L 2 KA 1/04

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 27 KA 2/02
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 KA 1/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Bemerkung
S 27 KA 373/03, S 27 KA 374/03
Landessozialgericht Hamburg Beschluss LSG-Az.: L 2 KA 1/04 SG-Az.: S 27 KA 2/02, S 27 KA 373/03, S 27 KA 374/03 in dem Rechtsstreit Der 2. Senat des Landessozialgerichts Hamburg hat ohne mündliche Verhandlung am 11. Juli 2005 beschlos¬sen: 1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 26. November 2003 wird zurückgewiesen. 2. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. 3. Der Streitwert beträgt 45.214,65 Euro. 4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten über die Honorarberichtigung für die Quartale I/99, III/00 und IV/00.

Der Kläger ist als Psychologischer Psychotherapeut zur vertragsärztlichen Versor¬gung zuge¬lassen. Die Beklagte beanstan¬dete mit Bescheid vom 5. März 2001 die Abrechnung der Quartale I/99, III/00 und IV/00. Der Kläger habe in mehreren Fällen nebeneinander je¬weils an einem Behandlungstag Leistungen nach den Nummern 860 und 861 Einheitlicher Bewer¬tungsmaßstab (EBM) sowie mehrfach am selben Tage Ge¬sprächsleistungen gegenüber jeweils einem Patienten nach Nr. 870 EBM abgerech¬net. Sie minderte die Honorarforderung um 2.200 Punkte. Die übrige Honorarforde¬rung der Quartale I/99, III/00 und IV/00 rechnete sie ab. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein. Wegen weiterer Auf¬fällig¬keiten in der Abrechnung (stereoty¬pe Abrechnung eines bestimmten Blockes von EBM-Leistungen; Diagnostik, die in keinem Fall in eine ge¬nehmigungspflichtige Thera¬pie mün¬dete) fand am 31. Mai 2001 ein Gespräch statt, zu dem sich die Beklagte die patien¬tenbezogenen Dokumentationen vorlegen ließ. Der Kläger brachte hierzu aus¬weislich des Gesprächsproto¬kolls jeweils Hefter über die einzelnen Patienten mit, die eine neu erstellte Zusammenfas¬sung, unda¬tierte Notizen und undatierte, ausgefüllte Fra¬gebo¬gentests enthiel¬ten. Hinsichtlich der Patientin F. fand sich im Hefter keine Dokumentation des Erstge¬sprächs am 12. Oktober 1999. Ein mit Datum 5. November (ohne Jahresangabe) versehener No¬tizzettel enthielt einige Stichwörter wie Flug¬angst, Fahrstuhl, etc ... Der Kläger gab an, an diesem Tag seien die im Hefter befindli¬chen undatierten Fragebogentests, die von der Pati¬entin zuhause ausgefüllt worden seien, besprochen worden. Tests nach Nr. 891 EBM oder weitere Leistun¬gen seien an diesem Tage nicht erbracht worden. Nach der Honorarabrechnung sind für diesen Tag Leistungen nach Nr. 860, 861, 890 und 891 EBM erbracht worden. Hin¬sichtlich des Ergebnisses weiterer Einzelfallprüfun¬gen der mitgebrachten Unterlagen anderer Patien¬ten wird auf das Protokoll des Gesprächs vom 31. Mai 2001 verwiesen. Eine durch¬gängig fehlerhafte Abrech¬nung von Kopien und Porto räumte der Kläger im Gespräch ein.

Mit Bescheid vom 31. Juli 2001 stellte die Beklagte die Abrechnung der Quartale I/99, III/00 und IV/00 insoweit richtig, dass sie alle Leistungen bis auf die Ordinations¬gebühren von der Abrechnung ausnahm.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 5. Dezember 2001 zurück. Die Erbringung der abgerechneten Leistungen sei nicht nachge¬wiesen. Zwar sei grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Arzt bzw. Thera¬peut die in der Abrechnungs-Sammelerklärung angegebenen Leistungen auch er¬bracht habe, aber wenn die Erklärung zumindest grob fahrlässig falsch abgegeben worden sei, müsse die Leistungs¬erbrin¬gung im Einzelnen konkret nachgewiesen werden.

Bei dem zwischen den Beteiligten geführten Gespräch sei fest¬gestellt worden, dass es an einer für die Abrechnung der Gesprächsleistungen nach Nrn. 860, 861, 870 EBM erforderli¬chen Dokumentation praktisch völlig fehle. Die Erhebung des psycho¬dynamischen Status nach Nr. 860 EBM setze voraus, dass mittels der biographi¬schen Anamnese unter neuro¬senpsychologischen oder verhaltensanalytischen Ge¬sichtspunkten mit schriftlichen Auf¬zeichnungen der psychodynamische Status des Patienten erhoben werde. Derartige Auf¬zeichnungen seien in keinem Fall vorhan¬den gewesen. Die vertiefte Exploration nach Nr. 861 EBM setze eine ausreichende Do¬kumentation voraus und verlange zudem eine Einbe¬ziehung der dokumentierten Er¬gebnisse der selbsterbrachten Leistungen nach Nr. 860 EBM. Mangels Aufzeich¬nungen iSd Nr. 860 EBM habe eine Einbeziehung in die vertiefte Explora¬tion nicht erfolgen können. Bereits daran scheitere die Abrechnung der Nr. 861 EBM. Die Ab¬rechnung probatorischer Sitzungen nach Nr. 870 EBM, die dem Zweck dienten, fest¬zustel¬len, ob und ggf. welcher Antrag auf Psychotherapie zu stellen sei, setze die Führung dia¬gnostischer Gespräche zur Vorbereitung einer Psychotherapie voraus. Der Thera¬peut müsse auch in der Lage sein, einen ggf. erforderlichen Bericht für den Gutach¬ter zu erstellen. Die vorgelegten Aufzeichnungen genügten hierfür ebenfalls nicht. Daraus, dass es in keinem einzigen Fall zu einem Therapieantrag kam, sei zu schließen, dass dies auch nicht geplant gewesen sei. Eine konkrete Therapieplanung sei in keinem Fall ersichtlich gewesen. Allen¬falls seien unspezifische "Kriseninterventio¬nen" durchgeführt worden. Da nach Nr. 870 EBM jedoch nur probatorische Sitzungen iSd Psychotherapie-Vereinbarung abrechenbar seien, seien die möglicherweise ge¬führten Gespräche hierunter nicht abrechnungsfähig.

Hin¬sichtlich der unter den Nrn. 890 und 891 EBM erfassten Tests hätten zwar Frage¬bö¬gen vorgelegen, jedoch sei nicht ersichtlich gewesen, ob und wann jeweils der Patient die Frage¬bögen aus¬gefüllt habe und auch nicht, ob diese ausgewertet wor¬den seien. Von einer ord¬nungsgemäßen Testanwendung und –auswertung könne deswegen nicht ausge¬gangen werden. Anhaltspunkte für die Durchführung von orientierenden Testverfahren nach Nr. 891 EBM seien in keinem Fall vorhanden gewesen.

Die Zahl der nach Nr. 7140 EBM für die Erstellung der Testbögen abgerechneten Kopien habe regelmäßig weit über den in den Patientenunterlagen befindlichen Testbögen gelegen. Außerdem könnten nach Nr. 7140 EBM nur Befundmitteilungen, Berichte, Arztbriefe und andere patientenbezogene Unterlagen für Ärzte und Kran¬kenhäuser abgerechnet werden Entsprechendes sei in keinem Fall dokumentiert. Der nach Nr. 7122 EBM in die Abrech¬nun¬gen eingestellten Portopauschale für Großbriefe für jeden Patienten einmal pro Quartal stünde keine entsprechende Leis¬tung gegenüber.

Damit sei hinreichend nachgewiesen, dass die abgegebene Abrechnungssammeler¬klärung objektiv falsch sei. Aus der Einlassung, die Formalien nicht so wichtig ge¬nommen zu haben, könne auch geschlossen werden, dass die Abrechnungssam¬melerklärung grob fahrlässig falsch abgegeben worden sei. Damit entfalle die Garantiefunktion der Erklärung, mit der Folge, dass die erbrachten Leistungen im Detail nachgewiesen werden müssten. Ein solcher Nachweis sei nicht geführt worden. Im Rahmen der Schätzung anhand der vorgelegten Un¬terlagen könne allein festgestellt werden, dass es zumindest irgendeinen abrechenbaren Kontakt zu den Patienten gegeben habe, so dass der Ansatz der Nr. 1 EBM ge¬rechtfertigt sein möge. Eine darüber hinausgehende Vergütung könne nicht erfolgen.

Hinsichtlich der weiteren hilfsweisen Begründung wird auf die Ausführungen im Wi¬der¬spruchsbescheid vom 5. Dezember 2001 verwiesen.

Das Sozialgericht Hamburg hat die Klage mit Urteil vom 26. November 2003 abge¬wiesen.

Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt. Es seien in der Verhandlung des Sozi¬alge¬richts die Einzelfälle mit den jeweiligen Patientendokumentationen nicht berück¬sichtigt wor¬den. Soweit die Beklagte bemängele, er ver¬füge nicht über ausreichend schriftliche Auf¬zeichnungen über die "Erhebung des psycho¬dynamischen Status mittels biographischer Anamnese unter neurosen-psy¬chologi¬schen oder verhaltens¬analytischen Gesichtspunkten", weil er undatiert nur Schlag¬wörter notiert habe, sei dies nicht zutreffend, denn auch die Schlagwörter reichten für eine ordnungsgemäße Dokumentation aus. In den Richtlinien über die Durchführung der Psychotherapie (PsychTh-RiLi vom 11.12.1998, BAnz. 1999 Nr. 6, S. 249) seien die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Dokumentation unter A.9. nicht im Ein¬zelnen festgelegt. Außerdem treffe die Rechtsauffassung der Beklagten, wo¬nach die Ziffer 861 EBM nicht zusammen mit der Ziffer 860 EBM abge¬rechnet wer¬den könne, nicht zu. Die Beklagte unterstelle, dass Ausnahmefälle für die Durchfüh¬rung probatorischer Sit¬zungen zur Abrechnung der Ziffer 870 EBM nicht vorgelegen hätten. Allein aus dem Umstand, dass später in keinem Fall ein Thera¬pieantrag ge¬stellt worden sei, könne nicht der Schluss gezo¬gen werden, dass eine Therapie von vornherein nicht beab¬sichtigt gewesen sei. Die Vergü¬tung für eine Anwendung und Auswertung von Fra¬gebogentests gemäß Ziffer 890 EBM dürfe nicht deswegen verweigert werden, weil die Beklagte aus seinen Unterlagen eine Auswer¬tung nicht habe erkennen können. Tatsächlich habe er eine Auswer¬tung in der je¬weils zweiten Sitzung, zu welcher der Patient den Fragebogen wieder mitgebracht habe, vorge¬nommen. Jedenfalls stehe ihm ein Punktwert von 60 Punk¬ten zu, wenn er irrtümlich die Ziffer 890 EBM statt der Ziffer 891 EBM abgerechnet haben sollte. Er benötige noch weitere Zeit, um dem Gericht ergänzend vor¬zutragen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg sowie die Honorarberichtigungen in den Be¬scheiden der Beklagten vom 5. März und 31. Juli 2001 in der Fassung des Wider¬spruchsbescheides vom 5. Dezember 2001 der Quartale I/99, III/00 und IV/00 aufzuhe¬ben.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die Prozessakte sowie die Verwal¬tungsakte der Beklagten ver¬wiesen. Sie sind Gegenstand der Beratung und Ent¬scheidung des Senats gewesen.

II

Das Gericht kann gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Be¬schluss zurückweisen, da es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhand¬lung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher gehört worden.

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Be¬rufung des Klägers (vgl. §§ 143, 144, 151 SGG) ist nicht begründet.

Die Aufhebung des ursprünglichen Honorarbescheides richtet sich nach den im Sinne von § 37 Erstes Buch Sozialgesetzbuch die Bestimmung des § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch verdrängenden Sondervorschriften des Ver¬tragsarztrechts über das Verfahren der rechneri¬schen und sachlichen Prüfung bzw. Richtigstel¬lung von Honorarabrechnungen (BSG 26.1.94 - 6 RKa 29/91, BSGE 74, 44 und BSG 10.5.95 - 6 RKa 30/94, SozR 3-5525 § 32 Nr. 1). Ma߬geblich für die Be¬rechtigung der Beklagten zur Aufhebung des Honorarbescheides ist hier § 8 Abs. 1 des Honorar¬verteilungsmaßstabes (HVM) der Kassenärztlichen Vereinigung Ham¬burg in seiner ab 1. Januar 1996 bis zum 30. Juni 2004 gültig gewesenen Fassung. Danach wird die Abrechnung des Vertragsarztes von der Kassenärztlichen Vereini¬gung (KÄV) nach Maßgabe der gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen sowie der Vor¬schriften des HVM sachlich bzw. rechnerisch richtig gestellt. Die Vorschrift des § 8 Abs. 2 HVM gestattet es der KÄV, die nicht ordnungsgemäße Honorarab¬rechnung ohne Be¬achtung weiterer Voraussetzungen aufzuheben und den materiell-rechtlich richtigen Zustand herzu¬stellen. Dabei ist sie nur in bestimmten, in der Vor¬schrift auf¬geführten Fällen zur Erteilung eines Bescheides hierüber (sog. Honorarbe¬richti¬gungsbescheid) verpflichtet.

Die im Honorarbescheid der Beklagten vom 5. März 2001 zuerst hinsichtlich 2.200 Punkten erfolgte und mit Bescheid vom 31. Juli 2001 in der Fassung des Wider¬spruchsbescheides vom 5. Dezember 2001 erweiterte Honorarberichtigung ist nicht zu beanstanden. Da die Be¬klagte - wie oben dargelegt - die Kompetenz zur Berichti¬gung eines erteilten Honorarbe¬scheides innehat, ist sie auch berechtigt, bereits mit der Erteilung des Honorarbescheides vom 5. März 2001 eine (teilweise) Richtigstel¬lung der Abrechnung vorzunehmen.

Die von dem Vertragsarzt abzugebende Abrechnungs-Sammelerklärung über die ordnungs¬gemäße Erbringung der abgerechneten Leistungen ist unrichtig, sofern nur eine abgerech¬nete Leistung nicht oder nicht ordnungsgemäß erbracht worden ist. Eine grob fahrlässig un¬richtige Abrechnungs-Sammelerklärung zieht die Rechtswid¬rigkeit des auf ihr beruhenden Honorarbescheides insgesamt nach sich. Für die Frage, ob eine Honorarabrechnung unrich¬tig erstellt und abgegeben ist, hat die Er¬klärung des Vertragsarztes bzw. Therapeuten über die ordnungsgemäße Erbrin¬gung und Abrechnung der geltend gemachten Leistungen eine grundlegende Be¬deutung. Mit ihr garantiert der Vertragsarzt bzw. Therapeut, dass die Anga¬ben auf den von ihm eingereichten Behandlungsausweisen zutreffen. Aus der Funktion der Abrechnungs-Sammelerklärung als Voraussetzung der Vergütung der von dem Ver¬tragsarzt bzw. Therapeuten abgerechneten Leistungen folgt zugleich, dass die Erklä¬rung in den Fäl¬len, in denen sie sich wegen abgerechneter, aber nicht oder nicht ordnungsge¬mäß erbrach¬ter Leistungen als falsch erweist, ihre Garantiewirkung nicht mehr erfüllt. Wenn die Garan¬tiefunktion der Abrechnungs-Sammelerklärung entfällt und damit eine Voraussetzung für die Festsetzung des Honoraranspruches des Arz¬tes oder Therapeuten fehlt, ist der auf der Honorarabrechnung des Vertragsarz¬tes bzw. The¬rapeuten in Verbindung mit seiner Bestäti¬gung der ordnungsgemäßen Ab¬rechnung beruhende Honorarbescheid rechtswidrig. Die KÄV ist zumindest be¬rech¬tigt, wenn nicht verpflichtet, den entsprechenden Honorarbescheid aufzuheben und das Hono¬rar neu festzusetzen. Da die Abrechnungs-Sammelerklärung als Ganzes bereits dann unrichtig ist, wenn nur ein mit ihr erfasster Behandlungsausweis eine unrichtige Angabe über erbrachte Leistungen enthält, entfällt für die KÄV grundsätz¬lich die Verpflichtung, als Voraussetzung der Rechtswidrigkeit des Honorarbeschei¬des dem Arzt mehr als eine unrichtige Abrechnung pro Quartal nachzuweisen. Sie ist rechtlich nicht gehalten, in allen Behandlungsfällen, in denen sie unrichtige Abrech¬nungen vermutet, den Nach¬weis der Unrichtigkeit zu führen. Im Ergebnis liegt somit das Honorar-Risiko auf der Seite des Arztes, der in seiner Honorarabrechnung un¬richtige Angaben gemacht hat. Aller¬dings ist diese Rechtsfolge auf den Fall zu be¬schrän¬ken, dass unrichtige Anga¬ben in den Behandlungsausweisen zumindest grob fahr¬lässig erfolgt sind (BSG 17.9.97 – 6 RKa 86/95, SozR 3-5550 § 35 Nr. 1).

Bei der Festsetzung der dem Arzt bzw. Therapeuten verbleibenden Vergütung hat die Be¬klagte ein weites Schätzungsermessen (BSG 17.9.97, aaO).

Wie der Kläger selbst im Gespräch mit der Beklagten am 31. Mai 2001 eingeräumt hat, sind die Abrechnungen zumindest hinsichtlich der geltend gemachten Vergütung für Kopien und Porto unzutreffend, weil er sich nicht die Mühe gemacht hat, die jeweili¬gen Beträge zu er¬mitteln, sondern sich mit einer groben Schätzung begnügt hat. Die der Beklagten im Ge¬sprächstermin vorgelegten Patientenunterlagen dokumentie¬ren die erbrachten Leistungen völlig unzureichend, denn aus ihnen ist nicht (nicht einmal in Form handschriftlicher Kurzno¬tiz) ersicht¬lich, welche Leistungen wann erbracht wurden. Dem Kläger ist insoweit zumindest grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen.

Gegen die Feststellungen der Beklagten hat der Kläger keine Einwände erhoben. Zwar hat er behauptet, über weitere Unterlagen zu verfügen, hat diese aber weder in den über vier Jahren seit Zu¬gang des Widerspruchsbescheides der Beklagten noch bis heute dem Gericht vor¬gelegt.

Soweit der Kläger vorträgt, eine Niederlegung von Stichwörtern zur Anamnese des Patienten genüge den Voraussetzungen nach A.9. PsychTh-RiLi, führt dies nicht zu einem anderen Ergebnis. Gemäß dieser Regelung erfordern Psychotherapie und psychosomatische Grund¬versorgung eine schriftliche Dokumentation der diagnosti¬schen Erhebungen und der wesent¬lichen Inhalte der psychotherapeutischen Inter¬ventionen. Die wenigen vom Kläger niederge¬legten Stichwörter lassen nicht erken¬nen, welcher Art oder welchen Umfangs das geführte Gespräch gewesen ist. Zu Recht stützt die Be¬klagte die Honorarkürzung bereits auf das praktisch völlige Feh¬len einer Dokumenta¬tion, welche Leistungen gegenüber dem einzelnen Patienten überhaupt und wann erbracht wurden. Erst wenn die Leistung an sich nach¬voll¬ziehbar wäre, also fest¬stell¬bar wäre, dass überhaupt eine biographi¬sche Anamnese unter neurosenpsycholo¬gischen oder verhaltensanalytischen Ge¬sichtspunkten stattgefunden hätte, würde sich die Frage stellen, ob die Dokumentation von Inhalt und Umfang her die Voraus¬setzungen nach A.9. PsychTh-RiLi erfüllt.

Die Schätzung des dem Kläger verbleibenden Vergütungsbetrages ist nicht zu bean¬standen. Zutreffend hat die Beklagte dabei die völlig unzulängliche Dokumentation der erbrachten Leistungen berücksichtigt und deswegen nur die Ordinationsgebüh¬ren angesetzt.

Die genannten Gründe rechtfertigen die von der Beklagten vorgenommene Honorar¬kürzung. Es kann unentschieden bleiben, wie die vom Kläger darüber hinaus ange¬sprochenen Rechtsfragen zu beurteilen sind. Die Frage, ob die Ziffer 861 EBM zu¬sammen mit der Ziffer 860 EBM abgerechnet werden kann, ist nicht mehr relevant, weil die ursprünglich mit Be¬scheid vom 5. März 2001 hierauf gestützte (Teil-)Berichti¬gung durch die späteren Bescheide überholt ist. Welche Folgen aus einer versehent¬lichen Abrechnung der Ziffer 890 EBM statt der Ziffer 891 EBM resultieren, kann of¬fen bleiben, weil die Lückenhaftigkeit der Dokumenta¬tion der erbrachten Leistungen be¬reits zum Entfallen des Vergütungsanspruchs in dem in den angegriffenen Beschei¬den dargelegten Umfang führt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungs¬gerichts¬ordnung.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 13, 25 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz in der bis zum 30. Juni 2004 geltenden Fassung. Er beträgt in allen drei Streitverfahren jeweils ein Drittel der Gesamtkürzungssumme von 45.214,65 Euro.

Ein Grund für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG ist nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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