Heilmittel ist sie durch die vom G-BA beschlossenen Heilmittel-Richtlinien und der dazu gehörenden Anlage ausdrücklich als verordnungsfähige Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen.

Ein Anspruch auf die Musiktherapie und sukzessive ein Anspruch auf Kostenerstattung ergibt zuletzt auch nicht aus § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 1 und 2 SGB IX.

Nach § 55 Abs. 1 SGB IX werden als Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft die Leistungen erbracht, die den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gesellschaft ermöglichen oder sichern oder sie soweit wie möglich unabhängig von Pflege machen und nach den Kapiteln 4 bis 6 nicht erbracht werden. Ziel der Leistungen nach § 55 Abs. 1 SGB IX ist es, einerseits den Menschen, die aufgrund ihrer Behinderung von (Teil-)Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ausgegrenzt sind, den Zugang zur Gesellschaft zu ermöglichen, andererseits aber auch den Personen, die in die Gesellschaft integriert sind, den Zugang zur Gesellschaft zu sichern, wenn sich abzeichnet, dass sie von gesellschaftlichen Ereignissen und Bezügen abgeschnitten werden (vgl. BSG, Urteil vom 19.05.2009 - B 8 SO 32/07 R). § 55 Abs. 2 SGB IX beschreibt einen Katalog von Leistungen, die insbesondere im Sinne von Abs. 1 solche zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sind. Dieser Katalog macht deutlich, dass es bei den Leistungen durchaus Überschneidungen zu anderen Leistungen, hier insbesondere solchen der medizinischen Rehabilitation gibt und geben kann. Die Abgrenzung zwischen Leistungen im Sinne der medizinischen Rehabilitation (§ 26 SGB IX) und der sozialen Rehabilitation (§ 55 Abs. 2 SGB IX) ist danach vorzunehmen, welche Bedürfnisse mit der Leistung befriedigt werden sollen, also welchen Zwecken und Zielen die Leistung dienen soll. Entscheidend ist, wo der Schwerpunkt des Leistungsziels liegt. Die Musiktherapie setzt an der Behinderung an, indem sie ihre Ursachen beseitigen oder jedenfalls ihre Auswirkungen mildern will; die behinderungsbedingte Entwicklungsverzögerung soll aufgeholt werden. In diesem Sinne beschreibt auch die Sachverständige Prof. Dr. I. die therapeutische Zielsetzung der Musiktherapie. Die Teilhabe des Klägers am Leben in der Gemeinschaft wird durch die Musiktherapie hingegen allenfalls indirekt positiv beeinflusst. Denn es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Fähigkeit des Klägers, in der Gemeinschaft zu leben, durch die positive Entwicklung seiner Kommunikationsfähigkeit, seiner sozialen Kompetenz und seiner lebenspraktischen Fähigkeiten ebenfalls verbessert wird. Erkennbar im Vordergrund steht allerdings die Beseitigung der Behinderung bzw. die Minderung der Behinderungsfolgen.

Weitere Anspruchsgrundlagen für das vom Kläger geltend gemachte Begehren sind nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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