L 19 AS 2075/10 B ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 43 AS 3990/10 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 2075/10 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 23.11.2010 aufgehoben. Der Antrag der Antragstellerin wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten der Antragstellerin werden nicht erstattet.

Gründe:

Durch Bescheid vom 01.07.2010 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin u. a. vorläufig Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von 702,53 EUR mtl. nach § 40 Abs.1 Satz 2 Nr. 1a SGB II i.V.m. § 328 Abs 1. Satz 1 Nr. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) für die Zeit vom 01.06. bis 31.08.2010. Am 09.07.2010 wurde auf dem Konto der Antragstellerin bei der D-bank ein Betrag von 3.185,00 EUR gutgeschrieben. Die Gutschrift erfolgte wegen einer Invaliditätsleistung aus einer privaten Gruppenunfallversicherung der Antragstellerin wegen eines Schadenseintritts am 00.06.2008. Das Konto der Antragstellerin wies zum Zeitpunkt der Gutschrift ein Debetsaldo (Saldo vom 30.06.2010 3067,38 EUR Soll/ vom 23.07.2010 713,16 EUR Soll) auf. Als Dispositionskredit war zwischen der Antragstellerin und der D-bank ein Betrag von 4.000,00 EUR vereinbart. Mit Bescheid vom 23.08.2010 mit der Überschrift "Änderung zum Bescheid vom 01.07.2010 über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts" bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin für die Zeit vom 01.08. bis 30.08.2010 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 201,70 EUR unter Berufung auf § 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 1a SGB II iVm § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III. Sie führte aus, dass der Zufluss aus der Lebensversicherung der Antragstellerin von 3.185,00 EUR für sechs Monate in Höhe von 530,83 EUR mtl. auf die Leistungen nach dem SGB II angerechnet werde. Das monatliche sonstige Einkommen von 530,83 EUR werde monatlich mit einer Pauschale von 30,00 EUR bereinigt. Dies ergebe ein monatliches sonstiges Einkommen in Höhe von 500,83 EUR. Die Leistungen aus einer privaten Unfallversicherung wegen Invalidität stelle kein geschütztes Einkommen nach § 11 Abs. 2 Nr. 1a oder Nr. 2 SGB II dar.

Mit weiterem Bescheid vom 23.08.2010 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin für die Zeit vom 01.09.2010 bis 31.01.2011 vorläufig Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 201,70 EUR mtl. nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a SGB II iVm § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III. Sie rechnete auf den Gesamtbedarf der Antragstellerin von 702,53 EUR (359,00 EUR Regelleistung + 343,53 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung) ein sonstiges Einkommen in Höhe von 500,83 EUR an.

Gegen die Bescheide vom 23.08.2010 legte die Antragstellerin Widerspruch ein. Sie vertrat die Auffassung, sich bei den Leistungen aus der privaten Unfallversicherung um ein privilegiertes Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 3 SGB II handele. Durch Widerspruchsbescheid vom 30.09.2010 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch gegen die Bescheide vom 23.08.2010 zurück. Die Bevollmächtigte der Antragstellerin beantragte mit Schreiben vom 29.09.2010, der Antragstellerin die durch Bescheid vom 01.07.2010 bewilligten Leistungen als Darlehen weiter zu gewähren.

Durch Bescheid vom 15.09.2010, dessen Bekanntgabe die Antragstellerin bestreitet, forderte die Antragsgegnerin von Antragstellerin eine Betrag von 500,83 EUR nach § 328 Abs. 3 SGB III zurück.

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 30.09.2010 hat die Antragstellerin am 11.10.2010 Klage erhoben und die Gewährung von einstweiligen Rechtsschutz nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) begehrt.

Sie hat vorgetragen, dass der Betrag von 3.185,00 EUR auf ihr Girokonto verbucht, dadurch jedoch ihre wirtschaftliche Situation nicht verbessert worden sei. Sie müsse ab September 2010 ihren Lebensunterhalt in Anbetracht der angefochtenen Entscheidungen von einem Betrag von 201,70 EUR mtl. bestreiten. Zusätzlich habe das Forderungsmanagement der Bundesagentur für Arbeit eine Zahlungsaufforderung in Höhe von 500,83 EUR für den Monat August 2010 an sie gestellt. Zur Stützung ihres Begehrens hat die Antragstellerin Kontoauszüge vorgelegt, die zum 30.09.2010 mit einem Debetsaldo von 676,91 EUR sowie ein Dispositionslimit bis zu 4.000,00 EUR auswiesen.

Nach Durchführung eines Erörterungstermins am 11.11.2010 hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 12.11.2010 erklärt, dass grundsätzlich Bereitschaft bestehe, ein Darlehen für Dezember 2010 und Januar 2011 zu gewähren, falls die weitere Überziehung des Kontos der Antragstellerin tatsächlich nicht möglich sein sollte. Hierbei käme eine darlehensweise Zahlung für beide Monate in Höhe von 1.000,00 EUR in Betracht, die ab Februar 2011 mit einem monatlichen Betrag von 75,00 EUR zurückgezahlt werden müsse. Mit Schriftsatz vom 17.11.2010 hat die Antragstellerin erklärt, dass sich ihr Kontostand am 11.11.2010 auf 1.805,20 EUR belaufe. Sie hat ein Schreiben der D-bank vom 17.11.2010 vorgelegt, in dem es u. a. heißt:

" ... zurzeit haben wir für Sie eine Überziehungsmöglichkeit (Dispositionskredit) bis zu einer Obergrenze von 4.000,00 EUR vorgemerkt. Wie hierzu mit Ihnen vereinbart, legen wir mit Wirkung vom 16.11.2010 die Obergrenze Ihre Überziehungsmöglichkeit wie folgt neu fest:

Obergrenze 2.000,00 EUR.
Alle übrigen mit Ihnen geschlossenen Vereinbarungen bleiben unverändert bestehen. Bitte beachten Sie, dass Ihr Privatkonto ab dem 17.11.2010 innerhalb der reduzierten Obergrenze geführt wird."

Durch Beschluss vom 23.11.2010 hat das Sozialgericht Düsseldorf die aufschiebende Wirkung der Klage vom 12.10.2010 gegen den Bescheid vom 23.08.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.09.2010 angeordnet und die Antragsgegnerin verpflichtet, der Antragstellerin für die Monate Dezember 2010 und Januar 2011 monatlich weitere 500,00 EUR darlehensweise zu gewähren. Im Übrigen hat es den weitergehenden Antrag abgelehnt. Auf die Gründe wird Bezug genommen.

Gegen den am 25.11.2010 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 25.11.2010 Beschwerde eingelegt.

Sie führt aus, dass der Anhörungsfehler durch die Durchführung des Widerspruchsverfahrens geheilt sei. Weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund seien ersichtlich. Eine Rechtgrundlage für die Verpflichtung zur darlehensweise Gewährung von Leistungen sei nicht ersichtlich. Die Voraussetzungen eines Darlehens nach § 22 Abs. 5 SGB II bzw. nach § 23 Abs. 1 SGB II lägen nicht vor. Die erforderliche Eilbedürftigkeit liege nicht vor. Die Antragstellerin habe nach Durchführung des Erörterungstermins am 11.11.2010 ihren Dispositionskreditrahmen bei der Bank verringert.

Die Antragsgegnerin schriftsätzlich sinngemäß beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 23.11.2010 zu aufzuheben und den Antrag der Antragstellerin zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

A.
Das Sozialgericht hat zu Unrecht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Änderungsbescheid vom 23.08.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2010 angeordnet.

Das Sozialgericht hat zutreffend den Antrag der Antragstellerin auf Gewährung von einstweiligen Rechtsschutz nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gegen den Änderungsbescheid vom 23.08.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2010 im Wege des Meistbegünstigungsgrundsatzes als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Änderungsbescheid vom 23.08.2010 nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG ausgelegt (zum Verhältnis der Anträge nach § 86 Abs. 1 SGG und § 86 Abs. 2 SGG: LSG NRW Beschluss vom 14.07.2010 - L 19 AS 1066/10 B ER). Denn mit diesem als "Änderungsbescheid” bezeichneten Bescheid hat die Antragsgegnerin in den Bewilligungsbescheid vom 01.07.2010 eingegriffen, in dem sie konkludent die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 530,83 EUR für den Monat August 2010 aufgehoben hat. Gegen einen derartigen Eingriffsakt ist einstweiliger Rechtschutz nach § 86 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG zu gewähren, wonach in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise auf Antrag durch das Gericht angeordnet werden kann. Die Klage der Antragstellerin gegen den Änderungsbescheid vom 23.08.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2010 entfaltet nach § 39 Abs. Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung, weil durch diesen Verwaltungsakt Leistungen nach dem SGB II mit Wirkung für die Vergangenheit (ab dem 01.08.2010) und für die Zukunft (ab Zugang des Bescheides bis 30.08.2010) aufgehoben worden sind (zur Anwendbarkeit des § 86b Abs. 1 SGG bei Aufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit: LSG NRW Beschluss vom 08.05.2009 - L 19 B 36/09 AS ER).

Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in Fällen, in denen der Widerspruch oder die Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung hat, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Bei der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung hat das Gericht eine Abwägung des Aussetzungsinteresses des Antragstellers - die Wirkung des angefochtenen Bescheides (zunächst) zu unterbinden - mit dem Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin vorzunehmen. Dabei besteht ein Regel-/Ausnahmeverhältnis. In der Regel überwiegt das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin.

Nach der im einstweiligen Rechtschutzverfahren möglichen Prüfungsdichte überwiegt vorliegend Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin, weil mehr für als gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides spricht. Rechtsgrundlage für die teilweise Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 01.07.2010 ist § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II, 330 Abs. 3 SGB III. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse, die beim Erlass des Verwaltungsaktes vorgelegen haben, aufzuheben, wenn nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Bei dem Bewilligungsbescheid vom 01.07.2010 handelt es sich um einen Dauerverwaltungsakt. Nach seinem Erlass ist in den Verhältnissen betreffend den Zeitraum ab dem 01.08.2010 durch den Zufluss eines einmaligen Einkommens eine wesentliche Änderung i.S.v. § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X eingetreten.

Die Gutschrift einer Invaliditätsleistung aus einer privaten Gruppenunfallversicherung in Höhe von 3.185,00 EUR am 09.07.2010, also nach Erlass des Bewilligungsbescheides vom 01.07.2010, stellt ein berücksichtigungsfähiges Einkommen i.S.v. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II dar, das als einmalige Einnahme i.S.v. §§ 4, 2 Abs. 3 Arbeitslosengeld II- Verordnung (AlgII-V) auf den monatlichen Hilfebedarf der Antragstellerin in Höhe von 702,53 EUR nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 SGB II ab dem 01.08.2010 anzurechnen ist. Einkommen i.S.v. des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, unabhängig von der Bezeichnung und dem Rechtscharakter der geldwerten Leistung (vgl. BSG Urteil vom 01.06.2001 - B 4 AS 89/09 R - Rn 16 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Die Berücksichtigung eines geldwerten Vorteils, der einer Leistungsbebzieherin erst nach Antragstellung zufließt, als Einkommen setzt weder eine Identität der Zweckbestimmung des geldwerten Vorteils und der Leistungen nach dem SGB II noch eine Zeitraumidentität voraus. Bei der Zahlung einer Invaliditätsleistung wegen der Folgen eines Unfalls am 00.06.2008 aus einer eigenen privaten Unfallversicherung handelt es sich auch nicht um ein privilegiertes Einkommen i. S.v. § 11 Abs. 3 Satz 1 SGB II. Es ist nicht erkennbar, dass zwischen der Unfallversicherung und der Antragstellerin eine Vereinbarung besteht, aus der sich objektiv erkennbar ergibt, dass die Leistung von der Antragstellerin für einen bestimmten Zweck verwendet werden soll. Vielmehr handelt es bei dieser Zahlung um den Ausgleich für eine durch den Unfall erlittenen dauernde Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Unversehrtheit. Sie dient wie die Leistungen nach dem SGB II der Existenzsicherung der Antragstellerin als Begünstigte und unterliegt keiner darüber hinausgehenden Zweckbindung, so dass es sich nicht um eine zweckbestimmte Leistung i.S.v. § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1a SGB II handelt (vgl. zu den Anforderungen an eine privat-rechtliche Zweckbestimmung: BSG Urteil vom 01.06.2001 - B 4 AS 89/09 R - Rn 16f mit weiteren Rechtsprechungs-nachweisen). Des weiteren handelt es sich nicht um eine Entschädigung i.S.v. § 253 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), d. h. um den Ausgleich eines immateriellen Schadens, der vom Schädiger zu erbringen ist, sondern laut Schreiben der privaten Unfallversicherung vom 07.07.2010 um den Ausgleich eines Gesundheitsschadens am rechten Arm, also um den Ausfall von Erwerbsfähigkeit wegen Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit infolge des versicherten Risikos (vgl. zu Zahlungen aus einer privaten Unfallversicherung: LSG NRW Beschluss vom 05.01.2010 - L 1 B 29/09 AS - LSG Sachsen Urteil vom 13.03.2008 - L 2 AS 143/07 -). Mithin greift die Vorschrift des § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II nicht zu Gunsten der Antragstellerin ein.

Von der einmaligen Einnahme in Höhe von insgesamt 3.185,00 EUR sind als sonstiges Einkommen i.S.v. § 4 Alg II - V ist eine Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 EUR nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V sowie der monatliche Beitrag zur Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II abzusetzen (vgl. BSG Urteil vom 17.03.2009 B 14 AS 63/07 R - Rn. 32 m.w.N.). Zwar hat die Antragsgegnerin vorliegend bei der Ermittlung der Höhe des anrechenbaren Einkommens nicht beachtet, dass die Antragstellerin ein Kraftfahrzeug besitzt, und somit keinen Abzug des monatlichen Beitrags zur Kraftfahrzeugversicherung vorgenommen. In Hinblick darauf, dass die Antragsgegnerin die Versicherungspauschale von 30,00 EUR nicht nur einmal, sondern 6-fach, also insgesamt einen Betrag 180,00 EUR, von dem Einkommen von 3.185,00 EUR abgezogen hat, ist nach der im einstweiligen Rechtschutzverfahren möglichen Prüfungsdichte davon auszugehen, dass mit dem Abzug eines weiteren Betrags von 150,00 EUR der monatliche Beitrag der Antragstellerin zur Kraftfahrzeugversicherung abgedeckt ist. Nach Abzug eines Betrages von 180,00 EUR ist die einmalige Einnahme in Höhe von zumindest 3.005,00 EUR entsprechend den Vorgaben der §§ 4, 2 Abs 4 Satz 1 Alg II-V verteilen. Danach sind einmalige Einnahmen von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Nach § 2 Abs 4 Satz 1 Alg II-V ist eine Berücksichtigung der Einnahmen abweichend von Satz 1 ab dem Monat, der auf den Monat des Zuflusses folgt, zulässig, wenn Leistungen für den Monat des Zuflusses bereits erbracht sind. Hinsichtlich des Verteilzeitraums regelt § 2 Abs 4 Satz 3 Alg II-V, dass einmalige Einnahmen, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag anzurechnen sind. Die von der Antragsgegnerinn vorgenommene Verteilung der einmaligen Einnahme auf die Monate August, September, Oktober November und Dezember 2010 sowie auf Januar 2011 in Höhe von 500,83 EUR ist nicht zu beanstanden, da der Krankenversicherungsschutz der Antragstellerin gewahrt bleibt. Demnach ist durch den Zufluss eines Einkommens von 3.005,00 EUR die Hilfebedürftigkeit der Antragstellerin für den Monat August 2010 ausgehend von einem Verteilzeitraum von sechs Monaten teilweise in Höhe von 500,83 EUR i.S.v. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II entfallen.

Der bedarfsmindernden Berücksichtigung der Zahlung aus der privaten Unfallversicherung steht nicht entgegen, dass diese Zahlung zur Schuldentilgung verwendet wurde. Denn durch die Gutschrift auf das Girokonto der Antragstellerin bei der D-bank, das zum Zeitpunkt der Gutschrift von Debetsaldo aufwies, erfolgte durch die der Einräumung eines Dispositionskredits von 4.000,00 EUR zugrundeliegende Kontokorrentabrede (vgl. hierzu Wiedenkaff in Palandt, BGB, 69. Aufl., Vorb. v. § 488 BGB Rn 20 ) eine teilweise Tilgung des der Antragstellerin gewährten Bankdarlehens. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG Urteil 16.12.2008 - B 4 AS 70/07 R - Rn 28; Urteil vom 30.09.2008 - B 4 AS 29/07 R - Rn 19) geht die Unterhaltsicherung durch eigene Mittel grundsätzlich der Schuldentilgung vor, so dass zum Zeitpunkt der Auszahlung des Einkommens offene Schulden nicht vom Einkommen abzusetzen sind. Aus der Subsidiarität der staatlichen Fürsorge folgt, dass diese erst dann eingreifen soll, wenn die Hilfebedürftigen ihnen zur Verfügung stehende Mittel verbraucht haben. Dies gilt selbst dann, wenn sich eine Leistungsbebzieherin dadurch außerstande setzt, bestehende vertragliche Verpflichtungen zu erfüllen. Insoweit ist unerheblich, welche Ursachen für die Entstehung der Schulden vor Bezug von Leistungen nach dem SGB II maßgeblich gewesen sind.

Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist der Änderungsbescheid vom 230.08.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2010 nicht formell rechtswidrig. Zwar hat die Antragsgegnerin die Antragstellerin vor Erlass des belastenden Änderungsbescheides vom 23.08.2010 nicht nach § 24 Abs. 1 SGB X angehört. Dieser Anhörungsfehler ist durch die Durchführung des Widerspruchsverfahren nach § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X geheilt worden (vgl. zu den Anforderungen der Heilung eines Anhörungsfehlers durch ein Widerspruchsverfahren: BSG Urteil vom 11.06.2003 - B 5 RJ 28/02 R = SozR 4-1300 § 24 Nr. 1 mit weiteren Rechtsprechungshinweisen; Steinwedel in Kasseler Kommentar, § 41 SGB X Rn 16f). Denn im Ausgangsbescheid - dem Änderungsbescheid vom 23.08.2010 - sind alle wesentlichen Tatsachen - Zufluss eines Betrages von 3.185,00 EUR, der als Einkommen nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II bedarfsmindernd zu berücksichtigen ist, die Berechnung der Höhe der anrechenbaren einmaligen Einnahme einschließlich ihrer Verteilung - enthalten, auf die die Antragsgegnerin ihre Entscheidung, die Bewilligung für den Monat August 2010 teilweise aufzuheben, stützt. Des weiteren ist durch die dem Bescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung der Antragstellerin deutlich gemacht worden, dass die Beklagt noch keine endgültige Entscheidung getroffen hat und sie zu den von der Verwaltung für entscheidungserheblich gehaltenen Tatsachen noch Stellung nehmen kann. Ein darüber hinausgehender, gesonderter Hinweis auf die Äußerungsmöglichkeit ist für die Heilung eines Anhörungsmangels durch das Widerspruchsverfahren nicht erforderlich.

B.
Der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 SGG ist unbegründet. Insoweit ist die Entscheidung des Sozialgerichts über die Verpflichtung der Antragsgegnerinn zur Gewährung eines Darlehens in Höhe von 500,00 EUR mtl für die Monate Dezember 2010 und Januar 2011 aufzuheben.

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruches (d. h. eines materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird) sowie das Vorliegen des Anordnungsgrundes (d.h. der Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten) voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bzw. die besondere Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -).

Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch auf Gewährung von höheren Leistungen nach dem SGB II in Form eines Zuschusses für die Zeit vom 01.09.2010 bis 31.01.2011 als wie im Bescheid vom 23.08.2010 bewilligt nicht glaubhaft gemacht. Die Antragsgegnerin hat nach der im einstweiligen Rechtschutzverfahren möglichen Prüfungsdichte zu Recht auf den monatlichen Gesamtbedarf der Antragstellerin von 702,53 EUR ein Einkommen von 500,83 EUR angerechnet. Auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen.

Soweit das Sozialgericht den Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer Regelungsanordnung im Wege des Meistbegünstigungsgrundsatzes dahingehend ausgelegt hat, dass die Antragstellerin zumindest hilfsweise die Verpflichtung der Antragsgegnerinn zur Gewährung von Leistungen nach dem SGB II in Höhe des Differenzbetrags zwischen bewilligter Leistung und Gesamtbedarf als Darlehen begehrt, ist ebenfalls ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.

Die Voraussetzungen für eine Darlehensgewährung nach § 23 Abs. 1 SGB II bzw. nach § 22 Abs. 5 SGB II liegen zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht vor.

Nach § 23 Abs. 1 SGB II erbringt die Antragsgegnerin bei entsprechenden Nachweisen im Einzelfall ein von den Regelleistungen umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts, der weder durch das Vermögen nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II noch auf andere Weise gedeckt werden kann, als Darlehen. Die Antragstellerin hat bislang im Verfahren nicht konkret dargelegt, welcher unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts seit Antragstellung bei Gericht nicht gedeckt werden kann (vgl. zum Begriff der Unabweisbarkeit des Bedarfs Lang/Blüggel in Eicher/Spellbrink, SGb II, 2. Aufl. § 23 Rn 23f). Allein die Tatsache, dass durch die Leistungen der Antragsgegnerinn in Höhe von 201,70 EUR das sozio-kulturelle Existenzminimum der Antragstellerin, dessen Höhe mit 359,00 EUR angesetzt wird, nicht vollständig gedeckt ist, begründet noch nicht - so aber anscheinend das Sozialgericht - die Unabweisbarkeit des Bedarfs, zumal die Antragstellerin nach Aktenlage ihren offenen Bedarf durch die Inanspruchnahme eines Dispositionskredits bis zum 16.11.2010 bzw. danach durch ein Darlehen von 200,00 EUR seitens ihres Vaters gedeckt hat.

Soweit die Antragsgegnerin durch den Ausspruch des Sozialgerichts zur Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung für die Monate Dezember 2010 und Januar 2011 in Form eines Darlehens verpflichtet wird, ergibt sich ein solcher Anspruch nicht aus § 23 Abs. 1 SGB II. Denn § 23 SGB II bezieht sich nach dem eindeutigen Wortlaut und Regelungsgehalt nur auf die Regelleistungen und nicht auf die Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II (BSG Urteil vom 16.05.2007 - B 7b AS 40/06 R ). Die Voraussetzungen für die Übernahme von Mietschulden nach § 22 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 SGB II liegen nicht vor. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich vor, dass Mietschulden bestehen bzw. dass der Antragstellerin aufgrund rückständiger Mieten Wohnungslosigkeit droht oder drohen wird. Die darlehensweise Übernahme von laufenden Kosten der Unterkunft und Heizung sieht das Gesetz nicht vor.

Ebenfalls hat die Antragstellerin keinen Anordnungsgrund i. S. einer Eilbedürftigkeit glaubhaft gemacht. Der Antragstellerin ist vorliegend eine Inanspruchnahme des ihr eingeräumten Dispositionskredits von 4.000,00 EUR zur Deckung ihres Lebensunterhalts zumutbar gewesen, da Darlehensmittel als "bereite Mittel" zunächst zur Deckung des Lebensunterhalts verwandt werden können (BSG Urteil vom 17.10.2010 - B 14 AS 56/09 R - Rn 16 mit weiteren Rechtsprechungs- und Literaturhinweisen) und durch die Inanspruchnahme des Dispositionskredits zwecks Deckung des Lebensunterhalts der durch die Gutschrift von 3.185,00 EUR erlangte geldwerte Vorteil - teilweise Tilgung des Bankdarlehens - aufgezehrt würde. Soweit die Antragstellerin nach Aktenlage während des Verfahrens durch eigenes Verhalten - nach Aussichtsstellung eines Darlehens seitens der Antragsgegnerin im Fall des Ausschöpfens des Kreditrahmens - den Kreditrahmen reduziert hat, hat die Antragsgegnerin in der Beschwerdeschrift zu Recht ausgeführt, dass ein solches Verhalten treuwidrig ist. Ein solches Verhalten und die dadurch bedingte Fortfall von Möglichkeiten der Bedarfsbedeckung führt allein nicht zur Annahme eines Anordnungsgrundes, zumal der weitere Verlauf des Verfahrens gezeigt hat, dass der Antragstellerin noch andere Möglichkeiten zur vorübergehenden Deckung ihres Lebensunterhalts - Inanspruchnahme von Darlehen seitens Familienangehöriger - zur Verfügung stehen. Des weiteren ist in einem auf die Gewährung von (laufenden) Leistungen für die Unterkunft und die Heizung gerichteten Verfahren eine Anordnungsgrund in der Regel erst dann gegeben, wenn die Hilfesuchende glaubhaft macht, dass ohne deren Erlass nach Ablauf des nächstfolgenden Fälligkeitszeitpunktes für die Zahlung der Miete ernsthaft mit einer Kündigung oder einer Räumungsklage zu rechnen ist, nicht hingegen bereits dann, wenn nicht ersichtlich ist, aus welchen Mitteln der nichtgedeckte Unterkunftsbedarf bestritten werden kann (LSG NRW Beschlüsse vom 27.120.2010 - L 12 AS 1646/10 B ER - und vom 11.11.2010 - L 12 AS 1811/10 B ER - mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Der Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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