L 4 KR 235/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 32 KR 466/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 235/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 29. Juni 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Kostenerstattung für eine Brustverkleinerungsoperation (3.944,61 Euro).

Die 1966 geborene und bei der Beklagten familienversicherte Klägerin leidet nach dem Attest des Chirurgen Dr. S. vom 10.10.2003 an einer Ptosis mammae, die Klägerin wünsche eine Kostenübernahme. Der Orthopäde Dr. M. bescheinigte im Attest vom 16.10.2003 ein chronisch rezidivierendes Halswirbelsäulen/Brustwirbelsäulen (HWS/BWS)-Syndrom mit Dorsalgien bei leichter thorako-lumbaler Skoliose und vermehrtem Hohlrundrücken sowie eine Mammahypertrophie; eine Mammareduktionsplastik sei aus orthopädischer Sicht "wünschenswert".

Auf die von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen holte die Beklagte eine gutachtliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Bayern (MDK) vom 04.11.2003 ein, der das Vorliegen einer Krankheit verneinte, und lehnte mit Bescheid vom 05.11.2003 mit dieser Begründung eine Kostenübernahme ab.

Die Klägerin legte hiergegen am 14.11.2003 unter Bezugnahme auf das Attest von Dr. M. sowie ein Attest des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. B. vom 17.11.2003 Widerspruch ein; es handle sich nicht um einen kosmetischen Eingriff. Das von der Beklagten eingeholte sozialmedizinische Gutachten des MDK (Gutachter Dr. W.) vom 01.12.2003 stellte nach Untersuchung als Diagnosen eine Ptosis mammae beidseits, ein linksbetontes Cervikobrachialsyndrom, chronisch rezidivierendes BWS-Syndrom sowie als Nebendiagnose eine Mammahyperplasie beidseits fest. Auffällig sei eine Ptosis mammae, weniger eine Mammahyperplasie. Ein abnormer Kontrast zum üblichen körperlichen Erscheinungsbild bestehe nicht, intertriginöse Ekzeme seien nicht zu finden. Die Angabe einer Erkrankung sei nicht nachzu- vollziehen.

Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 08.12.2003 eine Kostenübernahme für die geplante Operation erneut ab; entsprechend dem sozialmedizinischen Gutachten wurden als therapeutische Alternative eine konsequente krankengymnastische Übungsbehandlung einschließlich Rückenschule und Fortführung der erlernten Übungen vorgeschlagen. Mit dem weiteren Schreiben vom 19.12.2003 wiederholte sie ihre Auffassung.

Die Klägerin hielt ihren Widerspruch aufrecht und legte ein Attest des Neurochirurgen Dr. S. vor; es sei davon auszugehen, dass sie künftig unter erheblichen Beschwerden der Halswirbelsäule leiden werde, so dass möglicherweise eine operative Behandlung nötig sei. Der nochmals gehörte MDK blieb in den Stellungnahmen vom 20.01.2004 und 26.01.2004 bei seiner bisherigen Auffassung; zwingende medizinische Gründe für eine Mammareduktion lägen nicht vor.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 14.04.2004 den Widerspruch zurück. Voraussetzung einer Inanspruchnahme der gesetzlichen Krankenversicherung sei das Vorliegen einer Krankheit, die eine erhebliche Abweichung vom Leitbild des gesunden Menschen voraussetze. Nur geringfügige Störungen, die keine wesentlichen funktionellen Beeinträchtigungen zur Folge haben, würden nicht ausreichen. Demgemäß würden auch nicht Abweichungen von einer Idealnorm genügen, die noch befriedigende körperliche und psychische Funktionen zulassen. Kosmetische Defizite seien keine Krankheit im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung, soweit normale Funktionen gleichwohl möglich sind. Die Gutachten bzw. Stellungnahmen des MDK hätten eine Erkrankung in diesem Sinne verneint.

Die Klägerin hat hiergegen am 17.05.2004 beim Sozialgericht München (SG) Klage erhoben und geltend gemacht, sie habe erhebliche gesundheitliche Probleme im Bereich der Halswirbelsäule; die behandelnden Ärzte hätten zu einer Mammareduktionsplastik geraten, die zu einer Entlastung der Halswirbelsäule führe. Trotz krankengymnastischer und chiropraktischer Behandlungen sei eine Besserung nicht erreicht worden.

Das SG hat ein Sachverständigengutachten der Fachärztin für Orthopädie, Sportmedizin, Chirotherapie, physikalische Therapie und Naturheilverfahren Dr. B. vom 11.08.2004 eingeholt. Die Sachverständige kommt nach einer Untersuchung der Klägerin zu den Diagnosen muskuläre Dysbalance mit rezidivierender Cervikobrachialgie, skoliotische Fehlhaltung, Ptosis mammae und Übergewicht. Eine beidseitige Mammareduktionsplastik sei aus medizinischen Gründen nicht notwendig. Der Klägerin wurde eine Gewichtsabnahme nahe gelegt.

Sie hat in stationärer Behandlung vom 08.11.2004 bis 10.11.2004 die Operation in der I.klinik (P.) belegärztlich durchführen lassen; die Kosten der ärztlichen Behandlung haben 2.803,07 Euro und des Krankenhausaufenthalts 750,00 Euro und 391,54 Euro betragen. Nach der ärztlichen Bescheinigung des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. B. vom 15.12.2004 seien die vor der Operation geklagten Schmerzen weitgehend verschwunden. In den Stellungnahmen vom 20.12.2004 und 04.01.2005 hat die Klägerin insbesondere auf den Rückgang der orthopädischen Beschwerden hingewiesen.

Der von der Beklagten ein weiteres Mal gehörte MDK ist in der Stellungnahme vom 15.02.2005 (Gutachterin Dr. H.) bei seiner Auffassung verblieben und hat einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Brustgröße und der Wirbelsäulenbeschwerden verneint. In der orthopädischen Literatur werde an keiner Stelle, eine Mammahyperplasie als mögliche Ursache von Wirbelsäulenbeschwerden, Haltungsfehlern oder degenerativer Wirbelsäulenveränderungen angegeben. Auch wenn nach der durchgeführten Operation die Wirbelsäulenbeschwerden sich gebessert haben, könne nicht im Umkehrschluss daraus gefolgert werden, dass die Brustgröße ursächlich für die Wirbelsäulenbeschwerden gewesen sei. Es habe sich um eine Hängebrustbildung gehandelt, um ein kosmetisches Problem.

Das SG hat mit Urteil vom 29.06.2005 die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Kostenerstattung der Brust-verkleinerungoperation. Sie sei medizinisch nicht notwendig gewesen, es habe an einer Krankheit im Sinne des Krankenversicherungsrechts gefehlt. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts liege eine Krankheit nur vor, wenn der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt werde oder wenn die anatomische Abweichung entstellend wirke. Weder die Größe der Brust noch das mäßige Hängen der Brüste sei eine Disproportion oder ein regelwidriger Körperzustand, der behandlungsbedürftig sei. Dies ergebe sich aus dem Sachverständigengutachten von Dr. B. und dem Gutachten des MDK. Den Wirbelsäulenbeschwerden der Klägerin sei in erster Linie mit dem Mitteln der anerkannten orthopädischen und physiotherapeutischen Therapiekonzepte zu begegnen gewesen. Zwar schließe dies nicht aus, dass auch andere Maßnahmen zur Erreichung des Behandlungsziels erforderlich sein können, doch bedürfe die konkrete Art der eingesetzten Maßnahme dann einer speziellen Rechtfertigung, wenn diese sich nur als mittelbare Behandlung darstelle, weil beabsichtigt sei, in ein funktionell intaktes Organ einzugreifen. Das Ausmaß der degenerativen Erkrankungen sei nicht soweit fortgeschritten, dass dies zu einer möglichen operativen Behandlung hätte führen müssen. Im Übrigen sei der behauptete Zusammenhang zwischen Wirbelsäulenbeschwerden und Brustgröße wissenschaftlich nicht belegt.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin vom 11.08.2005, mit der sie wieder unter Vorlage des Attestes des Neurochirurgen Dr. S. auf die degenerative Erkrankung der Halswirbelsäule hinweist. Das Sachverständigengutachten enthalte keine Aussage, dass es nicht irgendwann zu einer operativen Behandlung hätte kommen können. Die Operation sei eine mittelbare Maßnahme gewesen, um die degenerative Wirbelsäulenerkrankung zu verbessern bzw. zu beheben. Es sei auch unerheblich, dass wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse über den ursächlichen Zusammenhang zwischen Brustgröße und orthopädischen Gesundheitsstörungen nicht vorliegen, wenn im Einzelfall eine Brustoperation jedenfalls zur Verminderung der Beschwerden in der Hals- und Schulterregion sowie der oberen Brustwirbelsäule erforderlich ist. Entgegen dem SG bestehe ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den Schmerzen in der Wirbelsäule und der Brustverkleinerung.

Die Vertreterin der Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts München vom 29.06.2005 und die zugrunde liegenden Bescheide vom 05.11.2003 und 08.12.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.04.2004 aufzuheben und der Klägerin die Kosten für die Mammareduktionsplastik in Höhe von 3.944,61 Euro zu erstatten.

Der Vertreter der Beklagten beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden die Akten der Beklagten und des SG. Auf den Inhalt der beigezogenen Akten und die Sitzungsniederschrift wird im Übrigen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die frist- und formgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 500,00 Euro (§§ 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Berufung ist unbegründet; das SG hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die Klage abgewiesen. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die Kosten der beidseitigen operativen Brustverkleinerung zu erstatten.

Nach § 13 Abs. 3 Sozialgesetzbuch V (SGB V) hat die Krankenkasse die Kosten in der entstandenen Höhe zu erstatten, falls sie eine unaufschiebare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Vorausgesetzt wird für beide Alternativen, dass die Leistung notwendig war. In diesem Zusammenhang sieht das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V vor, dass die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

Im vorliegenden Fall kommt als Grund für die Kostenerstattung allein die zweite Alternative des § 13 Abs. 3 SGB V infrage. Die Beklagte hat jedoch die von der Klägerin beantragte Brustverkleinerungsoperation nicht zu Unrecht abgelehnt, d.h., sie war zu einer entsprechenden Sachleistung nicht verpflichtet. Nach § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Grundlegende Voraussetzung ist also das Vorliegen einer Krankheit im Rechtssinne des SGB V. Unter Berücksichtigung der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) ist Krankheit in diesem Sinne ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand, der die Notwendigkeit ärztlicher Heilbehandlung oder - zugleich oder allein - Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat. Als regelwidrig wird ein Zustand angesehen, der von der Norm, also vom Leitbild des gesunden Menschen, abweicht (BSG vom 19.02.2003, BSGE 90, 289 = SozR 4-2500 § 137c Nr. 1; BSG vom 10.02.1993, BSGE 72, 96, 98 = SozR 3-2200 § 182 Nr. 14).

Es muss sich aber um eine erhebliche Abweichung handeln, nur geringfügige Störungen, die keine wesentlichen funktionellen Beeinträchtigungen zur Folge haben, reichen nicht aus. Ebenso wenig genügen Abweichungen von einer morphologischen Idealnorm, die noch befriedigende körperliche und psychische Funktionen zulassen. Die bei der Klägerin vorhandene Brustgröße stellt noch keinen regelwidrigen Körperzustand da, weil es von Natur aus völlig unterschiedliche Entwicklungsumfänge gibt. Ein kleiner Brustumfang entspricht ebenso wie ein großer Brustumfang dem Leitbild einer gesunden Frau. Die möglicherweise bestehenden Leitvorstellung vom Umfang der weiblichen Brust sind für die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung gleichfalls unerheblich wie eine dazu von Versicherten entwickelte subjektive Vorstellung. Die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sind nämlich nicht dazu bestimmt, der Verwirklichung von als ideal, schön oder angemessen empfundenen Körperformen zu dienen. Kosmetische Gründe (Ptosis mammae) sind gleichfalls keine Indikation für die beantragte Leistung.

Wie das SG bereits unter Bezugnahme auf die jüngste Rechtsprechung des BSG zutreffend ausgeführt hat, ist eine Krankheit im Sinne des Krankenversicherungsrechts ein behandlungsbedürftiger regelwidriger Körper- oder Geisteszustand. Wenn dadurch keine Körperfunktionen, sondern nur das Aussehen des Menschen beeinträchtigt wird, muss eine entstellende Wirkung vorliegen, um als Krankheit eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse auslösen zu können. Ein regelwidriger Körperzustand ohne entstellende Wirkung und ohne wesentliche Funktionseinschränkung ist auch dann nicht als Krankheit zu werten, wenn er eine psychische Belastung für den Betroffenen darstellt (Urteil vom 13.10.2004 B 1 KR 9/04 R).

Die ärztliche Sachverständige Dr. B. hat im orthopädischen Fachgutachten vom 11.08.2004 aufgrund einer Untersuchung der Klägerin festgestellt, dass (vor der Operation) eine mäßige Hängebrustbildung ohne typische ausgeprägte Überproportionierung der Brust bestand. Ein abnormer Kontrast der Brustentwicklung zum übrigen körperlichen Erscheinungsbild lag nicht vor. Bei der Untersuchung fand sich keine Bewegungsbeeinträchtigung der Halswirbelsäule, es waren mäßig verspannte Schultergürtelmuskeln tastbar. Auch wenn die Sachverständige in Übereinstimmung mit dem Neurochirurgen Dr. S. eine degenerative Erkrankung der Halswirbelsäule angenommen hat, ist das Ausmaß dieser Erkrankung jedoch nicht so weit fortgeschritten, dass dies zu einer möglicherweise operativen Behandlung führen müsse. Der behandelnde Orthopäde hat zwar eine Minderung der Belastbarkeit der Halswirbelsäule und Brustwirbelsäule festgestellt, eine Mammareduktionsplastik aber lediglich als "wünschenswert" bezeichnet. Die Statik der Halswirbelsäule und Brustwirbelsäule wird auch nach den Beschreibungen des Chirurgen Dr. S. durch die herabgesunkene Brust mit mittelschwerem Drüsenkörper nicht derart ungünstig verändert bezeichnet, dass die körperliche Leistungsfähigkeit reduziert würde. Es ist nachvollziehbar, dass bei der vorliegenden Gewichtszunahme und mangelndem Trainingszustand Wirbelsäulenbeschwerden, sei es in der Halswirbelsäule, Brustwirbelsäule und/oder Lendenwirbelsäule entstehen. Die gewünschte Bruststraffung und -reduktion kann auch die Statik der Halswirbelsäule und Brustwirbelsäule verändern. Nach der überzeugenden Beurteilung der Sachverständigen ist jedoch der Brustbefund nicht von derartigem Krankheitswert gewesen, dass die zwingende medizinische Notwendigkeit zur Bruststraffung und -reduktion gegeben wäre. Weder die Größe der Brust noch das Hängen stellen eine Disproportion oder einen regelwidrigen Körperzustand dar. Damit ist nach Auffassung des Gerichts auch eine entstellende Wirkung zu verneinen. Demgegenüber sind die ärztlichen Atteste nicht geeignet, das Sachverständigengutachten zu widerlegen, zumal der Orthopäde Dr.M. die Mammareduktionsplastik nur für "wünschenswert" hielt.

Zu dem gleichen Ergebnis wie die Sachverständige sind bereits die Stellungnahmen und das sozialmedizinische Gutachten des MDK gelangt. Insbesondere im Gutachten vom 01.12.2003 ist festgestellt worden, dass zwar eine Ptosis mammae vorliegt, aber ein abnormer Kontrast zum üblichen körperlichen Erscheinungsbild nicht besteht. Der Gutachter hat auch das Vorliegen intertriginöser Ekzeme verneint und insgesamt die Behauptung einer Erkrankung im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung nicht als zwingend nachvollziehbar bezeichnet. Auch neurologische Defizite bezüglich der Wirbelsäulensituation lagen nicht vor. Eine starke Hypertrophie kann zwar körperliche Schäden bedingen im Sinne einer fehlstatischen Wirbelsäulen-Beschwerdesymptomatik, doch ist im vorliegenden Fall aufgrund der Maßangaben nicht zwingend auf eine starke Hypertrophie zu schließen.

Zutreffend hat das SG auch ausgeführt, dass die Mammareduktionsplastik zur Behandlung der Wirbelsäulenbeschwerden eine mittelbare Behandlung darstellt, die für die Verpflichtung zur Kostenübernahme einer speziellen Rechtfertigung bedarf. Wie das BSG bereits mit Urteil vom 19.02.2003 (BSGE 90, 289) entschieden hat, wird eine mittelbare Therapie gleichfalls vom Leistungsanspruch nach § 27 Abs. 1 SGB V grundsätzlich mit umfasst, wenn sie ansonsten die in § 2 Abs. 1 S. 3 SGB V (allgemein anerkannter Stand der medizinischen Erkenntnisse und medizinischer Fortschritt) und § 12 Abs. 1 SGB V aufgestellten Anforderungen erfüllt, also ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist und dem allgemeinen anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Das BSG hat für chirurgische Eingriffe, die eine mittelbare Behandlung darstellen, zusätzlich gefordert, dass Art und Schwere der Erkrankung, die Dringlichkeit der Intervention, die Risiken und der zu erwartenden Nutzen der Therapie sowie etwaige Folgekosten für die Krankenversicherung gegeneinander abzuwägen sind und eine Leistungsgewährung generell ausgeschlossen, wenn der operative Eingriff zur Behandlung einer psychischen Störung dienen soll.

Auch wenn im vorliegenden Fall von einer psychischen Störung nicht die Rede ist, sondern von orthopädischen Befunden, hat jedenfalls zum derzeitigen Zeitpunkt keine Indikation für die mittelbare Behandlung bestanden. Die Klägerin geht im Anschluss an die Auffassung der behandelnden Ärzte wohl davon aus, dass es sich um eine vorbeugende Operation zur Vorbeugung weiterer orthopädischer Beschwerden gehandelt hat. Daraus und aus den ärztlichen Gutachten der Sachverständigen sowie des MDK ergibt sich, dass derzeit eine zwingende Indikation für den chirurgischen Eingriff nicht bestanden hat, so dass eine medizinische Notwendigkeit im Sinne des § 12 SGB V nicht angenommen werden kann. Überdies hat die gutachtliche Stellungnahme des MDK vom 15.02.2005 darauf hingewiesen, dass in der medizinischen Literatur als mögliche oder gar kausale Ursache von Wirbelsäulenbeschwerden, Haltungsfehlern oder degenerativen Wirbelsäulenveränderungen eine Mammahyperplasie nicht genannt wird. Auch in klinischen Studien findet sich kein Hinweis, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Brustgröße und Wirbelsäulenbeschwerden besteht. Selbst wenn nach der durchgeführten Operation die Wirbelsäulenbeschwerden gebessert sind, kann danach nicht im Umkehrschluss gefolgert werden, dass die Brustgröße ursächlich für die Wirbelsäulenbeschwerden war, zumal laut den vorgelegten Befunden übergroße Mammae nicht vorgelegen haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn.1, 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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