L 14 R 612/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 11 R 810/04 SLK
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 14 R 612/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5a/5 R 96/07 B
Datum
Kategorie
Beschluss
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 26. Juli 2006 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Streitig ist die Zahlung einer Altersrente nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto vom 20.06.2002 (ZRBG) aufgrund einer behaupteten Beschäftigung im Lager N. vom 14.01.1942 bis 29.08.1944, wobei aufgrund eines Rentenantrags vor dem 30.06.2003 (Stichtag gemäß § 3 Abs.1 ZRBG mit Fiktion der Rentenantragstellung am 18.06.1997) die Rente ab dem 01.07.1997 gezahlt werden soll, hilfsweise ab 01.12.2003, wenn die Wartezeit nur unter Zusammenrechnung der deutschen und slowakischen Beitragszeiten gemäß dem deutsch-slowakischen Sozialversicherungsabkommen vom 12.09.2002 erfüllt ist.

Die 1929 geborene Klägerin, eine Staatsbürgerin der Slowakischen Republik mit Wohnsitz in B. , hat mit einem bei der Beklagten am 20.06.2003 eingegangenen Schreiben vom 16.06.2003 Antrag auf Altersrente bzw. auf Überprüfung der bisherigen Renten unter Hinweis auf das ZRBG gestellt, weil sie Verfolgte im Sinne von §§ 1 ff. Bundesentschädigungsgesetz (BEG) sei und vom 14.04.1942 bis 29.08.1944 innerhalb des "Arbeitslager-Ghettos" N. in der Slowakei, bewacht von Hlinka-Gardisten, sechs Stunden täglich in der Schneiderei Hilfsarbeiten gegen Essen dreimal am Tag, Kleidungsstücke und einen Lebensmittelzuschuss verrichtet habe. Einen Antrag auf Entschädigung habe sie auch bei der Claims Conference Frankfurt (CEEF) gestellt.

Die Klägerin gab ferner an, aufgrund von Beschäftigungen als Verkäuferin, Korrespondentin und Sekretärin zwischen März 1947 und Dezember 1988 seit Juli 1983 Altersrente von der Sozialversicherungsanstalt der Slowakei zu beziehen. Laut dem im Berufungsverfahren vorgelegten Rentenbescheid vom 02.06.1983 sind im Versicherungsverlauf 168 Tage im Jahre 1942, 365 Tage im Jahre 1943 und 241 Tage im Jahre 1944 als Beschäftigungszeiten erfasst, dann wiederum Zeiten von 1947 bis 1983.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 28.05.2004 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil die Wartezeit nicht erfüllt sei. Es habe sich nicht um eine Arbeit in einem Ghetto, sondern in einem Zwangsarbeitslager gehandelt; außerdem befinde sich die Stadt N. in der Slowakei, die im Zweiten Weltkrieg zu den mit dem Deutschen Reich verbündeten Staaten gehört habe; das Lager habe sich nicht in einem Gebiet befunden, dass vom Deutschen Reich besetzt oder diesem eingegliedert gewesen sei. Mangels irgendwelcher Beitragszeiten in der deutschen Rentenvesicherung könnten auch nicht Ersatzzeiten für die erlittene Verfolgungszeit berücksichtigt werden.

Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch wurde geltend gemacht, bei dem "Ghetto-Lager N." habe es sich nicht um ein klassisches Arbeitslager gehandelt, sondern um ein Muster-Ghetto, welches den Bewohnern äußerst gute Lebensbedingungen ermöglicht habe. Außerdem habe es sich nach dem Inhalt bestimmter (nicht vorgelegter) Stellungnahmen bei der Slowakei nicht um einen mit dem Deutschen Reich verbündeten Staat gehandelt. Es erging hierauf der ablehnende Widerspruchsbescheid vom 14.07.2004.

Im anschließenden Klageverfahren machte die Klägerin geltend, sie sei am 14.01.1942 in das Ghetto N. verbracht worden, wo sie als Reinigungskraft gearbeitet habe. Nach den tatsächlichen Verhältnissen habe es sich bei dem Lager, laut historischer Literatur ein Arbeitslager, nicht um ein reines Zwangsarbeitslager gehandelt, sondern aufgrund der Umstände (Judenrat, Schule, Krankenhaus, später Einrichtung eines Kulturprogramms) um ein Ghetto.

Zur Begründung der Klage wurde die Stellungnahme der Dr.Z. vom 01.02.2004 vom Institut des Staates und des Rechtes der Akademie der Wissenschaften in B. (Slowakische Republik) und der Dr.Z. vom 13.01.2004 vom Historischen Armeeinstitut P. , Tschechische Republik, vorgelegt. In Letzterem wurde zur Ablehnung einer Ghettorente gegenüber einem Herrn B. wohl vor allem in Bezug auf die Begründung, dass die Slowakei ein verbündeter Staat des Hitlerreiches gewesen sei, auf geschichtliche Daten und die Abhängigkeit der Slowakei vom Deutschen Reich hingewiesen (Schutzvertrag zwischen dem Deutschen Reich und dem Slowakischen Staat vom 23.03.1939 einschließlich des geheimen Protokolls hierzu über wirtschaftliche Fragen; Einrichtung einer Schutzzone am 12.08.1939; Vertrag über die Militärwirtschaft im Januar 1940; Umbesetzung der slowakischen Regierung aufgrund eines Gesprächs zwischen Hitler und Staatspräsident Tiso am 28.07.1940 in Salzburg; Tätigkeit von deutschen Beratern in der Slowakei, unter anderem von Dr.W. im August 1940 in Judenfragen; Umsetzung der Gewaltisolierung der Juden durch Konzentration in Stadtteilen/ Ghettos und in Arbeitslagern mit dem Ziel der Deportation in Vernichtungslager).

Dr.Z. schilderte in ihrer Äußerung zur Stellung des Slowakischen Staates zum Deutschen Reich während des Zweiten Weltkrieges und zur Lage der Juden die geschichtlichen Vorgänge: Erstes Münchener Abkommen vom 29.09.1938 - Abtretung des Sudetenlandes; verfassungswidrige Autonomieerklärung der Slowakei vom 06.10.1938 (Anmerkung des Senats: Die Erklärung war nicht vom Deutschen Reich initiiert und wurde von der tschechoslowakischen Regierung widerspruchslos hingenommen und das Staatsgebiet in Tschecho-Slowakei umbenannt); Zerschlagung der Rest-Tschechoslowakei bei der von Hitler forcierten Unabhängigkeitserklärung der Slowakei am 14.03.1939; Schutzvertrag vom 18./23.03.1939 mit vertraulichem Protokoll vom 08.02.1939 über die wirtschaftliche und finanzielle Zusammenarbeit usw. Aus vielfältigen Schriftstücken über die Einflussnahme des Deutschen Reiches auf die Slowakei leitete Dr.Z. ab, dass die Slowakei kein Staat im richtigen Inhalt des Wortes gewesen sei, sondern eine Form der Okkupation aus der Position der politischen und militärischen Kraft des Deutschen Reiches. Hierzu verwies sie auch auf die Anerkennung der tschechisch-slowakischen Exilregierung in London (Anm. des Senats: 1940) durch Großbritannien und 1941 durch die USA sowie auf die "Nichtigkeitserklärung" des Münchener Abkommens vom 29.09.1938 und des Beschlusses der Arbitrage vom 02.11.1938 (Wiener Schiedsspruch über die Grenzziehung mit Zuweisung der Südslowakei und der Karpatenukraine an Ungarn) durch Frankreich (in späteren Jahren) und durch Italien im September 1944, weiterhin auf die Dekrete des tschechoslowakischen Exil-Präsidenten seit 1940 ("Benes-Dekrete"), die das tschechoslowakische Parlament am 28.03.1946 gebilligt habe und die zum Bestandteil der Rechtsordnung des tschechisch-slowakischen Staates geworden seien. Dr.Z. schloss ihre Stellungnahme dahingehend ab, dass kein neuer Aspekt bestehe, der zu der Annahme führen könne, dass die Voraussetzungen des § 1 ZSBG (gemeint: ZRBG) nicht gegeben seien.

Die Klägerin legte ferner eine kurze Stellungnahme des Instituts für Zeitgeschichte M. vom 06.04.2006 zur Berufung beim Bayer. Landessozialgericht L 16 R 891/05 vor, wonach die Slowakei durch den Schutzvertrag in eine Art Vasallenverhältnis zum Großdeutschen Reich getreten sei und während des Zweiten Weltkrieges slowakische Truppen auf deutscher Seite gekämpft hätten; während die slowakische Außenpolitik ganz der deutschen untergeordnet worden sei, habe das Regime unter Tito innenpolitisch eine gewisse Selbstständigkeit wahren können.

Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 26.07.2006 ab und führte hierzu aus: "Nach Überzeugung der Kammer lag N. nicht in einem Gebiet, das vom Deutschen Reich besetzt oder diesem eingegliedert war. Die Kammer schließt sich insoweit den Ausführungen des Bayerischen LSG in seinem Urteil vom 27.04.2006 (L 13 R 61/06, m.w.N.) zu einem vergleichbaren Sachverhalt an. Das Bayerische LSG verweist in dieser Entscheidung unter anderem auf Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 18.03.1982, 11 RA 28/81, SozR 5750 Art.2 § 41a Nr.1) sowie des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 25.05.1971, III C 104.67, BVerwGE 38, 122; Urteil vom 21.10.1971, III C 102.67, BVerwGE 39, 22), die bereits Aussagen zur historischen Entwicklung der Slowakei trifft. Nach den Feststellungen des BSG gehörte die Slowakei jedenfalls in den Jahren 1938 und 1939 nicht zu den in das Deutsche Reich eingegliederten Gebieten, sondern war bis 1945 ein völkerrechtlich selbständiger Staat geblieben. Auch das BVerwG geht davon aus, dass die Slowakei niemals formell in das Deutsche Reich eingegliedert und erst im August 1944 militärisch unterworfen worden ist. Dass sich das Deutsche Reich in Art.2 des Schutzvertrages vom 23.03.1939 die Errichtung einer Schutzzone entlang der Grenze zum Protektorat Böhmen und Mähren ausbedungen habe, habe jedenfalls nicht dazu geführt, dass das gesamte Staatsgebiet der Slowakei als besetzt anzusehen war. Eine militärische Unterwerfung der Slowakei habe nicht allein darin gelegen, dass in der Schutzzone deutsche Truppen stationiert worden seien - zumal die Stationierung vertraglich geregelt gewesen sei. Selbst der militärische Einmarsch deutscher Truppen in der Schutzzone habe keine Unterwerfung der in diesem Gebiet weiterhin bestehenden slowakischen Staatsgewalt bezweckt. Die Besetzung habe rein militärischen Zielen gedient.

Die von der Klägerin geltend gemachte Abhängigkeit der slowakischen Regierung vom Deutschen Reich bzw. die Einflussnahme auf die slowakische Regierung bedingen keine Besetzung oder Eingliederung im Sinne der Vorschriften des ZRBG. Und der vom BVerwG ab Juli 1940 angenommene unmittelbare Einfluss der deutschen Staatsführung ist einer Besetzung in diesem Sinne nicht gleichzustellen.

Eine Eingliederung liegt nicht vor, wenn ein zunächst fremdes Staatsgebiet dem eigenen Staatsgebiet durch Rechtsakt (Gesetz, Erlass oder ähnliches) angegliedert wird (Annek- tion). Im Gegensatz zur Eingliederung wird bei einer Besetzung (Okkupation) das eroberte Staatsgebiet eines fremden Staates nicht in das eigene Staatsgebiet einverleibt. Für die Auslegung des Begriffes der Besetzung, der im ZRBG selbst nicht definiert ist, kann auf Art.42 der Haager Landkriegsordnung (HLK) vom 18.10.1907 zurückgegriffen werden. Danach gilt ein Gebiet als besetzt, wenn es sich tatsächlich in der Gewalt des feindlichen Heeres befindet. Die Besetzung erstreckt sich nur auf die Gebiete, wo diese Gewalt hergestellt ist und ausgeübt werden kann. Für eine Besetzung im völkerrechtlichen Sinne ist daher charakteristisch, dass der besetzende Staat vorläufig die tatsächliche Gewalt über ein fremdes Staatsgebiet ausübt. Der fremde Staat muss über ein militärisch erobertes Gebiet die Gebietshoheit bzw. eine der Gebietshoheit ähnliche Zwangsgewalt ausüben; er muss die oberste Gewalt übernommen haben. Unter Gebietshoheit ist das Recht zu verstehen, auf dem besetzten Gebiet gegenüber den Bewohnern Akte der Staatsgewalt zu setzen, z.B. Gesetze zu erlassen oder Steuern zu erheben (Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 27.01.2006, L 4 RJ 126/04 m.w.N.).

Diese Auslegung des Begriffes der Besetzung entspricht nach Auffassung der Kammer auch dem Willen des Gesetzgebers. Die Gesetzesbegründung macht zweifelsfrei deutlich, dass sich der Gesetzgeber bewusst dafür entschieden hat, den Anwendungsbereich des ZRBG auf Ghettos in solchen Gebieten zu beschränken, die durch das Deutsche Reich besetzt oder dem Deutschen Reich eingegliedert gewesen sind. "Dabei wird unterstellt, dass ein Ghetto in den eingegliederten oder besetzten Gebieten in besonderem Maße der hoheitlichen Gewalt des Deutschen Reichs ausgesetzt war ... Es kommt nicht darauf an, in welchem vom Deutschen Reich beherrschten Gebiet die Beitragszeiten zurückgelegt worden sind" (BT-Drs. 14/8583, S.5 Ziff. A I und S.6 zu § 1). Dementsprechend liegt eine Besetzung im Sinne des ZRBG nur vor, wenn das Deutsche Reich in ähnlicher Art und Weise sowie Umfang die Staatsgewalt über das in Frage stehende Gebiet ausgeübt hat wie im Falle der Eingliederung.

Auch unter Berücksichtigung des zwischen dem Deutschen Reich und der Slowakei geschlossenen Schutzvertrages übte das Deutsche Reich in der streitgegenständlichen Zeit die Staatsgewalt über das Gebiet der Slowakei bzw. zumindest über Teile davon nicht in dem vom ZRBG geforderten Umfang aus. Nach dem Schutzvertrag nahm das Deutsche Reich die politische Unabhängigkeit des slowakischen Staates in Schutz. Hierzu war das Deutsche Reich ermächtigt, in der sog. Schutzzone Militärobjekte zu errichten und diese mit Militärkräften zu besetzen sowie deren Versorgung sicherzustellen. Die Ausübung der Militärrechte in der Schutzzone stand dem Deutschen Reich zu und die slowakische Außenpolitik sollte in engem Verständnis mit der Deutschen Regierung geführt werden. Die Ausübung dieser Kompetenzen ist nicht automatisch mit einer Besetzung gleichzustellen. Solche Maßnahmen sind nicht als Zeichen der Entmachtung, sondern als Folgeerscheinungen eines Bündnisses oder gemeinsamer militärischer Operationen zu beurteilen (vgl. auch Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 27.01.2006, L 4 RJ 126/04 m.w.N., zur Situation Rumäniens).

Dabei verkennt die Kammer nicht, dass das Deutsche Reich einen erheblichen tatsächlichen Einfluss in der Slowakei hatte. Teilweise findet sich insoweit die Bezeichnung "Satellitenstaat". Grundlage der (militärischen) Aktivitäten deutscher Hoheitsträger waren aber vertragliche Vereinbarungen. Die Kammer geht davon aus, dass die Slowakei trotz des Einflusses des Deutschen Reiches ihre Staatssouveränität behalten hat. Seit 14.03.1939 bis zumindest zur Besetzung durch deutsche Truppen nach dem Slowakischen Nationalaufstand am 29.08.1944 war die Slowakei ein unabhängiger Staat (vgl. auch Der Brockhaus in Fünfzehn Bänden, Band 13, 1999, Stichwort "Slowakische Republik", www.yadvashem.org und www.wikipedia.de). Die von der Klägerin vorgelegten wissenschaftlich-historischen Ausführungen sind nicht geeignet, die Kammer von einer gegenteiligen Auffassung zu überzeugen."

Das Sozialgericht verneinte ferner eine Beschäftigung wegen der fehlenden Voraussetzung "Entgeltlichkeit" und äußerte darüber hinaus erhebliche Zweifel an der Freiwilligkeit der Beschäftigung.

Mit dem Rechtsmittel der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Rentenbegehren weiter und legt einen Rentenbescheid der Sozialversicherungsanstalt in B. vom 02.06.1983 sowie eine Karteikarte vor, laut der ihre Personalien im "N.-Arbeitslager" am 01.09.1942 aufgenommen worden sind.

Abschließend reicht sie eine weitere Stellungnahme der Dr.Z. vom 28.11.2006 ein, die unter Zitierung zahlreicher historischer Dokumente darzulegen versuchte, dass der slowakische Staat von 1939 bis 1945 - u.a. wegen des Einflusses des Deutschen Reichs und wegen der durch das tschechoslowakische Parlament nachträglich sanktionierten Benes-Dekrete - rückwirkend für "nullitär und nichtig von Anfang an" erklärt worden sei und alles auf die Kontinuität des tschechoslowakischen Staates (eingeschlossen der Slowakei) ab dem Jahre 1918 hinweise. Unter Bezugnahme hierauf vertritt die Klägerin die Ansicht, dass die Slowakei damals faktisch keine völkerrechtliche Souveränität besessen habe. In diesem Zusammenhang müsse es für die Anwendung des ZRBG ausreichen, dass zumindest Teile der Slowakei vom Deutschen Reich militärisch besetzt worden seien. Zutreffend habe das Sozialgericht Landshut festgestellt, dass das Deutsche Reich in der sogenannten Schutzzone ermächtigt gewesen sei, diese mit Militärkräften zu besetzen. Hier habe eine faktische Entmachtung der Slowakei vorgelegen, so dass ein Bündnis zweier souveräner Staaten nicht angenommen werden könne. Demgemäß müsse müsse vorliegend von einer Besetzung im Sinne des ZRBG ausgegangen werden.

Der Senat hat aus dem Internet verschiedene Artikel über die geschichtlichen Vorgänge im Zweiten Weltkrieg, insbesondere zur Stellung der Slowakei von 1939 bis 1945 und zu der dortigen Judenverfolgung beigezogen, und die Beteiligten wiederholt zu einer Sachentscheidung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung angehört.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung, hilfsweise Abänderung des Urteils vom 26.07.2006 und des Bescheides vom 28.05.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.07.2004 zu verurteilen, ihr Altersrente zum frühestmöglichen Zeitpunkt unter Berücksichtigung einer Beitragszeit vom 14.01.1942 (gemeint möglicherweise: 14.04.1942) bis 29.08.1944 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Dem Senat lagen zur Entscheidung die Prozessakten beider Rechtszüge, die zu Beweiszwecken beigezogene Versichertenakte der Beklagten und die oben genannten zeitgeschichtlichen Abrisse, auf deren Inhalt Bezug genommen wird, vor.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung (§§ 143 ff., 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ist unbegründet.

Der Senat konnte hierüber durch Beschluss entscheiden, weil er - nach Anhörung der Beteiligten - die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hielt (§ 153 Abs.4 SGG).

Auch der Senat ist zu der Überzeugung gekommen, dass der Klägerin mangels fingierter Beitragszeiten nach § 1 ZRBG und mangels sonstiger Beitragszeiten in der deutschen Rentenversicherung kein Anspruch auf Regelaltersrente zustehen kann, deren Voraussetzungen nur bei Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren gegeben wären (§ 35, § 50 Abs.1 Nr.1, § 51 Abs.1 und Abs.4 Sozialgesetzbuch Teil VI - SGB VI), gegebenenfalls unter zusätzlicher Berücksichtigung ("Zusammenrechnung") der in der BRD und in der Slowakischen Republik zurückgelegten Versicherungszeiten aufgrund des deutsch-slowakischen Sozialversicherungsabkommens vom 12.09.2002. Die Wartezeit kann mit freiwilligen Beiträgen oder Pflichtbeiträgen erfüllt werden, auch mit Ersatzzeiten (vgl. insbesondere § 250 Abs.1 Nr.4 SGB VI i.V.m. §§ 43, 47, 11 BEG - Verfolgungszeit ab dem 14. Lebensjahr), wenn mindestens ein Beitrag zur deutschen Rentenversicherung und damit die Versicherteneigenschaft vorliegt (vgl. § 250 Abs.1 Satz 1, 1. Halbsatz SGB VI).

Beitragszeiten sind Zeiten, für die nach dem Bundesrecht Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind oder nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten (§ 55 Abs.1 Satz 1 und Satz 2 SGB VI). Mangels Beiträgen zur deutschen Rentenversicherung kommt nur die Fiktion von Beitragszeiten nach dem ZRBG in Frage, die aber vorliegend nicht greift. Dieses Gesetz gilt nur für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto, die sich dort zwangsweise aufgehalten haben, wenn 1. die Beschäftigung a) aus eigenem Willensentschluss zustandegekommen ist, b) gegen Entgelt ausgeübt wurde und 2. sich in einem Gebiet befand, das vom Deutschen Reich besetzt oder diesem eingegliedert war, soweit für diese Zeiten nicht bereits eine Leistung aus einem System der sozialen Sicherheit erbracht wird (§ 1 Abs.1 Satz 1 ZRBG).

Vorliegend soll die Frage, ob die Klägerin in einem Ghetto beschäftigt war, dahingestellt bleiben. Das Lager in N. ist in allgemein zugänglichen Listen nicht als Ghetto erfasst, sondern wird teils als Sammel- und Durchgangslager (Form eines Konzentrationslagers) und teils als Arbeitslager bzw. Zwangsarbeitslager genannt. Offenbar hat sich der Charakter des Lagers von Mai bzw. September 1942 bis August 1944 - insoweit mehr ein Arbeitslager - anders dargestellt als in den davor und danach liegenden Zeiträumen (vgl. z.B. Institut für Zeitgeschichte vom 06.04.2006 für das Lager N. und "Concentration camp and labor camp in Slovakia" in "Encyclopedia of the Holocaust" für das Lager Sered). So werden in der Literatur bessere Lebensbedingungen für die Zeit von Herbst 1942 bis Herbst 1944 beschrieben. Einzuräumen ist hier durchaus die Schwierigkeit der Klassifizierung des Lagers als Ghetto, die einerseits auf dem relativ unbestimmten Begriff Ghetto beruht, andererseits da- rauf, dass frühere Lager in der Zeit von 1942 bis 1944 unter der relativ gemäßigten, den Zielen des Deutschen Reiches nicht weit genug gehenden slowakischen Führung in einer Weise (Unterbringung ganzer Familien, Einrichtung eines Judenrates und teilweise auch Kindergärten und Schulen für Kinder; keine Hinrichtungen) betrieben worden sind, dass manchen Konzentrationslagern und Zwangsarbeitslagern der eher untypische Charakter eines Ghettos zugeschrieben wurde (so z.B. Dr.Z. vom 13.01.2004, vgl. hierzu auch Institut für Zeitgeschichte vom 06.04.2006). Zwar wurde durch die Anordnung Nr.198/1941 des Slowakischen Gesetzbuches die (schon vorher eingeschränkte) Rechtsstellung der Juden unter Zugrundelegung der Rassentheorie anstelle der ursprünglich religiös definierten antijüdischen Gesetzgebung neu geordnet und weiterhin in Richtung Evakuierung aus der Slowakei drastisch beeinträchtigt. Die Wirksamkeit dieser Verordnung wurde aber durch das Grundgesetz Nr.68 vom 15.05.1942 wieder eingeschränkt (vgl. Bibliographie des Prof.Eduard Niznansky der Commenius Universität Bratislava, Kapitel VII "The Persekution and Extermination of the Jews" zu einem ersten, verdeckten Akt des Widerstands gegen den deutschen Druck). Bemerkenswert ist hier auch der von slowakischer Seite veranlasste Abbruch der Deportationen im Herbst 1942 und die Wiederaufnahme erst wieder im Herbst 1944 nach dem slowakischen Aufstand (vgl. u.a. Tatjana Tönsmeyer, Das Deutsche Reich und die Slowakei 1939 - 1945, Politischer Alltag zwischen Kooperation und Eigensinn), weiterhin das von 1941 bis 1944 bestehende Regierungsprogramm, die vom Wirtschaftsleben ausgeschlossenen Juden zu konzentrieren und ihre Arbeitskraft zugunsten der slowakischen Nationalwirtschaft zu nutzen, was auch einen gewissen (beschränkten) Schutz vor Deportationen mit sich brachte (vgl. Osteuropa-Zentrum Berlin, Zwangsarbeitslager in der Slowakei in den Jahren 1948 - 1953 unter dem Kapitel "Zwangsarbeit auf dem Gebiet der Slowakei vor dem Jahre 1948").

Ebenso wie der Charakter des Lagers in N. soll auch die angeblich von der Klägerin freiwillig geleistete und entgoltene Arbeit offen bleiben. Jedenfalls ist gesichert davon auszugehen, dass das Lager oder gegebenenfalls Ghetto in N. nicht in einem Gebiet lag, das vom Deutschen Reich besetzt oder diesem eingegliedert war. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die Begründung des erstinstanzlichen Urteils (§ 153 Abs.2 SGG), wobei er allerdings die Frage, ob die Slowakei von 1939 bis 1945 ein autonomer bzw. souveräner Staat im Sinne des Völkerrechts gewesen ist, dahingestellt lassen will. Hierauf kommt es im Rahmen des § 1 ZRBG nicht an.

Sicherlich verleitet die vor allem von der Beklagten benutzte Argumentation, die Slowakei sei ein "eigenständiger, mit dem Deutschen Reich verbündeter Staat" bzw. ein "völkerrechtlich selbständiger Staat" gewesen und schon deswegen sei eine Besetzung (Okkupation) oder eine Annexion (Eingliederung) auszuschließen, zu der Gegenbehauptung, dass eben ein souveräner Staat nicht vorgelegen und deswegen eine Besetzung bestanden habe. Eine solche Reaktion erscheint verständlich und naheliegend; den Senat nicht zu überzeugen vermochte allerdings der Spagat von einem "Staatsgebilde", dem wegen massiver Beeinflussung von außen keine Souveränität zukommen soll, zu dem Akt einer Okkupation im Sinne von § 1 ZRBG. Das erste beinhaltet zwangsläufig noch nicht das zweite, und insoweit besteht in der Argumentationskette der Klagepartei eine erhebliche Lücke.

Tatsache ist, dass es bisher weder Historikern noch Juristen noch internationalen Gremien gelungen ist, völkerrechtliche Fragen zum Ersten Münchener Abkommen und den darauf bis 1946 folgenden Ereignissen mit allseitiger Akzeptanz zu beantworten und zu lösen, und dass nach wie vor erhebliche Bestrebungen erkennbar sind, einseitige Schuldzuweisungen vorzunehmen, an zum Teil überholten Positionen festzuhalten und aus national-beschränkter Sicht übergreifende Ereignisse einseitig zu interpretieren. Wenig sachdienlich erscheint es dem Senat, einen solchen Streit, der auch die Eigenständigkeit der Slowakei während des Zweiten Weltkriegs berührt, in ein Gesetz hineinzutragen und im Rahmen dieses Gesetzes auszutragen, das erkennbar nicht auf eine objektiv einzig mögliche und richtige Lösung der diskutierten Streitfragen als maßgebende Grundlage abstellt.

In historischer Hinsicht sind die Fakten weitgehend, zum Beispiel von österreichischer, slowakischer und deutscher Seite, zusammengetragen, abgearbeitet und ausgewertet worden. Der Senat vermag seit der Wiedergabe des historischen Geschehensablaufes in den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.05.1971 und 21.10.1971 aufgrund zeitgeschichtlicher Gutachten keine wesentlich neuen Tatsachen festzustellen. Auch aus den Stellungnahmen der Dr.Z. ergeben sich keine grundlegenden neuen Tatsachen. Die historischen Tatsachen und verschiedene Dokumente, die Einblick in damalige Geschehnisse, politische Pläne und Absichten sowie Machtverhältnisse geben, sind von ihr durchaus zutreffend wiedergegeben worden, wenn auch eine gewisse einseitige "parteiische" Darstellung durch Weglassen einzelner Fakten oder vage, irreführende Umschreibungen erkenntlich ist. So vermisst der Senat eine ausgewogene Darstellung, wenn nach der Schilderung der äußeren Einflüsse auf die Entstehung des Staatsgebildes der Slowakei im Jahre 1939 und des teils fremdbestimmten Agierens dieses Staates in der Folgezeit nicht auch die nationalen Bestrebungen der Slowaken nach Autonomie und Souveränität und die außen- und insbesondere innenpolitische Umsetzung der genannten nationalen Bestrebungen Erwähnung finden. Nicht angesprochen wurde das slowakische Emanzipierungsbestreben, das sich - nach Bildung eines Tschechoslowakischen Staates im Jahre 1918 und nach dem unverbindlichen Versprechen einer Selbstverwaltung - im Jahre 1938 realisierte, als eine weitgehende Autonomie der Slowakei im Rahmen der Tschecho-Slowakei erreicht wurde. Unerwähnt blieben die Bestrebungen des Landes, teils nach Autonomie und teils nach Souveränität, in der Folgezeit bis hin zum Verfassungsgesetz vom 21.07.1939, in dem - vor allem aufgrund des vorbestehenden tschechoslowakischen Rechts und der vorher geschaffenen Staatsorgane - nach vorausgehender Unabhängigkeitserklärung vom 14.03.1939 ein eigenständiger Staat für eine ethnisch, sprachlich und kulturell eigene Nation konstituiert werden sollte (vgl. die Abschnitte 2 bis 10 unter anderem mit Parlament, Präsident, Regierung, Staatsrat, territorialer Selbstverwaltung , Justiz sowie Pflichten und Rechten eines Bürgers ), wobei hierzu unter anderem auch die Meinung "souveräner Staat, zuerst erzwungen, letztlich aber gewollt" vertreten wird (www.verfassungen.de/sk/verf39.htm unter Bezug auf Mohr/Siebeck, Jahrbuch des öffentlichen Rechts, Band 44 N.F.). Ein langfristiger Ausblick auf die Autonomiebestrebungen der Slowakei hin bis 1992/1993 (Proklamation der Unabhängigkeit von Tschechien am 17.07.1992, souveräner Staat am 01.01.1993) fehlt ohnehin, wird davon abgesehen, dass Dr.Z. - wie viele - die Slowakische Republik 1993 nicht als Nachfolger der ehemaligen Slowakischen Republik 1939 verstanden haben will.

Bedeutsam erscheint dem Senat das von Dr.Z. nicht beschriebene, innerstaatlich weitgehend freie Agieren der Regierung und des staatseigenen Verwaltungsapparats von 1939 bis Ende 1944. Trotz Beeinflussung durch das Deutsche Reich - so nennen die historischen Quellen insgesamt 28 oder 29 deutsche Berater anstelle des von Dr.Z. vor allem genannten deutschen Beraters in Judenfragen - bestand eine weitgehend eigenständige Gesetzgebung und Verwaltung, und das Bestreben der Berater wird - ausgenommen in Juden- und Wirtschaftsfragen - als mäßig erfolgreich bis gescheitert geschildert (vgl. zum Beispiel Tatjana Tönsmeyer, Das Dritte Reich und die Slowakei 1939 - 1945, nach den Rezensionen von Catherine Horel, Universität Paris I, und von Emilia Hrabovec, Universität Wien: Es soll dem Deutschen Reich nicht gelungen sein, einen Einfluss auf die öffentliche Meinung in der Slowakei auszuüben, das Verhalten der Führungseliten und des Beamtenapparats zu ändern und die institutionellen Grundlagen der slowakischen Staatsmacht nach dem deutschen Beispiel zu modellieren, ebenso wenig, die Polizei im deutschen Sinne gleichzuschalten oder deutsche sozialpolitische Lenkungsinstrumentarien in die Slowakei zu verpflanzen).

Irreführend wirken die historischen Ausführungen der Dr.Z. bereits insoweit, als sie anmerkt, dass der Slowakische Staat keinen Staat im Sinne des Wortes dargestellt habe, auch wenn er anfangs von "manchen" Staaten anerkannt worden sei, wozu sie später abschließend bemerkte, dass England, Frankreich, Italien und die tschechoslowakische (Exil-)Regierung die Nichtigkeit des Münchener Abkommens 1938 und damit die rechtliche Nichtigkeit des Slowakischen Staates in den Jahren 1939 bis 1945 bestätigt hätten. Unabhängig von juristischen Auswertungen bleibt insoweit darauf hinzuweisen, dass nach den geschichtlichen Quellen der Slowakische Staat nicht von manchen, sondern einem Großteil der Staaten anerkannt worden ist (circa 27 bis 29 Staaten), darunter die Sowjetunion, Polen, Frankreich und Großbritannien ("Historischer Rückblick ..." in Oficialna Stranka Katolickej Cirkvi na Slovensku unter www.kbs.sk/?cid=1117026345 und "Mitgliedstaaten des Europarates", Slowakische Republik S.287 unter www.uni.potsdam.de, MS-Europa Slowakei-1).

Der Senat will mit den oben stehenden Hinweisen darlegen, dass die historischen Ausführungen der Dr.Z. sich trotz vieler ins Detail gehender Schilderungen mehr in Richtung eines Parteivortrags bewegen und nicht unbedingt als übergeordnete neutrale Darlegung und Bewertung aller wesentlichen Fakten anzusehen sind. Wichtiger erscheint dem Senat aber, dass die von der Klagepartei behaupteten "gutachterlichen Ausführungen der Dr.Z." den Anforderungen eines staats- und völkerrechtlichen Gutachtens nicht genügen. Insoweit findet keine rechtliche Würdigung der für und dagegen sprechenden historischen Sachverhalte und keine geordnete rechtliche Subsumtion statt.

Getrennt betrachtet werden müssen hier die Meinung der Wissenschaftlerin einerseits zur fehlenden Souveränität des Slowakischen Staates im Sinne des Völkerrechts und andererseits zu dem Begriff Besetzung im Sinne des Völkerrechts und des § 1 ZRBG. Die erste Frage betrifft die Eigenstaatlichkeit der Slowakei (1939 bis 1945), wobei das Land nach grundlegenden historischen Forschungen mehrerer Länder durchaus trotz versuchter äußerer Einflussnahme über eine weitgehende innere Autonomie, aber gegenüber Deutschland über eine geringe außenpolitische Souveränität verfügte. Nach einigen Vertretern der herkömmlichen Staatslehre kann im Hinblick auf die einen Staat im völkerrechtlichen Sinne kennzeichnenden drei Elemente Staatsvolk, Staatsgebiet und Staatsgewalt als eigene Staatsgewalt innerhalb eines Staatsgebietes und im Sinne einer Unabhängigkeit nach außen (viertes Element in der angelsächsischen Literatur: Fähigkeit zur Teilnahme am zwischenstaatlichen Verkehr) durchaus gefolgert werden, dass die Slowakei von 1939 bis 1945 nicht über die Eigenschaft eines Völkerrechtssubjekts verfügte. Auch bei dieser Meinung können aber nicht außer Betracht bleiben a) die Möglichkeit der Einflussnahme eines Staates auf den anderen durch Staatsverträge, die die Souveränität einschränken (vertraglich übernommene Selbstbindung), und b) die allbekannte Tatsache, dass kleine Nachbarstaaten sich oft im faktischen Einflussbereich einer angrenzenden Großmacht befinden und - auch ohne Verträge - aus der Überlegenheit vielfältigste Formen der Einflussnahme eröffnet sind, also die Souveränität von vornherein keine absolute sein kann, obwohl sie "als höchste Gewalt nach innen und Unabhängigkeit nach außen" zu gewissen Zeiten und von gewissen Autoren überspitzt als schrankenlos interpretiert wurde. Nach herrschender Meinung sollen jedenfalls die unter a) und b) genannten Tatbestände nicht bereits zur Verneinung der Souveränität führen; allerdings ermangelt es dem Begriff der Souveränität an eindeutigen, allgemein anerkannten Konturen (vgl. Handbuch des Staatsrechts der BRD Deutschland, herausgegeben von Josef Isensee und Paul Kirchhof, Band I, Grundlagen von Staat und Verfassung, § 15 Randziffern 1 ff., 5. ff.).

Wo nach ihrer Ansicht die Grenzen liegen, hat Dr.Z. nicht dargetan. Randelzhofer (im Handbuch des Staatsrechts a.a.O., § 15 Randziffern 26 und 32) zieht zum Beispiel die Grenze bei der "Selbstbindung" da, wo durch einen Vertrag begründete Einschränkungen der Handlungsfreiheit die Substanz der Verfassungshoheit selbst ergreifen. Unter diesem Gesichtspunkt wären die zwischen dem Deutschen Reich und der Slowakei bestehenden Vereinbarungen wohl unbedenklicher als zum Beispiel die zwischen der ehemaligen UdSSR und ihren europäischen Verbündeten geschlossenen Verträge, mit denen sich die UdSSR das Recht zur (militärischen) Intervention in diesen Staaten zusichern ließ, falls dort die "sozialistischen Errungenschaften" gefährdet sind, sei es durch äußere Einwirkungen oder innerstaatliche Entwicklungen (sog. Breschnew-Doktrin); hier wäre die Verfassungshoheit selbst betroffen, da diesen Staaten damit die Möglichkeit genommen werden sollte, ihr Rechts- und Gesellschafts- system zu ändern (Randelzhofer, a.a.O.). In diesem Sinne wäre vielen Staaten des sich nach 1945 entwickelnden "Ostblocks" die durchaus von dritter Seite anerkannte Staatlichkeit eher abzusprechen als der von 1939 bis 1945 bestehenden Slowakei.

Zur faktischen Ungleichheit zwischen Großmacht oder sog. Supermacht und Kleinstaaten werden unter anderem die differierenden Ansichten vertreten, dass eine Überlegenheit und eine hegemoniale Stellung dem Prinzip der souveränen Gleichheit und damit der äußeren Souveränität nicht widersprechen, aber allzu große faktische Ungleichheiten die äußere Souveränität von Randstaaten generell beseitigen oder in der Regel nicht beseitigen, wobei bei letzterem berücksichtigt werden könnte, dass die Großmächte in vielfachen Antagonismen stehen und sich ihre Einflussmöglichkeiten nicht selten gegeneinander aufheben oder zumindest abschwächen. Wo Dr.Z. hier die rechtliche Grenze ziehen will, zumal das Deutsche Reich nicht die Stellung einer Supermacht erreicht hat und Schranken der Einflussnahme auf die Slowakei sowohl in Erwägung gezogen als auch berücksichtigt hat, ist dem Senat nicht ersichtlich.

Ebenso wenig ist erkennbar, ob und inwieweit Dr.Z. der Lehre der Rechtssouveränität zuneigt, die die Souveränität des Staats als höchste Gewalt schon deswegen verneint, weil zuhöchst keine Gewalt, sondern nur die Rechtsordnung selbst sein könne (Hugo Krabbe, Die Lehre von der Rechtssouveränität, 1906), oder die Lehre von der Souveränität als "höchste Gewalt von Rechts wegen" vertritt, gebunden sowohl nach innen als nach außen durch Völkerrecht und Verfassungsrecht, wodurch der Sichtweise der Legitimität der Staatsgewalt ein größerer Einfluss zugemessen wird.

Ambivalent bleibt das Verhältnis der Dr.Z. zu faktischen Umständen, so zum Beispiel zu der Tatsache, dass dem mehrheitlichen Streben der Slowaken nach Eigenstaatlichkeit und der mit mehr oder minder großen Abstrichen erfolgten Umsetzung im Inneren und nach außen auch die weitgehende Anerkennung dritter Staaten folgt. Es ist dem Senat durchaus bewusst, dass ein Teil der Staats- und Völkerrechtler die Einbeziehung einer solchen Anerkennung, der in der Praxis eine überragende Bedeutung zukommt, in die Definition von Staat bzw. Souveränität ablehnt. Dr.Z. hat sich aber selbst auf dieses Gebiet begeben und solchen Mechanismen zugestimmt, als sie in ihrer Abhandlung großes Gewicht darauf legte, dass die Eigenstaatlichkeit der Slowakei nachträglich durch bestimmte (wenige!) Staaten für null und nichtig von Anfang an erklärt worden sei, mithin eben ein durch gewisse Machtverhältnisse begründeter und anerkannter Status später durch Änderung der Machtverhältnisse und entgegengesetzte Erklärungen beseitigt worden sei. Werden solche Umstände zur Argumentation herangezogen, bliebe weiterhin zu fragen, ob eine solche Rückwirkung möglich ist oder es für die Vergangenheit bei dem nun einmal geschaffenen und anerkannten Zustand faktisch verbleiben muss. Eine Auseinandersetzung mit dieser Frage ist nicht ersichtlich. Wenn Dr.Z. neben den Erklärungen verschiedener Staaten vor allem den Benes-Dekreten und dem heute noch bestehenden Recht der Tschechoslowakei (jetzt Recht in der tschechischen und in der slowakischen Republik) große Bedeutung zumisst, so ist jedenfalls hierzu anzumerken, dass eine begrenzt-nationale Sicht seitens eines Staates und die damit verbundenen innerstaatlichen Regelungen nicht rückwirkend die Frage der Eigenstaatlichkeit oder Nicht-Eigenstaatlichkeit im Sinne des übergeordneten Völkerrechts beantworten können. Soweit sich Dr.Z. auch auf die Teilnahme der Tschechoslowakei an der Gründung der Organisation der Vereinigten Nationen berief, vermag der Senat hieraus nicht die behauptete "dauerhafte Kontinuität" des tschechoslowakischen Staates (einschließlich der Slowakei) ab dem Jahre 1918 abzuleiten.

Insgesamt gesehen hat Dr.Z. eine Zuordnung bestimmter Sachverhalte nach rechtlichen Kriterien und Grundsätzen nicht vorgenommen oder dies zumindest nicht dargelegt. Ihre Schlussfolgerungen stellen sich letztlich als Behauptungen dar, die nicht durch eine rechtliche Auseinandersetzung mit verschiedenen Problemen und durch hinreichende Argumente begründet sind und keine systematischen dogmatischen Grundsätze erkennen lassen. Der Senats will sich mit seiner Kritik keineswegs auf die Souveränität der Slowakei von 1939 bis 1945 festlegen; es sollte hier lediglich dargestellt werden, dass die Ausführungen der Dr.Z. , denen die Klagepartei anscheinend maßgebendes Gewicht beimisst, in rechtlicher Hinsicht nicht fundiert sind und weder als Rechtsgutachten gewertet werden noch als rechtliche gutachterliche Stellungnahme maßgebende Bedeutung gewinnen können.

Was für die Stellungnahme der Dr.Z. zu dem Begriff Staat bzw. Souveränität eines Staates gilt, ist erst recht für ihre kargen Ausführungen zu dem Begriff der Besetzung (und Eingliederung) im Sinne des Völkerrechts und im Sinne des § 1 ZRBG anzunehmen. Insoweit kam die Historikerin und Juristin - ohne jegliche Begründung - zu einem neuen Begriff der Besetzung, wobei sie sich hierbei weder auf die Meinung der Slowakischen Republik (Okkupation der Slowakei erst nach Ausbruch des antifaschistischen Aufstands im August 1944 laut Erklärung des Slowakischen Nationalrats, verabschiedet durch Beschluss Nr.78 vom 12.02.1991) noch auf historische Sachverhalte noch auf den Umstand stützen kann, dass die Slowakei von 1939 bis 1945 nach ihrer Ansicht kein (souveräner) Staat im Sinne des Völkerrechts gewesen sei; denn eine Okkupation des Gebiets der Slowakei ist auch dann nicht begründbar, wenn davon ausgegangen wird, dass die Slowakei ab 1939 nach wie vor ein Staatsgebiet der Tschechoslowakei oder der Tschecho-Slowakei gewesen sein sollte. Die (Mit-)Ursächlichkeit des Deutschen Reiches für die Entstehung eines autonomen Gebiets im Rahmen der Tschecho-Slowakei (1938) sowie die Forcierung der Unabhängigkeitserklärung eines zumindest nach außen hin als eigenständig erscheinenden Staates (1939) bei Zerschlagung der Rest-Tschechoslowakei stellt ebenso wenig eine Okkupation der Slowakei dar wie die nachfolgende, insbesondere außenpolitische und wirtschaftliche Einflussnahme auf dieses Staatsgebilde mit einer über die abgeschlossenen Staatsverträge hinausgehenden Machtstellung und einem entsprechendem Drohpotential des Deutschen Reiches. Insoweit sieht der Senat die Diskussion um die Eigenstaatlichkeit der Slowakei (bis August 1944) als unfruchtbar an; hier wird ein Streit in eine Gesetzesbestimmung hineingetragen, dem es bisher an einer allgemein anerkannten internationalen Lösung mangelt, und das Ergebnis der Lösung, sei es zum Beispiel im Sinne des jetzigen Tschechiens oder der jetzigen Slowakischen Republik oder im Sinne der BRD, ist nicht in § 1 ZRBG zur Anspruchsvoraussetzung gemacht worden. Nahezu naiv wäre die Annahme, ein deutsches, punktuell der Entschädigung von Juden dienendes Gesetz würde als Ausgangspunkt zum Teil noch umstrittene nationale Rechtspositionen wählen, die mit der Frage dieser Entschädigung nicht in notwendiger Weise verknüpft sind.

Das ZRBG spricht zunächst von "Eingliederung eines Gebietes" in das Deutsche Reich, womit der Begriff der Einverleibung (Aneignung) eines fremden Gebietes oder der Annexion bzw. Annektierung gemeint ist. Eine Eingliederung der Slowakei in das Deutsche Reich stand vorliegend von vornherein nicht ernsthaft zur Diskussion, vermutlich deswegen, weil hierunter allgemeinhin im politischen wie auch im völkerrechtlichen Bereich die nicht einvernehmliche, also einseitige Eingliederung eines unter fremder Gebietshoheit stehenden Territoriums in das eigene Staatsgebiet unter zwangsläufiger Ersetzung der fremden Staatsgewalt durch die des annektierenden Staates verstanden wird. Eine Annexion erfolgt meistens durch militärische Gewaltanwendung oder wenigstens unter Androhung einer solchen und geht über die Okkupation insofern hinaus, als auf dem fremden Territorium nicht nur die Hoheitsgewalt de facto ausgeübt wird, sondern dieses auch "de jure" in das eigene Staatsgebiet einverleibt wird. Der Begriff "de jure" bedeutet nicht ein legitimes oder rechtlich erlaubtes Handeln, sondern einen "offiziellen Rechtsakt" bzw. "formellen Rechtsakt", mit dem ein Gebiet einverleibt, das heißt Staatsgebiet, Staatsvolk und Staatsgewalt zu Lasten und entgegen dem Willen Dritter erweitert wird (z.B. Annexion Südtirols durch Italien 1920, Äthiopiens durch Italien 1936, des Sudetenlandes 1938 durch das Deutsche Reich infolge des Münchener Abkommens und der Tschechei bezüglich Böhmen und Mähren 1939).

Eine Besetzung im Sinne des § 1 ZRBG bedeutet bereits der Wortwurzel nach, wie auch das lateinische occupare, die Inbesitznahme und das In-Besitz-Halten, mithin die Erlangung der Herrschaftsgewalt und die Ausübung dieser Gewalt. Es besteht hier ein Gegensatz zur Okkupation im früheren und manchmal von Völkerrechtlern jetzt noch verwendeten Sinne, wonach sich die Okkupation auf die Begründung der Gebietshoheit durch staatsseitige Aneignung staatlosen, d.h. einer staatlichen Herrschaft nicht (bzw. durch freiwillige Aufgabe nicht mehr) unterworfenen Landes bezog. Unabhängig davon wurde aber auch insoweit gefordert, dass der Wille zur Beherrschung durch körperliche Handlungen vollzogen und tatsächlich Besitz ergriffen wird (keine "papierene" Okkupation, sondern tatsächliche Besitzergreifung durch Betreten des Landes seitens staatlicher Organe und Vornahme gewisser symbolischer Handlungen, weiterhin durch Einrichtung einer Obrigkeit, die hinreichend ist, um das Gebiet gegen äußere Angriffe zu verteidigen und Ruhe und Ordnung im Inneren zu sichern - vgl. Deutsches Kolonial-Lexikon, 1920, Band II, S.673 ff.). Im Gegensatz hierzu bedeutet Okkupation im modernen, völkerrechtlichen Sinne die Inbesitznahme von Territorien eines anderen Staates. Die übrigen Kriterien sind im wesentlichen dieselben geblieben. Immanent ist dem Begriff, dass gegen den Willen eines dritten Staates Gewalt ausgeübt oder zumindest angedroht wird, wobei eine solche Gewalt (bisher) nur militärischer oder auch militärischer Art sein konnte. Die Besetzung beinhaltet das Betreten (räumliche Inbesitznahme) und die Ausübung umfassender Hoheitsrechte durch das Militär oder nachfolgender eigener staatlicher Organe, wobei es vom Willen des Besetzers abhängt, ob und inwieweit er beschränkte Rechte abgeleiteter Art, z.B. die "Zivilverwaltung", dem Besetzten überlässt. Insoweit kann im Einzelnen auf die Ausführungen des Sozialgerichts verwiesen werden.

Wenn § 1 ZRBG weiterhin von Eingliederung oder Besetzung eines Gebietes spricht, ist damit klar gestellt, dass es unerheblich ist, ob dieses Gebiet seinerseits von einem anderen besetzt, okkupiert oder "verwaltet" wird oder z.B. unter der Herrschaft eines souveränen Staates oder eines anderen Staatsgebildes steht. Es muss sich lediglich um fremdes, d.h. nicht herrenloses Gebiet handeln, wobei keineswegs auf das gesamte fremde Staatsgebiet abgestellt wird; es kann sich auch um einen "Gebietsstreifen" eines fremden, nicht willentlich aufgegebenen Hoheitsgebiets handeln wie auch um das gesamte Staatsgebiet oder mehrere Staatsgebiete bzw. Teile hiervon. Welchem konkreten dritten Staat das besetzte Gebiet berechtigterweise zuzuordnen ist, kann umstritten sein und ist für den Tatbestand der Okkupation letztlich belanglos. Notwendig bleiben aber die räumliche Inbesitznahme fremden Territoriums und das In-Besitz-Halten durch Ausübung umfassender Herrschaftsgewalt. Mithin ist der bloße, wenn auch massive Einfluss von außen auf eine nach wie vor bestehende Herrschaftsgewalt von Organen eines anderen Hoheitsträgers nicht ausreichend. Hier besteht nicht die Möglichkeit sowohl der (alle wesentlichen Bereiche) umfassenden als auch der unmittelbaren Machtausübung.

Die Okkupation (und auch die weitergehende Annexion) des tschechoslowakischen Staatsgebiets mit Ausnahme des slowakischen Gebiets stellt keine Okkupation der Slowakei durch das Deutsche Reich dar (die Okkupation südlicher Teile der Slowakei durch Ungarn kann hier außer Betracht bleiben). Nachdem sich das Gebiet der Stadt N. auch nicht innerhalb der aufgrund des Schutzvertrags vom 23.03.1939 errichteten Schutzzone entlang der Grenze zu Böhmen und Mähren befand, erübrigen sich Ausführungen dazu, dass auch insoweit nicht von einer Unterwerfung des diesbezüglichen Gebietsstreifens im Sinne einer Okkupation ausgegangen werden kann (vgl. Bundesverwaltungsgericht vom 25.05.1971, a.a.O.).

Wenn Dr.Z. eine "Form der Okkupation der Slowakei" durch den Schutzvertrag vom 18./23.03.1939 mit vertraulichem Protokoll über die wirtschaftliche und finanzielle Zusammenarbeit sieht ("eine Form der Okkupation ... anders wie die Okkupation im Protektorat Böhmen und Mähren") und von der "Existenz des Slowakischen Staates als Form der Okkupation der Tschechoslowakei" spricht, so bleibt dies letztlich als unbegründete Behauptung und Rechtsansicht einer Einzelperson im Raume stehen und deckt sich jedenfalls nicht mit den gängigen Definitionen der Begriffe Okkupation bzw. Besetzung in der Literatur und in der deutschen und internationalen Rechtsprechung. Ebenso fehlt es der im Zusammenhang mit den Äußerungen der Dr.Z. aufgestellten Behauptung der Klagepartei, entgegen der Ansicht des Sozialgerichts sei der Begriff der Besetzung im Sinne des ZRBG nicht mit dem (militärischem) Begriff der Haager Landkriegsordnung identisch, an jeglicher Begründung. Der Senat vermag nicht zu ersehen, warum von dem auch heute noch aktuellen Begriff der Besetzung (siehe Art.42 der Haager Landkriegsordnung vom 18.10.1907, RGBl.1910 Nr.2 S.132 ff.) abgewichen werden soll, und kann darüber hinaus keine Quelle für eine Definition im Sinne der klägerischen Meinung finden. Die Haager Landkriegsordnung ist Anlage zu dem 1907 geschlossenen IV. Haager Abkommen und ist nicht nur Bestandteil völkerrechtlicher Verträge, sondern hat mittlerweile eine allgemeine Gültigkeit auch für Nicht-Signaturstaaten erlangt. Darüber hinaus sind wesentliche Teile der Haager Landkriegsordnung in dem später abgeschlossenen 4. Genfer Abkommen von 1949 mit Zusatzprotokoll erweitert und präzisiert worden. Die Haager Landkriegsordnung wird von anerkannten Institutionen zur Beurteilung internationaler Konflikte herangezogen (vgl. das Gutachten des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag vom 09.07.2004 zur Anfrage der UN-Generalversammlung vom 08.12.2003 - UNGV Res.ES-10/14 - wegen des Baus der israelischen Mauer im Westjordanland und in und um Jerusalem: Als anzuwendendes Recht seien die Haager Bestimmungen von 1907 als Teil des normalen internationalen Rechts und die 4. Genfer Konvention von 1949 heranzuziehen. Es folgen dann Ausführungen über die Okkupation und zum Teil auch die de-facto-Annexion palästinensischer Gebiete). Der Senat kann den Begriff Besetzung (Inbesitznahme durch eine Besatzungsmacht) keine andere Bedeutung beimessen als sie im Völkerrecht und im deutschen Sprachgebrauch hat.

Insoweit hilft auch nicht die Meinung des Bevollmächtigten der Klägerin weiter, es könne nicht im Sinne des Gesetzgebers sein, Anspruchsteller, die in einem Ghetto in der Slowakei inhaftiert gewesen seien, vom Anwendungsbereich des ZRBG trotz "faktischer Besetzung der Slowakei" (?) auszunehmen; hierin sieht der Senat keinen Grund für eine extensive Gesetzesauslegung oder - was vorliegend wohl nur als einziges in Frage käme - für eine Analogie. Von einer "faktischen Besetzung" kann bei Fehlen sowohl der tatsächlichen Inbesitznahme als auch der Ausübung umfassender und unmittelbarer Herrschaftsgewalt nicht annähernd gesprochen werden. Darüber hinaus steht der klägerischen Auslegung die Zielrichtung des ZRBG entgegen. Hiermit hat der Gesetzgeber nicht eine allgemeine Entschädigung bei Verfolgungsmaßnahmen irgendwelcher Art vorgesehen, sondern ergänzend (so ausdrücklich § 1 Abs.2 ZRBG) nur eine eng begrenzte Fallgestaltung mit Beitragsfiktion regeln wollen, wobei einerseits sachliche Schranken (Beschäftigung - Freiwilligkeit und Entgeltlichkeit; Beschäftigung in einem Ghetto) und andererseits räumliche Schranken gezogen wurden (Beschäftigung in einem Ghetto nur in besetzten oder eingegliederten Gebieten). Nur bei eingegliederten oder besetzten Gebieten ist wegen des besonderen räumlichen Bezugs und der unmittelbaren Gewaltausübung die Fiktion einer Beitragspflicht und Beitragsabführung zum deutschen Sozialversicherungsträger gerechtfertigt.

Zu Recht hat dies bereits der 13. Senat des Bayer. Landessozialgerichts (Urteil vom 07.12.2005 - L 13 R 61/06) unter Berufung auf die Gesetzesbegründung, ein Ghetto sei in den eingegliederten oder besetzten Gebieten in besonderem Maße der hoheitlichen Gewalt des Deutschen Reiches ausgesetzt gewesen (Bundestags-Drucksache 14/8583 Teil B zu 1), ausgeführt. Die vom Gesetz vorgesehenen sachlichen und räumlichen Schranken werden nicht bereits dadurch gewahrt, dass eine Beeinflussung der slowakischen Regierung und "Verfolgungsmaßnahmen" im Sinne des BEG schon vor oder ohne Besetzung oder Eingliederung möglich gewesen sind und stattgefunden haben. Das ZRBG geht von anderen Tatbestandsmerkmalen als § 43 Abs.1 BEG und § 1 Abs.2 der Durchführungsverordnung vom 17.11.1962 aus.

Ein Rentenanspruch ist bereits nach den Tatbestandsmerkmalen des § 1 ZRBG nicht gegeben, so dass sich auch nicht die weitere Frage stellt, ob die Berücksichtigung der Zeiten im Lager N. in der Altersrente nach slowakischem Recht eine die Rente nach dem ZRBG ausschließende "Leistung aus einem System der sozialen Sicherheit" (§ 1 Abs.1 Satz 1 letzter Halbsatz und Satz 2 ZRBG) darstellt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG sind nicht ersichtlich. Bei dem ZRBG handelt es sich zwar um ein neues Gesetz. Es knüpft jedoch zur Lückenfüllung an bereits bestehende Regelungen an und wirft im vorliegenden Fall keine grundsätzlichen, bisher unbehandelten Probleme auf.
Rechtskraft
Aus
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