S 19 RA 108/03

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 19 RA 108/03
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 RA 40/04 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Begriff des Forschungsinstituts im Sinne des § 1 Absatz 2 der 2. DB zur VO-AVItech ist weiter gefasst, als der des Forschungsinstituts nach der VO-AVIwiss und umfasst auch Forschungseinrichtungen der volkseigenen Wirtschaft
I. Die Beklagte wird verpflichtet, den Zeitraum vom 01.03.1976 bis 31.12.1981 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der techni-schen Intelligenz anzuerkennen und entsprechende Entgelte festzustellen. II. Der Bescheid vom 24.05.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2002 wird aufgehoben, soweit er dem entgegensteht. III. Die Beklagte hat der Klägerin 2/3 ihrer außergerichtlichen Kosten zu erstat-ten. IV. Die Sprungrevision wird zugelassen.

Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz im Sinne der Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG). Die am 1943 geborene Klägerin erhielt von der Technischen Universität Dresden am 27.05.1968 den akademischen Grad "Diplom-Ingenieur" verliehen (Behördenaktenseite – BAS – 10). Ausweislich ihres Sozialversicherungsausweises der DDR war sie vom 01.04.1968 bis 28.02.1970 als Mitarbeiterin im VEB Röhrenwerk Anna Seghers Neuhaus, vom 01.03.1970 bis 31.12.1972 als Programmiererin und vom 01.01.1973 bis 1976 als Problemanalytikerin in der Arbeitsstelle für Molekularelektronik Dresden, von 1976 bis 1978 als Problemanalytikerin im Institut für Mikroelektronik Dresden und von 1978 bis 1980 im VE Institut für Mikroelekt-ronik Dresden, von 1980 bis 31.12.1981 als "Mitarb. Entwurfsm." im VEB ZFTM Dresden und vom 01.01.1982 bis 30.06.1990 als Leiter DV-Projektierung im Grafischen Großbetrieb Völkerfreundschaft Dresden beschäftigt. Seit 01.01.1975 entrichtete sie Beiträge zur FZR. Am 02.08.2000 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, die Zeiten ihrer Beschäftigung von 01.04.1968 bis 31.12.1991 als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz festzustellen. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24.05.2002 ab. Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 19.06.2002 Widerspruch und legte Funktionspläne der Arbeitsstelle für Mikroelektronik Dresden vom 29.04.1974 (BAS 38) und vom 15.07.1976 (BAS 40), des VEB ZFTM vom 01.04.1980 (BAS 43) und des Grafischen Großbetriebes Völ-kerfreundschaft Dresden vom 11.02.1983 (BAS 45) vor. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2002 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin habe im Juni 1990 eine Beschäftigung im Grafischen Großbetrieb Völkerfreundschaft ausgeübt. Hierbei handele es sich nicht um einen volkseige-nen Produktionsbetrieb. Hiergegen hat die Klägerin am 20.01.2003 vor dem Sozialgericht Dresden Klage erhoben. Sie trägt im Wesentlichen vor, der Betrieb, in dem sie gearbeitet habe, sei ein VEB gewesen. Au-ßerdem habe sie Beiträge zur Zusatzversicherung entrichtet. Der Grafische Großbetrieb Völ-kerfreundschaft sei ein Betrieb innerhalb der Vereinigung der Druckereibetriebe Zetrag gewe-sen. Sie legt insbesondere eine Beurteilung des VE Institutes für Mikroelektronik Dresden vom 16.12.1981 vor (AS 52). Die Klägerin beantragt zuletzt, den Bescheid vom 24.05.2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2002 teilweise aufzuheben, und für den Zeitraum 01.03.1976 bis 31.12.1981 Pflichtbeitragszeiten nach den Vorschriften des AAÜG festzustellen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie verweist im Wesentlichen auf den Widerspruchsbescheid. Das Gericht hat u.a. Registerauszüge des VEB Grafischer Großbetrieb "Völkerfreundschaft" Dresden (AS 9), der Dresdner Druck- und Verlagshaus GmbH (AS 16), des VEB Zentrum für Forschung und Technologie Mikroelektronik Dresden (AS 92), des VEB Kombinat Mikroelekt-ronik Erfurt (AS 94 R) und der Arbeitsstelle für Molekularelektronik Dresden (AS 119), das Statut des VEB Kombinat Mikroelektronik vom 25.06.1984 (AS 87) mit der 2. Änderung vom 10.07.1986 (AS 91), die Gründungsanweisung des VEB Forschungszentrum für Mikroelektro-nik Dresden vom 01.09.1986 (AS 107) und die Anweisung zur Änderung des Namens der Ar-beitsstelle für Molekularelektronik vom 01.06.1976 (AS 115) beigezogen. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung am 15.03.2004 im Wege eines Teil-Anerkenntnisses das Vorliegen aller Voraussetzungen nach § 1 AAÜG am 30.06.1990 und die Zeiten vom 28.05.1968 bis 28.02.1976 und vom 01.03.1990 bis 30.06.1990 als Zeit der Zugehö-rigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz und damit als Pflichtbei-tragszeit nach § 5 AAÜG anerkannt. Die Klägerin hat dieses Anerkenntnis in der mündlichen Verhandlung angenommen und die Klage hinsichtlich des Zeitraumes vom 01.01.1982 bis 28.02.1990 zurückgenommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Ge-richtsakte und der vom Gericht beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genom-men, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist, soweit sie nicht anderweitig eine Erledigung gefunden hat, begründet. Die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten sind teilweise rechtswidrig; die zum Ende der mündlichen Verhandlung noch verfolgten Ansprüche bestehen. Die Klägerin hat gemäß § 8 Absatz 3 Satz 1 in Verbindung mit Absatz 1 und 2 AAÜG einen Anspruch darauf, dass die Beklagte auch für den Zeitraum 01.03.1976 bis 31.12.1981 die be-gehrte Feststellung trifft. In dem Feststellungsverfahren des Versorgungsträgers nach § 8 AAÜG, das einem Vormerkungsverfahren nach § 149 Absatz 5 SGB VI ähnlich und außer-halb des Rentenfeststellungsverfahrens des Rentenversicherungsträgers durchzuführen ist, hat die Klägerin insoweit Erfolg. Nach § 1 Absatz 1 Satz 1 AAÜG gilt dieses Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind und beim Inkrafttreten dieses Gesetzes am 01.08.1991 bestanden. Die Klägerin hatte am 01.08.1991 zwar nicht auf Grund eines Verwaltungsaktes, aber auf Grund eines Gesetzes eine Versorgungsanwartschaft aus einer Zugehörigkeit zu einem Versorgungs-system. Am 01.08.1991 bestand eine Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem grundsätzlich nur, wenn jemand durch einen nach Art. 19 Einigungsvertrag (EV) bindend gebliebenen Verwal-tungsakt oder durch eine Rehabilitierungsentscheidung oder nach Art. 19 Satz 2 oder 3 EV in ein Versorgungssystem einbezogen worden war. Das bundesrechtliche Neueinbeziehungsverbot untersagt es, allein auf Grundlage der von der DDR erlassenen Regelungen ab 01.07.1990 neue Versorgungsberechtigungen zu begründen. Dies ist in Artikel 9 Abs. 2 in Verbindung mit Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchstabe a Satz 1 Halbsatz 2 EV und § 22 des Rentenangleichungsgesetzes der DDR (RAnglG) geregelt. Deshalb ist bei der Prüfung, ob bei Inkrafttreten des AAÜG eine Versorgungsanwartschaft auf Grund der in der DDR geltenden Versorgungsregelungen be-stand, grundsätzlich auf die am 30.06.1990 herrschende Sachlage abzustellen, während es rechtlich auf das zum 01.08.1991 geltende Bundesrecht ankommt (BSG, Urteil vom 09.04.2002 – B 4 RA 3/02 R -). Eine im Sinne von Art. 19 EV bundesrechtlich bindende Einzelfallregelung, durch die ihr eine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden sein könnte (Versorgungszusage, Einzelfallent-scheidung, Einzelvertrag) liegt zu Gunsten der Klägerin nicht vor. Die Klägerin könnte also nur dann bei Inkrafttreten des AAÜG am 01. August 1991 eine Ver-sorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Absatz 1 Satz 1 AAÜG gehabt haben, wenn auf Grund der zu diesem Zeitpunkt als partielles und sekundäres Bundesrecht weiter anzuwen-denden Regelungen der Versorgungssysteme nach der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage nur noch der Versorgungsfall (zum Beispiel Invalidität) hätte eintreten müssen, so dass ihr aus bundesrechtlicher Sicht Versorgung obligatorisch hätte geleistet werden müssen. Dies ist nur dann der Fall, wenn sie vor dem 30. Juni 1990 eine Beschäftigung ausübte, auf Grund derer ihr zwingend eine Versorgungszusage zu erteilen gewesen wäre, die dann - aus bundesrechtli-cher Sicht rückschauend - keine rechtsbegründende, sondern nur noch rechtsfeststellende Be-deutung gehabt hätte (BSG, Urteile vom 09.04.2002 - B 4 RA 31/01 R und B 4 RA 41/01 R -). Im Hinblick auf die von der Klägerin geltend gemachte Versorgung ergeben sich diese Regeln aus der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (GBl. I 844) (VO-AVItech) und der hierzu erlassenen 2. Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 (GBl. 487) (2. DB). Dabei kommt es auf den Sprachgebrauch am 30.06.1990 an, an den der Bundesgesetzgeber sich angeschlossen hat. Bundesrecht sind jedoch nur die Regelungen geworden, die als zwingende Bestimmungen gebundenen Verwaltungshandelns verstanden werden können. Am 30.06.1990 hätte die Klägerin einen bundesrechtlich fingierten Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt, der gemäß § 1 VO-AVItech in Verbindung mit § 1 Absatz 1 Satz 1 der 2. DB vom Vorliegen persönlicher, sachlicher und betrieblicher Voraussetzungen abhängt. Generell war das System der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für Personen eingerichtet, die berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen und die entsprechende Tätigkeit tatsächlich in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens ausübten. Die Klägerin war berechtigt, eine der in § 1 Absatz 1 der 2. DB aufgeführten Berufsbezeich-nungen zu führen. Sie hat den Titel einer "Diplom-Ingenieurin" am 27.05.1968 erworben. Die Berufsbezeichnung "Ingenieur" war in der Verordnung über die Führung der Berufsbezeich-nung "Ingenieur" vom 12. April 1962 (GBl. II 278) geregelt. Sie war am 30.06.1990 als Leiterin DV-Projektierung im VEB Grafischer Großbetrieb "Völ-kerfreundschaft" Dresden beschäftigt und hat damit eine ihrer Ausbildung zur Ingenieurin entsprechende Tätigkeit ausgeübt. Der VEB Grafischer Großbetrieb "Völkerfreundschaft" Dresden, in dem die Klägerin am 30.06.1990 tätig war, war ein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie und des Bauwe-sens im Sinne des § 1 VO-AVItech in Verbindung mit § 1 Absatz 1 Satz 1 der 2. DB. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der sich das Gericht diesbezüglich an-schließt, können nur VEBs, die organisatorisch dem industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft zugeordnet waren und deren Hauptzweck auf die industrielle Fertigung, Fabri-kation, Herstellung oder Produktion von Sachgütern ausgerichtet war, als volkseigene Produk-tionsbetriebe im Sinne des § 1 Absatz 1 der 2. DB bezeichnet werden (BSG, Urteil vom 09.04.2002 - B 4 RA 41/01 -). Der VEB Grafischer Großbetrieb "Völkerfreundschaft" Dresden verfolgte den Hauptzweck der industriellen Fertigung, Fabrikation, Herstellung oder Produktion von Sachgütern. Zu dieser Überzeugung kommt das Gericht in Übereinstimmung mit den übrigen Beteiligten auf Grund der vorliegenden Unterlagen. Die Klägerin fällt somit in den Geltungsbereich des § 1 AAÜG. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung am 15.03.2004 ein entsprechendes Anerkenntnis abgegeben. Es kann allerdings nach den vorgenannten Feststellungen offen bleiben, ob dieses den vom BSG im – später bekannt gewordenen – Urteil vom 31.03.2004 – B 4 RA 31/03 R – aufgeführten Anforderungen an die bindende Feststellung einer wirklichen oder fiktiven Versorgungsanwartschaft zum 01.08.1991 erfüllt. Die Klägerin erfüllt, nachdem der Anwendungsbereich des § 1 AAÜG für sie eröffnet ist, auch in dem noch streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.03.1976 bis 31.12.1981 sämtliche Voraussetzungen für die Feststellung von Pflichtbeitragszeiten nach § 5 Absatz 1 AAÜG. Auch für diesen Zeitraum ist die Klägerin in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz einzubeziehen, da die persönlichen, sachlichen und betrieblichen Voraussetzungen hierfür erfüllt sind. Die Klägerin übte auch in diesem Zeitraum eine ihrer Qualifikation "Diplom-Ingenierin" ent-sprechende Tätigkeit aus. Sie war in diesem Zeitraum als Problemanalytikerin und Mitarbeite-rin Entwurfsmethodik beschäftigt. Aus den hierzu vorliegenden Funktionsplänen (BAS 38 – 44) ergibt sich, dass diese Tätigkeiten ihrer technischen Qualifikation entsprachen und dass die Klägerin den Produktionsprozess hiermit in der Forschung aktiv förderte (vgl. BSG, Urteil vom 30.03.2004 – B 4 RA 31/03 R –). Damit sind die persönlichen und die sachlichen Vor-aussetzungen erfüllt. Die Klägerin erfüllt schließlich im genannten Zeitraum auch die betrieblichen Voraussetzun-gen. Sie war zwar in diesem Zeitraum nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens, allerdings aber in einer gemäß § 1 Absatz 2 2. DB gleichge-stellten Einrichtung tätig. Die Arbeitsstelle für Molekularelektronik Dresden, das Institut für Mikroelektronik Dresden, das VE Institut für Mikroelektronik Dresden und der VEB Zentrum für Forschung und Technologie Mikroelektronik Dresden (VEB ZFTM) waren Forschungsin-stitute im Sinne des § 1 Absatz 2 2. DB. Ein Forschungsinstitut ist eine Forschung betreibende Einrichtung. Nach heutigem Verständ-nis werden Forschungsinstitute in der Regel von Universitäten oder wissenschaftlichen Verei-nigungen getragen, es gibt ferner freie Institute von Stiftungen und Vereinen. Die von Firmen betriebenen Forschungsabteilungen werden nicht als Institut bezeichnet, da sie nicht offen sind (http://de.wikipedia.org/wiki/Forschungsinstitut). Dies war in der Volkswirtschaft der DDR jedoch anders: dort wurden auch Forschungseinrichtungen, die der volkseigenen Wirt-schaft zuzurechnen waren, als "Institute" bezeichnet (vgl. Eintrag "wissenschaftlich-technisches Institut" in Wörterbuch der Ökonomie Sozialismus, 7. Auflage 1988). Belegt wird dies letztlich dadurch, dass auch die streitgegenständliche Einrichtung zwischen 1976 und 1980 die Bezeichnung "Institut" führte. Das BSG hat in seinen Entscheidungen vom 10.04.2002 (B 4 RA 56/01 R) und vom 31.07.2002 (B 4 RA 62/01 R) festgestellt, dass der volkseigenen Wirtschaft zuzurechnende Einrichtungen keine Forschungsinstitute im Sinne der Verordnung über die Altersversorgung der Intelligenz an wissenschaftlichen, künstlerischen, pädagogischen und medizinischen Ein-richtungen der DDR (VO-AVIwiss) sein könnten, da sie zweck- und betriebsbezogen ge-forscht hätten und es sich damit um keine selbständigen staatlichen Einrichtungen gehandelt habe, die in der Auswahl ihrer Forschungsziele frei waren. Ein Forschungsinstitut im Sinne des § 1 Absatz 2 2. DB muss jedoch nicht den gleichen An-forderungen entsprechen, wie nach der VO-AVIwiss. Während der Kreis der in die VO-AVIwiss Einbezogenen einen engen Bezug zur Wissenschaft (oder Kunst, Pädagogik, Medi-zin) aufweist, gilt eine entsprechende Voraussetzung hinsichtlich der in die VO-AVItech ein-bezogene technische Intelligenz nicht. Hier ist es angesichts des vorrangigen Bezuges auf die volkseigenen Betriebe angezeigt, dem Begriff "Forschungsinstitut" einen anderen, weiter ge-fassten Inhalt beizumessen. Dies entspricht dem Zweck, den die VO-AVItech gemäß ihrer Präambel zu erfüllen hatte. Demzufolge sind "Forschungsinstitute" im Sinne des § 1 Absatz 2 2. DB Forschung betreibende Einrichtungen in der staatlichen Wissenschaft oder der volksei-genen Industrie, soweit sie als solche juristisch selbständig den primären Zweck der wissen-schaftlichen oder angewandten Forschung verfolgten. Eine Freiheit bei der Auswahl der For-schungsziele im Sinne der Rechtsprechung des BSG zur VO-AVIwiss ist in diesem Zusam-menhang nicht erforderlich. Die Beschäftigungseinrichtungen der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum erfüllen die genannten betrieblichen Anforderungen und sind daher als Forschungsinstitute gemäß § 1 Absatz 2 2. DB zu bezeichnen. Aus den dem Gericht vorliegenden, den Vortrag der Klägerin bestätigenden Unterlagen ergibt sich, dass die am 01.12.1965 in das Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragene Ar-beitsstelle für Molekularelektronik, die der VVB – RFT – Bauelemente und Vakuumtechnik Berlin unterstellt war, mit Wirkung vom 01.07.1976 in Institut für Mikroelektronik umbe-nannt wurde. Mit der Eintragung dieser Namensänderung in das Register am 04.03.1977 trug es den Namen VE Institut für Mikroelektronik. Mit Wirkung vom 01.01.1978 wurde es dem VEB Kombinat Mikroelektronik Erfurt unterstellt. Zum 01.04.1980 ging es in dem aus weite-ren Betrieben gegründeten VEB Zentrum für Forschung und Technologie Mikroelektronik Dresden auf, das ebenfalls dem VEB Kombinat Mikroelektronik Erfurt angehörte. Die Arbeitsstelle für Molekularelektronik, später (VE) Institut für Mikroelektronik und auch der VEB ZFTM Dresden waren, darüber waren sich die Beteiligten in der mündlichen Ver-handlung einig, Einrichtungen, die sich dem Hauptzweck der betrieblichen wissenschaftlichen und angewandten Forschung widmeten. Dies wird durch alle verfügbaren Unterlagen bestä-tigt. Damit handelte es sich um Forschungsinstitute im Sinne des § 1 Absatz 2 2. DB. Ohne Bedeutung ist es in diesem Zusammenhang, dass die jeweiligen Einrichtungen nicht stets das Wort "Institut" in ihrem Namen trugen. Dies ist keine zwingende Voraussetzung dafür, dass eine Einrichtung als Forschungsinstitut im Sinne des § 1 Absatz 2 2. DB anzusehen ist. Denn hierbei kommt es darauf an, wie die jeweilige Einrichtung inhaltlich zu qualifi-zieren ist. Die Klägerin erfüllt damit im streitgegenständlichen Zeitraum somit sämtliche Voraussetzun-gen für die Einbeziehung in die VO-AVItech. Sie hat damit auch diesbezüglich einen An-spruch auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Versorgungssystem nach Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG und die Feststellung der entsprechenden Entgelte. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin waren entsprechend dem Anteil, hinsichtlich dessen sie auf Grund des Anerkenntnis-ses der Beklagten bzw. des Urteils gegenüber ihrem ursprünglich mit der Klage verfolgten Ziel obsiegt hat, der Beklagten zur Erstattung aufzuerlegen. Die Sprungrevision war gemäß §§ 161 Absatz 1 und Absatz 2 Satz 1, 160 Absatz 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Zu der Frage, welche Einrich-tungen als "Forschungsinstitut" im Sinne des § 1 Absatz 2 2. DB zu bezeichnen sind, die in einer Vielzahl weiterer anhängiger Verfahren aufgeworfen wird, liegt - soweit ersichtlich - bislang eine Entscheidung des BSG noch nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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