L 11 B 212/05 AY ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
11
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AY 1/05 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 11 B 212/05 AY ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Rechtsmissbräuchliche Beeinflussung des Aufenthalts
I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 31.03.2005 wird zurückgewiesen.
II. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung der Rechtsanwältin M. , E. , für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Bewilligung von Leistungen gemäß § 2 Abs 1 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in entsprechender Anwendung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII).

Die 1944 geborene Antragstellerin (Ast) ist Staatsangehörige der Republik Serbien und Montenegro. Bei ihrer ersten Asylantragstellung gab sie an, kosovo-albanische Volkszugehörige zu sein. Später machte sie geltend, sie sei Roma.

Die Ast reiste am 22.12.1991 in die Bundesrepublik Deutschland ein, wo sie am 16.01.1992 erstmals Asylantrag stellte, den sie nach Klageerhebung aber wieder zurücknahm. Am 09.05.1997 wurde sie in ihr Heimatland abgeschoben.

Nach Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland stellte sie am 15.01.1999 einen Asylfolgeantrag, woraufhin ihre seinerzeitige Ausreisefrist bis 20.04.1999 verlängert wurde. Auch dieser Asylantrag blieb erfolglos, weil nach Auffassung des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge keine Gründe vorlagen, die die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens rechtfertigen konnten.

Das hinderte die Ast nicht, bereits am 09.08.1999 den zweiten Asylfolgeantrag zu stellen. Wiederum wurde daraufhin ihre Ausreisepflicht verlängert. Auch dieser Antrag blieb erfolglos, ebenso die gegen die ablehnende Entscheidung des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge erhobene Klage und der gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts gerichtete Antrag auf Zulassung der Berufung.

Die Ast, die vorher Leistungen nach §§ 3 ff AsylbLG bezog, erhielt seit Januar 2002 Leistungen in entsprechender Anwendung des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG), weil sie die Voraussetzungen des früheren § 2 Abs 1 AsylbLG in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung erfüllte.

Mit Bescheid vom 14.01.2005 bewilligte der Antragsgegner (Ag) der Ast ab dem 01.02.2005 nur noch die gegenüber der Sozialhilfe verminderten Leistungen nach dem AsylbLG. Die Ast habe die Dauer ihres Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland rechtsmissbräuchlich beeinflusst i.S. des § 2 Abs 1 AsylbLG in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung des Art 8 Nr 3 des Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004 (BGBl I S 1950).

Gegen diesen Bescheid erhob die Ast am 18.01.2005 Widerspruch, über den - soweit aus den Akten ersichtlich - noch nicht entschieden wurde.

Am 26.01.2005 beantragte die Ast beim Sozialgericht Bayreuth (SG), den Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr ab dem 01.02.2005 Leistungen gemäß § 2 Abs 1 AsylbLG in entsprechender Anwendung des SGB XII zu bewilligen, hilfsweise, unter Aufhebung des Bescheides vom 14.01.2005 den Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, über ihren Antrag auf Bewilligung solcher Leistungen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes neu zu entscheiden.

Sie habe die Dauer ihres Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich i.S. des § 2 AsylbLG beeinflusst. Zudem lägen tatsächliche Abschiebungshindernisse in ihr Heimatland vor.

Der Ag beantragte, den Antrag abzulehnen.

Die Ast habe sich i.S. des § 2 Abs 1 AsylbLG i.d.F. des Zuwanderungsgesetzes vom 30.07.2004 (BGBl I S 1950), in Kraft getreten am 01.01.2005, rechtsmissbräuchlich verhalten. Sie sei seit Oktober 1999 u.a. verpflichtet, sich um Passdokumente zu bemühen und auszureisen. Eine Ausreise sei ihr auch zumutbar und möglich. Zudem habe sie wiederholt erfolglos Asylfolgeanträge gestellt und diese mit einem gesteigerten Asylvorbringen begründet. Es fehle ihr darüber hinaus an einem Anordnungsgrund, weil sie weiterhin Leistungen nach dem AsylbLG erhalte.

Das SG lehnte den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz mit Beschluss vom 31.03.2005 ab. Gemäß der Neufassung des § 2 Abs 1 AsylbLG stünden der Ast keine Leistungen der Sozialhilfe in entsprechender Anwendung des SGB XII zu. Durch Stellung von Asylfolgeanträgen habe sie die Dauer ihres Aufenthaltes rechtsmissbräuchlich beeinflusst. Das sei unter Heranziehung des Art 16 Abs 1 Buchst.a RL 2003/9/EG ausreichend.

Hiergegen wendet sich die Ast mit ihrer beim SG am 02.05.2005 eingegangenen Beschwerde. Sie habe sich nicht rechtsmissbräuchlich verhalten. Ihr Aufenthalt sei allein deshalb möglich gewesen, weil ein Abschiebestopp bestanden habe. Auf einen hypothetischen Verlauf der Dinge sei nicht abzustellen.

Sie beantragt sinngemäß, den Beschluss des SG vom 31.03.2005 aufzuheben und den Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr Leistungen gemäß § 2 Abs 1 AsylbLG in entsprechender Anwendung des SGB XII zu bewilligen, hilfsweise, unter Aufhebung dieses Beschlusses des SG und des Bescheides vom 14.01.2005 den Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes einen neuen Bescheid zu erteilen.

Der Ag beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Er handle in Übereinstimmung des Schreibens des Bayer. Staatsministeriums für Arbeit und Soziales vom 17.11.2004 zur Neufassung des § 2 AsylbLG.

Letztlich beantragt die Ast Prozesskostenhilfe (PKH) und Beiordnung der Rechtsanwältin M. , E. , für das Beschwerdeverfahren.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten in beiden Rechtszügen sowie auf die vorliegenden Behördenakten Bezug genommen.

II.

1. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-). Das SG hat ihr nicht abgeholfen (§ 174 SGG).

Die Beschwerde ist jedoch sowohl im Haupt- als auch im Hilfsantrag unbegründet, weil es das SG zu Recht abgelehnt hat, den Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Ast Leistungen gemäß § 2 Abs 1 AsylbLG in entsprechender Anwendung des SGB XII zu bewilligen.

Eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (Regelungsanordnung) ist zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs 2 Satz 2 SGG). Das ist etwa dann der Fall, wenn dem ASt ohne eine solche Anordnung schwere oder unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG vom 25.10.1988 BVerfGE 79, 69/74 und vom 19.10.1977 BVerfGE 46, 166/179; Niesel, Sozialgerichtsprozess, 4.Auflage 2005, Rdnr 643).

Eine solche Regelungsanordnung setzt aber voraus, dass die Ast ihre Angaben zum Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist i.d.R. die Eilbedürftigkeit - und zum Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den sie ihr Begehren stützt - glaubhaft machen kann (§ 86b Abs 2 Sätze 2, 4 SGG iVm § 920 Abs 2, § 294 Abs 1 Zivilprozessordnung -ZPO-; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8.Auflage 2005, § 86b Rdnr 41).

Bei der hier erforderlichen Überprüfung der Sach- und Rechtslage (im Einzelnen dazu BVerfG vom 12.05.2005 Az: 1 BvR 569/05) zeigt sich, dass der Ast zum Teil kein Anordnungsgrund und im Übrigen kein Anordnungsanspruch zur Seite steht.

Soweit die Ast auch im Beschwerdeverfahren noch Leistungen gemäß § 2 Abs 1 AsylbLG in entsprechender Anwendung des SGB XII für den Zeitraum vom 01.02.2005 bis 31.05.2005 geltend macht, fehlt es bereits an einem Anordnungsgrund. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass solche Leistungen für zurückliegende Zeiträume grundsätzlich nicht im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes erstritten werden können. Ausnahmen dazu sind weder ersichtlich noch von der Ast vorgetragen.

Der Senat neigt zudem, wie bereits im Beschluss vom 08.04.2005 Az: L 11 B 103/05 AY ER angedeutet, entgegen der Auffassung des SG dazu, das Vorliegen eines Anordnungsgrundes auch im Übrigen zu verneinen. Die Ast erhält weiterhin unstreitig Leistungen gemäß §§ 3 ff AsylbLG und kann ohne Weiteres hieraus ihren Lebensunterhalt bestreiten. Anderes hat sie im Beschwerdeverfahren nicht geltend gemacht. Das BVerfG hat in seiner Entscheidung vom 12.05.2005 Az: 1 BvR 569/05 ausdrücklich klargestellt, dass die Gerichte (hier: die Sozialgerichte) eine Verletzung der grundgesetzlichen Gewährleistung der Menschenwürde, auch wenn sie nur möglich erscheint oder nur zeitweilig andauert, zu verhindern haben. Gleichwohl schlössen es die besonderen Anforderungen an das Eilverfahren andererseits nicht aus, dass die Gerichte den Grundsatz der unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache dadurch beachten, dass sie z.B. Leistungen nur mit einem Abschlag zusprechen (vgl. etwa OVG RhPf vom 04.04.2003 FEVS 54, 544 = SAR 2003, 68 = NVwZ-RR 2003, 657; OVG NRW vom 10.05.2002 FEVS 54, 174 = ZFSH/SGB 2002, 610 = NDV-RD 2002, 71; HessVGH vom 20.04.2004 FEVS 56, 67 = ZFSH/SGB 2004, 487 = info also 2004, 171; OVG Bbg vom 07.05.2002 FEVS 54, 371; Grieger in Rothkegel, Sozialhilferecht, 2005, S.709 f). Eine solche Leistungskürzung ist der Ast auch zumutbar, weil durch die Leistungen nach §§ 3 ff AsylbLG, die sie vom Ag weiterhin erhält, die Gewährung der gemäß Art 1 Abs 1, Art 20 Grundgesetz (GG) garantierten Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein gesichert sind, was nicht zuletzt auch durch § 6 AsylbLG gewährleistet wird (BVerwG vom 29.09.1998 FEVS 49, 97 = Buchholz 436.0 § 120 BSHG Nr 18). Diese Leistungen nach §§ 3 ff AsylbLG übersteigen das, was zum Lebensunterhalt unerlässlich also unabweisbar geboten ist, wie ein Vergleich mit § 1a AsylbLG zeigt. Im hier anhängigen Eilverfahren hat die Ast auch insoweit nichts anderes geltend gemacht. Eine etwa begonnene Integration der Ast sieht der Senat allein hierdurch schon mangels Vorliegens anderweitiger Angaben der Ast nicht als gefährdet.

Gleichwohl kann die Frage, ob der Ast insoweit ein Anordnungsgrund zur Seite steht, offen bleiben, weil jedenfalls der von ihr geltend gemachte Anordnungsanspruch in der Sache nicht besteht.

Gemäß § 2 Abs 1 AsylbLG erhalten Leistungsberechtigte nach § 1 Abs 1 AsylbLG Leistungen in entsprechender Anwendung des SGB XII nur dann, wenn sie u.a. die Dauer ihres Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Hierbei handelt es sich um einen gerichtlich voll überprüfbaren unbestimmten Rechtsbegriff und nicht, wie die Ast etwa meint, um eine Ermessensentscheidung.

Der Senat hat in seinem oben angeführten Beschluss vom 08.04.2005 zur Frage der rechtsmissbräuchlichen Beeinflussung der Dauer des Aufenthaltes i.S. des § 2 Abs 1 AsylbLG durch einen Leistungsberechtigten nach § 1 Abs 1 AsylbLG bereits ausgeführt, dass der Gesetzgeber mit dem allgemein gehaltenen Hinweis auf "rechtsmissbräuchliches Verhalten" die Vereinbarkeit dieser Bestimmung mit der seinerzeit zu erwartenden Richtlinie des Rates der Europäischen Union gewährleisten bzw sicherstellen wollte (so ausdrücklich die Gesetzesbegründung zum Regierungsentwurf vom 16.01.2003, BR-Drs. 22/03, S.296; dazu ausführlich Linhart/ Adolph, SGB II, SGB XII und AsylbLG, 42.AL, Stand: April 2005, § 2 AsylbLG Rdnr 18). Diese Richtlinie des Rates der Europäischen Union zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern ist zwischenzeitlich als RL 2003/9/EG vom 27.01.2003 erlassen worden. Nachdem die Ast bis zum 31.12.2004 bereits Leistungen in entsprechender Anwendung des früheren Bundessozialhilfegesetzes erhalten hatte, ist hier der Art 16 Abs 1 dieser Richtlinie einschlägig. Diese Bestimmung regelt, dass die Mitgliedsstaaten im Rahmen ihrer Aufnahmebedingungen gewährte Vorteile (wieder) einschränken oder entziehen können, wenn der Asylbewerber u.a. "im gleichen Mitgliedsstaat bereits einen Asylantrag gestellt hat" (Art 16 Abs 1 Buchst.a RL 2003/ 9/EG vom 27.01.2003).

Diese Voraussetzungen hat die Ast mit zwei Asylfolgeanträgen, die erfolglos geblieben sind, unbestritten erfüllt.

Wollte der Bundesgesetzgeber mit der Tatbestandsvoraussetzung "rechtsmissbräuchliches Verhalten" die Vereinbarkeit der Bestimmungen des AsylbLG mit der Richtlinie des Rates der Europäischen Union zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern sicherstellen, so genügt im Umkehrschluss die Erfüllung der Tatbetandesvoraussetzungen des Art 16 Abs 1 Buchst.a RL 2003/9/EG vom 27.01.2003, um von einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten i.S. des § 2 Abs 1 AsylbLG ausgehen zu können. Anhaltspunkte für eine darüber hinausgehende Erleichterung der Bewilligungsvoraussetzungen finden sich in der Norm nicht. Die vom Bundesgesetzgeber und auch von den Mitgliedsstaaten gewollte effektive Bekämpfung des Leistungsmissbrauches bedarf einer so verstandenen Auslegung der anspruchseinschränkenden Tatbestandsvoraussetzung. Stellte man dem entgegen überhöhte Anforderungen an das Vorliegen einer rechtsmissbräuchlichen Beeinflussung i.S. des § 2 Abs 1 AsylbLG, so wäre den zuständigen Behörden die gewollte effektive Bekämpfung des Leistungsmissbrauches ohne Grund erschwert. Insbesondere ist der Begriff des Rechtsmissbrauches i.S. des § 2 Abs 1 AsylbLG von der Eingriffsschwelle zur Anspruchseinschränkung gemäß § 1a AsylbLG abzugrenzen, die eine darüber hinausgehende Leistungskürzung auf die im Einzelfall unabweisbar gebotene Hilfe ermöglicht.

Vor diesem Hintergrund kann die Beschränkung des Leistungsberechtigten nach § 1 AsylbLG auf Leistungen nach §§ 3 ff AsylbLG auch nicht nur für die Aufenthaltszeiten gelten, die aktuell durch rechtsmissbräuchliches Verhalten erwirkt wurden. Nach dem Wortlaut der Bestimmung und nach dem oben dargestellten Normzweck kann die gegenüber den §§ 3 ff AsylbLG erhöhten Leistungen des SGB XII nur der Leistungsberechtigte i.S. des § 1 AsylbLG in Anspruch nehmen, der (allgemein) die Dauer seines Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland eben nicht rechtsmissbräuchlich beeinflusst hat (sowohl auch Hohm, Leistungsrechtliche Privilegierung nach § 2 Abs 1 AsylbLG F.2005, NVwZ 2005, 388). Die gegenteiligte Auffassung (vgl dazu etwa SG Hannover vom 25.05.2005 Az: S 51 AY 35/05) verkennt, dass der Aufenthalt des nach § 1 Abs 1 AsylbLG Leistungsberechtigten regelmäßig nur vorübergehender Natur ist und deshalb die Fortdauer der Leistungseinschränkung über den konkret rechtsmissbräuchlich herbeigeführten Aufenthalt hinaus in der Regel auch nicht unzumutbar ist.

Andererseits ist zu beachten, dass bei einer Entscheidung über die Einschränkung oder den Entzug der im Rahmen der Aufnahmebedingungen bereits gewährten Vorteile oder bei sonstigen Sanktionen nach Abs 1 der Richtlinie gemäß Art 16 Abs 4 RL 2003/ 9/EG die besondere Situation des Leistungsberechtigten unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu würdigen ist.

Diesen Anforderungen ist der Ag gerecht geworden. Die Ablehnung von Leistungen gemäß § 2 Abs 1 AsylbLG unter entsprechender Heranziehung der Bestimmungen des SGB XII gegenüber der Ast ist in diesem Sinne verhältnismäßig. Die Ast hat in der Bundesrepublik Deutschland zwischenzeitlich ein Asylverfahren und zwei Asylfolgeverfahren erfolglos durchgeführt. Sie hat dabei ihr Vorbringen zu den Asylgründen in nicht unerheblichem Umfang gesteigert und teilweise unter Ausschöpfung des Rechtsweges hierdurch ihre Aufenthaltszeiten in der Bundesrepublik Deutschland wesentlich verlängert. Sie hat zudem die Möglichkeiten zur zumutbaren und freiwilligen Ausreise nicht in Anspruch genommen, um hier unter Inanspruchnahme öffentlicher Mittel zu leben. So steht ausweislich des Urteils des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 12.12.2002 die medizinische Versorgung der Ast im Vordergrund ihres weiteren Aufenthaltes hier.

Die Versagung von Hilfen in entsprechender Anwendung des SGB XII gemäß § 2 Abs 1 AsylbLG erscheint vor diesem Hintergrund im Einzelfall der Ast als geeignet, erforderlich und auch als angemessen, um einem entsprechenden Leistungenmissbrauch entgegenwirken zu können.

Art 16 Abs 5 RL 2003/9/EG ist ebenfalls beachtet und der Ast stand zudem der vom Europäischen Gerichtshof geforderte effektive Rechtsschutz zur Seite. Auch aus dem Beschwerdevorbringen der Ast ist kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass sie hier unzumutbar oder unter Verletzung elementarer Rechte beeinträchtigt wäre. Die Verfahrensweise des Ag entspricht im Übrigen den Vollzugshinweisen des Bayer. Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen vom 17.11.2004.

Mithin führt auch die im Eilverfahren vorzunehmende umfassende Güter- und Folgenabwägung (vgl. hierzu BVerfG vom 12.05.2005 aaO) zu keinem anderen Ergebnis. Die Ast steht nicht mittellos da. Ihre Grundversorgung ist gewährleistet. Besondere Härten sind weder ersichtlich noch dargetan, so dass es zumutbar erscheint, sie hinsichtlich der Weiterverfolgung ihres Begehrens auf ein Hauptsacheverfahren zu verweisen.

Die Beschwerde im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hat damit auch im Hilfsantrag keinen Erfolg. Die mit dem Hilfsantrag verfolgte Aufhebung des Verwaltungsaktes und Verpflichtung des Ag zur Neuverbescheidung des Antrags der Ast nähme im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes in unzulässiger Weise die Hauptsache vorweg. Die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen nach dem AsylbLG, das beantragt die Ast hier im Beschwerdeverfahren, führte zudem dazu, dass die Ast bis zu einer erneuten Entscheidung des Ag völlig mittellos dastünde.

Bei dieser Sach- und Rechtslage kann der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unter keinem Gesichtspunkt Erfolg haben. Die Beschwerde ist deshalb insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.

2. Der Antrag auf Bewilligung von PKH und Beiordnung der Rechtsanwältin M. , E. , für dieses Beschwerdeverfahren ist abzulehnen.

Aus den oben unter Nr 1 angeführten Gründen ergibt sich, dass die Beschwerde, für die die Ast PKH und Beiordnung der Rechtsanwältin M. , E. , beantragt hat, von Anfang an keine hinreichende Erfolgsaussicht i.S. des § 73a SGG iVm §§ 114 ff ZPO hatte.

Auf die Frage der Mutwilligkeit und auf die subjektiven Bewilligungsvoraussetzungen für die PKH kommt es nach alledem nicht mehr an.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Das Verfahren der PKH ist kostenfrei.

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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