S 24 R 9049/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Stuttgart (BWB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 24 R 9049/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Ist ein Versicherter bei Abschluss einer stationären Rehabilitationsmaßnahme des Rentenversicherungsträgers nicht mehr rehabilitationsbedürftig, fällt eine im unmittelbaren Anschluss daran durchgeführte stufenweise Wiedereingliederung in den Zuständigkeitsbereich der Krankenversicherung.

2. Für die Frage der weiteren Rehabilitationsbedürftigkeit kommt es alleine auf die berufstypischen Belastungen an. Arbeitsplatzspezifische Besonderheiten haben außer Betracht zu bleiben.

3. Ist der Versicherte bei Abschluss der stationären Rehabilitationsmaßnahme den berufstypischen Belastungen dauerhaft nicht mehr gewachsen, ist Krankengeld oder Rente zu gewähren; eine stufenweise Wiedereingliederung scheidet dann wegen Sinnlosigkeit aus.

4. Zur (berufskundlichen) Ermittlungspflicht des Sozialgerichts.
1. Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

2. Der Streitwert wird auf 2.522,91 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Krankengeld in Höhe von 2.522,91 Euro, welches die Klägerin in der Zeit vom 06.10.2004 bis 14.11.2004 an den Versicherten W. (im Folgenden nur noch Versicherter) gezahlt hat, streitig.

Der am XX.XX.1943 geborene Versicherte war während des streitigen Zeitraums bei der Klägerin kranken- und bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten (zukünftig nur noch Beklagte) rentenversichert. Er arbeitete zuletzt vollschichtig als Werkzeugmacher in einem metallverarbeitenden Unternehmen. In der Zeit vom 14.09.2004 bis 05.10.2004 führte der Versicherte auf Grund seines Antrags vom 07.09.2004 auf Kosten der Beklagten eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in Gestalt einer Anschlussheilbehandlung in der S. Klinik in D. durch und erhielt während dieser Zeit von ihr Übergangsgeld. Ausweislich des Entlassberichts des Internisten Dr. U. vom 11.10.2004 bestanden bei ihm bei Entlassung folgende Gesundheitsstörungen: Prostatakarzinom nach Durchführung einer radikalen Prostatektomie am 17.08.2004 (C61 nach ICD-10), Bluthochdruck (I10.90 nach ICD-10) sowie Hypercholesterinämie (E78.0 nach ICD-10). Er wurde – im Hinblick auf die kurz zurückliegende Operation – noch arbeitsunfähig mit einem vollschichtigen Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und für solche eines Werkzeugmachers aus der stationären Rehabilitationsmaßnahme entlassen. Für eine postoperative Phase von drei Monaten sollten Hebebelastungen über zehn bis fünfzehn Kilogramm vermieden werden. Mit der Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit sei in den nächsten Tagen zu rechnen. Zukünftig sollten regelmäßige onkologische Nachsorgeuntersuchungen, Blutuntersuchungen und Blutdruckmessungen durchgeführt werden.

Am 19.10.2004 erstellte der den Versicherten – der weiterhin arbeitsunfähig war – behandelnde Allgemeinmediziner Dr. K. einen Wiedereingliederungsplan, wobei die stufenweise Wiedereingliederung am 25.10.2004 beginnen und bis zum 12.12.2004 mit zunächst vier und dann sechs Stunden täglich ohne schweres Heben andauern sollte. Der Versicherte und sein Arbeitgeber stimmten dem Plan unter dem 19.10.2004 zu. Die stufenweise Wiedereingliederung wurde in der Folgezeit tatsächlich bis zum 14.11.2004 durchgeführt, wobei die Klägerin dem Versicherten in diesem Zeitraum Krankengeld in Höhe von insgesamt 2.522,91 Euro leistete.

Mit Schreiben vom 20.10.2004 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten im Hinblick auf die stufenweise Wiedereingliederung des Versicherten ab dem 25.10.2004 und ihrer – wegen der weiterhin strittigen Zuständigkeitsabgrenzung – vorläufigen Krankengeldzahlung ihren Erstattungsanspruch "vorsorglich" geltend. Das Schreiben ist im Betreff mit "Anmeldung eines Erstattungsanspruchs nach § 102 SGB X" bezeichnet und enthält am Ende die Bitte um Eingangsbestätigung. Mit Schreiben vom 26.10.2004 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie den geltend gemachten Erstattungsanspruch zurückweise, weil die stufenweise Wiedereingliederung nicht innerhalb von 14 Tagen nach Abschluss der Rehabilitationsmaßnahme begonnen habe.

Die Klägerin erhob sodann das Gutachten nach Aktenlage des Allgemeinmediziners Dr. G. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) vom 26.10.2004. Dr. G. nennt in seinem Gutachten folgende Diagnosen beim Versicherten: Prostatakarzinom nach radikaler Prostatektomie-Operation am 17.08.2004, postoperativ noch persistierende Harnstressinkontinenz sowie – "weiter mitgeteilt" – Hypertonie und Hypercholesterinämie. Der Versicherte sei noch weiterhin und länger andauernd ("ggf. dauerhaft") arbeitsunfähig. Die letzte Tätigkeit als Werkzeugmacher/Metallarbeiter könne bei dem genannten Grundleiden dauerhaft nicht mehr durchgeführt werden, zumal es sich um eine körperlich schwere Arbeit handele. Die Erwerbsfähigkeit sei zumindest erheblich gefährdet.

Unter dem 29.12.2008 hat die Klägerin beim erkennenden Gericht Klage erhoben.

Sie hält die Beklagte unter näherer Darlegung ihrer Rechtsansicht für verpflichtet, ihr das von ihr an den Versicherten im Anschluss an die Rehabilitationsmaßnahme bis zur Beendigung der stufenweisen Wie-dereingliederung geleistete Krankengeld zu erstatten. Im Übrigen verweist sie auf das Gutachten des Dr. G. vom MDK und meint, die Arbeit des Versicherten beinhalte die Verrichtung schwerer Tätigkeiten. Solche seien auch von der Rehabilitationseinrichtung für nicht durchführbar erachtet worden. Der Umstand, dass die Einrichtung die stufenweise Wiedereingliederung nicht selbst eingeleitet habe, sondern der behandelnde Hausarzt, komme keiner Relevanz zu.

Die Klägerin beantragt sachgerecht gefasst,

die Beklagte zu verurteilen, an sie als Erstattung des von ihr an den Versicherten W. in der Zeit vom 06.10.2004 bis 14.11.2004 gezahlten Krankengelds einen Betrag von insgesamt 2.522,91 Euro zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie lehnt eine Erstattung ab und meint, die stufenweise Wiedereingliederung sei nicht erforderlich gewesen und habe außerdem nicht binnen 14 Tagen nach Abschluss der stationären Rehabi-litationsmaßnahme begonnen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Im Einverständnis der Beteiligten konnte das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).

Die formgerecht erhobene, als allgemeine Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung des von ihr an den Versicherten W. in der Zeit vom 06.10.2004 bis 14.11.2004 gezahlten Krankengelds.

I.

Der geltend gemachte Anspruch scheitert vorliegend – unabhängig davon, dass die Auslegung des Begriffs der "Unmittelbarkeit" im Sinne des § 51 Abs. 5 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) in der Fassung vom 01.05.2004 durch die Beklagte und ihre Auffassung eines "Einleitungs- bzw. Empfehlungsmonopols" der Rehabilitationseinrichtungsärzte bezüglich einer stufenweisen Wiedereingliederung rechtsirrig ist –,

vgl. dazu Kammerurteil v. 02.09.2010 – S 24 R 8304/09; Kammerurteile v. 27.04.2010 – S 24 R 3851/07, S 24 R 9094/07, S 24 R 9504/07, S 24 R 1422/08, S 24 R 8309/08, S 24 R 8663/08, nicht veröffentlich, m. w. N. zur Rspr. des BSG,

daran, dass die Kammer davon überzeugt ist, dass der Versicherte nach Abschluss der stationären Rehabilitationsmaßnahme am 05.10.2004 nicht mehr rehabilitationsbedürftig war mit der Folge, dass die Beklagte für die Zeit der stufenweisen Wiedereingliederung des Versicherten nicht der zuständige Leistungsträger im Sinne des § 102 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) war. Die Klägerin hat die Leistung vielmehr in eigener Zuständigkeit erbracht.

Gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX in Verbindung mit § 20 Nr. 1 SGB Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte, die von einem Träger der Rentenversicherung Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten, Anspruch auf Übergangsgeld. Gemäß des mit Wirkung zum 01.05.2004 eingefügten § 51 Abs. 5 SGB IX – der hier anwendbar ist, weil der Versicherte seinen Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation am 07.09.2004 und damit nach dem Inkrafttreten der Vorschrift zum 01.05.2004 gestellt hat – wird das Übergangsgeld bis zum Ende einer stufenweisen Wiedereingliederung (§ 28 SGB IX) weitergezahlt, wenn diese im unmittelbaren Anschluss an Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erforderlich ist.

Die Vorschrift des § 51 Abs. 5 SGB IX konkretisiert die in § 4 Abs. 2 SGB IX niedergelegten Grundsätze der umfassenden, vollständigen Leistungserbringung und der einheitlichen Trägerschaft und bestätigt in der Sache die dazu bis zum Inkrafttreten am 01.05.2004 ergangene Rechtsprechung, ohne insoweit eine materielle Rechtsänderung zu bewirken,

BSG, Urt. v. 20.10.2009 – B 5 R 44/08 R, SozR 4-3250 § 14 Nr. 9; Urt. v. 29.01.2008 – B 5a/5 R 26/07 R, SozR 4-3250 § 51 Nr. 1; LSG Ba.-Wü., Beschl. v. 04.11.2009 – L 10 R 3289/09 NZB, juris; Schlette, in: jurisPK-SGB IX, 2010, § 51 Rz. 37; Schütze, in: Hauck/Noftz, SGB IX, § 51 Rz. 29 a; vgl. auch BT-Drucks. 15/1783, S. 13.

Die Voraussetzungen für die Zuständigkeit der Beklagten für die stufenweise Wiedereingliederung (§ 15 Abs. 1 SGB VI in Verbindung mit §§ 28, 51 Abs. 5 SGB IX) und damit für die Gewährung von (Anschluss-) Übergangsgeld sind danach gegeben, wenn und solange die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind (§§ 7 Satz 1, 4 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 SGB IX in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, §§ 10, 11 SGB VI) und sich die stufenweise Wiedereingliederung unmittelbar an eine vorangegangene medizinische Rehabilitation als Bestandteil einer in der Zusammenschau einheitlichen (Gesamt-) Maßnahme anschließt. Dies wiederum ist der Fall, wenn das "rentenversicherungsrechtliche" Rehabilitationsziel noch nicht erreicht ist, dass heißt der Versicherte die bisherige Tätigkeit noch nicht in vollem Umfang aufnehmen kann, weil er den berufstypischen – und nicht nur den arbeitsplatzspezifischen – Anforderungen dieser Tätigkeit gesundheitlich noch nicht gewachsen ist, der weitere Rehabilitationsbedarf spätestens bei Abschluss der stationären Maßnahme zutage getreten ist und die Voraussetzungen des § 28 SGB IX bis zum Beginn der stufenweisen Wiedereingliederung durchgehend vorliegen,

zum Vorstehenden nur BSG, Urt. v. 20.10.2009 – B 5 R 44/08 R, SozR 4-3250 § 14 Nr. 9; Urt. v. 05.02.2009 – B 13 R 27/08 R, SozR 4-3250 § 28 Nr. 3; Urt. v. 29.01.2008 – B 5a/5 R 26/07 R, SozR 4-3250 § 51 Nr. 1.

Daran mangelt es hier, weil schon die persönlichen Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 SGB VI nicht durchgängig erfüllt waren. Nach dieser Vorschrift liegen die persönlichen Voraussetzungen bei Versicherten vor, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist (Nr. 1) und bei denen voraussichtlich (Nr. 2) bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann (lit. a), bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann (lit. b), bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit der Arbeitsplatz durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten werden kann (lit c).

Dabei ist der Begriff der – im Gesetz nicht definierten – Erwerbsfähigkeit als Fähigkeit des Versicherten zu verstehen, seinen bisherigen Beruf oder seine bisherige Tätigkeit weiter ausüben zu können. Nicht hingegen sind die Kriterien anwendbar, die für die Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen für eine Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit (Erwerbsminderung) maßgebend sind,

statt vieler nur BSG, Urt. v. 05.02.2009 – B 13 R 27/08 R, SozR 4-3250 § 28 Nr. 3, m. w. N.

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist das Gericht davon überzeugt, dass eine Gefährdung bzw. Minderung der Erwerbsfähigkeit des Versicherten im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entlassung aus der stationären Rehabilitationseinrichtung,

siehe dazu nur BSG, Urt. v. 29.01.2008 – B 5a/5 R 26/07 R, SozR 4-3250 § 51 Nr. 1,

am 05.10.2004 nicht mehr vorgelegen hat, weil die auf Kosten der Beklagten gewährte medizinische Rehabilitationsmaßnahme dazu geführt hat, dass die Erwerbsfähigkeit des Versicherten bei Abschluss der Maßnahme so weit hergestellt war, dass er seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Werkzeugmacher wieder verrichten konnte. Dies stützt die Kammer auf den Entlassbericht des Internisten Dr. U. vom 11.10.2004, dessen Leistungsbeurteilung schlüssig und nachvollziehbar ist. Der Versicherte, der zum Zeitpunkt der Anschlussheilbehandlung bereits seit zehn Jahren an Bluthochdruck erkrankt war, wurde am 05.10.2004 recht gut erholt, gekräftigt und körperlich wieder besser belastbar entlassen. Narbenbeschwerden nach der Prostatovesikulektomie bestanden nicht mehr. Er war subjektiv weitgehend beschwerdefrei und wirkte psychisch stabil und ausgeglichen. Die postoperative Harninkontinenz war wesentlich gebessert, so dass er bereits seit dem 27.09.2004 keine Vorlagen mehr benötigte. Es ergab sich kein Anhalt für eine Tumorprogression. Auch zeigten sich sonographisch, pulmonal, kardial, abdominal, neurologisch und orthopädisch keine wesentlichen Auffälligkeiten. Die Laboruntersuchungen erbrachten lediglich noch erhöhte Cholesterin- und Serumglukosenüchternwerte, wobei der Cholesterinwert bei Abreise des Versicherten schon fast wieder im Normbereich lag. Im alltäglichen Leben bestand keinerlei Hilfebedürftigkeit. Eine stufenweise Wiedereingliederung wurde nicht empfohlen, sondern lediglich regelmäßige onkologische Nachsorgeuntersuchungen sowie regelmäßige Blutdruck-, Cholesterin- und Blutzuckermessungen. Dies alles stützt die Kammer auf den Entlassbericht des Dr. U. vom 11.10.2004. Unter Zugrundelegung dessen überzeugt seine Leis-tungseinschätzung, dass beim Versicherten zum Zeitpunkt der Entlassung mittelfristig keine Ein-schränkungen für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit eines Werkzeugmachers zu erwarten waren und er lediglich noch für eine postoperative Phase von drei Monaten Hebebelastungen über zehn bis fünfzehn Kilogramm bei einem im Übrigen vorhandenen Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere Tätigkeiten ohne weitere wesentliche Einschränkungen unterlassen sollte. Überzeugend ist auch, dass der Versicherte im Hinblick auf die erst kurz zuvor (17.08.2004) stattgefundene Prostataoperation noch arbeitsunfähig entlassen wurde, wobei in Ansehung des Entlassungsbefundes nachvollziehbar und schlüssig mit der Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit in den nächsten Tagen gerechnet werden konnte.

Damit lag zur Überzeugung des Gerichts beim Versicherten keine rehabilitations-rentenrechtlich relevante Minderung bzw. Gefährdung der Erwerbsfähigkeit mehr vor. Das Ziel einer dauerhaften Integration war vielmehr erreicht, die Verrichtung der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Werkzeugmacher wieder möglich.

An dieser Beurteilung vermag weder die Verordnung der stufenweisen Wiedereingliederung des Allgemeinmediziners Dr. K. vom 19.10.2004 noch das Gutachten nach Aktenlage des Allge-meinmediziners Dr. G. (MDK) vom 26.10.2004 etwas zu ändern. Der Leistungseinschätzung des Dr. U. entgegenstehende objektiv-klinische (Verschlechterungs-) Befunde sind nicht ersichtlich und werden auch nicht mitgeteilt. Dr. G. hat den Kläger zudem nie persönlich gesehen und geht überdies bei seiner Beurteilung, dass die Erwerbsfähigkeit des Versicherten bei noch weiterhin und länger andauernder ("ggf. dauerhafter") Arbeitsunfähigkeit zumindest erheblich gefährdet ist, von Beeinträchtigungen beim Versicherten aus, die zur Überzeugung des Gerichts bei Entlassung aus der Anschlussheilbehandlung gar nicht mehr vorlagen, namentlich die angeblich noch persistierende Harnstressinkontinenz. Davon abgesehen gab der Versicherte auch am Tag nach der Entlassung aus der S.-Klinik in einem Beratungsgespräch gegenüber der Klägerin an, dass ihm die Reha-Anwendungen "sehr gut" getan hätten und sich sein Gesundheitszustand "sehr gebessert" habe. Dies entnimmt die Kammer dem klägerischen Aktenvermerk vom 06.10.2004 (Blatt 22 der Verwaltungsakte der Klägerin). Wie Dr. G. vor diesem Hintergrund zu einer fortbestehenden Gefährdung bzw. Minderung der Erwerbsfähigkeit kommen kann, ist für das Gericht nicht nachvollziehbar.

Soweit Dr. G. seine Einschätzung damit begründet (Gutachten nach Aktenlage vom 26.10.2004), dass der Kläger dauerhaft nicht in der Lage sei, seine letzte Tätigkeit als Werkzeugmacher zu verrichten, weil es sich dabei um eine schwere Arbeit handele, worauf sich auch die Klägerin ausdrücklich beruft, vermag dies der Klage bereits deshalb nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil eine stufenweise Wiedereingliederung mit dem Ziel der uneingeschränkten Wiederaufnahme der früheren Tätigkeit durch den Versicherten keinen Sinn macht, wenn der Versicherte diese aus medizinischen Gründen dauerhaft gar nicht mehr ausüben kann. In einem solchen Fall sind vielmehr Lohnersatzleistungen in Form von Krankengeld oder Rente zu erbringen,

vgl. nur BSG, Urt. v. 29.01.2008 – B 5a/5 R 26/07 R, SozR 4-3250 § 51 Nr. 1.

Das Klagevorbringen ist damit von vornherein unschlüssig.

Davon abgesehen ist die Behauptung, die Tätigkeit eines Werkzeugmachers sei berufstypisch – und nicht nur im Rahmen des vom Versicherten zuletzt innegehaltenen Arbeitsplatzes – "schwer", objektiv auch nicht belegt, was nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zulasten desjenigen geht, der sich auf die nichterweisliche Tatsache beruft, hier also zulasten der Klägerin,

zur Beweislast siehe nur BSG, Urt. v. 26.11.1992 – 7 Rar 38/92, SozR 3-4100 § 119 Nr. 7; Kühl, in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2009, § 103 Rz. 6; Leitherer, in: Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl. 2008, § 103 Rz. 19 a, alle m. w. N.

Dr. G. (Gutachten nach Aktenlage vom 26.10.2004) – und mit ihm die Klägerin – stützt sich ersichtlich auch alleine auf die subjektiven Angaben des Versicherten im Laufe des Krankenver-sicherungsverhältnisses ("laut Kasse körperlich zeitweise schwere Arbeit"), wobei der Versicherte gegenüber Dr. U. im Übrigen angegeben hat, nur "sehr selten Hebebelastungen bis 50 Kilogramm" ausführen zu müssen. Darauf kommt es allerdings von vorherein sowieso nicht maßgeblich an. Entscheidend ist im vorliegenden Zusammenhang alleine, ob die Verrichtung schwerer körperlicher Arbeiten für den Beruf eines Werkzeugmachers berufstypisch, scil. prägend ist, da – wie bereits eingangs dargelegt – die Besonderheiten des gerade innegehaltenen Arbeitsplatzes von vornherein unberücksichtigt bleiben.

Dies ist vorliegend indes zur Überzeugung der Kammer nicht erwiesen. Entsprechende berufskundliche Tatsachen hat die Klägerin nicht benannt, was zu ihren Lasten geht. Weder aus der allgemein zugängli-chen Tätigkeitsbeschreibung der Bundesagentur für Arbeit zum Beruf des Werkzeugmachers,

abrufbar unter http://berufenet.arbeitsagentur.de/berufe/start?dest=profession&prof-id= 13841, zur SG-Akte genommen,

noch aus der Stellungnahme des vormaligen Landesarbeitsamtes Hessen vom 30.03.2006 zum Verfahren L 5/13 RJ 67/04 (Landessozialgericht Hessen),

abrufbar unter www.sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb, zur SG-Akte genommen,

lässt sich entnehmen, dass die Verrichtung schwerer körperlicher Arbeiten heutzutage prägend für den Beruf eines Werkzeugmachers ist. Das seinerzeitige Landesarbeitsamt Hessen hebt in seiner genannten berufskundlichen Stellungnahme vom 30.03.2006 anhand des dort schlüssig dargelegten Anforderungsprofils vielmehr die maschinelle, computergestützte und – von Präzisionsarbeiten und -kotrollen abgesehen – automatisierte Werkzeugfertigung als berufstypisch hervor. Nämliches lässt sich dem zitierten Anforderungsprofil der Bundesagentur für Arbeit entnehmen.

Vor diesem Hintergrund und vor dem Hintergrund, dass die Klägerin keinerlei entgegenstehende objektive Anknüpfungstatsachen benannt hat, war das Gericht nicht gehalten, von Amts wegen irgendwelche weitergehenden berufskundlichen Ermittlungen anzustellen. Die nach § 103 SGG be-stehende Amtsermittlungspflicht beinhaltet die Pflicht, von Amts wegen Beweise zu erheben, um den Sachverhalt aufzuklären. Demnach ist konkreten, sich aufdrängenden Anhaltspunkten im Wege der Amtsermittlung nachzugehen. Sie verpflichtet das Gericht jedoch nicht zu Ermittlungen ins Blaue hinein oder zur Erhebung von Ausforschungsbeweisen. Die Verpflichtung, von Amts wegen Beweise zu erheben, besteht dann nicht, wenn sich – wie hier – weder aus dem Beteiligtenvorbringen noch aus der Aktenlage oder aus Gerichts- oder Allgemeinkunde konkrete, objektive Anhaltspunkte für einen anderen entscheidungserheblichen Sachverhalt ergeben,

statt vieler nur BSG, Urt. v. 14.05.1996 – B 4 RA 60/94, SozR 3-2600 § 43 Nr. 13; LSG Ba.-Wü., Beschl. v. 08.04.2010 – L 1 AS 373/10, abrufbar unter www.sozialgerichts-barkeit.de/sgb/esgb.

Davon abgesehen kommt es entsprechend der obigen Ausführungen vorliegend auch nicht streit-erheblich darauf an, ob die Verrichtung schwerer körperlicher Tätigkeiten prägend für den Beruf des Versicherten ist. Wäre dies zutreffend, hätte seine stufenweise Wiedereingliederung jedenfalls wegen von vornherein bestehender Aussichtslosigkeit nicht durchgeführt werden dürfen, weil sowohl Dr. U. (Entlassbericht vom 11.04.2010) als auch Dr. G. (Gutachten nach Aktenlage 26.10.2004) ihn für die dauerhafte Ausübung schwerer körperlicher Arbeiten für nicht mehr leistungsfähig erachten. Eine Einstandspflicht der Beklagten lässt sich auch insoweit also nicht begründen.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Danach trägt der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens.

III.

Die Berufung wird nicht zugelassen.

Die Zulassungsbedürftigkeit folgt aus den §§ 143, 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG. Der in Rede stehende Erstattungsanspruch übersteigt den Wert des Beschwerdegegenstands von 10.000 Euro nicht. Zulassungsgründe (vgl. § 144 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.

IV.

Die Streitwertfestsetzung – Ziffer 2 des Tenors – beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG in Verbindung mit §§ 1 Abs. 2 Nr. 3, 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG) und ent-spricht dem von der Klägerin geltend gemachten Erstattungsbetrag in Höhe von 2.522,91 Euro.
Rechtskraft
Aus
Saved