L 4 B 239/06 ER

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 50 AY 20/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 B 239/06 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hamburg vom 17. Mai 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten der Antragsteller sind auch für das Beschwerdeverfah¬ren zu erstat¬ten.

Gründe:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 2. März 2006, der das Sozialgericht nicht abgeholfen und die es dem Senat zur Entscheidung vor¬gelegt hat (§ 174 Sozialgerichts¬gesetz (SGG)), ist zwar zuläs¬sig (§§ 172, 173 SGG), aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht angenommen, dass die An¬tragsteller sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund hin¬sichtlich der Gewährung von Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) in entsprechender Anwen¬dung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) glaubhaft gemacht ha¬ben. Dies ergibt die hier vorzunehmende summarische Prüfung.

Gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG in der seit 1. Januar 2005 geltenden Fassung ist abweichend von den §§ 3 und 7 AsylbLG das SGB XII auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden (Analogleistungen), die über eine Dauer von insgesamt 36 Monaten Leistungen nach § 3 AsylbLG erhalten und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Dass die Antragsteller zum leistungsberechtigten Personenkreis nach § 1 AsylbLG zählen und auch die 36-monatige Mindestbezugszeit nach § 3 AsylbLG erfüllt ist, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Die Antragsteller erfüllen auch die zweite Voraussetzung nach § 2 Abs. 1 AsylbLG, denn sie haben, entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin, die Dauer ihres Aufenthalts nicht im Sinne des Gesetzes rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst.

Der Antragsgegnerin ist zwar zuzugeben, dass den offenbar vollziehbar ausreisepflichtigen afghanischen Antragstellern keine Abschiebungshindernisse zur Seite stehen und auch ihre freiwillige Ausreise möglich und zumutbar sein dürfte. Ausländerrechtlich mag dieser Verstoß gegen die Ausreisepflicht nicht hinnehmbar und mit Mitteln des Verwaltungszwangs (Abschiebung) durchzusetzen sein. Nach der den Beteiligten bekannten Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 27. April 2006 im Verfahren L 4 B 84/06 ER AY) stellt jedoch die bloße Nichtausreise kein auch im Rahmen des § 2 Abs. 1 AsylbLG zu sanktionierendes Verhalten des Ausländers dar. Wenn dort von einer rechtsmissbräuchlichen Beeinflussung der Aufenthaltsdauer durch den Ausländer selbst die Rede ist, so verweist das Gesetz auf (zusätzliches) von der Rechtsordnung missbilligtes, subjektiv vorwerfbares Verhalten des Ausländers (vgl. Oberverwaltungsgericht Bremen, Beschluss vom 6. September 2005, Asylmagazin 11/2005, S. 35), das sich – mittelbar – auf die Dauer des Aufenthaltes auswirkt, wie etwa Verschleierung der Identität, "Untertauchen", Vernichtung des Passes, mehrfache und verspätete Stellung eines Asylantrages, Verstoß gegen Mitteilungs-, Duldungs-, Ausweisbeschaffungs- und Meldepflichten und dergleichen (vgl. § 15 Abs. 2 Asylverfahrensgesetz). Solches Fehlverhalten wird im Falle der Antragsteller von der Antragsgegnerin freilich nicht behauptet und ist auch sonst nicht ersichtlich.

Auch den erforderlichen Anordnungsgrund hat das Sozialgericht mit zutreffenden Erwägungen bejaht.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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