L 13 R 61/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 5 R 672/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 61/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 7. Dezember 2005 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um einen Anspruch der Klägerin auf Regelaltersrente unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG).

Die 1931 geborene Klägerin ist jetzt tschechische Staatsangehörige mit Wohnsitz in B. und bezieht seit 10.06.1989 Altersrente vom tschechischen Versicherungsträger, ohne dass die Zeit im Ghetto nach ihren Angaben berücksichtigt werde.

In ihrem Rentenantrag vom 02.06.2003 an die Beklagte brachte die Klägerin vor, Verfolgte im Sinne von § 1 ff. Bundesentschädigungsgesetz (BEG) zu sein. Zu ihrem Lebenslauf gab sie an, von 1937 bis 1943 die jüdische Grundschule im jetzigen Gebiet der slowakischen Republik (Z.) besucht zu haben, dabei Freiheitsbeschränkungen durch die Rassengesetze bis zum September 1943 unterlegen zu sein, von September 1943 bis zum Januar 1944 in einem Lager in Z. interniert und in einem Gefängnis eingesperrt gewesen zu sein und schließlich bis Juli 1944 im Getto S. gelebt zu haben. Anschließend sei sie bis zur Befreiung im Mai 1945 in den Konzentrationslagern A. , R. und G. gewesen.

Zu den Lebensverhältnissen in S. gab die Klägerin an, innerhalb des Ghettos sechs bis acht Stunden Hilfsarbeiten in der Küche verrichtet zu haben und dafür Unterkunft und dreimal täg-lich Essen erhalten zu haben. Es sei ihr unbekannt, in welcher Höhe dafür eine Entlohnung erfolgte. Während der Arbeit sei sie von Angehörigen der H.-Garde und slowakischen Polizisten bewacht worden. Die Arbeit sei nicht freiwillig durch eigene Bemühungen sondern durch Vermittlung der jüdischen Selbstverwaltung zu Stande gekommen.

Mit Bescheid vom 21.01.2004 lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit der Begründung ab, die allgemeine Wartezeit (§ 35 SGB VI) sei nicht erfüllt. Der Anwendungsbereich des ZRBG sei nicht gegeben, weil sich das Ghetto, in dem die Klägerin gelebt habe, nicht in einem vom Deutschen Reich eingegliederten oder besetzten Gebiet sondern in einem mit dem damaligen Deutschen Reich verbündeten Staat, der Slowakei, befunden habe. dieser Staat sei bis 17.02.1945 ein mit dem Deutschen Reich verbündeter Staat gewesen. Ersatzzeiten lägen nicht vor, weil keine Mitgliedschaft im deutschen Rentenversicherung bestanden habe, denn es lägen auch sonst keine Versicherungszeiten vor.

Mit ihrem Widerspruch trug die Klägerin vor, dass die Slowakei und damit auch das Ghetto S. nach dem gescheiterten Aufstand im August 1944 insgesamt von Deutschen besetzt worden sei und deswegen das ZRBG Anwendung finden müsse. Auch ihr anschließender Aufenthalt in A. habe sich auf einem besetzten Gebiet zugetragen. Schließlich nahm die Klägerin auch Bezug auf eine Stellungnahme des Historischen Armeeinstitutes Prag vom 13.01.2004, sowie des Instituts des Staates und des Rechts der Akademie der Wissenschaften der Slowakei vom 01.02.2004, wonach es sich bei der Slowakei nicht um einen verbündeten Staat gehandelt habe. Die Slowakei sei in der Zeit von 1941 bis 1945 nur formal ein vom Deutschen Reich unabhängiger Staat gewesen. Tatsächlich sei sie aber durch Verträge über ein Schutzverhältnis des Deutschen Reiches zur Slowakei und vertrauliche Protokolle über die wirtschaftliche und finanzielle Zusammenarbeit sowie durch die Beteiligung reichsdeutscher Berater auf allen Ebenen von der Staatsverwaltung bis zu den Betrieben ein besetzter Staat gewesen. Legitimer Vertreter der Slowakei sei spätestens seit 1940 im Übrigen nur die tschechoslowakische Exilregierung in Großbritannien gewesen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.06.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte dazu zur Begründung an, dass das Ghetto S. sich nicht in einem Gebiet befunden habe, das vom Deutschen Reich besetzt oder diesen eingegliedert gewesen sei. Die Stadt S. habe während des Zweiten Weltkriegs zu Ungarn gehört, das bis zum 18.03.1944 mit dem Deutschen Reich verbündet gewesen sei. Im Übrigen habe sich dort kein Ghetto sondern ein Zwangsarbeitslager befunden, womit es an einem freien Willen zur Vereinbarung eines Arbeitsverhältnisses gefehlt habe.

Hiergegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Landshut (SG) erhoben und erneut vorgetragen, dass in S. kein Zwangsarbeitslager gewesen sei. Die Umstände im Lager S. seien größtenteils besser gewesen als in allen anderen bekannten Ghettos. Als Entlohnung für ihre Tätigkeit habe sie täglich drei Mahlzeiten und zusätzliche Lebensmittel erhalten. Die ge-währte Verpflegung sei über den täglichen Ernährungsbedarf hinausgegangen, was als ausreichendes Entgelt genüge. Die Insassen hätten sogar zwischen verschiedenen Arbeitstätigkeiten wählen können. Daher könne nicht davon ausgegangen werden, das Zwangsarbeit geleistet worden sei. Die bereits erwähnte Stellungnahme von Dr. Z. vom Institut des Staates und des Rechtes der Akademie der Wissenschaften zu der Frage der Einstellung des slowakischen Staates zum Deutschen Reich während des 2. Weltkrieges und eine Stellungnahme von Dr. Z. des Historischen Armeeinstituts Prag sind vorgelegt worden.

Durch Urteil vom 07.12.2005 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die geltend gemachte Zeit von Januar 1944 bis 01.07.1944 weder eine Beitragszeit nach § 55 SGB VI noch eine Ghetto-Beschäftigungszeit nach § 2 Abs.1 ZRBG sei. Das ZRBG finde schon deswegen keine Anwendung, weil sich das Lager S. auf dem Territorium eines mit dem Deutschen Reich verbündeten Staates, der Slowakei befunden habe. Diese sei infolge des Münchner Abkommens vom 29.09.1938 zunächst autonom und am 14.03.1939 ein unabhängiger Staat geworden. Allein die Anlehnung des herrschenden Regimes (H.-Volkspartei) in militärischer, wirtschaftlicher, außenpolitischer und ideologischer Hinsicht an das nationalsozialistische Deutschland sowie der im März 1939 geschlossene "Schutzvertrag" mit Deutschland hätte die staatliche Unabhängigkeit der Slowakei nicht beseitigt.

Hiergegen hat die Klägerin Berufung beim Bayer. Landessozialgerichts (LSG) eingelegt und die vom SG vertretene Ansicht zur Selbstständigkeit der Slowakei bestritten und dazu auf die bereits vorgelegten wissenschaftlichen Ausführungen von Dr. Z. und Dr. Z. verwiesen. Grund zu dieser Annahme bestehe wegen der Intervention Deutschlands im slowakischen Aufstand im August 1944 sowie der nicht vergleichbaren, größeren Beziehungsdichte als zu anderen mit dem Deutschen Reich verbündeten Staaten (z.B. Rumänien). Später hat die Klägerin noch eine Stellungnahme von Dr. H. , einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin des historischen Instituts der slowakischen Akademie der Wissenschaften beigebracht, die sich insbesondere damit befasst, dass in der Slowakei in Abgrenzung zu Arbeits-lagern auch in der Zeit von 1939 bis 1945 Ghettos bestanden hätten. Weiter wurde vorgebracht, dass das ZBRG auf der Rechtsprechung des BSG beruhe, nach der Betroffenen, die unter haftähnlichen Bedingungen eine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt haben, eine Rente aus der deutschen Rentenversicherung zugesprochen werden sollte. Danach reiche es aus, dass unter ghettoähnlichen oder ghettogleichen Umständen gearbeitet worden sei. Nur Zwangsarbeit habe ausgeschlossen werden sollen. S. sei aber gerade kein typisches Zwangsarbeitslager gewesen. Maßgebend sei, dass Juden unter jüdischer Selbstverwaltung in einem abgeschlossenen und bewachten Raum unter drohender Deportation zur Arbeit verpflichtet gewesen seien. Diese Arbeitspflicht habe auch Frauen und minderjährige Kinder umfasst.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 07.12.2005 sowie des Bescheides vom 21.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.06.2004 zu verurteilen, der Klägerin Regelaltersrente für die Zeit der Beschäftigung im Ghetto S. zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat nochmals vorgetragen, dass eine Eingliederung oder Besetzung der Slowakei durch das Deutschen Reich nicht vorgelegen habe. Dies gelte insbesondere unter Berücksichtigung der Haager Landkriegsordnung. Das gelte auch für die Zeit des slowakischen Nationalaufstandes vom August bis zum Oktober 1944. Im Übrigen habe es sich bei dem Lager S. nicht um ein Getto im Sinne des ZRBG sondern um ein Zwangsarbeitslager gehandelt.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird wegen weiterer Einzelheiten auf den Inhalt der Akten beider Instanzen und der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die ohne Zulassung (§ 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151, 153 Abs. 1, 87 Abs. 1 Satz 2 SGG). Sie hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Gegenstand der Berufung ist das Urteil des SG vom 07.12.2005 sowie der Bescheid vom 21.01.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.06.2004. Damit ist ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer Rente zu Recht verneint worden.

Nach § 35 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Altersrente, wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet, wie hier die Klägerin am 26.09.1996, und die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Auf die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren sind nach §§ 50 Abs. 1 Nr. 1, 51 Abs. 1 und Abs. 4 SGB VI im Regelfall nur Kalendermonate mit Beitrags- und Ersatzzeiten anzurechnen, die im Umfang von sechs Monaten selbst bei einem Erfolg der Klägerin nicht ausreichten. Gemäß § 6 SGB IV wäre aber durch die zwischenstaatlich gebotene Zusammenrechnung in Deutschland und in Tschechien zurückgelegter Versicherungszeiten (vgl. Art. 24 des deutsch-tschechischen Sozialversicherungsabkommens vom 27.07.2001, BGBl. II, 2002 S. 1128; für die Zeit seit dem Beitritt Tschechiens zur Europäischen Union vgl. Art. 45 der EG-Verordnung 1048/71) die Wartezeit erfüllt.

Ein Rentenanspruch der Klägerin ist aber dennoch nicht gegeben, weil bei ihr keine Beitragszeiten vorliegen, aus denen sich ein Zahlungsanspruch errechnen könnte. Beitragszeiten sind in erster Linie Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge (Beitragszeiten: § 66 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) gezahlt worden sind. Eine Eingliederung der Klägerin in das System der deutschen Rentenversicherung durch Tatbestände des Fremdrentengesetzes (FRG) kann schon ohne weitere Prüfung aufgrund ihres Lebensalters zur Zeit ihres Aufenthalts im Lager S. verneint werden. Danach steht erst eine nach Vollendung des 17. Lebensjahres verrichtete Beschäftigung einer Beitragszeit in der Bundesrepublik Deutschland gleich; früher genügte die Vollendung des 16. Lebensjahres (vgl. § 16 FRG).

Ersatzzeiten sind frühestens nach dem vollendeten 14. Lebensjahr zurückgelegt, auch wenn der Versicherte interniert oder verschleppt war (§ 250 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI) oder sonst in sei-ner Freiheit eingeschränkt war (§ 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI in Verbindung mit §§ 43, 47 BEG). Gleiches gilt für den Anwendungsbereich des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung, dass beim Begriff der Verfolgungszeiten ebenfalls an Ersatzzeiten gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI anknüpft. Das 14. Lebensjahr hat die Klägerin aber erst am 25.09.1945 und somit nach Ende des Verfolgungszeitraums beendet.

Pflichtbeitragszeiten sind auch Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten. Aber auch das Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (verkündet als Art. 1 des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto und zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch v. 20.6. 2002, BGBl. I S. 2074; Inkrafttreten gem. Art. 3 Abs. 2 dieses Gesetzes am 01.07.1997), das eine Rentenzahlung aus der deutschen Rentenversicherung auch dann vorsieht , wenn unter Anrechnung ausländischer Versicherungszeiten die erforderliche Wartezeit, nicht aber die nach zwischenstaatlichem Recht erforderliche Mindestanzahl an rentenrechtlichen Zeiten erreicht wird (sog. Minizeiten, vgl. § 1 Abs. 3 ZBRG), vermittelt der Klägerin keine auf die Wartezeit anrechenbaren Beitragszeiten.

Nach dem ZBRG gelten zwar für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto Beiträge ohne weitere Einschränkung als gezahlt. Dieses Gesetz gilt aber nicht für den Aufenthalt der Klägerin im Lager S ... Der Anwendungsbereich des ZBRG ist vom Gesetzgeber in § 1 Abs. 1 ZBRG folgendermaßen gefasst:

Dieses Gesetz gilt für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto, die sich dort zwangsweise aufgehalten haben, wenn 1. die Beschäftigung a) aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen ist, b) gegen Entgelt ausgeübt wurde und 2. das Ghetto sich in einem Gebiet befand, das vom Deutschen Reich besetzt oder diesem eingegliedert war, soweit für diese Zeiten nicht bereits eine Leistung aus einem System der sozialen Sicherheit erbracht wird.

Zur Überzeugung des Senats lag S. nicht in einem Gebiet, das vom Deutschen Reich besetzt oder diesem eingegliedert war (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ZBRG). Schon 1982 hat das BSG im Zusammenhang mit § 19 Abs. 1 des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung national-sozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) entschieden, dass die Slowakei nicht zu den in den Jahren 1938 und 1939 in das Deutsche Reich eingegliederten Gebieten einschließlich des ehemaligen Protektorats Böhmen und Mähren (§ 19 Abs 1 WGSVG) gehört und bis 1945 ein völkerrechtlich selbständiger Staat geblieben ist (Urteil vom 18. März 1982, Az: 11 RA 28/81 = SozR 5750 Art 2 § 41a Nr 1). Eine militärische Besetzung erfolgte erst im August 1944 (vgl. BSG SozR 5750 Art. 2 § 41a Nr. 1, Bundesverwaltungsgericht in BVerwGE 38, 122, zur so genannten Schutzzone BVerwGE 39, 22). Auf die Frage, ob und in welchem Maße das Deutsche Reich vor August 1944 Einfluss auf die Verhältnisse in der Slowakei genommen hat, insbesondere auf die Behandlung der dortigen jüdi-schen Bevölkerung, kommt es dabei ebenso wenig an wie auf die Legitimität der slowakischen Regierung im Verhältnis zur tschechoslowakischen Exilregierung in Großbritannien. Die von den tschechischen und slowakischen Historikern in diesem Verfahren vorgelegten wissenschaftlichen Ausführungen sind nicht geeignet, eine Auslegung deutscher sozialversicherungsrechtlicher Vorschriften, die einen anderen Zweck, als den historischer Forschung verfolgen, zu begründen. Der deutsche Gesetzgeber hat sich im Wissen um frühere Wiedergutmachungsgesetze, wie z. B. das WGSVG, aber auch die Lastenausgleichs Gesetze bewusst für die in § 1 Abs. 1 Nr. 2 erster Halbsatz ZBRG vorgenommene Formulierung "Gebiet, das vom Deutschen Reich besetzt oder diesem eingegliedert war" entschieden. Als Grund hierfür ist in der Gesetzesbegründung angeführt, es werde unterstellt, dass ein Getto in den eingegliederten oder besetzten Gebieten in besonderem Maße der hoheitlichen Gewalt des Deutschen Reiches ausgesetzt gewesen sei (BT-Drs 14/8583 Teil B zu 1). Nur in derarti-gen Gebieten kann die Fiktion einer Beitragspflicht zum deutschen Sozialversicherungsträger gerechtfertigt werden.

Im Gegensatz zu den Regelungen des BEG (vgl. §§ 2 Abs. 1, 43 Abs. 1 BEG) und des Lastenausgleichsrechts (vgl. § 1 Abs. 1 und 2 der Durchführungsverordnung vom 17. November 1962) zur "Verfolgung", die auch dann vorliegen kann, wenn ein ausländischer Staat auf Veranlassung der nationalsozialistischen deutschen Regierung tätig geworden ist (§ 43 Abs. 1 BEG) und bereits vor dem Zeitpunkt einer Besetzung oder Eingliederung des ausländischen Staatsgebiets begonnen haben kann (§ 1 Abs. 2 der Durchführungsverordnung vom 07.11.1962), hat der Gesetzgeber in § 1 ZRBG eine ausdrückliche räumliche Beschränkung auf die dem Deutschen Reich eingegliederten oder vom Deutschen Reich besetzten Gebiete vorgenommen.

Die Stadt S. gehörte entgegen den Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid zur Slowakei und nicht zu Ungarn. Als Folge des ersten Wiener Schiedsspruchs vom November 1938 waren zwar südlich gelegene Gebiete der Slowakei mit überwiegendem ungarischen Bevölkerungsanteil an Ungarn abzutreten. Das Gebiet der Stadt S. lag aber nördlich davon (Quelle: "http://de.wikipedia.org/wiki/Wiener Schiedsspruch" 14.03.2006).

Auf die Frage einer Beschäftigung der Klägerin im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 ZBRG kommt es damit nicht mehr an. Eine solche lag im Übrigen auch nicht vor. Darunter wird nur eine Tätigkeit verstanden, die aus eigenem Willensentschluss zu Stande gekommen ist und gegen Entgelt ausgeübt wurde (§ 2 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZRBG). Für die Begriffe der Freiwilligkeit und der Entgeltlichkeit der Beschäftigung gelten dieselben Grundsätze wie bei der Bestimmung der Sozialversicherungspflicht der Beschäftigung (vgl. BSG Urteil vom 20.07.2005, Az.: B 13 RJ 37/04 R). Insoweit knüpft das ZRBG an die Rechtspre-chung des BSG zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung sog. Ghettoarbeit an, ohne den Personenkreis der Anspruchsberechtigten über diese Rechtsprechung hinaus zu erweitern (vgl. BSG Urteil vom 07.10.2004, Az.: B 13 RJ 59/03 R).

Schon nach dem eigenen Vortrag der Klägerin hat sie in S. Zwangsarbeit verrichtet, für die sie nach eigener Schilderung kein Arbeitsentgelt erhalten. Zweifel an der Freiwilligkeit lässt im übrigen schon das damalige Lebensalter der Klägerin aufkommen. Beschäftigte, denen als Entgelt nur freier Unter-halt gewährt wurde, waren aber sowohl nach den im streitigen Zeitraum geltenden Reichsrechts (§ 1227 RVO) als auch nach dem späteren Bundesrecht (§ 1228 RVO) versicherungsfrei (vgl. hierzu ausführlich BSGE 93, 214). Dies gilt auch für Arbeiten, die unter den allgemeinen Bedingungen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft verrichtet wurden, wie die so genannten Ghettoarbeiten (vgl. BSGE a.a.O. und in SozR 3-5070 § 14 Nr. 3), so dass an dieser Stelle nicht näher darauf einzugehen ist, ob es sich bei dem Lager S. um ein Arbeitslager oder ein Ghetto gehandelt hat. Schließlich hat sie selbst - unter Vorlage der undatierten Stellungnahme des Historischen Instituts der slowakischen Akademie der Wissenschaften vorgetragen, dass auch Minderjährige in S. der Arbeitspflicht unterlagen.

Insgesamt hat die Berufung damit keinen Erfolg. Sie ist zurückzuweisen.

Außergerichtliche Kosten sind der Klägerin, die mit ihrem Klagebegehren auch im Berufungsverfahren erfolglos geblieben ist, nicht zu erstatten (§ 193 SGG).

Gründe zur Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich. Es handelt sich beim ZRBG zwar um ein neues Gesetz. Die hier zu entscheidenden Auslegungsfragen werfen jedoch keine grundsätzlichen Probleme auf, sind schon mehrmals vom BSG behandelt worden und bedürfen daher keiner grundsätzlichen Klärung mehr. Eine Divergenz im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG gegenüber Entscheidungen des BSG oder anderer oberster Gerichtshöfe liegt nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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