S 7 AL 132/05

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 7 AL 132/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Eine Kostenerstattung findet nicht statt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Arbeitslosengeldes.

Der Kläger war bis zum 31.12.2004 als leitender Angestellter beschäftigt. Er meldete sich zum 01.01.2005 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld.

In der Arbeitsbescheinigung war u.a. sein Verdienst für die Monate Januar bis Dezember 2004 aufgeführt. Das in diesem Zeitraum erzielte Einkommen lag über der Beitragsbemessungsgrenze von 61.800 Euro (für 2004).

Der Kläger hat Lohnsteuerklasse III. Auf der Lohnsteuerkarte ist kein Kinderfreibetrag eingetragen.

Bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes legte die Beklagte als Bemessungsrahmen den Zeitraum vom 01.01. bis 31.12.2004 zu Grunde. Das in dieser Zeit bis zur Beitragsbemessungsgrenze erzielte Arbeitsentgelt (61.800 Euro) teilte die Beklagte durch 366 Tage. Aus dem so errechneten täglichen Bemessungsentgelt von 168,85 Euro berechnete sie ein Leistungsentgelt von 103,38 Euro. 60% davon (62,03 Euro) setzte sie als das dem Kläger täglich zustehende Arbeitslosengeld fest.

Mit Bescheid vom 15.03.2005 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 16.3.2005 bewilligte die Beklagte Arbeitslosengeld ab dem 01.01.2005 in Höhe von täglich 62,03 Euro.

Dem widersprach der Kläger. Seiner Ansicht nach sei das Bemessungsentgelt zu niedrig. Er habe im Internet (www.pub.arbeitsamt.de) das Selbstberechnungsprogramm der Beklagten durchgeführt. Wenn er dort neben den Angaben zur Lohnsteuerklasse und dem Kinderfreibetrag ein monatliches Bruttoarbeitsentgelt von 5150,00 Euro eintippe, errechne das Programm ein Bemessungsentgelt von 171,67 Euro und ein kalendertägliches Arbeitslosengeld von 62,83 Euro. Dabei lege das Selbstberechnungsprogramm sowohl bei der Berechnung des Bemessungsentgelts als auch bei der Berechnung des Leistungsentgelts 360 Tage im Jahr zu Grunde.

Die Beklagte erwiderte, sie sei bei der Berechnung des Bemessungsentgelts von 30 Kalendertagen ausgegangen. In 2004 sei der Jahresbetrag von 61.800 Euro in 366 Tagen erzielt worden.

Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 03.05.2005 als unbegründet zurückgewiesen. Nach § 130 SGB III (Drittes Buch Sozialgesetzbuch) umfasse der Bemessungsrahmen ein Jahr. Das Bemessungsentgelt sei nach § 131 Abs. 1 SGB III das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, dass der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt habe. In dem Bemessungszeitraum vom 01.01.2004 bis 31.12.2004 habe der Kläger in 366 Tagen 61.800 Euro, d.h. täglich 168,85 Euro verdient.

Dagegen hat der Kläger am 00.00.0000 Klage erhoben. Die Berechnung der Beklagten entspreche nicht den Vorschriften des SGB III und führe zu einer fehlerhaften systematischen Verkürzung des Arbeitslosengeldes. § 134 SGB III bestimme, dass das Arbeitslosengeld für Kalendertage berechnet und geleistet werde. Bei einem vollen Kalendermonat sei der Monat mit 30 Tagen anzusetzen. Durch § 134 SGB III habe der Gesetzgeber eine Vereinfachung und Vereinheitlichung der Berechnung einführen wollen, wie sie auch in der Wirtschaft, insbesondere bei Banken allgemein üblich sei. Danach habe das Jahr unabhängig von der tatsächlichen Anzahl der Kalendertage 360 Tage und der Monat 30 Tage. In dem die Beklagte bei der Berechnung des Bemessungsentgelts von 366 Tagen und bei der Berechnung des Leistungsentgelts von 360 Tagen ausgehe, setze sie entgegen § 134 SGB III den Monat mit 30,5 Tagen an. Die dadurch entstehende systematische Verkürzung des Arbeitslosengeldes entspreche nicht § 129 SGB III. § 129 SGB III spreche nicht von Arbeitslosengeld "bis zu 60 %", "höchstens 60 %" oder "ca. 60 %" sondern "von 60 %" des pauschalierten Nettoentgelts. Auch widerspreche es sowohl der allgemeinen Logik als auch der wirtschaftlichen Praxis einmal mit 366 und einmal mit 360 Tagen zu rechnen. § 131 SGB III enthalte kein Hinweis darauf, dass der Gesetzgeber eine solche unlogische und systemwidrige Berechnung gewollt habe. Wenn der Gesetzgeber gewollt habe, dass abweichend von § 134 SGB III der Bemessungszeitraum mit 366 Tagen anzusetzen sei, habe er dies durch eine Formulierung wie "durchschnittlich auf den Kalendertag entfallendes beitragspflichtiges Arbeitsentgelt" deutlich machen können. Schließlich müsse der Beklagten vorgehalten werden, dass sie selbst auf ihrer offiziellen Internetseite im Berechnungsprogramm bei beiden Berechnungen von 360 Tagen im Jahr ausgehe. Somit sei entweder das durch die Beklagte verwandte Rechenmodell willkürlich und gegebenenfalls unter Missachtung der Rechtslage festgelegt worden oder aber der Beklagten sei die Problematik der eigenen Berechnung nicht bekannt.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 15.03.2005 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 16.3.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.05.2005 abzuändern und ihm Arbeitslosengeld auf der Grundlage eines mit 360 Tagen errechneten täglichen Bemessungsentgelts im Sinne von § 134 SGB III zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf den Inhalt der Leistungsakte und die Ausführungen im Widerspruchsbescheid.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet.

Der Bescheid vom 15.03.2005 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 16.5.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.05.2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten gem. § 54 Abs. 2 SGG (Sozialgesetzbuch).

Die Beklagte hat die Höhe des Arbeitslosengeldes zutreffend berechnet.

Durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt (BGBl 2003 I, Seite 2848), welches am 01.01.2005 in Kraft getreten ist, hat der Gesetzgeber die Regelungen über die Bemessung des Arbeitslosengeldes grundlegend geändert. Die bisherigen Regelungen wurden stark vereinfacht und in den neuen §§ 130 – 134 SGB III (Drittes Buch Sozialgesetzbuch) zusammengefasst. §§ 135 – 139 SGB III wurden aufgehoben. § 134 Satz 1 SGB III ist die Nachfolgeregelung des bis zum 31.12.2004 geltenden § 139 SGB III a.F. Während bisher zur Ermittlung des Arbeitslosengeldes zunächst ein Wochenbetrag berechnet wurde, aus dem sich dann die Einzelbeträge für die in die Woche fallenden Leistungstage ergaben, wird das Arbeitslosengeld nach § 134 Satz 1 SGB III nunmehr sofort für Kalendertage berechnet und geleistet.

Das Arbeitslosengeld beträgt gemäß § 129 Nr. 2 SGB III für Arbeitslose (ohne Kinder im Sinne des Einkommensteuergesetzes) 60 % des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt).

Das Bemessungsentgelt ist nach § 131 Abs. 1 Satz 1 SGB III das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Der Bemessungszeitraum umfasst nach § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Gem. § 130 Abs. 1 Satz 2 SGB III umfasst der Bemessungsrahmen ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs.

Das Leistungsentgelt ist nach § 133 Abs. 1 SGB III das um pauschalierte Abzüge verminderte Bemessungsentgelt.

Der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld ist zum 01.01.2005 entstanden. Die Beklagte ist daher zu Recht von einem Bemessungsrahmen vom 01.01.2004 bis 31.12.2004 ausgegangen. In dieser Zeit hat der Kläger beitragspflichtiges Arbeitsentgelt (d.h. bis zur Beitragsbemessungsgrenze) in Höhe von 61.800 Euro verdient.

Zur Berechnung des Bemessungsentgelts war dieser Betrag entgegen der Ansicht des Klägers jedoch durch 366 (und nicht durch 360) Tage zu teilen.

Der Kläger trägt vor, der Gesetzgeber habe bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes ein Jahr mit 360 und einen Monat mit 30 Tagen ansetzen wollen. Dies ergebe sich zum einen aus § 134 SGB III, der den Monat mit 30 Tagen (also folglich das Jahr mit 360 Tagen) festsetze. Auch werde in der wirtschaftlichen Praxis, z.B. bei der Zinsberechnung der Banken der Monat mit 30 Tagen und das Jahr mit 360 Tagen festgelegt. Eine Bank bereichere sich in strafbarer Weise, wenn sie Habenzinsen für 360 Tage, Sollzinsen aber für 366 Tage berechne. Schließlich bestimme § 129 SGB III die Höhe des Arbeitslosengeldes mit 60% des pauschalierten Nettoentgelts. Bei der Berechnung der Beklagten erhalte man aber weniger als 60%.

Die Argumentation des Klägers ist zwar nicht völlig von der Hand zu weisen. Indes findet sie im Gesetz entgegen der Ansicht des Klägers keine Stütze.

Der Wortlaut des Gesetzes lässt nicht den Schluss zu, dass der Gesetzgeber bei der Berechnung des Bemessungsentgelts das Jahr mit 360 Tagen ansetzen wollte.

Nach § 130 Abs. 1 Satz 2 SGB III umfasst der Bemessungsrahmen "ein Jahr". Unter dem Begriff "Jahr" versteht man im allgemeinen Sprachgebrauch das Gemeinjahr nach dem Gregorianischen Kalender mit einer mittleren Jahreslänge von 365 Tagen, 5 Stunden, 49 Minuten und 12 Sekunden. Zur Vereinfachung geht der Gregorianische Kalender von 365 Tagen im Normaljahr und alle vier Jahre von 366 Tagen im Schaltjahr aus (siehe hierzu Freie Enzyklopädie Wikipedia –http://de.wikipedia.org/wi-). Abweichend von dieser allgemeinen Definition gibt es auch andere Jahresdefinitionen wie z.B. das Kirchenjahr, das Tropische Jahr, das Wirtschaftsjahr (das wie das Gregorianische Jahr grds. 365 Tage hat) oder das Zinsjahr (360 Tage). Sie entsprechen jedoch nicht der allgemeinen Definition des Begriffs "Jahr". Hätte der Gesetzgeber also eine andere als die allgemein übliche Definition des Jahres zu Grunde legen wollen (wie z.B. das Zinsjahr mit 360 Tagen) hätte dies einer Klarstellung im Wortlaut des Gesetzes (z.B. " ...umfasst der Bemessungsrahmen 360 Tage") bedurft. Dass der Gesetzgeber von der Erforderlichkeit einer solchen Klarstellung ausgeht zeigt die Existenz des § 134 Satz 2 SGB III. Hier wird der Monat (abweichend vom Gregorianischen Kalender) mit 30 Tagen definiert.

§ 131 Abs. 1 Satz 1 SGB III sieht vor, dass das Bemessungsentgelt das "auf den Tag" entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat, ist. Der Wortlaut und der Zusammenhang zu § 130 Abs. 1 SGB III verdeutlicht, dass es sich um eine kalendertaggenaue Berechnung handelt.

§ 134 SGB III stellt vielmehr auch klar, dass das Arbeitslosengeld für den Kalendertag berechnet und geleistet wird. Diese Definition des Monats lässt gerade keinen Rückschluss darüber zu, ob das Jahr mit der tatsächlichen Anzahl der Kalendertage oder mit 360 Tagen anzusetzen ist.

Gleiches gilt für § 339 Satz 1 SGB III, der den Monat mit 30 Tagen und die Woche mit sieben Tagen definiert. Auch hier wird keine Aussage zu der Definition "des Jahres" getroffen.

Ein Blick in die Gesetzesbegründung führt zu keinem anderen Ergebnis. Durch das Dritte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt wollte der Gesetzgeber die Vielfalt und Komplexität der Regelungen zum Bemessungsentgelt entschärfen und das Verwaltungsverfahren deutlich und nachhaltig vereinfachen. Zur Vereinfachung und Angleichung an die übrigen Sozialversicherungszweige sollte die bisherige Wochenbetrachtungsweise auf eine Jahres- bzw. Tagesbetrachtungsweise umgestellt werden (BT-DS 15/1515 Nr.71, S.85). In den Gesetzesmaterialien ist nicht die Rede davon, dass bei der Berechnung des Bemessungsentgelts nunmehr von 360 Tagen ausgegangen werden sollte. Die zusatzlose Formulierung "das Bemessungsentgelt wird künftig auf Tagesbasis ermittelt" spricht vielmehr dafür, dass eine kalendertaggenaue Berechnung erfolgen soll. Ziel des Gesetzgebers ist –was in der Gesetzesbegründung mehrfach betont wird- die Vereinfachung der Berechnung des Arbeitslosengeldes und der Verwaltungsvorgänge. Entscheidend ist für den Gesetzgeber die Vereinfachung der monatlichen Auszahlung des Arbeitslosengelds. In der Begründung zu § 134 SGB III wird ausgeführt "Das Arbeitslosengeld wird in monatlich gleichbleibender Höhe gezahlt. Dies vermeidet verwaltungsaufwändige monatlich wiederkehrende Bearbeitungsvorgänge, z.B. bei der Berücksichtigung von Abzweigungen und Pfändungen." (BT-DS 15/1515 S.86). Diese Neuregelung führt in der Praxis tatsächlich zu einer erheblichen Vereinfachung. Bei der Bestimmung des Bemessungsrahmens ist die Berechnung nach Kalendertagen ebenfalls einfacher als die Berechnung nach 360 Tagen. Im Gegensatz dazu würde die Sichtweise des Klägers bei der Berechnung des Bemessungsgelds nicht zu einer Vereinfachung führen. Es ist rechentechnisch einerlei, ob das im Bemessungszeitraum erzielte Arbeitsentgelt durch 360 oder die tatsächliche Anzahl der Kalendertage geteilt wird.

Die Beklagte hat von dem Bemessungsentgelt i.H.v. 168,85 Euro 35,46 Euro Sozialversicherungspauschale, 28,45 Euro Lohnsteuer und 1,56 Euro Solidaritätszuschlag subtrahiert und –zutreffend- ein Leistungsentgelt von 103,38 Euro ermittelt. Die hiervon errechneten 60% ergeben ein tägliches Arbeitslosengeld i.H.v. 62,03 Euro. Hierbei ist klarstellend darauf hinzuweisen, dass § 129 Nr. 2 SGB III von 60% des Leistungsentgelts und nicht des Nettoentgelts im Bemessungsrahmen ausgeht.

Richtig ist, dass es durch die Verwaltungsvereinfachung im Verhältnis zu der alten Regelung zu einer Verkürzung des Arbeitslosengeldes kommt (Marschner in GK-SGB III/89 Februar 2005, § 134 Rn.6). Bei der Berechnung des Monats mit 30 Tagen entsteht für die 7 Monate des Jahres mit 31 Tagen eine Verkürzung. Dieser steht nur eine Erhöhung für den Monat Februar gegenüber. Eine Übergangsvorschrift existiert nicht. Nach Auffassung der Kammer hat der Gesetzgeber diesen finanziellen Nachteil zu Gunsten der Vereinfachung in Kauf genommen.

Die faktische Kürzung ist rechtlich nicht zu beanstanden (so auch Sozialgericht Aachen, S 11 Al 21/05 vom 13.4.2005; Coseriu/Jakob in Praxiskommentar zum SGB III, 2. Auflage §§ 130-139, Rn.66).

Die Neuregelung verstößt insbesondere nicht gegen das in Art. 14 GG (Grundgesetz) geschützte Eigentumsrecht. Ein Anspruch auf eine unveränderte weitere Anwendung des alten Rechts besteht nicht. Das Mitglied einer Pflichtversicherung kann nicht erwarten, dass die gesetzlichen Regelungen, die zum Zeitpunkt des Eintritts in die Versicherung bestanden haben, unverändert fortgelten (BVerfG Beschluss vom 1.7.1981, Soz-R 2200 § 1255a Nr.7). Die Rechte und Pflichten, die im Rahmen einer Solidargemeinschaft wie der Arbeitslosenversicherung entstehen sind einem steten Wandel unterlegen. Durch diesen können sich für den einzelnen Versicherten im Laufe der Zeit auch Nachteile ergeben, die dieser bei einem gerechtfertigten Eingriff wegen des Solidar- und Augleichscharakters zu tragen hat. Die Neuregelung dient –wie bereits ausgeführt- der Vereinfachung der Berechnung des Arbeitslosengeldes und damit der Effizienz der Sozialverwaltung. Dies ist ein verfassungsrechtlich nicht zu beanstandendes Ziel mit dem das SGB III im Übrigen z.B. an das System der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 47 Abs. 1 Satz 7 SGB V) angeglichen wird.

Der Kläger trägt vor, die Beklagte berechne das Bemessungsentgelt in ihrem Berechnungsprogramm auf der homepage www.pub.arbeitsamt.de/selbst.php selbst mit 360 Tagen. Dies ist zutreffend. Das Gericht hat die Berechnung selbst im Internet nachvollzogen und die gleichen Ergebnisse wie der Kläger erzielt. Die Beklagtenvertreterin hat in dem Termin zur mündlichen Verhandlung angegeben, die Berechnung im Internet entspreche nicht der Weisungslage. Sie könne sich nicht erklären, wie es zu derartigen Abweichungen komme.

Dies kann sich das Gericht auch nicht erklären. Eine abweichende Beurteilung dieses Falles ist dadurch jedoch nicht indiziert. Bei dem Selbstberechnungsprogramm handelt es sich nicht um eine Zusicherung i.S.v. § 34 SGB X (Zehntes Buch Sozialgesetzbuch). Die Zusicherung wird als von einer zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen definiert (von Wulffen im Kommentar zum SGB X, 5. Auflage, § 34 Rn. 3). Sie hat Verwaltungsaktqualität (BSG, SozR 3-3100 § 24 Nr. 2; von Wulffen a.a.O. Rn. 5). Das Ergebnis des Selbstberechnungsprogramms stellt jedoch weder die Regelung eines Einzelfalls dar noch beinhaltet es die Zusage, später einen entsprechenden Verwaltungsakt zu erlassen. Im Übrigen wird auf der Internetseite (siehe Blatt 14 Gerichtsakte) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Ergebnis rechtlich nicht bindend ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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