L 7 B 19/07 AS PKH

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AS 114/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 B 19/07 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 21. November 2006 wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die 1983 geborene Klägerin und Beschwerdeführerin (Bf.) beantragte am 04.02.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) - Alg II - und gab an, seit 01.10.2005 mit dem 1971 geborenen A. in einer eheähnlichen Gemeinschaft zu leben. Auf Anforderung der Beklagten hin legte sie u.a. den Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 01.12.2005 vor, mit dem A. ab 11.10.2005 kalendertäglich 38,04 Euro Übergangsgeld bewilligt wurde.

Die Beklagte lehnte die Bewilligung von Alg II mit Bescheid vom 05.12.2005 mit der Begründung ab, nach den nachgewiesenen Einkommensverhältnissen sei sie nicht hilfebedürftig. Mit ihrem Widerspruch brachte die Bf. vor, sie habe mit A. seit April "eine Beziehung", teile aber mit ihm lediglich aus Kostengründen eine Wohnung, sie seien kein "eheähnliches Paar". Mit Widerspruchsbescheid vom 24.01.2006 wies die Bg. den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Bf. habe das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft im Antrag durch ihre Unterschrift bestätigt.

Hiergegen hat die Bf. zum Sozialgericht Regensburg (SG) Klage erhoben und darauf verwiesen, dass sie zwar bei A. eingezogen sei, ihn zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht einmal ein halbes Jahr gekannt habe. Sie sei bei ihm eingezogen, weil sie nicht mehr im Wohnheim für psychisch Kranke habe leben wollen. Selbst nach der Gesetzesregelung werde eine gewisse Dauer, wenn diese auch auf ein Jahr verkürzt worden sei, verlangt. Sie sei nicht befugt, über Einkommen und Vermögen des anderen zu verfügen. Es könne nicht vorausgesetzt werden, dass sie, zumal sie unter Betreuung stehe, juristisch einwandfrei mit Begriffen umgehen könne.

Die Beklagte hat auf einen Bericht über einen am 20.09.2006 in der gemeinsamen Wohnung vorgenommenen Augenschein und die hierbei von A. gemachten Angaben verwiesen. Den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) hat das SG mit Beschluss vom 21.11.2006 abgelehnt. Die Klage habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Es gebe keine zeitliche Mindestvoraussetzung, unterhalb derer das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft immer und in jedem Fall verneint werden müsse. A. habe die Bf., nachdem sie sich wohl einige Monate zuvor kennengelernt hätten, im Oktober 2005 bei sich aufgenommen. Er habe sich vorbehaltslos im Leistungsantrag als Partner in einer eheähnlichen Gemeinschaft bezeichnen lassen und alle geforderten Unterlagen zu seinem Einkommen und Vermögen sowie zu den Nebenkosten der Wohnung vorgelegt. Schließlich habe er trotz der Leistungsversagung den Mitarbeitern der Beklagten beim Hausbesuch am 20.09.2006 unumwunden erklärt, dass eine Trennung nicht beabsichtigt sei. Die Annahme der eheähnlichen Gemeinschaft werde durch die festgestellte Art des Zusammenlebens bestätigt. Es gebe keine getrennten Wohn- und Schlafbereiche, die Haushaltsführung erfolge gemeinsam. A. gewähre der Bf. nicht nur kostenfreie Unterkunft, sondern trage auch den ganz überwiegenden Teil der gemeinsamen Lebenshaltungskosten.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Bf., die geltend macht, jedenfalls im Zeitpunkt der Klageerhebung seien die Voraussetzungen für die Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft auf keinem Fall erfüllt gewesen. Auch nach der Gesetzesänderung zum 01.08.2006 würden die Vermutungstatbestände durch die Bf. nicht erfüllt. Der Hinweis, dass A. die Kosten für die Lebenshaltung und der Wohnung übernehme, könne zu keinem anderen Ergebnis führen; der Bf. stünden keinerlei finanzielle Mittel zur Verfügung, so dass es ihr nicht möglich sei, sich an diesen Kosten zu beteiligen.

Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist sachlich nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Bewilligung von PKH abgelehnt, da die nach § 73a SGG i.V.m. § 114 ZPO erforderliche Aussicht auf einen Erfolg des Klageverfahrens bei summarischer Prüfung nicht gegeben ist.

Der Senat folgt den Ausführungen in dem Beschluss des SG und sieht gemäß § 142 Abs.2 Satz 2 SGG insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Dass die Bf. und A. erst seit 01.10.2005 zusammenwohnen, steht der Annahme einer eheähnlichen Gemeinschaft bereits ab diesem Zeitpunkt nicht entgegen. Die vom BSG in einer Entscheidung (SozR 3-4100 § 119 Nr.15) angedeutete "Drei-Jahres-Grenze" bedeutet nicht, dass erst nach einem drei Jahre dauernden Zusammenleben von einer eheähnlichen Gemeinschaft ausgegangen werden könne; vielmehr ist diese Drei-Jahres-Grenze nicht als absolute zeitliche Mindestvoraussetzung zu verstehen, unterhalb derer das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft immer und jedem Einzelfall verneint werden müsste (BSG a.a.O. Nr.26). Wesentlich ist die Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalles. Zu berücksichtigen ist, dass die Rechtsprechung des BSG zu der Frage des Eintritts einer Sperrzeit wegen Lösung eines Arbeitsverhältnisses zum Zwecke des Umzuges und Zusammenlebens mit einen Partner ergangen ist; die Rechtfertigung der Herbeiführung der Arbeitslosigkeit aus einem solchen Grund erfordert den Nachweis der ernsthaften Beziehung, für die die Dauerhaftigkeit ein wesentliches Merkmal ist. Im vorliegenden Fall ist entscheidend, ob ab Antrag Hilfebedürftigkeit besteht bzw. nicht besteht, weil eine auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft zwischen einer Frau und einem Mann besteht, die keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner für einander begründen, also über die Beziehung in einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinaus gehen (BSG a.a.O.). Insofern ist vom ersten Tag des Zusammenlebens an eine Prognose zu treffen und Hilfebedürftigkeit zu verneinen, wenn ein gegenseitiges Einstehen auch tatsächlich erfolgt. Davon ist insbesondere aufgrund der bei der Prüfung vor Ort am 20.09.2006 gewonnen Erkenntnisse auszugehen.

Die Bewilligung von PKH ist nicht deshalb gerechtfertigt, weil unter Umständen erst durch den Augenschein und die Befragung des Partners am 20.09.2006 die für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen nachgewiesen wurden. Zwar ist über die Bewilligung von PKH anhand der bei Bewilligungsreife nachgewiesenen Tatsachen zu entscheiden und rechtfertigen durch spätere Ermittlungen gewonnene Erkenntnisse nicht die Verneinung der Erfolgsaussicht, da diese grundsätzlich zu bejahen ist, wenn im Zeitpunkt der Bewilligungsreife der nicht geklärte Sachverhalt weitere Ermittlungen erfordert. Jedoch handelt es sich bei den am 20.09.2006 gewonnen Erkenntnissen um Tatsachen, die der Sphäre der Bf. zuzurechnen sind und von ihr wahrheitsgemäß ohnehin vorzutragen waren, so dass eine entsprechend verspäteter Vortrag nicht die Bewilligung von PKH rechtfertigt.

Dieser Beschluss ist nicht weiter anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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