L 12 AS 35/09

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
12
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 22 AS 33/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 AS 35/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 29.05.2009 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahrens nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Bewilligung einer Weiterbildungsmaßnahme zum Nachholen seines Abschlusses im Friseurhandwerk.

Der im Jahre 1963 geborene Kläger, der die iranische Staatsangehörigkeit besitzt, war von 1985 bis 1988 als Auszubildender im Friseurhandwerk bei der D GmbH in L beschäftigt. An der anschließenden Kenntnisprüfung nahm er teil, der Fertigkeitsprüfung am 29.06.1988 blieb er hingegen ohne Angabe von Gründen fern. Der Einladung der Frisör-Innung L zur ersten Wiederholungsprüfung im Winter 1988/1989 kam der Kläger ebenfalls nicht nach. Im August 1997 wandte sich der Kläger erneut an die Frisör-Innung L und bat um seine Zulassung zur Wiederholungsprüfung im Winter 1997/1998. Die Friseur-Innung lud den Kläger wiederum zur Teilnahme an einer Wiederholungsprüfung ein, der Kläger meldete sich jedoch abermals nicht zur Prüfung an. Einer weiteren Einladung zur Gesellenprüfung für das Jahr 1998 folgte der Kläger ebenso wenig. Im Zeitraum von August 1997 bis Dezember 1998 arbeitete er im Damen- und Herrensalon K und war dort im Rahmen der Kundenbetreuung, Beratung und Verkauf tätig. Im ersten Halbjahr 2003 besuchte der Kläger diverse Seminare der Friseurfachschule I in E, welche mit öffentlichen Mitteln gefördert wurden. Dennoch trat er zunächst im Jahre 2003 zu einer Gesellenprüfung nicht an. Schließlich nahm der Kläger Anfang 2004 an einer Fertigkeits- und Kenntnisprüfung vor der Frisör-Innung E teil, die er jedoch in allen wesentlichen Fächern nicht bestand. Die Fertigkeitsprüfung musste nach dem Prüfungszeugnis vom 26.01.2004 abgebrochen werden, da er nur über unzureichendes Material für die Ablegung der praktischen Prüfung verfügte. Seit 2005 bezieht er von der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Auf Antrag des Klägers stellte die Beklagte dem Kläger im Juni 2006 einen Bildungsgutschein für die Absolvierung einer betrieblichen Einzelumschulung zum Frisör für bis zu 24 Monate einschließlich eines notwendigen Betriebspraktikums aus. Die Gültigkeitsdauer des Bildungsgutscheins lief vom 22.06.2006 bis 22.07.2006. Der Kläger begann daraufhin im Juli 2006 beim Friseurbetrieb N G eine entsprechende Umschulung; sein Arbeitgeber kündigte den Umschulungsvertrag jedoch noch während der Probezeit am 02. August 2006.

Mit Schreiben vom 06.09.2006 stellte der Kläger gegenüber der Beklagten klar, dass er weiterhin die Förderung einer beruflichen Weiterbildung verlange und führte aus, er wolle noch wie vor die begonnene Ausbildung als Frisör beenden. In einem weiteren Schreiben vom 24.10.2006 teilte er der Beklagten mit, dass er die Möglichkeit habe, ab 15.11.2006 eine Ausbildung bei der B Frisör GmbH in L zu beenden.

Die Beklagte ließ den Kläger daraufhin beim Dipl.-Psychologe D vom Psychologischen Dienst begutachten. Der Gutachter kam in seinem unter dem 10.11.2006 erstellten psychologischen Gutachten zu dem Schluss, dass die vorgesehene Umschulungsmaßnahme beim Kläger im Hinblick auf seine Fähigkeiten nur bedingt zu empfehlen sei. Nach Einschätzung des Psychologen sei vor allem im Hinblick auf die beruflichen Ziele des Klägers, eine spätere Tätigkeit in einem Beruf mit intensivem Kunden- und Sozialkontakten aufzunehmen, eine positive Veränderung des in der Testsituation und im Gespräch gezeigten Sozialverhaltens zu empfehlen. Es ließe sich zum jetzigen Zeitpunkt empfehlen, dass der Kläger Hilfestellung bei der Suche nach einer längerfristigen Tätigkeit erhalte. Im Falle eines Qualifizierungsversuchs, der sich weniger auf die sozialen Kompetenzen oder Fähigkeiten des Klägers, sondern eher auf seine Lernmotivation und die ausschließliche Fixierung auf den bisher erfolglos erlernten Beruf beziehen könnte, wären ergänzende pädagogische Hilfestellungen zur Vermeidung eines erneuten Misserfolgs in der Abschlussprüfung notwendig.

Mit Bescheid vom 20.12.2006 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Übernahme von Weiterbildungskosten für eine Maßnahme der beruflichen Weiterbildung ab. Zur Begründung führte sie aus, dass die Förderung einer Umschulungsmaßnahme zum Abschluss einer Frisörausbildung nicht den gesetzlich vorgesehenen Zielen einer Weiterbildung entspreche. Bei einer Umschulung handele es sich um eine zweite Berufsausbildung und nicht um eine Fortbildung im ursprünglich erlernten Beruf. Der Kläger verfüge jedoch bereits über eine Berufsausbildung zum Frisör mit Abschluss im Teilbereich Herrenfach.

Der Kläger legte am 12.01.2007 gegen den Ablehnungsbescheid Widerspruch ein. Er machte geltend, dass er nicht bereits über eine Berufsausbildung als Herrenfriseur verfüge, so dass die Begründung des Ablehnungsbescheides nicht haltbar sei. Ziel des Antrags sei die Förderung eines Abschlusses als Damen- und Herrenfrisör, um damit eine Berufsausbildung abzuschließen.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29.02.2008 als unbegründet zurück. Ihrer Ansicht nach habe der Kläger keinen Anspruch auf Förderung einer Umschulung zum Frisör als Weiterbildungsmaßnahme. Der Kläger habe den ihm ausgestellten Bildungsgutschein vom 22.06.2006 bereits mit Aufnahme der Umschulung beim Frisörbetrieb N G eingelöst, diese Umschulung jedoch nicht zu Ende geführt. Die Erteilung eines neuen Bildungsgutscheines könne nicht erfolgen, da die beantragte Umschulung keine Weiterbildung im Sinne des § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 SGB III darstelle. Vielmehr verfüge er bereits über einen Abschluss als Herrenfrisör. Selbst wenn man aber von einem fehlenden Berufsabschluss ausgehen wolle, käme keine Förderung der Weiterbildung in Betracht, da diese nicht notwendig sei. So könne weder eine generelle noch eine individuelle positive Beschäftigungsprognose erstellt werden. Von einer erfolgreichen Absolvierung der Umschulungsmaßnahme sei im vorliegenden Fall nicht auszugehen. Der Kläger habe bereits mehrmals versucht, einen Abschluss als Frisör zu erlangen, diese Versuche jedoch nicht erfolgreich beendet. So habe er die ursprüngliche Ausbildung ohne Angabe von Gründen nicht beendet; auch die geförderten Anpassungsmaßnahmen zum Erreichen des Abschlusses als Frisör seien nicht erfolgreich gewesen, da er zur Abschlussprüfung nicht angetreten sei. Die bereits begonnene Umschulung beim Frisörbetrieb N G sei nach knapp zwei Monaten gescheitert, da ihm dieser noch im Rahmen der Probezeit gekündigt habe. Schließlich spreche auch das eingeholte psychologische Gutachten nur eine bedingte Empfehlung zur Umschulung aus. Ferner würden die offenbarten Verhaltensweisen des Klägers ein Vermittlungshemmnis darstellen und eine spätere Eingliederung in den Arbeitsmarkt nahezu unmöglich machen. Der gescheiterte Umschulungsversuch habe gezeigt, dass er nicht mehr in der Lage sei, sich in einen gewöhnlichen Arbeitsalltag einzuordnen. Kommunikationsprobleme hätten sich auch im Umgang mit ihren Mitarbeitern sowie gegenüber Mitarbeitern des Bildungsträgers der Diakonie N gezeigt, die u.a. zu der Aufgabe offensichtlich aussichtsloser Integrationsversuche geführt hätten.

Der Kläger hat am 19.03.2008 vor dem Sozialgericht Köln Klage erhoben und geltend gemacht, dass die Beklagte zu Unrecht davon ausgehe, dass er bereits über einen Berufsabschluss im Teilbereich Herrenfriseur verfüge. Dies treffe nicht zu. Vielmehr habe er bis jetzt keinerlei Abschluss im Frisörhandwerk erzielt. Weder sei er Damen- noch Herrenfrisör. Zudem gehe die Beklagte zu Unrecht davon aus, dass er eine betriebliche Umschulungsmaßnahme begehre. Er begehre vielmehr die bloße Förderung von Maßnahmen zum Abschluss seiner bereits durchlaufenen Ausbildung zum Frisör. Im Übrigen sei nicht nachzuvollziehen, weshalb er diese Weiterbildungsmaßnahme bzw. eine spätere Eingliederung in den Arbeitsmarkt nicht erfolgreich bestehen solle.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid vom 20.12.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.02.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, seine beruflich Weiterbildung (Nachholung des Berufsabschlusses im Frisörhandwerk) antragsgemäß zu fördern.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass der Kläger zum einen bereits über einen Abschluss als Herrenfriseur verfüge und zum anderen kein erfolgreicher Abschluss einer Weiterbildungsmaßnahme zu erwarten sei. Zudem sei aufgrund des gezeigten Verhaltens des Klägers nicht davon auszugehen, dass eine dauerhafte Eingliederung in den Arbeitsmarkt erfolgreich verlaufe.

Das Sozialgericht hat in einem Parallelverfahren zum selben Streitgegenstand (S 22 AS 49/08) Beweis erhoben durch Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens. In seinem Gutachten vom 16.12.2008 ist der vom Gericht beauftrage Sachverständige I zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger an einer anhaltenden wahnhaften Störung leide, die mit einer Persönlichkeitsstörung mit schizoiden, paranoiden, zwanghaften, latent ängstlich-vermeidenden wie auch asthenisch-abhängigen Zügen einhergehe. Er halte den Kläger seit Ende 2006 auf nicht absehbare Dauer als nicht vermittelbar auf dem Arbeitsmarkt, weder im Sinne der Förderung in einem qualifizierten Beruf, noch im Sinne der Teilhabe an einfachen allgemeinen Tätigkeiten des Arbeitslebens. Die psychische Störung setze den Kläger außerstande, zum Beispiel auch einfachen, leichten Arbeitsstressoren des Arbeitsmarktes zu widerstehen. Der Kläger sei darüber hinaus krankheitsbedingt in seiner Befähigung, seine eigene Willenskraft zu mobilisieren, gehindert. Im Rahmen seiner chronisch-wahnhaften Sicht erlebe er sich nicht als krank. Die Prognose falle tendenziell schlecht aus, da dem Kläger kein Leidensdruck innewohne, der ihn befähige, gegebenenfalls unter der Voraussetzung einer kritischen Selbst-Sicht, die tatsächlich gebotene ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Der Kläger hat im Parallelverfahren eine Stellungnahme des Facharztes für Psychiatrie, Psychotherapie sowie psychosomatische Medizin S vom 23.04.2009 vorgelegt. In der für einen Antrag auf Bewilligung einer Langzeittherapie (Verhaltenstherapie) erstellten Stellungnahme hat dieser beim Kläger eine Anpassungsstörung mit vorwiegender Störung des Sozialverhaltens sowie eine schizoide Persönlichkeitsstörung festgestellt. Er hat darin ausgeführt, dass der Kläger selbstständig ein auf seine eigene Persönlichkeitsorganisation bezogenes Störungsmodell formuliert habe und die Absicht äußere, durch Inanspruchnahme von Psychotherapie eine Veränderung vorzunehmen. Der Kläger habe sich im vierten Gespräch glaubhaft und nachvollziehbar dazu entschieden, den jahrelangen Kampf mit der Arbeitsverwaltung aufzugeben und sich zunächst in einem berufsfremden Tätigkeitsfeld zu engagieren. Die Erfolgsaussichten für eine Langzeittherapie hat der behandelnde Arzt als positiv beschrieben.

Der Kläger hat die Klage zum Aktenzeichen S 22 AS 49/08 am 29. Mai 2009 zurückgenommen.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 29.05.2009 abgewiesen und zur Begründung wörtlich ausgeführt:

"Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger ist durch den angegriffenen Bescheid nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf berufliche Weiterbildung im Frisörfach gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in Verbindung mit § 77 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III).

Nach § 77 Abs. 1 können Arbeitnehmer bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn

1.die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern, eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden oder wenn bei ihnen wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist,

2.vor Beginn der Teilnahme eine Beratung durch die Agentur für Arbeit erfolgt ist und

3.die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind.

Voraussetzung für das Vorliegen der ersten beiden Varianten des § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III ist, dass für den Antragsteller eine positive Beschäftigungsprognose abgegeben werden kann: Dies bedeutet, dass die Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme erwarten lässt, dass die Eingliederungschancen nach Abschluss der Maßnahme erheblich verbessert sind und die begründete Aussicht besteht, dass dem Antragsteller in Folge der Maßnahme ein angemessener Dauerarbeitsplatz verschafft werden kann (Bundessozialgericht, Urteil vom 10.05.1979, Az.: 7 RAr 25/78 sowie Urteil vom 03.07.2003, Az.: B 7 AL 66/02 R). Streitig ist hingegen, ob und inwieweit eine solche positive Prognose auch für die dritte Variante der Vorschrift gestellt werden kann (einschränkend etwa Schmidt, in: Eicher/Schlegel, Loseblatt, 54. Lfg März 2005, § 77 Rdn. 42, dagegen Stratmann, in: Niesel, SGB III, 4. Auflage, 2007 § 77 Rdn.15; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.09.2005, Az.: L 10 B 1024/05 AS ER). Allerdings ist auch für die Förderung einer Weiterbildungsmaßnahme wegen fehlenden Berufsabschlusses nach § 77 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 3. Var. SGB III zwingende Voraussetzung, dass der Antragsteller zum einen die Weiterbildungsmaßnahme aufgrund seiner persönlichen Eignung und Fähigkeiten erfolgreich absolvieren und darüber hinaus in dem dann erlernten Beruf tatsächlich auch arbeiten kann. Die vorausgesetzte "Notwendigkeit" der Weiterbildungsmaßnahme im Sinne dieser Variante ist nämlich dann nicht gegeben, wenn die Weiterbildungsmaßnahme offensichtlich erfolglos sein wird und der Antragsteller nicht in der Lage ist, in dem angestrebten Beruf zu arbeiten.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass diese Voraussetzungen nicht vorliegen. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Eingliederungschancen des Klägers durch die Gewährung der begehrten Weiterbildungsmaßnahme erhöht werden. Es ist weder davon auszugehen dass er den Abschluss als Friseur erreichen wird, noch dass er in diesem Beruf dauerhaft arbeiten kann. Dies ergibt sich bereits aus den dargestellten vergeblichen Versuchen des Klägers in der Vergangenheit, diesen Abschluss zu erlangen. Der Kläger hat nach der ursprünglich durchlaufenen Ausbildung die Abschlussprüfung nicht bestanden bzw. weitere Versuche, eine Wiederholungsprüfung durchzuführen, nicht in Angriff genommen. Nachdem er zwischenzeitlich Hilfstätigkeiten in Frisörsalons angenommen hat, hat er erst nach etwa 15 Jahren einen erneuten Anlauf unternommen, seinen Abschluss als Frisör zu erreichen. Trotz der geförderten Qualifizierungsmaßnahmen im Interstudio I hat er die Abschlussprüfung Anfang 2004 schließlich nicht bestanden, auch nicht in einem Teilbereich. Das im Jahre 2006 begonnene Umschulungsverhältnis bei N G Haardesign wurde ebenfalls nach nur kurzfristiger Beschäftigung beendet. Es sind damit bereits zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung zahlreiche Versuche des Klägers gescheitert, die Abschlussprüfung im Frisörhandwerk zu erreichen, ohne dass sich hätte absehen lassen, dass sich die Chancen auf das Erreichen dieses Abschlusses gegenüber den 15 Jahren zuvor geändert hätten.

Darüber hinaus ergibt sich aus den schlüssigen und nachvollziehbaren Feststellungen des Sachverständigen I, dass der Kläger weder in der Lage war und ist, eine Weiterbildungsmaßnahme erfolgreich abzuschließen noch als Frisör zu arbeiten. Der Sachverständige ist nach einer ausführlichen Anamnese und Begutachtung zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger an einer wahnhaften Störung bzw. einer Persönlichkeitsstörung leidet, die es ihm unmöglich machen, auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich vermittelt zu werden und zwar weder im Sinne der Förderung in einem qualifizierten Beruf, noch im Sinne der Teilhabe auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Der Gutachter hält es im Ergebnis nicht einmal für möglich, dass der Kläger einfachen, leichten Arbeitsstressoren des allgemeinen Arbeitsmarktes widerstehen kann. Diesen einfachen und leichten Arbeitsstressoren wäre der Kläger aber sowohl bei der Teilnahme an einer Förderungsmaßnahme für den Abschluss im Friseurhandwerk ausgesetzt als auch bei der Abschlussprüfung selbst. Darüber hinaus wäre der Kläger im Berufsleben als Frisör mit vielfältigen Stressfaktoren wie einer hohen Arbeitsbelastung, Zeitdruck oder aufkommenden Differenzen mit Arbeitskollegen und möglicherweise auch Kunden konfrontiert, denen er danach nicht standhalten könnte. Darüber hinaus hält der Sachverständige die Revision der paranoidischen Sicht des Klägers generell für außerordentlich schlecht. Die vom Kläger vorgelegte Stellungnahme des Arztes für Psychiatrie, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie S steht dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens nicht entgegen, sieht man einmal von der Prognose einer Therapierbarkeit des Klägers über einen längeren Zeitraum ab. Auch dieser Arzt kommt zu dem Ergebnis, dass der Kläger unter einer Anpassungsstörung mit vorwiegender Störung des Sozialverhaltens sowie einer schizoiden Persönlichkeitsstörung leidet. Aus der Stellungnahme lässt sich darüber hinaus nicht die Aussage ableiten, dass der Kläger in der Lage wäre, eine entsprechende Weiterbildungsmaßnahme erfolgreich zu beenden oder einer Tätigkeit als Frisör erfolgreich nachgehen zu können.

Die vom Kläger gegen das Gutachten des Sachverständigen vorgebrachten Einwände sind nach Auffassung der Kammer nicht überzeugend und können kein anderes Ergebnis rechtfertigen. Auch begründen sie nicht die Notwendigkeit, ein weiteres fachpsychiatrisches Gutachten einzuholen. So hat der Kläger keine nachvollziehbaren konkreten Einwände gegen das Vorgehen des Gutachters bzw. die von ihm aus der Anamnese und seiner Untersuchung abgeleiteten Schlussfolgerungen dargelegt. Schließlich bedurfte es entgegen der Ansicht des Klägers auch dann keiner weitergehenden psychiatrischen Begutachtung, wenn der Sachverständige zu Unrecht davon ausgegangen wäre, dass der Kläger bereits über einen Teilabschluss im Fachbereich Herrenfrisör verfügen würde. Selbst wenn der Sachverständige hiervon zu Unrecht ausgegangen sein sollte, was keiner weiteren Klärung bedarf, käme es auf diese Frage im Rahmen der psychiatrischen Begutachtung nicht an. Der Sachverständige hat unabhängig von dieser Feststellung eine Weiterbildung des Klägers im Bereich Frisörhandwerk sowie eine Tätigkeit in diesem Bereich vollumfänglich und dauerhaft ausgeschlossen. Diese Feststellungen beziehen sich offenkundig auf jedwede Tätigkeit, bei der der Kläger mit einfachen Arbeitsstressoren in Berührung kommt. Vor diesem Hintergrund ist es unerheblich, ob der Kläger lediglich Fördermaßnahmen für die Teilnahme an einer weiteren Teilprüfung oder aber an einer umfassenden Prüfung begehrt. In jeden Falle wäre er Belastungssituationen ausgesetzt, denen er nach der überzeugenden Darlegung des Sachverständigen nicht gewachsen wäre. Insofern bedarf es auch keiner weiteren Beweiserhebung zu der Frage, wie das Ergebnis der psychiatrischen Begutachtung ausfallen würde, wenn man davon ausginge, dass der Kläger über keinerlei Berufsabschluss verfügt."

Gegen dieses ihm am 25.06.2009 zugestellte Urteil richtet sich die bereits vorab am 02.06.2009 eingelegte Berufung des Klägers. Der Kläger fühlt sich von der Beklagten und dem Sozialgericht missverstanden. Es sei nicht korrekt, ihn als extrem psychisch belastet zu erklären. Vielmehr erwarte er eine auf seine Person abgestimmte Hilfe zur Erlangung des Abschlusses im Frisörberuf.

Zusätzlich sieht er sich von der Beklagten durch deren Verhalten geschädigt. Er verlange von der Beklagten im Wege einer Klageerweiterung eine Entschädigung in Höhe von 57.000,00 EUR. Der Kläger hat eine Bescheinigung der AOK Rheinland/Hamburg vom 18.05.2009 vorgelegt, wonach einem Antrag des Klägers auf Genehmigung von Verhaltenstherapie für 45 Therapieeinheiten entsprochen worden ist. Über den Verlauf dieser Therapie ist dem Senat nichts bekannt geworden.

Zur mündlichen Verhandlung am 06.10.2010 ist der Kläger nicht erschienen. Er hat mit Schreiben vom 07.09. und 25.09.2010 mitgeteilt, dass der Senat die Sache ruhen lassen solle oder schriftlich entscheiden möge. Die Sache sei nicht mehr so, wie vom Sozialgericht angenommen. Das Verhalten der Beklagten habe sich zum Positiven geändert, man möge seine Klage neu interpretieren.

Der Senat geht von dem Antrag des Klägers aus,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 29.05.2009 zu ändern und nach seinem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen und die Beklagte im Wege der Klageerweiterung zu verurteilen, ihm 57.000,00 EUR zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auf die Klageerweiterung hat sich die Beklagte nicht eingelassen.

Der Sitzungsvertreter der Beklagten hat im Termin mitgeteilt, der Kläger sei im September 2009 nach X umgezogen und werde seitdem von der dortigen ARGE betreut. Diese habe dem Kläger auf seinen Antrag hin einen Bildungsgutschein für die Zeit vom 04.03. bis 04.06.2010 ausgehändigt, der aber nicht eingelöst worden sei. Am 04.08.2010 habe der Kläger einen Antrag auf Förderung der Gesellenprüfung im S-kreis gestellt. Daraufhin sei ihm von der ARGE X eine Beihilfe zur Beschaffung von Arbeitsmitteln gewährt worden. Mehr könne er zum aktuellen Sachstand nicht mitteilen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Vorstreitakte des SG Köln S 17 (22) AS 49/08 Bezug genommen. Diese Akten lagen bei der mündlichen Verhandlung durch den Senat vor.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte auch in Abwesenheit des Klägers über die Berufung entscheiden. Auf diese aus § 126 SGG folgende Möglichkeit ist der Kläger in der ordnungsgemäß zugestellten Ladung zum Termin hingewiesen worden. Ein Grund zu vertagen oder das Ruhen des Verfahrens anzuordnen, hat nicht vorgelegen. Die Schreiben des Klägers vom 07. und 25.09.2010 lassen nicht erkennen, ob die Beklagte oder eine andere ARGE inzwischen dem Begehren des Klägers voll Rechnung getragen hat. Selbst wenn dies so wäre, dann wäre dies kein Grund für den Senat zu vertagen, sondern eher die Frage zu stellen, ob der Rechtsstreit nicht seine Erledigung gefunden hat.

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht entschieden, dass die Beklagte die Förderung des Klägers im Berufsbereich des Frisörs in der Vergangenheit nicht zu fördern hatte. Der Senat hält das angefochtene Urteil für zutreffend und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug auf die dortigen Ausführungen. Der Senat hat dem nichts hinzuzufügen. Das Verhalten der Beklagten ist jedenfalls für die Zeit, in der sie für den Kläger zuständig war, nicht zu beanstanden.

Der Senat hat nicht darüber zu urteilen, ob eine andere ARGE nach dem Umzug des Klägers nach X ihre Entscheidung - möglicherweise aufgrund eines neuen Sachverhalts - richtig oder falsch getroffen hat. Selbst wenn nunmehr dem Anliegen des Klägers durch die ARGE X ganz oder teilweise entsprochen worden sein sollte, so ändert dies nichts an der Tatsache, dass die Beklagte bis September 2009 nicht rechtswidrig gehandelt hat. Den an das Sozialgericht Köln gerichteten Schriftsatz vom 03.10.2010, den man als Erledigungserklärung ansehen könnte, hat der Senat erst nach Verkündung des Urteils erhalten.

Die Klageerweiterung im Berufungsverfahren, die Beklagte zur Zahlung von 57.000,00 EUR zu verurteilen, hat der Senat als nicht sachdienlich angesehen und sie damit gemäß § 99 Abs. 1 SGG als unzulässig verworfen.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die hierfür in § 160 Abs. 2 Ziffer 1 und Ziffer 2 SGG aufgestellten Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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