L 5 AS 72/09 B ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
5
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 2 AS 3564/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 5 AS 72/09 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
einstweiliger Rechtsschutz - Bestandskraft - Aufhebungs- und Erstattungsbescheid - Zahlungsaufforderung
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.
Der Antragsteller wendet sich in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen eine Zahlungsaufforderung der Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Berlin-Brandenburg.

Die Antragsgegnerin gewährte dem am 21. Juni 1960 geborenen Antragsteller ab 1. Januar 2005 Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II). Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden vom 17. Mai 2006, 28. Juni 2006 und 15. Juni 2007 hob sie die Bewilligung von Leistungen für die Zeit vom 1. August 2005 bis 31. Mai 2006 sowie für die Monate August bis Oktober 2006 teilweise auf und forderte vom Antragsteller Leistungen i.H.v. insgesamt 1.785,95 EUR zurück. Gegen die Bescheide vom 28. Juni 2006 und 15. Juni 2007 legte der Antragsteller unstreitig keinen Widerspruch ein.

Der Antragsteller teilte der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 16. Oktober 2006 mit, er habe bereits wenige Tage nach Erhalt des Bescheides vom 17. Mai 2006 Widerspruch gegen diesen Bescheid eingelegt. Er forderte die Antragsgegnerin zu einer entsprechenden Nachforschung auf. Die Antragsgegnerin beurteilte dieses Schreiben als Widerspruch und wies diesen mit Widerspruchsbescheid vom 8. Juni 2007 als unzulässig, da verspätet, zurück. Gleichzeitig wertete sie den verspäteten Widerspruch als Überprüfungsantrag nach § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Mit Bescheid vom 15. Juni 2007 entscheid sie, dass der von ihr überprüfte Bescheid nicht zu beanstanden sei. Dagegen legte der Antragsteller keinen Widerspruch ein.

Am 10. Juli 2007 erhob der Antragsteller vor dem Sozialgericht Magdeburg Klage gegen den Bescheid vom 17. Mai 2006 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 2007 (S 12 AS 1311/07). Er legte eine Zahlungsaufforderung der damals zuständigen Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen, i.H.v. 1.807,40 EUR vor. Damit sei er nicht einverstanden. Diese Klage nahm er mit Schreiben vom 31. August 2007 zurück.

Am 28. November 2008 hat der Antragsteller beim Sozialgericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt mit dem Begehren, die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Forderungseinzug der Bundesagentur für Arbeit i.H.v. nunmehr noch 1.785,95 EUR nicht weiter zu betreiben. Durch die Klagerücknahme im Verfahren S 12 AS 1311/07 sei die Forderung erloschen.

Mit Beschluss vom 13. Januar 2009 hat das Sozialgericht den Antrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, ein Anordnungsanspruch des Antragstellers sei nicht zu erkennen. Sämtliche Aufhebungs- und Erstattungsbescheide der Antragsgegnerin seien bestandskräftig geworden. Eine Zusage der Antragsgegnerin, die Forderung nicht mehr geltend zu machen, ergebe sich nicht aus den Akten.

Gegen den ihm am 15. Januar 2009 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 3. Februar 2009 Beschwerde eingelegt, die er trotz mehrfacher Aufforderungen nicht begründet hat.

Er beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen, unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Magdeburg vom 13. Januar 2009 festzustellen, dass die Forderung i.H.v. 1.785,95 EUR nicht mehr besteht, und die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Forderungseinzug nicht weiter zu betreiben.

Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin sowie auf die Gerichtsakte ergänzend Bezug genommen.

II.
Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist statthaft nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG und auch im Übrigen zulässig.

Nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ist die Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes statthaft, wenn in einem Hauptsacheverfahren die Berufung zulässig wäre, mithin der Beschwerdewert über 750,00 EUR liegt. Da der Antragsteller sich vorliegend gegen eine Forderung i.H.v. 1.785,95 EUR wendet, ist diese Voraussetzung erfüllt.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs oder einer Klage nach § 86b Abs. 1 SGG gegen die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide der Antragsgegnerin kommt bereits deswegen nicht in Betracht, da weder Widerspruchs- noch Klageverfahren, die die o.g. Bescheide zum Streitgegenstand haben, anhängig sind.

Der Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 SGG scheidet ebenfalls aus. Denn einstweilige Anordnungen sind vorläufige Regelungen in Bezug auf ein zwischen den Beteiligten streitiges Rechtsverhältnis. Sie ergehen unter dem Vorbehalt der abschließenden Entscheidung in einem gleichzeitig oder anschließend zu betreibenden Hauptsacheverfahren (Widerspruch oder Klage). Einstweiliger Rechtsschutz ist dann nicht (mehr) möglich, wenn das zwischen den Verfahrensbeteiligten bestehende Rechtsverhältnis bereits abschließend geklärt ist, wenn eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung bereits vorliegt oder ein bestandskräftiger, das heißt ein für die Beteiligten verbindlicher und nicht weiter angegriffener Bescheid ergangen ist.

Die der Zahlungsaufforderung der Bundesagentur für Arbeit zugrundeliegenden Bescheide sind alle bestandskräftig und gemäß § 77 SGG für die Beteiligten bindend. Damit gibt es kein streitiges Rechtsverhältnis mehr, welches mittels einer einstweiligen Anordnung durch das Gericht vorläufig geregelt werden könnte.

Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 17. Mai 2006 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 8. Juni 2007 hat der Antragsteller zurückgenommen. Rechtsfolge dieser Rücknahme ist entgegen seiner Ansicht nicht, dass die Forderung nunmehr erloschen ist. Vielmehr ist durch die Rücknahme die Bestandskraft des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides eingetreten. Gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 15. Juni 2007 (Überprüfung des Bescheides vom 17. Mai 2006) hat der Antragsteller ebenso kein Rechtsmittel eingelegt wie gegen die anderen der streitgegenständlichen Forderung zugrundeliegenden Bescheide.

Die Zahlungsaufforderung selbst ist kein Veraltungsakt, gegen den sich der Antragsteller wenden kann. Gemäß § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Die Zahlungsaufforderung selbst stellt keine Entscheidung zur Regelung eines Einzelfalls dergestalt dar, dass über die Erstattungsforderung nochmals mit unmittelbarer Rechtswirkung in ihrem Entstehungsgrund, losgelöst von den Aufhebungs- und Erstattungsbescheiden entschieden worden wäre (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 3. November 1998, L 13 AL 1550/98, Rn. 16, Juris); sie soll den Adressaten lediglich davon in Kenntnis setzen, welche Forderungen zu welchem Termin fällig sind. Einen weitergehenden Zweck verfolgt die Zahlungsaufforderung nicht.

Die Beschwerde unterlag somit der Zurückweisung.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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