L 8 KR 6/06

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 4 RJ 381/00
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 6/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 20. März 2002 aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 17. Juni 1998 und der Widerspruchsbescheid vom 18. Mai 2000 werden aufgehoben, soweit davon der Beigeladene zu 1.) betroffen ist.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen.

Die Klägerin betreibt ein Baugeschäft. Inhaber des Unternehmens war früher der Beigeladene zu 1). Zum 4. Januar 1994 übergab er den Betrieb an seinen Sohn. Aus Anlass der Betriebsübergabe schlossen die Klägerin und der Beigeladene zu 1) am 28. Dezember 1993 einen freien Mitarbeitervertrag. Danach sollte der Beigeladene zu 1) für die Klägerin Kalkulationsarbeiten, Kundenbetreuung und Beratung sowie Auftragsbearbeitung übernehmen. Hierfür wurde eine Vergütung von 2.000,00 DM monatlich zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer vereinbart. Nach § 3 des Vertrags stand der Klägerin eine Weisungsbefugnis gegenüber dem Beigeladenen zu 1) aufgrund dieses Vertrages zu. Dem Beigeladenen zu 1) wurde gleichzeitig eine Weisungsbefugnis gegenüber Arbeiter und Angestellten der Klägerin eingeräumt. Nach § 4 des Vertrags teilte der Beigeladene zu 1) seine Arbeitszeit nach freiem, pflichtgemäßem Ermessen ein und war an eine regelmäßige Arbeitszeit nicht gebunden. Dem Beigeladenen zu 1) wurde das Recht eingeräumt, Nebentätigkeiten gleich welcher Art auszuüben, er verpflichtete sich jedoch, während der Dauer des Vertragsverhältnisses Tätigkeiten in anderen Bauunternehmen oder vergleichbaren Branchen zu unterlassen.

Aufgrund einer Betriebsprüfung in der Zeit vom 28. Januar bis 25. Mai 1998 nach § 28p Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) stellte die Beklagte nach vorheriger Anhörung der Klägerin mit Bescheid vom 17. Juni 1998 fest, dass der Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 4. Januar 1994 bis 31. Dezember 1996 in seiner Tätigkeit als Berater versicherungspflichtig gewesen sei, und forderte für diesen Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 28.710,94 DM zur gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung nach. Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) erfülle die Merkmale eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses wegen seiner vertraglichen Weisungsgebundenheit und seiner Eingliederung in den Betrieb der Klägerin.

Die Klägerin erhob am 25. Juni 1998 Widerspruch. Sie machte geltend, der Beigeladene zu 1) sei nicht als Arbeitnehmer, sondern als freier Mitarbeiter tätig geworden. Der Beigeladene zu 1) sei in der Einteilung der Arbeitszeit völlig frei gewesen. Eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin habe nicht vorgelegen, auch habe keine Weisungsgebundenheit gegenüber dem Inhaber der Klägerin bestanden. Die vertraglich festgelegte Weisungsgebundenheit sei so auszulegen, dass der Inhaber der Klägerin damit lediglich das Recht gehabt habe, die vertragsgemäße Erfüllung der dem Beigeladenen zu 1) obliegenden Pflichten zu prüfen; eine Weisungsgebundenheit sei nie gewollt und auch nicht ausgeübt worden. Der Beigeladene zu 1) habe ein eigenes Gewerbe angemeldet gehabt und sei auch für andere Auftraggeber tätig geworden. Der Beigeladene zu 1) habe über ein eigenes Büro verfügt und die von ihm bearbeiteten Aufträge allein und selbständig erledigt. Als freier Mitarbeiter habe er über keinen Kündigungsschutz verfügt, keine Vergütungsfortzahlung im Krankheitsfall erhalten und auch kein Urlaubsanspruch gehabt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Mai 2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zwar sprächen einige Indizien für eine selbständige Tätigkeit, jedoch seien die auf ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis hindeutenden Merkmale insgesamt überwiegend. Die von dem Beigeladenen zu 1) ausgeübten Tätigkeiten seien nach ihrer Eigenart Bestandteil der betrieblichen Organisation der Klägerin gewesen, in deren Betriebsabläufe der Beigeladenen zu 1) letztlich betriebsorganisatorisch eingeplant gewesen sei, auch wenn ihm ein gewisses Maß an zeitlichem Freiraum zugestanden habe. Jedoch habe der Beigeladene zu 1) einem umfassenden Weisungsrecht der Klägerin unterlegen. Ein unternehmerisches Risiko habe der Beigeladene zu 1) nicht gehabt, denn er habe weder eigene Betriebsmittel noch eigenes Betriebskapital eingesetzt und eine feste monatliche Vergütung erhalten. Eine Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für andere Auftraggeber sei nicht zu erkennen; die insoweit geltend gemachten Tätigkeiten beträfen das Jahr 1997 und lägen damit außerhalb des Nachberechnungszeitraums.

Der Kläger hat am 19. Juni 2000 Klage zum Sozialgericht Marburg erhoben. Er hat daran festgehalten, dass es sich bei der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) um eine freie Mitarbeit gehandelt habe. Der Vertrag vom 28. Dezember 1993 sei vor dem Hintergrund der Betriebsübernahme durch den Sohn zu sehen. Die Fortführung des Betriebs habe dadurch erleichtert werden sollen, dass der Beigeladene zu 1) in einer Übergangszeit den von ihm aufgebauten Kundenstamm sowohl in der Beratung als auch in der Abwicklung weiter betreut habe. Der Beigeladene zu 1) sei dabei aber nicht in die betriebliche Organisation der Klägerin eingebunden gewesen, sondern habe diese Tätigkeit von seinem eigenen Büro aus, mit eigenen Gerätschaften und Werkzeug einschließlich eines eigenen Kraftfahrzeugs verrichtet. Auch die Finanzbehörden hätten dem Beigeladenen zu 1) als selbständigen Unternehmer angesehen und dementsprechend besteuert. Zwar sei es richtig, dass der Beigeladene zu 1) für seine Tätigkeit eine feste monatliche Vergütung erhalten habe, jedoch spiele dies für die Abgrenzung zwischen Arbeitnehmer und Selbständigen keine nennenswerte Rolle.

Das Sozialgericht hat den Beigeladenen zu 1) in der mündlichen Verhandlung vom 20. März 2002 als "Zeugen" vernommen und mit Urteil vom selben Tag die Klage abgewiesen. Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sei überwiegend durch Merkmale einer abhängigen Beschäftigung gekennzeichnet gewesen. Sämtliche Tätigkeiten des Beigeladenen zu 1) wie Kalkulationsarbeiten, Kundenbetreuung und Beratung sowie Auftragsbearbeitung hätten dem Zweck gedient, die Auftragslage der Firma des Sohnes zu unterstützen und zu stabilisieren. Eigene Arbeiten in seinem Gewerbebetrieb habe der Beigeladene im streitgegenständlichen Zeitraum nicht ausgeübt. Ein Kapitalrisiko, wie es für einen Selbständigen typisch sei, habe der Beigeladene zu 1) nicht getragen. Er habe – wie im abhängigen Beschäftigungsverhältnis üblich – eine feste monatliche Vergütung erhalten. Eine werbende Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für seinen eigenen Betrieb im streitgegenständlichen Zeitraum sei nicht feststellbar. Zwar habe der Beigeladene zu 1) glaubhaft ausgesagt, dass er keine Weisungen von dem Inhaber der Klägerin erhalten habe und wohl auch nicht entgegengenommen hätte. Das allein reiche aber nicht aus, um von einer selbständigen Tätigkeit auszugehen.

Gegen das ihm am 15. April 2002 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10. Mai 2002 Berufung eingelegt.

Die Klägerin führt aus, das Sozialgericht stelle die höchstrichterliche Entscheidungspraxis auf den Kopf. Gerade dem Merkmal der Weisungsgebundenheit sei entscheidende Bedeutung beizumessen, während die übrigen, vom Sozialgericht abgehandelten Kriterien lediglich ergänzend heranzuziehen seien. Der Beigeladene zu 1) habe selbst bestimmt, wann und wo er die vertraglich vereinbarten Dienstleistungen für die Klägerin erbracht habe; er sei dabei weder zeitlich, örtlich noch fachlich in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen. Es sei nicht nachvollziehbar, wie das Sozialgericht aus der Absicht des Beigeladenen zu 1), durch seine Tätigkeit die Auftragslage seines Sohnes zu unterstützen und zu stabilisieren, auf eine fremdbestimmte Tätigkeit schließe. Tatsächlich zeige sich hierdurch nur, dass sich langjährige Kunden der Firma A. mit dem Inhaber verbunden gefühlt hätten und ihnen deshalb an einer Weiterführung und Betreuung durch den früheren Inhaber gelegen gewesen sei.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 20. März 2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Juni 1998 und den Widerspruchsbescheid vom 18. Mai 2000 aufzuheben, soweit davon der Beigeladene zu 1) betroffen ist.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das sozialgerichtliche Urteil. Auch wenn dem Beigeladenen zu 1) gewisse Freiräume zugesprochen werden müssten, seien die von ihm verrichteten Tätigkeiten letztlich von der Klägerin betriebsorganisatorisch eingeplant und damit sachlich in deren Betriebsablauf eingegliedert gewesen.

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

In dem Erörterungstermin vom 6. April 2006 hat der Senat den Beigeladenen zu 1) persönlich gehört. Dieser hat ausgeführt, die Firma habe seit ihrem Beginn vorwiegend von Reparaturarbeiten an Häusern gelebt. Nachdem er den Betrieb 30 Jahre geführt habe, sei er sich mit seinem Sohn darüber einig gewesen, dass er nicht sofort habe ausscheiden sollen, weil es viele alte Kunden gegeben habe und diese den alten Chef weiterhin hätten sehen wollen. Für die vereinbarte Vergütung von 2.000,00 DM sei eine Arbeitszeit von ca. 20 Stunden als Wert "Pi mal Daumen" vereinbart gewesen. Die Weisungsgebundenheit nach dem Vertrag habe aus ihrer Sicht nur auf dem Papier bestanden. Es sei so gewesen, dass er keinen Weisungen seines Sohnes unterlegen habe, wie er die Arbeit zu machen habe, das sei in der Vater-Sohn-Beziehung gar nicht möglich gewesen.

Die Beigeladenen zu 2) und 3) haben im Erörterungstermin erklärt, angesichts der konkreten Umstände der Beschäftigung unter Berücksichtigung der Vater-Sohn-Beziehung gingen sie nicht von einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) aus.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der Entscheidung war, Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte über die Berufung ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz SGG –). Die zulässige Berufung der Klägerin hat auch in der Sache Erfolg. Das Urteil des Sozialgerichts kann nicht aufrechterhalten werden. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind, soweit sie den Beigeladenen zu 1) betreffen, rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Der Beigeladene zu 1) war kein Arbeitnehmer der Klägerin, weshalb eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen ausscheidet.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung der Versicherungspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI, § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB VI. Danach ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (BSG, Urteil vom 12. Februar 2004, B 12 KR 26/02 R m.w.N., Urteil vom 25. Januar 2001, B 12 KR 17/00 R = Die Sozialversicherung 2001, 329; vgl. Bundesarbeitsgericht – BAG - , Urteil vom 5. Juli 2000, 5 AZR 888/98 m.w.N.).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1), die dieser von 1994 bis 1996 für die Klägerin ausgeübt hat, nicht als abhängige Beschäftigung angesehen werden.

Im Fall des Beigeladenen zu 1) fehlt es an der ein Arbeitsverhältnis maßgeblich kennzeichnenden Eingliederung in den Betrieb der Klägerin und der persönlichen Abhängigkeit. Denn der Beigeladene zu 1) war bei der Ausübung seiner Tätigkeit im Wesentlichen frei. Das gilt sowohl für die Art und Weise, wie der Beigeladene zu 1) die vertraglich übernommenen Pflichten erfüllte, als auch in Bezug auf seine Einbindung in die Arbeitsorganisation der Klägerin. Der wesentliche Zweck des Freien-Mitarbeiter-Vertrags bestand, wie der Beigeladene zu 1) im Erörterungstermin am 6. April 2006 nachvollziehbar dargelegt hat, darin, ihn als früheren Betriebsinhaber, der den Betrieb 30 Jahre lang geführt hatte, weiter an den Betrieb zu binden, weil es zahlreiche alte Kunden gab, die den "alten Chef" weiterhin sehen wollten. Das ist vor dem Hintergrund eines kleineren Bauunternehmens im ländlichen Raum, in dem der persönliche Kontakt zu den Kunden und das Vertrauen in die fachliche Kompetenz des persönlich bekannten "Seniorchefs" eine wichtige Rolle spielt, unmittelbar nachvollziehbar.

Die Aufgabe des Beigeladenen zu 1) bestand darin, Kunden der Klägerin zu besuchen, die Kalkulation durchzuführen und Kostenvoranschläge zu machen. Bei dieser Tätigkeit unterlag der Beigeladene zu 1) keinen inhaltlichen Weisungen des Inhabers der Klägerin. Das wäre, wie der Beigeladene zu 1) und der Inhaber der Klägerin übereinstimmend und für den Senat überzeugend ausgeführt haben, in der Vater-Sohn-Beziehung und vor dem Hintergrund, dass der Beigeladene zu 1) den Betrieb vorher 30 Jahre lang geführt hatte, gar nicht möglich gewesen. Insoweit beinhaltet § 3 des Freien-Mitarbeiter-Vertrags nicht, wie die Beklagte angenommen hat, ein "umfassendes" Weisungsrecht der Klägerin in Bezug auf alle Modalitäten der Arbeitsausführung durch den Beigeladenen zu 1), sondern kann lediglich in dem Sinne verstanden werden, dass der Beigeladene zu 1) damit verpflichtet war, die ihm von der Klägerin übertragenen Aufträge zu erledigen. Die vertragliche Einräumung einer Weisungsbefugnis der Klägerin gegenüber dem Beigeladenen zu 1) hatte in diesem Zusammenhang ersichtlich klarstellende Funktion: sie machte deutlich, dass nicht mehr der Beigeladene zu 1), sondern sein Sohn nunmehr der Firmeninhaber war, der im Streitfall entscheidungsbefugt war. Nicht gemeint war damit aber zur Überzeugung des Senats eine Weisungsbefugnis in Einzelheiten der Arbeitsausführung.

Auch für die von der Beklagten angenommene Einbindung des Beigeladenen zu 1) in die Arbeitsorganisation der Klägerin fehlt es an ausreichenden Anhaltspunkten. Der Vertrag über eine freie Mitarbeit vom 28. Dezember 1993 gestand dem Beigeladenen zu 1) ausdrücklich zu, seine Arbeitszeit nach freiem, pflichtgemäßen Ermessen einzuteilen; an eine regelmäßige Arbeitszeit war er nicht gebunden. Diese vertragliche Vereinbarung hat, wie der Beigeladene zu 1) glaubhaft dargelegt hat, auch der Realität entsprochen. Zwischen ihm und seinem Sohn war lediglich eine ungefähre wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden vereinbart, die aber nicht kontrolliert worden ist. Seine Anwesenheitszeiten hat der Beigeladene zu 1) selbst bestimmt. Zwar musste er bei der Einteilung und dem Umfang der Arbeitszeit die fristgerechte Erledigung der Aufträge berücksichtigen. Dies ist indes, worauf die Klägerin zu Recht hingewiesen hat, bei jeder fristgebundenen Arbeit auch von selbständigen Unternehmern selbstverständlich und kein Indiz für eine Abhängigkeit.

Die weiteren Ausführungen der Beklagten über die Einplanung des Beigeladenen zu 1) in die Betriebsorganisation und den Betriebsablauf sind nicht durch Tatsachen substantiiert. Die Klägerin und der Beigeladene zu 1) haben übereinstimmend vorgetragen, dass der Beigeladene zu 1) seine Tätigkeit nicht im Büro der Klägerin verrichten musste, sondern dies zuhause tun konnte und auch überwiegend dort getan hat. Lediglich bei der Kundenbetreuung und -beratung ist der Beigeladene zu 1) außerhalb seines Büros in den Räumen der Klägerin tätig geworden. Auch das liegt jedoch in der Natur der Sache und ist kein Indiz für die angenommene Eingliederung in den Betrieb der Klägerin.

Dass zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) ein freies Mitarbeiterverhältnis ernstlich gewollt war, wird durch weitere Indizien untermauert. Nach dem Vertrag vom 28. Dezember 1993 hatte der Beigeladene zu 1) weder Anspruch auf Urlaub noch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Steuern und Krankenversicherungsbeiträge hatte er selbst zu tragen. In seinen Rechnungen hat der Beigeladene zu 1) die Mehrwertsteuer gesondert ausgewiesen. Er hatte ein eigenes Gewerbe angemeldet und ist zur Einkommenssteuer veranlagt worden.

Diese persönliche Unabhängigkeit und Freiheit in der Arbeitsgestaltung des Beigeladenen zu 1) wiegt so schwer, dass andere Gesichtspunkte dahinter zurücktreten. Soweit das Sozialgericht darauf hingewiesen hat, dass der Beigeladene zu 1) in dem streitgegenständlichen Zeitraum nur für die Klägerin tätig geworden ist, so spricht dies nicht gegen eine selbständige Tätigkeit; denn es entspricht im Wirtschaftsleben einer verbreiteten Praxis, dass Selbständige auch über längere Zeiträume hinweg nur für einen Auftraggeber tätig sind. Eine damit möglicherweise verbundene wirtschaftliche Abhängigkeit ändert an der rechtlichen Beurteilung jedoch nichts. Insoweit kann es auch dahinstehen, ob der Beigeladene zu 1) in dem streitigen Zeitraum am Markt werbend aufgetreten ist. Ebenso wenig spielt das vertraglich vereinbarte Wettbewerbsverbot eine bedeutsame Rolle. Das Verbot, während der Dauer des Vertragsverhältnisses Tätigkeiten in anderen Bauunternehmungen oder vergleichbaren Branchen insbesondere bei Konkurrenzunternehmen zu übernehmen, schränkte zwar die unternehmerische Freiheit des Beigeladenen zu 1) ein, beeinträchtigte ihn aber nicht in seiner persönlichen Unabhängigkeit gegenüber der Klägerin und machte eine anderweitige berufliche Tätigkeit im Rahmen der dem Beigeladenen zu 1) zugestandenen freien Zeiteinteilung nicht unmöglich. Insoweit kann es auch dahinstehen, ob der Vortrag der Klägerin zutrifft, damit sei lediglich eine Tätigkeit für konkurrierende Bauunternehmen im örtlichen Umkreis gemeint gewesen. Ein bedeutsames unternehmerisches Risiko hat der Beigeladene zu 1) allerdings nicht getragen. Er hatte Anspruch auf eine monatlich feste Vergütung von 2.000,00 DM, die ihm auch während der gesamten Dauer der Tätigkeit für die Klägerin gezahlt worden ist. Eigenes Kapital hat er nur insoweit eingesetzt, als er nach seinen Angaben mit dem eigenen Kraftfahrzeug auf seine Kosten zu den Baustellen gefahren ist. Unabhängig davon, welches Gewicht man dem beimisst, ist bei einem freien Mitarbeitervertrag die Zahlung einer festen Vergütung aber kein entscheidendes Kriterium, sondern lediglich ein im Rahmen der Gesamtbetrachtung zu würdigendes Indiz (vgl. BSG, Urteil vom 25. Januar 2001, a.a.O.; Urteil vom 29. Januar 1981, 12 RK 46/79 – Juris –). Auch die Zahlung einer pauschalen Vergütung schließt nicht aus, dass der Auftraggeber dem freien Mitarbeiter hinsichtlich der Art und Weise der Arbeitsausübung die für eine selbständige Tätigkeit kennzeichnenden Freiheiten lässt, wie dies vorliegend der Fall war und was im Zusammenhang damit zu sehen ist, dass das Vertragsverhältnis durch die familiäre Bindung und das Vertrauensverhältnis zwischen Vater und Sohn überlagert wurde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG, da der Rechtsstreit bereits am 19. Juni 2000 und damit vor Inkrafttreten von § 197a SGG (am 2. Januar 2002) anhängig geworden ist.

Gründe für die Zulassung der Revision lagen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved