L 9 AY 7/06 ER

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
9
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 23 AY 21/05 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 9 AY 7/06 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Kassel vom 24. Mai 2006, durch den der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt wurde, wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt F. aus B-Stadt wird abgelehnt.

Gründe:

I.

Die Antragsteller begehren von dem Antragsgegner die Bewilligung von Leistungen nach § 2 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) i.V.m. den Vorschriften des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch (SGB XII).

Die Antragsteller sind serbisch-montenegrinische Staatsangehörige aus dem Kosovo, eigenen Angaben zufolge zugehörig zur Volksgruppe der Ashkali. Die Antragsteller zu 1) und 2) reisten am 24. Juni 1993 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten am 7. Juli 1993 ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Mit Bescheid vom 31. August 1993 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge die Asylanträge ab und verneinte gleichzeitig das Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 51 Abs. 1 und 53 Ausländergesetz (AuslG). Die dagegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht Gießen mit Urteil vom 18. Februar 1997 abgewiesen (9 E 14548/93.A). Die mit Schreiben vom 6. Juni 1997 gestellten Asylfolgeanträge der Antragsteller zu 1) und 2) lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 22. Oktober 1997 ab. Die dagegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Kassel mit Urteil vom 19. Februar 1998 (7 E 3506/97.A (1) -) als offensichtlich unbegründet ab. Der Antragsteller zu 1) wurde am 5. Juni 1998 nach Belgrad abgeschoben. Seinen am 5. Juni 1998 gestellten Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 12. Juni 1998 ab. Einen weiteren, am 14. Oktober 1998 gestellten Antrag des Antragstellers zu 1) auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 24. November 1998 ab. Die dagegen erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Kassel mit Urteil vom 2. März 2000 (7 E 3954/98.A) als offensichtlich unbegründet abgewiesen.

Einen mit Schriftsatz vom 17. April 2000 gestellten weiteren Asylfolgeantrag der Antragsteller zu 1) bis 3) lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheiden vom 8. Mai 2000 ab. Gleichzeitig lehnte das Bundesamt die Änderung früherer Bescheide zur Feststellung des § 53 AuslG ab. Außerdem wurden die Antragsteller zur Ausreise innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung aufgefordert und die Abschiebung nach Jugoslawien (Kosovo) angedroht. Am 15. Juni 2000 haben die Antragsteller zu 1) bis 3) beim Verwaltungsgericht Kassel Klage erhoben und gleichzeitig die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung beantragt. Mit Beschluss vom 13. Juli 2000 lehnte das Verwaltungsgericht Kassel (7 G 1648/00.A) den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 15. Juni 2000 ab. Das Klageverfahren 7 E 1649/00.A wurde nach Klagerücknahme mit Beschluss vom 16. August 2000 eingestellt.

Die am 30. August 2000 gestellten Anträge auf Abänderung der Bescheide vom 31. August 1993 (Antragsteller zu 1 und 2) und vom 23. Juli 1997 (Antragstellerin zu 3) bezüglich der Feststellung zu § 53 AuslG lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 13. Mai 2002 ab. Die dagegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Kassel am 12. Dezember 2002 als offensichtlich unbegründet ab. Einen weiteren Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens zu § 53 AuslG der Antragsteller zu 1) bis 3) vom 13. Oktober 2003 lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 8. Dezember 2003 ab. Die dagegen erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Kassel mit Urteil vom 8. April 2005 (4 E 3491/03.A) ab. Für die Antragsteller zu 4) und zu 5) wurden erstmals am 13. Mai 2002 Asylanträge gestellt, die das Bundesamt mit Bescheid vom 25. Juni 2002 als offensichtlich unbegründet ablehnte.

Für die Antragsteller zu 3) bis 5) wurden bis heute keine Passdokumente vorgelegt. In der Vergangenheit haben sich auch die Antragsteller zu 1) und 2) darauf berufen, nicht im Besitz von Passdokumenten zu sein. Als sie gegenüber der Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis beantragten, legten sie dort aber auf Aufforderung Pässe vor, die bereits im April 2003 in Serbien und Montenegro ausgestellt worden waren. Im November 2005 haben die Antragsteller erneut erklärt, nicht freiwillig ausreisen zu wollen.

Unter dem 26. April 2005 beantragten die Antragsteller die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nach dem Aufenthaltsgesetz.

Der Antragsgegner hat für die Antragsteller bisher jeweils für die Dauer von drei Monaten Duldungen erteilt, die mit der Ausreise erlöschen, nach den vorgelegten Ausländerakten zuletzt am 26. Juni 2006 bis zum 25. September 2006.

Nach Mitteilungen der Ausländerbehörde, dass bei den Antragstellern Abschiebungshindernisse bestünden, die diese aufgrund von Passlosigkeit und mangels fehlenden Bemühens um die Ausstellung von Pass- oder Passersatzpapieren selbst zu vertreten hätten, kürzte der Antragsgegner die Leistungen nach § 1a AsylbLG gegenüber dem Antragsteller zu 1) ab April 2000, gegenüber den Antragstellern zu 2) bis 4) ab Januar 2000 und gegenüber dem Antragsteller zu 5) seit Juli 2000.

Gegen Leistungsbescheide des Antragsgegners vom 26. August 2003 Leistungen nach dem AsylbLG ab 1. September 2003 betreffend legten die Antragsteller am 23. September 2003 Widerspruch ein, mit dem sie sich insbesondere gegen die Kürzungen nach § 1a AsylbLG wandten. Am 19. Januar 2004 beantragten die Antragsteller beim Verwaltungsgericht Kassel, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen ungekürzte Leistungen nach dem AsylbLG zu gewähren. Mit Beschluss vom 17. Februar 2004 (5 G 142/04) lehnte das Verwaltungsgericht Kassel den Antrag ab. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die Antragsteller gehörten dem Personenkreis der Ashkali an, die zur albanisch sprechenden Bevölkerungsgruppe der Roma gehörten. Dieser Personenkreis werde vom Abschiebestopp nicht erfasst. Die Antragsteller hätten darüber hinaus zu vertreten, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen derzeit nicht vollzogen werden könnten, da sie nicht im Besitz gültiger Passpapiere seien. Die Antragsteller hätten diesbezüglich keinerlei Anstrengungen unternommen und vielmehr bereits am 12. April 2000 erklärt, dass sie nicht bereit seien, freiwillig in ihr Heimatland zurückzukehren. Dieses Verhalten berechtige den Antragsgegner dazu, die Hilfe einzuschränken und Leistungen nur noch zu gewähren, soweit dies im Einzelfall nach den Umständen unabweisbar geboten sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Juli 2005 wies der Antragsgegner den Widerspruch vom 23. September 2003, der sich gegen die Leistungskürzung nach § 1a AsylbLG richtete, zurück. Dieses Verfahren ist bestandskräftig abgeschlossen.

Im Rahmen der Bewilligung nach §§ 3, 1a AsylbLG kürzt der Antragsgegner die Leistungen um den Betrag nach § 3 Abs. 1 S. 4 AsylbLG (je nach Alter 40,90 EUR bzw. 20,45 EUR), außerdem den Regelsatz nach § 3 Abs. 2 AsylbLG um jeweils 15,34 EUR für den Anteil an Bekleidung. Bekleidungsbeihilfen bewilligt der Beklagte nach vorheriger Bedarfsanmeldung im Einzelfall.

Bereits mit anwaltlichem Schriftsatz vom 4. Mai 2005 legten die Antragsteller Widerspruch gegen die gegenwärtige Leistungsgewährung ein und beantragten die Gewährung von Leistungen nach § 2 AsylbLG.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11. April 2006 wies der Antragsgegner den Widerspruch vom 4. Mai 2005 zurück. Über die dagegen am 20. April 2006 erhobene Klage (S 23 AY 9/06) hat das Sozialgericht Kassel bisher nicht entschieden.

Der Antragsteller zu 1) erhielt vor 1998 bis zu seiner Abschiebung und nach seiner erneuten Einreise am 14. Oktober 1998 ungekürzte Leistungen nach dem AsylbLG. Die Antragstellerinnen zu 2) und 3) bezogen vor dem Jahr 2000 ungekürzte Leistungen nach § 3 AsylbLG über mehr als 36 Monate. Die Antragstellerin zu 4) erhielt von 1998 bis zum Jahr 2000 ungekürzte Leistungen und die Antragstellerin zu 5) bezog nur gekürzte Leistungen nach § 1a AsylbLG.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 19. September 2005, beim Sozialgericht Kassel eingegangen am 21. September 2005, haben die Antragsteller um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Zur Begründung haben sie ausgeführt, sie hätten einen Anspruch nach § 2 AsylbLG in Höhe der Leistungen nach dem SGB XII, da sie über einen Zeitraum von mehr als 36 Monaten Leistungen nach §§ 1, 3 AsylbLG bezogen hätten. Sie hätten auch die Dauer ihres Aufenthaltes nicht rechtsmissbräuchlich beeinflusst. Den Antragstellern werde weder vorgeworfen, ihre Pässe vernichtet zu haben noch falsche Angaben über ihre Identität gemacht zu haben. Der Antragsgegner lege ihnen lediglich eine fehlende Mitwirkung bei der Beschaffung der Dokumente zur Last. Bis zum Jahre 2004 habe aber ein Abschiebestopp bestanden, so dass ohnehin nicht von Rechtsmissbräuchlichkeit ausgegangen werden könne. Es würde dem Integrationsgedanken widersprechen, wenn den Antragstellern die Leistungen vorenthalten würden. Die gekürzten Leistungen nach § 1a AsylbLG seien bei der Berechnung der Frist von 36 Monaten nicht zu berücksichtigen. Die Kürzung der Leistungen sei außerdem zu Unrecht erfolgt.

Der Antragsgegner ist dem Begehren der Antragsteller entgegengetreten. Die Antragsteller hätten die Dauer ihres Aufenthaltes rechtsmissbräuchlich beeinflusst. Dies habe bereits zu Kürzungen nach § 1a AsylbLG geführt. Ob die Antragsteller vor dem Jahre 2000 ungekürzte Leistungen erhalten hätten, sei unerheblich. Die Antragsteller hätten durch zahlreiche Folge- und Wiederaufnahmeanträge die Dauer ihres Aufenthalts rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst. Sie hätten sich außerdem zu Unrecht auf das Fehlen von Pässen berufen und an der Beschaffung der Dokumente nicht mitgewirkt. Die Antragsteller zu 1) und zu 2) hätten ihre Pässe bewusst zurückgehalten, um aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu verhindern oder hinauszuzögern. Für die Antragsteller zu 3) bis 5) würden bis heute keine Pässe vorliegen.

Auf Anfrage des Sozialgerichts hat die Ausländerbehörde des Antragsgegners mitgeteilt, dass für Ashkali derzeit kein Abschiebestopp bestehe. Eine freiwillige Ausreise sei zu jedem Zeitpunkt möglich gewesen.

Das Sozialgericht Kassel hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 24. Mai 2006 abgelehnt. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, die Antragsteller zu 1), 4) und 5) hätten einen Anordnungsanspruch schon deshalb nicht glaubhaft gemacht, weil sie Grundleistungen nach § 3 AsylbLG weniger als 36 Monate lang bezogen hätten. Außerdem sei der Zeitraum der Bewilligung von gekürzten Leistungen nicht in die Berechnung der Frist des § 2 Abs. 1 AsylbLG einzubeziehen, weil die Einbeziehung solcher Zeiten dem Zweck dieser Vorschrift zuwiderlaufen würde. Hinsichtlich der Antragstellerinnen zu 2) und 3) spreche nach summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Voraussetzungen des § 2 AsylbLG nicht erfüllt seien. Zwar reiche allein die Weigerung freiwillig auszureisen für die Annahme der Rechtsmissbräuchlichkeit der Verlängerung des Aufenthaltes nicht aus. Hier kämen allerdings noch mehrere Umstände hinzu: So hätten die Antragsteller zahlreiche Asylfolgeanträge und Wiederaufnahmeanträge gestellt. Alle Anträge seien bei den Verwaltungsgerichten ohne Erfolg geblieben, so dass die Antragsteller vollziehbar ausreisepflichtig seien. Weder im Jahre 2004 noch derzeit gebe es einen Abschiebestopp für Ashkali. Außerdem hätten die Antragsteller zu 1) und 2) in ihrem Besitz befindliche Pässe nicht vorgelegt. In der Zusammenschau dieser Umstände sei ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Antragsteller zu sehen. Dieses Verhalten sei auch den minderjährigen Antragstellern zuzurechnen. Im Übrigen bestünden auch Zweifel am Vorliegen eines Anordnungsgrundes. Die Antragsteller stünden nämlich nicht mittellos da, sondern erhielten abgesenkte Leistungen mit Ausnahme des Taschengeldes, so dass das Existenzminimum gesichert sei.

Gegen den am 1. Juni 2006 zugestellten Beschluss haben die Antragsteller am Montag, dem 3. Juli 2006 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung haben die Antragsteller vorgetragen, entgegen der Ansicht des Sozialgerichts sei ein Anordnungsgrund zu bejahen. Es sei den Antragstellern nicht zumutbar, sich bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens auf Leistungen unterhalb des Niveaus des § 2 Abs. 1 AsylbLG verweisen zu lassen. Den Antragstellern stehe auch ein Anordnungsanspruch zu. Die zeitliche Anspruchskomponente des § 2 Abs. 1 AsylbLG sei erfüllt. Zwar würden die Antragsteller seit dem Jahre 2000 gekürzte Leistungen nach §1a AsylbLG erhalten. Jedoch vermöge diese Tatsache nicht der 36-Monatsfrist entgegenzustehen, da sich eine entsprechende Leistungskürzung als rechtswidrig erweise. Die Voraussetzungen des § 1a AsylbLG hätten zu keinem Zeitpunkt vorgelegen. Im Hinblick auf die Tatsache, dass Rückführungen von Ashkali in den Kosovo erst wieder ab Mai 2005 möglich seien, seien die Antragsteller zuvor zu dulden gewesen. Die Nichterfüllung der Passpflicht erweise sich mithin nicht als kausal für die Unmöglichkeit einer Abschiebung. Den Antragstellern könne darüber hinaus kein Rechtsmissbrauch i.S.d. § 2 AsylbLG vorgeworfen werden. Entsprechende Tatsachen habe der Antragsgegner nicht vorgetragen. Da sich das missbräuchliche Verhalten als ursächlich für die Nichtvollziehbarkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen darstellen müsse, komme ein Rechtsmissbrauch lediglich für die Zeit in Betracht, in der Abschiebungen von Ashkali in den Kosovo wieder möglich gewesen seien, folglich für die Zeit ab Mai 2005. Aber auch für diesen Zeitraum sei der Antragsgegner darlegungs- und beweisbelastet im Hinblick auf das Vorliegen einer selbst beeinflussten, rechtsmissbräuchlichen Verlängerung der Aufenthaltsdauer. Der Antragsgegner müsse darlegen und beweisen, dass konkret aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei den Antragstellern geplant gewesen seien und diese aufgrund fehlender Mitwirkung, die ebenfalls durch den Antragsgegner zu konkretisieren gewesen wäre, unmöglich gewesen seien. Entsprechende Darlegungen und Beweise seien von dem Antragsgegner jedoch nicht erbracht worden.

Die Antragsteller beantragen sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Kassel vom 24. Mai 2006, soweit der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt wurde, aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen vorläufig bis zur Entscheidung über die beim Sozialgericht Kassel am 20. April 2006 erhobene Klage (S 23 AY 9/06) Leistungen nach § 2 AsylbLG i.V.m. den Vorschriften des SGB XII zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen des Beschlusses des Sozialgerichts Kassel sowie auf die Schriftsätze im erstinstanzlichen Verfahren. Die Antragsteller hätten weder einen Anordnungsgrund noch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Hinsichtlich des Anordnungsgrundes verweist der Antragsgegner auf den Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 21. Dezember 2005. Auch ein Anordnungsanspruch liege nicht vor. Maßgebend sei, dass die Antragsteller seit April 2000 gekürzte Leistungen nach § 1a AsylbLG erhielten. Es bestünden insoweit bestandskräftige Leistungsbescheide. Darüber hinaus habe auch das Verwaltungsgericht Kassel in dem erwähnten Beschluss vom 17. Februar 2004 die vorgenommene Kürzung für Rechtens erachtet. Auch diese Entscheidung sei rechtskräftig. Selbst wenn man die Auffassung vertreten würde, dass es dem Antragsgegner obliege, die Tatsachen darzulegen und zu beweisen, die einen Rechtsmissbrauch begründen würden, so könne das jedenfalls nicht so weit gehen, nachträglich noch den Beweis dafür zu erbringen, dass bestandskräftige bzw. rechtskräftige Entscheidungen tatsächlich rechtmäßig ergangen seien. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass zum Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung vom 17. Februar 2004 für den Personenkreis der Ashkali kein Abschiebestopp bestanden habe. Selbst wenn es danach kurzfristig einmal zu einem Abschiebestopp gekommen sein sollte, so habe dieser zumindest keine 36 Monate gedauert, denn nach dem eigenen Vorbringen der Antragsteller seien Rückführungen von Ashkali in den Kosovo ab Mai 2005 wieder möglich. Zu der Auffassung der Antragsteller, der Antragsgegner müsse darlegen und beweisen, dass konkret aufenthaltsbeendende Maßnahmen geplant gewesen seien, weise der Antragsgegner darauf hin, dass nicht er, sondern die ZAB beim Regierungspräsidium. Abschiebebehörde sei. Im Übrigen sei es nicht Voraussetzung für die Annahme der Rechtsmissbräuchlichkeit i.S.d. § 2 Abs. 1 AsylbLG, dass bereits konkrete aufenthaltsbeendende Maßnahmen geplant seien.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (4. Juli 2006).

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners (Leistungs- und Ausländerakten die Antragsteller betreffend) ergänzend Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Das Sozialgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.

Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens sind die von den Antragstellern begehrten höheren Leistungen nach dem AsylbLG. Dabei ist es unerheblich, auf welche Anspruchsgrundlage die Antragsteller ihr Begehren stützen. Im Antragsschriftsatz werden zwar nur die privilegierten Leistungen nach § 2 AsylbLG i.V.m. dem entsprechend anwendbaren Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) erwähnt. Ein Anspruch auf höhere Leistungen kann sich außer aus § 2 AsylbLG aber auch aus § 3 AsylbLG ergeben, soweit die Voraussetzungen des § 1a AsylbLG nicht vorliegen. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist daher im vorliegenden Verfahren auch zu prüfen, ob die von dem Antragsgegner vorgenommene Absenkung der Leistungen nach § 1a AsylbLG rechtmäßig ist.

Nach § 86b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis getroffen werden, wenn dies zur Abwehr wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruchs) und die besondere Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft gemacht werden (§ 86b Abs. 2 S. 3 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).

Die Antragsteller haben einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.

Ein solcher Anspruch ergibt sich zunächst nicht aus § 2 AsylbLG. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift ist abweichend von den §§ 3 bis 7 das SGB XII auf diejenigen Leistungsberechtigten entsprechend anzuwenden, die über eine Dauer von insgesamt 36 Monaten Leistungen nach § 3 erhalten haben und die Dauer des Aufenthalts nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst haben. Minderjährige Kinder, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Haushaltsgemeinschaft leben, erhalten Leistungen nach Abs. 1 nur, wenn mindestens ein Elternteil in der Haushaltsgemeinschaft Leistungen nach Abs. 1 erhält (§ 2 Abs. 3 AsylbLG).

Kam nach der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Regelung des § 2 Abs. 1 AsylbLG eine leistungsrechtliche Privilegierung dann in Betracht, wenn sowohl einer freiwilligen Ausreise als auch dem Vollzug aufenthaltsbeendender Maßnahmen entgegenstehende Gründe vorlagen, stellt die ab 1. Januar 2005 geltende Neuregelung der Vorschrift entscheidend darauf ab, ob die Dauer des Aufenthalts rechtsmissbräuchlich beeinflusst wurde. Darauf, ob tatsächliche oder rechtliche Gründe der Beendigung des Aufenthalts des Ausländers im Bundesgebiet entgegenstehen, kommt es nach dem Wortlaut der Neuregelung nicht an.

Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 AsylbLG liegen im Falle der Antragsteller nicht vor.

Dabei kann es offen bleiben, ob in die Berechnung der 36 Monats-Frist die Zeiten, in denen lediglich nach § 1a AsylbLG gekürzte Leistungen gewährt wurden, einzubeziehen sind (verneinend: OVG Berlin, Beschluss vom 13. September 2002 – 6 S 32.01 – juris; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21. August 2001 – 1 M 77/01 – SAR 2001, 8; VG Düsseldorf, Urteil vom 11. November 2005 – 13 K 6402/04 – SAR 2006,23; bejahend: VG Hannover, Urteil vom 13. November 2000 – 7 A 4673/00 –; VG Braunschweig, Urteile vom 23. Januar 2003 – 3 A 60/02 – und vom 5. Juni 2003 – 4 A 64/03 – juris m.w.N. zum Streitstand).

Die Antragsteller haben die Dauer ihres Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland selbst rechtsmissbräuchlich beeinflusst.

Durch das Wort "selbst", das sich auf den Leistungsberechtigten nach § 1 Abs. 1 AsylbLG bezieht, wird klargestellt, dass nur solche Umstände im Rahmen des § 2 Abs. 1 AsylbLG relevant sind, die im Verantwortungsbereich des Leistungsberechtigten wurzeln und nicht ausschließlich einem Dritten zuzuordnen sind. Mithin knüpft der Tatbestand des § 2 Abs. 1 AsylbLG unmittelbar an ein Verhalten des Leistungsberechtigten an. Dieses Verhalten kann in einem Tun oder Unterlassen bestehen (Hohm, Leistungsrechtliche Privilegierung nach § 2 Abs. 1 AsylbLG F. 2005, NVwZ 2005, 388, 389).

Darüber hinaus muss die Selbstbeeinflussung der Dauer des Aufenthalts rechtsmissbräuchlich sein. Was unter "rechtsmissbräuchlich" im Sinne des § 2 Abs. 1 AsylbLG zu verstehen ist, wird allerdings weder in der Vorschrift selbst noch an anderer Stelle des Asylbewerberleistungsgesetzes definiert. Auch der Gesetzesbegründung (BT Drs. 15/420, S. 121) ist keine Bestimmung dieses unbestimmten Rechtsbegriffes zu entnehmen; sie nennt lediglich Beispielsfälle. Zu den Beispielsfällen für eine rechtsmissbräuchliche Selbstbeeinflussung der Aufenthaltsdauer zählt die Gesetzesbegründung: die Vernichtung des Passes sowie die Angabe einer falschen Identität. Darüber hinaus lässt sich der Begründung die Intention des Gesetzgebers entnehmen, zwischen denjenigen Ausländern zu unterscheiden, die unverschuldet nicht ausreisen können und denjenigen, die ihrer Ausreisepflicht rechtsmissbräuchlich nicht nachkommen. Es soll also nur dasjenige Verhalten als rechtsmissbräuchlich gelten, das dem Leistungsberechtigten subjektiv vorwerfbar ist (Hohm s.o. S. 389). Schließlich stellt die Gesetzesbegründung auf die Vereinbarkeit des § 2 Abs. 1 AsylbLG mit der EG-Richtlinie 2003/9/EG vom 27. Januar 2003 ab. Art. 16 dieser Richtlinie führt in Abs. 1 lit. a zur Leistungseinschränkung oder -verweigerung berechtigende Verhaltensweisen Asylsuchender auf, die bei der Auslegung des § 2 Abs. 1 AsylbLG heranzuziehen sind. Danach sind die Mitgliedstaaten zur Einschränkung oder zum Entzug der im Rahmen der Aufnahmebedingungen gewährten Vorteile berechtigt, wenn der Asylbewerber den ihm zugewiesenen Aufenthaltsort ohne vorherige Unterrichtung der Behörde bzw. ohne die erforderliche Genehmigung verlässt, wenn er seinen Melde- und Auskunftspflichten oder Aufforderungen zu persönlichen Anhörungen im Rahmen seines Asylverfahrens nicht in angemessener Frist nachkommt oder im gleichen Mitgliedstaat bereits einen Antrag gestellt hat. Für die Auslegung des Begriffs der "Rechtsmissbräuchlichkeit" in § 2 Abs. 1 AsylbLG wird trotz des unterschiedlichen Wortlauts der Bestimmungen auch auf die in § 1a Nrn. 1 und 2 AsylbLG normierten Missbrauchstatbestände zurückgegriffen (Hohm s.o. S. 390), da das in beiden Normen beschriebene Verhalten für die Dauer des Aufenthalts ursächlich sei, wobei ihm eine ungerechtfertigte aufenthaltsbegründende oder aufenthaltsverlängernde Wirkung zukomme. Schließlich wird für die Auslegung des § 2 Abs. 1 AsylbLG auf Sinn und Zweck der Vorschrift und das mit dem Asylbewerberleistungsgesetz insgesamt verfolgte Anliegen abgestellt (Hohm s.o. S. 390). Danach ist unter "rechtsmissbräuchlicher Selbstbeeinflussung der Dauer des Aufenthalts" im Sinne des § 2 Abs. 1 AsylbLG das in der Ausübung eines subjektiven Rechts bestehende oder darauf bezogene, von der Rechtsordnung missbilligte subjektiv vorwerfbare Verhalten eines Ausländers zu verstehen, das ursächlich für seinen tatsächlichen Aufenthalt im Bundesgebiet war und/oder ist (Hohm s.o.).

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien haben die Antragsteller die Dauer Ihres Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland rechtsmissbräuchlich beeinflusst.

Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten ist allerdings nicht schon im Hinblick auf die Nutzung der den Antragstellern erteilten Duldungen zu bejahen (ebenso LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 20. Dezember 2005 – L 7 AY 51/05 – InfAuslR 2006, 205). Nach § 60a Abs. 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) ist die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen, solange diese aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Vorschrift betrifft allein die Frage, ob tatsächliche oder rechtliche Gründe der Abschiebung eines Ausländers entgegenstehen. Sie trifft aber keine Aussage dazu, ob diese Gründe von dem Ausländer zu vertreten sind oder nicht.

Offen bleiben kann, ob die Weigerung der Antragsteller, freiwillig in ihr Heimatland auszureisen, als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist. Diese Möglichkeit hat für die Antragsteller jederzeit bestanden (vgl. Erlass des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport vom 23. Mai 2005 – II 41 - 23 d 05 05 02 - 3/04-05/001). Zum anderen hätten die Antragsteller freiwillig in die Gebiete Serbiens und Montenegros außerhalb des Kosovo ausreisen können (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 11. November 2005 – 13 K 6402/04 – SAR 2006, 23). In der Rechtsprechung wird insoweit die Auffassung vertreten, dass die Weigerung freiwillig auszureisen zwar die Dauer des Aufenthaltes im Bundesgebiet beeinflusse, dies jedoch nicht in rechtsmissbräuchlicher Weise geschehe (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 15. November 2005 – L 7 AY 4413/05 ER-B – SAR 2006, 33; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 20. Dezember 2005 – L 7 AY 51/05 – s.o.).

Die Rechtsmissbräuchlichkeit des Verhaltens folgt hier zum einen daraus, dass die Antragsteller eine Vielzahl von Folge- und Wiederaufgreifensanträgen nach rechtskräftiger Ablehnung ihrer Asylanträge gestellt haben. Sämtliche Anträge blieben erfolglos. Die Antragsteller zu 1) und 2) haben darüber hinaus vorhandene Reisepässe der Ausländerbehörde erst verzögert ausgehändigt und für die Antragsteller zu 3) bis 5) trotz Aufforderung der Ausländerbehörde bis heute keine Pass- oder Passersatzpapiere vorgelegt. Sie haben zudem seit Jahren betont, nicht freiwillig in ihr Heimatland zurückkehren zu wollen. Durch dieses Verhalten der Antragsteller wird nicht nur eine Verlängerung des Aufenthalts im Bundesgebiet bezweckt, aufenthaltsbeendende Maßnahmen sollen vielmehr dauerhaft verhindert werden.

Die Antragsteller haben durch ihr rechtsmissbräuchliches Verhalten auch die Dauer des Aufenthalts beeinflusst.

Eine Beeinflussung der Dauer des Aufenthalts ist dann zu bejahen, wenn eine Ausreise aus dem Bundesgebiet andernfalls zu einem früheren Zeitpunkt möglich gewesen wäre, also ein kausaler Zusammenhang zwischen dem rechtsmissbräuchlichen Verhalten und der (möglichen) Beendigung des Aufenthalts besteht. Das LSG Niedersachsen-Bremen nimmt im Hinblick auf den geänderten Wortlaut des § 2 Abs. 1 AsylbLG eine Beeinflussung der Dauer des Aufenthalts in diesem Sinne nicht nur dann an, wenn eine Ausreise des Leistungsberechtigten zum konkreten Zeitpunkt der Entscheidung über den Leistungsantrag möglich ist, d.h. keine tatsächlichen oder rechtlichen Hindernisse entgegenstehen, sondern auch dann, wenn eine Ausreise aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht in Betracht kommt. In derartigen Fällen bestehe wegen der aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen bestehenden Ausreisehindernisse zwar kein kausaler Zusammenhang zwischen dem rechtsmissbräuchlichen Verhalten des Leistungsberechtigten und der Ausreisemöglichkeit zum konkreten Zeitpunkt. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Leistungsberechtigten in dem oben genannten Sinne sei aber generell geeignet, die Dauer des Aufenthalts zu beeinflussen. Es komme insoweit nicht darauf an, dass sich die Verlängerung bereits realisiert habe oder ob der kausale Zusammenhang dadurch weggefallen sei, dass zwischen dem rechtsmissbräuchlichen Verhalten und dem Leistungsantrag die Abschiebung vorübergehend ausgesetzt worden sei. Allein eine solche abstrakte Betrachtungsweise entspreche dem Zweck der Neuregelung des § 2 Abs. 1 AsylbLG, nach der für die leistungsrechtliche Privilegierung nicht mehr wie nach der früheren Regelung tatsächliche oder rechtliche Ausreisehindernisse von Bedeutung seien. Vielmehr bezwecke die Neuregelung eine leistungsrechtliche Begünstigung derjenigen Hilfeempfänger, die sich nicht rechtsmissbräuchlich im Sinne der Regelung verhalten, um auf diese Weise den Anreiz zur rechtsmissbräuchlichen Asylantragstellung einzuschränken und zu einer Reduzierung der Anträge und damit zu einer Verfahrensbeschleunigung zu gelangen. Dieser Zweck würde verfehlt, wenn - bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen im Übrigen - Leistungsberechtigten trotz rechtsmissbräuchlichen Verhaltens im Sinne der genannten Regelung leistungsrechtlich privilegiert würden, weil ein Ausreisehindernis aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen bestünde. Dabei komme es auf die gesamte Dauer des Aufenthalts des Ausländers im Bundesgebiet an und nicht etwa nur z. B. auf die Dauer des Aufenthalts nach rechtskräftiger Ablehnung des Asylantrages (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteile vom 20. Dezember 2005 – L 7 AY 40/05 und L 7 AY 55/05 – juris – und L 7 AY 51/05 – s.o.). Der erkennende Senat sieht allerdings nicht jedes rechtsmissbräuchliche Verhalten des Ausländers als geeignet an, die Dauer des Aufenthalts zu beeinflussen. Eine Beeinflussung in diesem Sinne kann nur dann angenommen werden, wenn aufenthaltsbeendende Maßnahmen aus vom Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden konnten oder können, nicht dagegen, wenn dies für die gesamte Dauer des Aufenthalts aus anderen, vom Ausländer nicht zu vertretenden Gründen ausgeschlossen ist. In letzterem Fall kann ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Ausländers die Dauer des Aufenthalts nicht beeinflusst haben. Es kommt daher darauf an, ob tatsächliche oder rechtliche Gründe der Beendigung des Aufenthaltes entgegenstehen, wobei ein Anspruch auf privilegierte Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG nur bestehen kann, wenn der Ausländer diese Gründe nicht zu vertreten hat.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze haben die Antragsteller die Dauer ihres Aufenthaltes rechtsmissbräuchlich beeinflusst. Ein Abschiebestopp für Ashkali in den Kosovo hat nicht für die ganze Zeit des Aufenthalts der Antragsteller in der Bundesrepublik Deutschland bestanden. Am 31. März 2003 haben der damalige Bundesinnenminister XY. und der UNMIK-Sonderbeauftragte ZQ. ein Memorandum of Understanding (MoU) unterzeichnet, wonach ab dem 1. April 2003 auch Angehörige ethnischer Minderheiten – u.a. Ashkali – in das Kosovo zurückgeführt werden können. Tatsächlich waren diese wegen der Märzunruhen 2004 dann bis Ende April 2005 nicht möglich. Seit Mai 2005 sind aber Rückführungen von Angehörigen ethnischer Minderheiten in das Kosovo nicht mehr ausgesetzt (vgl. Erlass des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport vom 23. Mai 2005 – II 41 - 23 d 05 05 02 - 3/04-05/001). Darauf, ob seit dieser Zeit konkret aufenthaltsbeendende Maßnahmen geplant waren, kommt es entgegen der Auffassung der Antragsteller nicht an. Ungeachtet dieser Frage haben die Antragsteller zu 1) und 2) für ihre minderjährigen Kinder, die Antragsteller zu 3) bis 5), bis heute keine Pass- oder Passersatzpapiere vorgelegt. Sie haben damit unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Januar 2002 – FamRZ 2002, 601) und des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 9. Dezember 1987 – 1 C 19/96BVerwGE 106, 13) zu den ausländerrechtlichen Schutzwirkungen des Art. 6 GG und Art. 8 EMRK, wonach eine Abschiebung ohne die minderjährigen Kinder nicht in Betracht kommt, auch die Dauer ihres eigenen Aufenthalts rechtsmissbräuchlich beeinflusst.

Erhöhte Leistungen nach § 2 Abs. 1 AsylbLG i.V.m. den Vorschriften des SGB XII sind danach ausgeschlossen.

Die Antragsteller haben aber auch einen Anspruch auf Leistungen nach § 3 AsylbLG nicht glaubhaft gemacht.

Der Antragsgegner hat die Leistungen zu Recht nach § 1a Nr. 2 AsylbLG gekürzt. Danach erhalten Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 und 5 AsylbLG und ihre Familienangehörigen nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 AsylbLG, bei denen aus von ihnen zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, Leistungen nach diesem Gesetz nur, soweit dies im Einzelfall nach den Umständen unabweisbar geboten ist. Diese Voraussetzungen sind im Falle rechtsmissbräuchlichen Verhaltens im Sinne des § 2 AsylbLG ohne weiteres zu bejahen. Auch die Höhe der von dem Antragsgegner bewilligten Leistungen ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Leistungen für die Antragsteller werden lediglich um das Taschengeld sowie die im Regelsatz enthaltenen Anteile für Bekleidung gekürzt, wobei die Antragsteller die Möglichkeit haben, Bekleidungsbeihilfen nach Bedarf zu beantragen.

Fehlt es danach an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs, bedarf die Frage der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes im vorliegenden Verfahren keiner Erörterung.

Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt F. aus B-Stadt war abzulehnen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a SGG i.V.m. §§ 114 ff. Zivilprozessordnung – ZPO –).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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