S 17 AS 1204/09

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Neuruppin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
17
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 17 AS 1204/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Der Bescheid des Beklagten vom 25. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. August 2009 wird aufgehoben, soweit dieser den Bewilligungsbescheid vom 20. März 2008 mit Bezug auf die Leistungen der Klägerin für April 2008 i. H. v. 404,13 EUR aufhebt.

2. Der Bescheid des Beklagten vom 25. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. August 2009 wird aufgehoben, soweit dieser den Bewilligungsbescheid vom 20. März 2008 mit Bezug auf die Leistungen der Klägerin für Juni 2008 i. H. v. 54,43 EUR aufhebt.

3. Der Rückforderungsbescheid des Beklagten vom 8. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. August 2009 wird aufgehoben, soweit mit Bezug auf die Leistungsaufhebungen gegenüber der Klägerin 458,56 EUR zurückgefordert werden.

4. Der Beklagte hat der Klägerin ihre notwenigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

5. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die teilweise Aufhebung und Erstattung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II) wegen Zahlungen der Krankenkasse.

1. Der Klägerin und ihrer in Bedarfsgemeinschaft lebenden Tochter wurden durch Bescheid des Beklagten vom 20. März 2008 SGB II-Leistungen für den Zeitraum April 2008 bis September 2008 i. H. v. monatlich insgesamt 633,00 EUR gewährt, wobei sich der individuelle monatliche Leistungsanspruch der Klägerin auf 430,70 EUR beläuft.

a) Die Tochter der Klägerin unterzog sich etwa seit 2003 einer kieferorthopädischen Behandlung, die zum 31. Dezember 2007 abgeschlossen wurde. Die Klägerin überwies den Eigenanteil für diese Behandlung (§ 29 Abs. 2 Satz 1 Fünftes Buch des Sozialgesetzbuchs - SGB V -) in Raten unterschiedlicher Höhe im Zeitraum 1. Quartal 2003 bis 4. Quartal 2007. Die Krankenkasse der Klägerin kündigte mit Schreiben ohne Datum die Auszahlung des Eigenanteils i. H. v. 593,95 EUR (§ 29 Abs. 3 Satz 2 SGB V) an. Die Gutschrift erfolgte nach übereinstimmenden Angaben der Beteiligten im April 2008. Der Beklagte hob mit Bescheid vom 25. März 2009 den Bewilligungsbescheid vom 20. März 2008 mit Bezug auf April 2008 insoweit auf, als dass nunmehr SGB II-Leistungen i. H. v. insgesamt 39,05 EUR gewährt wurden. Der gegen den Aufhebungsbescheid gerichtete Widerspruch vom 15. April 2009 wurde durch Widerspruchsbescheid vom 20. August 2009 zurückgewiesen.

b) Die Klägerin nahm vom 17. März 2008 bis zum 19. Mai 2008 an einem Präventionskurs "Aquafitness" (10 Kurseinheiten, Schwerpunkt: "Vorbeugung und Reduzierung spez. gesundheitl. Risiken durch geeignete gesundheitsor. Bewegungsprogramme") teil und entrichtete dafür eine Kursgebühr i. H. v. 85,00 EUR. Die Krankenkasse der Klägerin teilte mit Schreiben vom 26. Juni 2008 mit, dass ein "Zuschuss zu einer Maßnahme der Gesundheitsförderung" i. H. v. 80,00 EUR für das von der Klägerin besuchte Programm gewährt werde. Der Zuschuss sei "heute" überwiesen worden. Die Gutschrift erfolgte nach übereinstimmenden Angaben der Beteiligten im Juni 2008. Der Beklagte hob mit weiterem Bescheid vom 25. März 2009 den Bewilligungsbescheid vom 20. März 2008 mit Bezug auf Juni 2008 insoweit auf, als dass nunmehr SGB II-Leistungen i. H. v. insgesamt 553,00 EUR gewährt wurden. Der gegen den Aufhebungsbescheid gerichtete Widerspruch vom 15. April 2009 wurde durch Widerspruchsbescheid vom 21. August 2009 zurückgewiesen.

c) Der Beklagte forderte auf Grundlage der Leistungsaufhebungen bzgl. April 2008 und Juni 2008 durch Bescheid vom 8. Mai 2009 zur Rückzahlung der insgesamt aufgehobenen Leistungen i. H. v. 673,95 EUR auf. Der gegen den Rückforderungsbescheid gerichtete Widerspruch vom 20. Mai 2009 wurde durch Widerspruchsbescheid vom 24. August 2009 zurückgewiesen.

2. Die Klägerin erhob am 31. August 2009 bei dem Sozialgericht Neuruppin Klagen gegen die Aufhebungsentscheidungen (S 17 AS 1205/09 bzgl. April 2008 und S 17 AS 1204/09 bzgl. Juni 2008) sowie gegen die Erstattungsentscheidung (S 17 AS 1206/09). Sie begehrt die Aufhebung aller Bescheide in Höhe des auf sie entfallenden Anteils und ist der Auffassung, dass die Zahlungen der Krankenkasse nicht als Einkommen anzurechnen sind.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 25. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. August 2009, den Bescheid vom 25. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. August 2009 sowie den Rückforderungsbescheid vom 8. Mai 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. August 2009 aufzuheben, soweit mit diesen Bescheiden für die Monate April 2008 und Juni 2008 anteilig der Klägerin bewilligte Leistungen aufgehoben und zurückgefordert werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

und verweist auf den Inhalt der angegriffenen Bescheide, an denen er festhält.

Das Gericht hat die Sach- und Rechtslagen in den drei Klageverfahren mit den Beteiligten am 8. Juni 2010 erörtert und die Verfahren mit Beschluss vom 2. Juli 2010 zum führenden Aktenzeichen S 17 AS 1204/09 verbunden. Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zur Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erteilt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakte des Beklagten, die zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

1. Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 SGG statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere ist der Klageantrag mit Blick auf die gefestigte Rechtsprechung der Obergerichte zu den Grundsätzen der Individualisierung der Leistungsansprüche innerhalb der Bedarfsgemeinschaft der Auslegung zugänglich und insoweit betragsmäßig hinreichend bestimmbar. Die Klägerin hat im Erörterungstermin am 8. Juni 2010 klargestellt, dass sie den Aufhebungsanspruch von Anfang an lediglich für sich selber und nur in dem Umfang geltend macht, wie er sich auf die ihr bewilligten Leistungen bezieht.

2. Die Klage hat - mit Bezug auf die an die Klägerin ergangenen Aufhebungs- und Rückforderungsentscheidungen - in vollem Umfang Erfolg. Die angefochtenen Bescheide erweisen sich insoweit als rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten.

a) Die teilweise Aufhebung des Bescheids vom 20. März 2008 durch den Bescheid vom 25. März 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. August 2009 mit Bezug auf die der Klägerin für April 2008 gewährten Leistungen ist rechtswidrig. Die Zahlung der Krankenkasse ist zwar nach Erlass des Bewilligungsbescheids zugeflossen. Der Leistungsanspruch der Klägerin ist dadurch aber nicht gemindert worden. Die Voraussetzungen für eine Aufhebung gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Zehntes Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB X) lagen nicht vor, da die zugeflossenen 593,95 EUR jedenfalls nicht als Einkommen (§§ 9, 11 SGB II) anzurechnen waren.

Ob es sich insoweit um eine Vermögensposition der Kläger handelt, die durch Vorleistung an den behandelnden Kieferorthopäden und Rückzahlung der verauslagten Beträge durch die Krankenkasse lediglich umgeschichtet wurde - gleichsam etwa einer Geldabhebung von Guthabenbeträgen eines Girokontos, bei der das der Bank gegebene Darlehen lediglich verringert wird und sich die Auszahlung nicht als Einkommen darstellen wird - bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Insoweit könnte sich der gebundene Anspruch gegenüber der Krankenkasse, der lediglich unter der aufschiebenden Bedingung des in der Sphäre des Versicherten (allerdings letztlich der Tochter der Klägerin und nicht der Klägerin) liegenden Abschlusses des kieferorthopädischen Behandlung steht (§ 29 Abs. 3 Satz 2 SGB V), verselbständigt haben, so dass von einer eigenständigen Vermögensposition - vergleichbar dem zivilrechtlichen Anwartschaftsrecht, das sich wegen der Unangreifbarkeit Dritter quasi als dingliches Recht darstellt - ausgegangen werden könnte. Die rechtliche Einordnung ließe sich noch weitergehend danach differenzieren, ob die ratenweise Zahlung der Selbstbeteiligung an den Kieferorthopäden vor Beginn des Leistungsbezugs am 1. Januar 2005 (ggf. keine Einordnung als Vermögen, gleichsam einer Einkommensteuererstattung; vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 13. Mai 2009 - B 4 AS 49/08 R - [juris]) oder danach (dann mit vorstehender Begründung Vermögen) erfolgte.

Das Gericht geht vorstehenden Abgrenzungsfragen nicht weiter nach, da sich die Zahlung der Krankenkasse - so sie denn als Einkommen und nicht als Vermögen einzuordnen ist, jedenfalls als zweckbestimmte Einnahme darstellt (§ 11 Abs. 3 Nr. 1 a) SGB II). Insoweit berücksichtigt das Gericht letztlich auch die einheitliche Einordenbarkeit von Zuflüssen nach dem Zuflusszeitpunkt im Verhältnis zum Beginn des Leistungsbezugs (Bundessozialgericht in st. Rspr., etwa: Urteil vom 30. Juli 2008 - B 14 AS 26/07 R - m. w. N. [juris]).

Das Bundessozialgericht hat zur Ermittlung der Zweckbestimmung ausgeführt (Urteil vom 1. Juni 2010 - B 4 AS 89/09 R - [juris]):

"Nach § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen, soweit sie als zweckbestimmte Einnahmen einem anderen Zweck als die Leistungen nach diesem Buch dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären. Die Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit dienen dem gleichen Zweck wie die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, weil sich ein abweichender Verwendungszweck nicht feststellen lässt (so im Ergebnis LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26.3.2010 - L 32 AS 1771/09; Dau in jurisPR-SozR 3/2010 Anm 1; zweifelnd Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 11 RdNr 39; Hänlein in Gagel, SGB II/SGB III, Stand Dezember 2009, § 11 RdNr 61a; aA Thüringer LSG, Beschluss vom 8.3.2005 - L 7 AS 112/05 ER - NZS 2005, 662; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 27.1.2010 - L 7 AS 81/09; Brühl in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 11 RdNr 68; Söhngen in jurisPK, 2. Aufl 2007, § 11 RdNr 58; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand VIII/08, § 11 RdNr 231).

Die an den Begriff der zweckbestimmten Einnahmen zu stellenden Anforderungen ergeben sich aus der Systematik des § 11 SGB II und dem Sinn und Zweck der Regelung. § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II enthält den Grundsatz, dass als Einkommen alle eingehenden geldwerten Leistungen, unabhängig von ihrer Bezeichnung und ihrem Rechtscharakter zu berücksichtigen sind (BSG, Urteil vom 6.12.2007 - B 14/7b AS 16/06 R, BSGE 99, 240 ff = SozR 4-4200 § 11 Nr 8, jeweils RdNr 16). Die Nichtberücksichtigung von Einnahmen erfolgt unabhängig davon, ob diese steuerfrei sind, nur unter engen Voraussetzungen, die ausdrücklich durch den Zweck der weiteren Einnahmen gerechtfertigt sein müssen. Es war die Intention des Gesetzgebers des SGB II, die Einkommensberücksichtigung im Wesentlichen wie bisher in der Sozialhilfe zu regeln (BT-Drucks 15/1516 S 53 zu § 11), nicht jedoch an das Recht der Arbeitslosenhilfe anzuknüpfen (BSG, Urteil vom 28.10.2009 - B 14 AS 64/08 R, RdNr 17). Nach sozialhilferechtlichen Vorschriften sollte es bei der Einkommensberücksichtigung verbleiben, wenn eine Zweckidentität mit Sozialhilfeleistungen festgestellt oder die andere Leistung ohne ausdrückliche Nennung eines Zwecks "zweckneutral" gewährt wurde (BVerwG, Urteil vom 12.4.1984 - 5 C 3/83 - FEVS 33, 353, 356; OVG NRW, Urteil vom 10.1.1989 - 8 A 1753/87 - FEVS 39, 338 ff; OVG NRW, Urteil vom 22.2.1988 - 8 A 1850/86). Sinn des § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB II ist es vor diesem Hintergrund zu verhindern, dass die besondere Zweckbestimmung einer Leistung durch ihre Berücksichtigung als Einkommen im Rahmen des SGB II verfehlt wird bzw für einen identischen Zweck Doppelleistungen erbracht werden (vgl BSG, Urteil vom 5.9.2007 - B 11b AS 15/06 R, BSGE 99, 47 ff = SozR 4-4200 § 11 Nr 5, jeweils RdNr 28; BSG, Urteil vom 6.12.2007 - B 14/7b AS 62/06 R, RdNr 24).

Die Zweckbestimmung wird sich regelmäßig aus einer öffentlich-rechtlichen Norm ergeben (vgl BSG, Urteil vom 6.12.2007 - B 14/7b AS 16/06 R, BSGE 99, 240 = SozR 4-4200 § 11 Nr 8, jeweils RdNr 16), jedoch können auch zweckbestimmte Einnahmen auf privatrechtlicher Grundlage hierunter fallen (Urteil des Senats vom 3.3.2009 - B 4 AS 47/08 R, BSGE 102, 295 ff, RdNr 20, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG, Urteil vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 32/06 R, BSGE 100, 83 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 6, jeweils RdNr 49). Die für das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG haben zu zweckbestimmten Einnahmen auf privatrechtlicher Grundlage bereits im Zusammenhang mit Abfindungszahlungen wegen Verlust des Arbeitsplatzes gefordert, dass eine Vereinbarung vorhanden sein muss, aus der sich objektiv erkennbar ergibt, dass die Leistung von dem Arbeitnehmer für einen bestimmten Zweck (privatrechtlicher Verwendungszweck) verwendet werden soll (Urteil des Senats vom 3.3.2009 - B 4 AS 47/08 R , BSGE 102, 295 RdNr 21, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen; BSG, Urteil vom 28.10.2009 - B 14 AS 64/08 R, RdNr 20; vgl auch BSG, Urteil vom 1.7.2009 - B 4 AS 9/09 R , RdNr 22), ihm also ein bestimmter Verwendungszweck "auferlegt" wird (BSG, Urteil vom 13.5.2009 - B 4 AS 29/08 R, RdNr 14, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Zwar enthielten die Abfindungszahlungen wegen Verlusts des Arbeitsplatzes auch eine gewisse immaterielle Komponente, weil sie den Arbeitnehmer dafür entschädigten, dass er seine bisherige Beschäftigung nicht fortsetzen und aus ihr künftig kein Arbeitsentgelt erzielen könne. Eine Zweckbestimmung im Hinblick auf die Verwendung der Abfindung durch einen Arbeitnehmer sei hiermit aber nicht verbunden (BSG, Urteil vom 3.3.2009 - B 4 AS 47/08 R, BSGE 102, 295 ff RdNr 22; BSG, Urteil vom 28.10.2009 - B 14 AS 64/08 R, RdNr 21)."

Das Gericht schließt sich dieser Sichtweise in vollem Umfang an und entnimmt die Zweckbestimmung der Rückzahlung der Krankenkasse gemäß § 29 Abs. 2 und 3 SGB V. Der Zufluss ist letztlich nur dem gesetzlich angeordneten Zahlungsweg geschuldet. Die Entstehung des Anspruchs gegenüber der Krankenkasse setzt nicht nur den Abschluss der Behandlung voraus sondern auch die Zahlung des Eigenanteils durch den Versicherten (§ 29 Abs. 3 Satz 2 SGB V). Das Entstehen des Zahlungsanspruchs auf Seiten des Versicherten oder gar die Auszahlung des Eigenanteils ohne vorherige eigene Leistung an den behandelnden Kieferorthopäden ist ausgeschlossen. Auch entsteht der Anspruch gegen die Krankenkasse gerade nur wegen der Verauslagung des Eigenanteils und auch nur in dieser Höhe. Die Gefahr einer Doppelleistung für einen identischen Zweck (vgl. Bundessozialgericht a.a.O.) ist danach nicht gegeben. Auch eine unangemessene Verbesserung der Lage des Zahlungsempfängers ist nicht zu befürchten, da es sich bei der Zahlung des Eigenanteils für den Versicherten um einen durchlaufenden Posten handelt.

b) Auch mit Bezug auf die weitere Zahlung der Krankenkasse erweisen sich die angefochtenen Bescheide in dem bereits dargestellten Umfang als rechtswidrig. Das Gericht geht auch hinsichtlich der Erstattung der Kursgebühren i. H. v. 80,00 EUR davon aus, dass es sich insoweit um eine auf die SGB II-Leistungen nicht anzurechnende zweckbestimmte Einnahme (§ 11 Abs. 3 Nr. 1 a) SGB II) handelt.

Die Zweckbestimmung ergibt sich für das Gericht ebenfalls aus der Ausgleichsfunktion der vorgenommenen Zahlung. Auch wenn für diese eine so eindeutige gesetzlich Grundlage wie vorstehend nicht ersichtlich ist, ist der Grund für die Zahlung der Krankenkasse die Teilnahme der Klägerin an dem Präventionskurs. Auch insoweit handelt es sich um einen Kostenersatz, der begrifflich an die zuvor geleistete Kursgebühr anknüpft. Ohne Zahlung dieser Gebühr keine Kostenerstattung. Auch insoweit handelt es sich bei der Zahlung der Krankenkasse für die Klägerin dem Grunde und der Höhe nach um einen durchlaufenden Posten, so dass auch hier weder die Gefahr einer Doppelleistung für einen identischen Zweck noch einer unangemessenen Verbesserung der Lage des Zahlungsempfängers besteht.

c) Da sich die Aufhebungsentscheidungen in dem dargelegten Umfang als rechtswidrig erweisen, stellt sich auch die Erstattungsforderung in diesem Umfang als rechtswidrig dar. Die rechtsgrundlose Rückforderung beläuft sich auf 458,56 EUR. Soweit ein darüber hinausgehender Teil zur Erstattung festgesetzt wurde, ist dieser nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

4. Die Berufung war zuzulassen (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG).

Rechtsmittelbelehrung:
( ...)

L
Richter am Sozialgericht
Rechtskraft
Aus
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