L 12 SO 484/10

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
12
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 27 SO 189/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 12 SO 484/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 23.07.2010 wird als unzulässig verworfen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten steht die vom Kläger gegenüber der Beklagten begehrte Übernahme rückständiger Energieverbrauchskosten in Höhe von 131,96 EUR sowie die Übernahme laufender monatlichen Abschlagszahlungen für Strom in Höhe von 28,00 EUR im Streit.

Der am 00.00.1963 geborene Kläger bezieht neben einer Versichertenrente der Deutschen Rentenversicherung X aufstockende Leistungen nach dem 3. Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) von der Beklagten.

Im Oktober 2009 übersandte der Kläger der Beklagten eine Abrechnung der S AG für den Abrechnungszeitraum vom 03.10.2008 bis 08.10.2009, die einen Nachforderungsbetrag in Höhe von 131,96 EUR sowie künftige Abschläge in Höhe von 28,00 EUR monatlich ausweist. Der Kläger beantragte eine Übernahme der Stromkosten sowie der Nachzahlung und gab an, durch eine Verschlimmerung seiner chronischen Erkrankungen sei er im letzten Jahr gezwungen gewesen, sich mehr zu Hause aufzuhalten.

Mit Bescheid vom 02.11.2009 lehnte die Beklagte die zusätzliche Übernahme der Kosten aus der Abrechnung der S AG ab, da diese bereits über den gewährten Regelsatz abgegolten seien. Ferner forderte sie den Kläger auf, mit der S AG gegebenenfalls eine Ratenzahlungsvereinbarung zu treffen.

Der Kläger hat am 09.11.2009 Klage gegen die Beklagte erhoben mit dem Ziel einer Übernahme der Energiekostenrückstände in Höhe von 131,96 EUR sowie der Zahlung weiterer 28,00 EUR monatlich ab November 2009.

Den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 02.01.2009 hat die Beklagte im Laufe des Klageverfahrens mit Widerspruchsbescheid vom 07.06.2010 zurückgewiesen. In der Begründung hat sie ausgeführt, nach § 2 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung des § 28 SGB XII (Regelsatz-VO) umfassten die Regelsätze unter anderem auch Leistungen für Energie. Die Position "Energie" beinhalte die notwendigen Ausgaben für die Kochfeuerung, die Beleuchtung und den Betrieb elektrischer Geräte sowie die Warmwasserzubereitung. Die vom Kläger bewohnte Wohnung verfüge über eine Zentralheizung. Demzufolge handele es sich bei der in der Jahresabrechnung der S AG ausgewiesenen Nachforderung und der monatlich zu leistenden Abschlagszahlung um reine Haushaltsenergie, deren zusätzliche Übernahme nach § 28 SGB XII ausscheide. Ein Darlehen nach § 37 SGB XII sei bislang nicht beantragt worden. Zudem bestehe die Möglichkeit, den Bedarf mittels einer Ratenzahlungsvereinbarung mit der S AG zu decken. Die S AG habe auf telefonische Nachfrage der Beklagten im November 2009 mitgeteilt, dass eine entsprechende Ratenzahlungsvereinbarung jederzeit abgeschlossen werden könne. Die Übernahme der zu leistenden Nachzahlung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB XII als Beihilfe oder Darlehen komme nicht in Betracht, da nicht erkennbar sei, dass eine Sperrung der Stromzufuhr drohe oder bereits eingetreten sei.

Der Kläger hat ein an die Beklagte gerichtetes Schreiben vom 04.07.2010 vorgelegt, mit dem er einen Überprüfungsantrag gestellt hat. Er hat beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 02.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.06.2010 zu verurteilen, seine rückständigen Stromkosten in Höhe von 131,96 EUR sowie ab November 2009 die laufenden Abschlagszahlungen für Strom in Höhe von 28,00 EUR zu übernehmen, hilfsweise, das Verfahren gemäß § 114 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auszusetzen, bis vollumfänglich über den Überprüfungsantrag entschieden worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält den angefochtene Bescheid für rechtmäßig.

Das Sozialgericht Köln hat die Klage mit Urteil vom 23.07.2010 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, diese sei zulässig, jedoch nicht begründet. Der Kläger werde durch den Bescheid der Beklagten vom 02.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.06.2010 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG. Er habe keinen Anspruch gegen die Beklagte auf die Übernahme der rückständigen Stromkosten und der laufenden Abschlagszahlungen für Strom.

Zur Vermeidung von Wiederholungen werde gemäß § 136 Abs. 3 SGG auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 07.06.2010, denen sich die Kammer aufgrund eigener Überzeugungsbildung anschließe und die sie für richtig erkläre, Bezug genommen.

Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 SGB XII werde der gesamte Bedarf des notwendigen Lebensunterhalts außerhalb von Einrichtungen mit Ausnahme von Leistungen für Unterkunft und Heizung und der Sonderbedarfe nach §§ 30 bis 34 SGB XII nach Regelsätzen erbracht. Im Regelsatz sei für Strom/Haushaltsenergie ein Betrag enthalten. Die laufenden Stromkosten seien daher grundsätzlich aus dem Regelsatz zu finanzieren. Entsprechendes gelte für etwaige Nachzahlungen. Dabei obliege es der Selbstverantwortung und dem Selbstbestimmungsrecht des Leistungsempfängers, seinen Verbrauch zu steuern. Anhaltspunkte für einen unabweisbaren, seiner Höhe nach erheblich abweichenden Bedarf bestünden vorliegend nicht und ergäben sich insbesondere nicht daraus, dass sich der Kläger nach seinen Angaben im letzten Jahr mehr zu Hause aufgehalten habe.

Ein Anspruch auf Übernahme der rückständigen Stromkosten ergebe sich vorliegend auch nicht aus § 34 Abs. 1 SGB XII. Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB XII könnten Schulden nur übernommen werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt sei. Eine vergleichbare Notlage sei anzunehmen, wenn eine Sperre der Strom- oder Heizungsversorgung wegen vorhandener Schulden drohe oder bereits eingetreten sei. Vorliegend bestünden zwar Rückstände. Dass eine Stromsperre drohe oder der Stromlieferungsvertrag bereits gekündigt worden sei, sei aber weder ersichtlich noch dargetan. Nur ergänzend werde darauf hingewiesen, dass eine Übernahme von Schulden auch unter den Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB XII nur dann in Betracht komme, wenn sie gerechtfertigt sei. Schließlich seien Geldleistungen im Rahmen des § 34 SGB XII nicht notwendig als Beihilfe zu gewähren. Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 3 SGB XII könnten sie vielmehr auch als Darlehen erbracht werden.

Die Kammer habe keinen Anlass gesehen, das Verfahren entsprechend dem Hilfsantrag des Klägers gemäß § 114 SGG auszusetzen. Die Voraussetzungen, unter denen ein Verfahren gemäß § 114 SGG ausgesetzt werden könne, seien vorliegend nicht erfüllt. Insbesondere sei der von dem Kläger bei der Beklagten für alle bereits bestandskräftigen Bewilligungsbescheide gestellte Überprüfungsantrag für das vorliegende Verfahren nicht vorgreiflich.

Die Kostenentscheidung folge aus § 193 SGG.

Das Urteil ist dem Kläger am 13.08.2010 zugestellt worden.

Am 31.08.2010 hat der Kläger "Revision/Berufung" gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 23.07.2010 eingelegt. Er ist mit der Entscheidung des Sozialgerichts nicht einverstanden.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 23.07.2010 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 02.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.06.2010 zu verurteilen, seine rückständigen Stromkosten in Höhe von 131,96 EUR sowie ab November 2009 die laufenden Abschlagszahlungen für Strom in Höhe von 28,00 EUR zu übernehmen, hilfsweise, das Verfahren gemäß § 114 SGG auszusetzen, bis vollumfänglich über den Überprüfungsantrag entschieden worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Mit Schreiben vom 08.11.2010 hat der Senat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die Berufung entgegen den Ausführungen des Sozialgerichts in der dem Urteil vom 23.07.2010 beigefügten Rechtsmittelbelehrung wegen des Nichterreichens des Beschwerdewertes unzulässig sei. Zulässig sei hingegen das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde. Es sei beabsichtigt, die Berufung gemäß § 158 SGG als unzulässig zu verwerfen.

Zum Hinweis des Senats vom 08.11.2010 hat der Kläger ergänzend mitgeteilt, er habe das Rechtsmittel der Berufung aufgrund der dem Urteil des Sozialgerichts beigefügten Rechtsmittelbelehrung eingelegt und gehe davon aus, dass der Berufungsstreitwert erreicht wird. Erwartungs- und erfahrungsgemäß werde die S AG auch in den Folgejahren Nachzahlungen von ihm fordern, sodass es sich um eine wiederkehrende Leistung handele, woraus sich die Berufungsfähigkeit ergebe. Soweit das Rechtsmittel dennoch unzulässig sei sollte, sei dieses nicht seine Schuld. Bei unzulässiger Berufung sei das Urteil des Sozialgerichts analog § 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nichtig. Das sozialgerichtliche Verfahren müsse dann vor diesem Hintergrund vor einer anderen Kammer des Sozialgerichts wiederholt werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie den das Verfahren betreffenden beigezogenen Teil der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

II.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 23.07.2010 ist gemäß § 158 Satz 1 SGG zu verwerfen. Sie ist unzulässig.

Gemäß § 158 Satz 1 SGG ist die Berufung als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nicht statthaft oder nicht in der gesetzlichen Frist oder nicht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt ist. Nach § 158 Satz 2 SGG kann die Entscheidung durch Beschluss ergehen.

Die Voraussetzungen des § 158 Satz 1 SGG sind erfüllt. Die Berufung des Klägers ist nicht statthaft.

Der Senat macht von dem durch § 158 SGG eingeräumten Ermessen, durch Beschluss zu entscheiden, Gebrauch.

Der Kläger hat mit beim Sozialgericht Köln am 31.08.2010 eingegangenem Schreiben "Berufung/Revision" gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 23.07.2010 eingelegt. Hingegen hat er keine Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 145 SGG erhoben.

Zwar stellt sich die Eingabe des Klägers als auslegungsbedürftig dar, da dieser nicht zwischen dem Rechtsmittel der Berufung gemäß §§ 143 ff. SGG und der Revision gemäß §§ 160 ff. SGG unterscheidet. Jedoch folgt aus seiner Benennung des eingelegten Rechtsmittels zur Überzeugung des Senats zwingend, dass er davon ausging, dass ein solches - als Berufung oder Revision - zulässig ist und nicht erst der Zulassung durch den erkennenden Senat bedurfte. Er wollte mit seiner Eingabe nicht erst die Zulässigkeit des eigentlichen Rechtsmittels herbeiführen, sondern ging - aufgrund der dem Urteil des Sozialgerichts Köln vom 23.07.2010 beigefügten Rechtsmittelbelehrung - von dieser aus. Dass er trotz der auslegungsbedürftigen Benennung Berufung anstatt Revision einlegen wollte, ergibt sich zur Überzeugung des Senats bereits aus der Anrufung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) anstatt des Bundessozialgerichts (BSG). Die ausschließliche Zuständigkeit für Berufungsverfahren liegt bei ersterem Gericht, diejenige für Revisionen bei letzterem.

Gemäß § 144 Abs. 1 SGG (in der ab 01.04.2008 gültigen Fassung des Gesetzes zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes (ArbGG) vom 26.03.2008 - BGBl. I 2008 Teil I Nr. 11 S. 444 ff.) bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt, soweit nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen sind. Der Wert des Beschwerdegegenstandes ist dabei danach zu bestimmen, was das Sozialgericht dem Rechtsmittelkläger versagt hat und was von diesem mit seinen Berufungsanträgen weiterverfolgt wird (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Auflage 2008, § 144, Rn. 14, m.w.N.). Der Streitgegenstand wird durch den prozessualen Anspruch bestimmt, durch das vom Kläger aufgrund eines konkreten Sachverhaltes an das Gericht gerichtete und im Klageantrag zum Ausdruck kommende Begehren sowie den Klagegrund, aus dem sich die Rechtsfolge ergeben soll (BSG, Urteil vom 23.11.2006 - B 11b 9/09 -). Wird mit der Berufung ein geringerer Betrag als 750,00 EUR weiterverfolgt, ist sie unstatthaft und wird verworfen (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 144, Rn. 14, m.w.N.).

Der Wert des Beschwerdegegenstandes beträgt vorliegend ausschließlich 327,96 EUR. Auch sind nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als 1 Jahr, sondern ausschließlich für den Zeitraum November 2009 bis Mai 2010 betroffen. Der Kläger verfolgt sein Klagebegehren, die zusätzliche Gewährung von Leistungen nach dem 3. Kapitel des SGB XII in Form der Übernahme rückständigen Stromkosten in Höhe von 131,96 EUR sowie in Form der Übernahme laufender Abschlagszahlungen für Strom ab November 2009 in Höhe von 28,00 EUR monatlich, im Berufungsverfahren weiter. Zwar enthält der streitgegenständliche Ablehnungsbescheid von 02.11.2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.06.2010 keine zeitliche Beschränkung des streitgegenständlichen Ablehnungszeitraums im Hinblick auf die Übernahme der laufenden Abschlagszahlungen. Der zulässige Streitgegenstand wird jedoch jedenfalls durch die Folgeentscheidung des Beklagten hinsichtlich der Höhe der dem Kläger zu gewährenden Leistungen - hier die Fortbewilligung solcher mit Bescheid vom 26.05.2010 ab Juni 2010 - beschränkt (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R - Rn. 8, m.w.N.; BSG, Urteil vom 28.10.2009 - B 14 AS 62/08 R - Rn. 17; BSG, Urteil vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 59/06 R - Rn. 13; BSG, SozR 4-3500, § 21, Nr. 1, Rn. 8). Im Rahmen dieser Fortbewilligung hat der Beklagte erneut über die Höhe der dem Kläger ab Juni 2010 zu gewährenden Leistungen entschieden und hat die streitgegenständlichen Abschlagszahlungen bewusst nicht bzw. ausschließlich im Rahmen des dem Kläger bewilligten Regelsatzes berücksichtigt. Diese erneute behördliche Entscheidung ist grundsätzlich gesondert anfechtbar. Vor diesem Hintergrund errechnet sich ein Berufungsstreitwert von 327,96 EUR (131,96 EUR Nachzahlungsbetrag + 7 Monate (November 2009 bis Mai 2010) x 28,00 EUR). Dieser übersteigt den Betrag von 750,00 EUR jedoch nicht. Auch ist kein Zeitraum betroffen, der den Jahreszeitraum des § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG übersteigt. Ggf. zu erwartende weitere Nachzahlungsforderungen des Energieversorgers für Folgejahre sind - entgegen der im Rahmen seiner Berufungsbegründung geäußerten Rechtsauffassung des Klägers - zur Bestimmung des Berufungsstreitwertes nicht relevant. Diese waren nicht Streitgegenstand des Klageverfahrens und sind nicht zum Streitgegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Zwar ist bei der Berechnung des Beschwerdewertes grundsätzlich von der Rechtsauffassung des Beschwerdeführers auszugehen, dieses gilt jedoch dann nicht, wenn offensichtlich ist, dass der Streitwert missbräuchlich auf einen über 750,00 EUR hinausgehenden Betrag gewählt worden ist, um den Wert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zu überschreiten (LSG NRW, Urteil vom 05.03.2003 - L 12 AL 154/02 -; Frehse in: Jansen, Kommentar zum SGG, 3. Auflage 2008, § 144, Rn. 8), denn der Wert des Beschwerdegegenstandes darf nicht willkürlich durch überhöhte Wertangaben eines in diesem Umfang offensichtlich nicht bestehenden Anspruchs erreicht werden (BSG, Breithaupt 1980, S. 1007; BSG, SGb 1990, S. 298; Frehse in: Jansen, a.a.O., § 144, Rn. 8, m.w.N.). Dieses wäre zur Überzeugung des Senats jedoch der Fall, soweit man der vom Kläger geäußerten Rechtsauffassung trotz eindeutiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Bestimmung des Streitgegenstandes in sozialhilferechtlichen Rechtsstreiten folgte.

Demnach hätte die Berufung der Zulassung durch das Sozialgericht bedurft. Eine solche ist ausweislich des Tenors des Urteils vom 23.07.2010 jedoch nicht erfolgt. Auch kann diese nicht in der dem Urteil beigefügten Rechtsmittelbelehrung, welche auf das Rechtsmittel der Berufung verweist, gesehen werden. Diese stellt keine Entscheidung des Sozialgerichts über die Zulassung der Berufung dar (BSG, SozR 3-1500, § 158, Nr. 1, Nr. 3; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 144, Rn. 45, m.w.N.). Auch der Senat ist nicht befugt, über die Zulassung der Berufung zu entscheiden, da ihm mit dem streitgegenständlichen Rechtsmittel keine Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 145 SGG vorliegt, sondern eine (unzulässige) Berufung (BSG, a.a.O.; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 144, Rn. 45, m.w.N.; Lüdtke in: ders., Kommentar zum SGG, 3. Auflage 2009, § 158, Rn. 6, m.w.N.). Auch eine Auslegung oder Umdeutung der vom Kläger eindeutig und ausdrücklich so bezeichneten Berufung ist nicht möglich (BSG, a.a.O.; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 144, Rn. 45, m.w.N.). Die Umdeutung einer unzulässigen Berufung in eine Nichtzulassungsbeschwerde ist selbst dann nicht zulässig, wenn der Rechtsmittelführer - wie vorliegend der Kläger - nicht rechtskundig vertreten ist (BSG, Urteil vom 20.05.2003 - B 1 KR 25/01 R - SozR 4-1500, § 158, Nr. 1; Lüdtke in: ders., a.a.O., § 158, Rn. 6).

Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass es dem Kläger jedoch freisteht, im Rahmen eines gesonderten Beschwerdeverfahrens vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 145 SGG zu ergreifen. Insoweit wird auf § 66 Abs. 2 Satz 1 SGG hingewiesen. Dieses ist die einzig zulässige Möglichkeit einer fehlerhaften bzw. fehlerhaft gewordenen Rechtsmittelbelehrung des Sozialgerichts zu begegnen (Lüdtke in: ders., a.a.O., § 158, Rn. 6, m.w.N.). Soweit auf eine Nichtzulassungsbeschwerde hin die Berufung zukünftig zugelassen werden sollte, würde das Beschwerdeverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt (§ 145 Abs. 5 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§§ 158 Satz 3, 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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