L 7 AS 772/05 ER

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Nordhausen (FST)
Aktenzeichen
S 18 AS 1661/05 ER
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 772/05 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 7. Oktober 2005 wird zurückgewiesen.

Der Antrag des Antragstellers, für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Gründe:

I. Der Antragsteller begehrt im Wege einstweiligen Rechtsschutzes durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Rechtsbehelfe die Aussetzung der Vollziehung eines Bescheides, mit dem die Antragsgegnerin bewilligte Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) aufgehoben hat und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren.

Der 1956 geborene Antragsteller wurde im Jahr 2000 geschieden. Seit dem Jahr 2001 klagt er in einem sich bereits über mehrere Instanzen hinziehenden Zivilverfahren gegen seine geschiedene Ehefrau auf die Durchführung einer Vermögensauseinandersetzung. Bis zur Erschöpfung seines Anspruchs am 6. März 2004 erhielt er Arbeitslosengeld bzw. Krankengeld sowie anschließend bis zum 31. Dezember 2004 Arbeitslosenhilfe. Am 20. September 2004 beantragte er bei der Antragsgegnerin Leistungen nach dem SGB II.

Mit Bescheid vom 22. November 2004 gewährte die Antragsgegnerin dem Antragsteller ab dem 1. Januar 2005 Leistungen der Grundsicherung in unterschiedlicher Höhe, zuletzt auf der Grundlage des Bescheides vom 3. Juni 2005 für die Zeit vom 1. Juni 2005 bis zum 31. Oktober 2005 iHv 701,01 Euro und für die Zeit vom 1. November 2005 bis zum 31. November 2005 iHv 610,00 Euro.

Am 9. Juni 2005 erhielt der Antragsteller zur Vermögensauseinandersetzung von seiner geschiedenen Ehefrau, abzüglich der von seiner Rechtsanwältin einbehaltenen Anwaltskosten iHv 1781,76 Euro, einen Betrag iHv 22.095,20 Euro. Am 5. August 2005 teilte er der Antragsgegnerin den Eingang des Geldes mit und erklärte, dass er mit dem Geld seine in den Jahren 2000 bis 2005 angefallenen Schulden beglichen habe und dies durch Nachweise belegen könne.

Im Rahmen einer Anhörung am 23. September 2005 legt der Antragsteller "Eidesstattliche Erklärungen" seiner Schwester und seiner Mutter jeweils vom 23. Juni 2005 vor, in denen diese erklären, am 23. Juni 2005 zur Erstattung angefallener Schulden aus den Jahren 2000 bis 2005 in bar 4.000,00 Euro bzw. 17.000,00 Euro vom Antragsteller erhalten zu haben. Zudem legte er eine handschriftliche Liste über Ausgaben iHv 20.971,47 Euro vor, für die er in den Jahren 2000 bis 2005 die fraglichen Schulden gemacht habe. Er erklärte gegenüber der Antragsgegnerin, dass er die Darlehen aufgrund von Schuldscheinen zurückgezahlt habe, die jedoch nach der Rückzahlung vernichtet worden seien. Rechnungen könne er mit Ausnahme solcher für sein Auto nicht vorlegen, da er diese ebenfalls vernichtet habe. Laut einer zur Anhörung gefertigten Aktennotiz der Antragsgegnerin habe der Antragsteller zunächst erklärt, dass zu Datum und Höhe der Darlehen keine Aufzeichnungen existierten. Erst anschließend habe er behauptet, dass es Schuldscheine gegeben habe, die sofort nach der Rückzahlung vernichtet worden seien. Dass die erweiterten Darlehen zum Zeitpunkt der Ausgleichszahlung gerade diesen Betrag erreicht hätten, habe der Antragsteller mit einem Zufall erklärt.

Mit Bescheid vom 26. September 2005 hob die Antragsgegnerin die Bewilligung von Leistungen für die Zeit ab dem 1. Juni 2005 im vollen Umfang auf und verlangte die Erstattung der seit dem 1. Juni 2005 bereits erbrachten Leistungen iHv 2.103,03 Euro.

Am 27. September 2005 beantragte der Antragsteller beim Sozialgericht Nordhausen im Wege einstweiligen Rechtsschutzes die Aussetzung der Vollziehung des Bescheids vom 26. September 2005 bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren.

Mit Beschluss vom 7. Oktober 2005 "wies" das Sozialgericht Nordhausen den Antrag zurück. Der Bescheid erscheine selbst nach den Einlassungen des Antragstellers nicht mit dem nach § 86 b Abs. 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) erforderlichen Grad an Wahrscheinlichkeit als rechtswidrig. Dem Antragsteller sei am 9. Juni 2005 Einkommen iSd § 11 SGB II iHv 22.095,20 Euro zugeflossen, ohne dass zwischen diesem Einkommen und der Rückzahlung der vermeintlichen Darlehen eine vertragliche Verknüpfung zu erkennen sei. Er müsse daher zunächst das Einkommen für seinen Lebensunterhalt verwenden.

Gegen den ihm am 13. Oktober 2005 zugestellten Beschluss legte der Antragsteller am 25. Oktober 2005 Beschwerde ein, der das Sozialgericht Nordhausen nicht abhalf. Er begründete die Beschwerde mit Schriftsatz vom 15. März 2006. Aufgrund seines schlechten Gesundheitszustands sei es ihm nicht möglich, eine Tätigkeit aufzunehmen und für seinen Lebensunterhalt aufzukommen. Infolge der Scheidung und seiner geringen Einkünfte in den letzten Jahren habe er bei seiner Mutter und seiner Schwester zum Einrichten einer Wohnung, zum Bestreiten seiner Lebenshaltung und für krankheitsbedingte Zuzahlungen Darlehen iHv insgesamt 21.000,00 Euro aufnehmen müssen. Das auf Darlehensbasis gezahlte monatliche Taschengeld zeige die erhebliche Einschränkung seiner Lebensqualität. Die mündlich vereinbarten Darlehen seien allein im Hinblick auf die spätere Zahlung seiner geschiedenen Ehefrau gewährt worden, weshalb als Fälligkeit der Rückzahlung der Zeitpunkt der Ausgleichszahlung vereinbart worden sei. Die Eingehung des Darlehens sei damit eine Vorabverfügung über den zu erwartenden Geldbetrag, den er auch tatsächlich vor Erlass des Aufhebungsbescheides zur Tilgung des Darlehens zurückgezahlt habe. So verfüge er erneut über kein Vermögen. Der Aufhebungsbescheid stelle eine unbillige Härte dar.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 7. Oktober 2005 aufzuheben und die Aussetzung der Vollziehung des Aufhebungsbescheids der Antragsgegnerin vom 26. September 2005 anzuordnen.

Die Antragsteller beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Vom Antragsteller sei zu erwarten, dass er sämtliche ihm zufließenden Einkünfte zunächst zur Sicherung seines Lebensunterhalts einsetze. Seine Einlassungen zur Darlehensgewährung seien nicht nachvollziehbar, da zum Zeitpunkt der angeblichen Vereinbarungen weder die Höhe noch der Zeitpunkt der jetzigen Ausgleichszahlung bekannt gewesen seien.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den sonstigen Akteninhalt, insbesondere das Protokoll des durchgeführten Erörterungstermins Bezug genommen. Die den Antragsteller betreffende Akte der Antragsgegnerin lag vor und ist Gegenstand der Entscheidung gewesen.

II. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist nicht begründet.

Der statthafte vorläufige Rechtsschutz richtet sich nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG. Ziel des ersuchten einstweiligen Rechtsschutzes ist es, die vorläufige Fortzahlung der mit Bescheid vom 3. Juni 2005 zugesprochenen Leistungen zu erreichen. Hierzu ist es erforderlich, aber auch ausreichend, den Aufhebungsbescheid vom 26. September 2005 durch die sinngemäß beantragte Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Rechtsbehelfe im Hauptsacheverfahren außer Vollzug zu setzten und so die Regelungswirkung des Bescheides vom 3. Juni 2005 wieder aufleben zu lassen.

Nach § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.

Während § 86 a Abs. 1 Satz 1 SGG den Grundsatz aufstellt, dass Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, bestimmt § 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG, dass die aufschiebende Wirkung entfällt, soweit dies durch Bundesgesetz vorgeschrieben wird. Eine solche bundesrechtliche Regelung enthält § 39 SGB II. Hiernach haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende entscheidet (Nr. 1) oder den Übergang eines Anspruchs bewirkt (Nr. 2), keine aufschiebende Wirkung. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und Leistungen zur Eingliederung in Arbeit (BT-Drucks. 15/1516 S. 63). Es handelt sich um Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB II.

Die weitere Prüfung der Zulässigkeit des Antrags erfordert zunächst eine Differenzierung der im Bescheid vom 26. September 2005 getroffenen Entscheidungen. Er enthält zwei Regelungsgegenstände. Zum einen hebt er die Entscheidung der Antragsgegnerin über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II in ihrem Bescheid vom 3. Juni 2005 auf, soweit dem Antragsteller Leistungen ab dem 1. Juni 2005 zugesprochen wurden. Zum anderen bestimmt er, dass der Antragsteller die für die Zeit ab 1. Juni 2005 von der Antragsgegnerin bereits erhaltenen Leistungen zurück zu zahlen hat.

Der Antragsteller hat im Hinblick auf den Aufhebungsentscheidung ein berechtigtes rechtliches Interesse an der begehrten Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG. Nach einhelliger Auffassung, der sich der Senat anschließt, haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Bescheid, mit dem über die Aufhebung bewilligter Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II entschieden wird, nach § 39 Nr. 1 SGB II kraft gesetzlicher Anordnung keine aufschiebende Wirkung (LSG Schleswig-Holstein 05.07.2006 – L 6 B 196/06 AS ER – juris, mwN; LSG Niedersachsen-Bremen 29.06.2006 – L 9 AS 239/06 ER, mwN; LSG Hamburg 29.05.2006 – L 5 B 77/06 ER AS – juris, mwN).

Der Bescheid vom 26. September 2006 enthält neben der Aufhebungsentscheidung die sich hieran anschließende Folgeregelung, mit der dem Antragsteller aufgegeben wird, infolge der Aufhebung des Bewilligungsbescheides zu Unrecht erhaltene Leistungen zu erstatten.

Derartige Erstattungsbescheide werden von § 86 a Abs. 1 Nr. 4 SGG iVm § 39 Abs. 1 Nr. 1 SGG nicht erfasst. § 39 Nr. 1 SGB II betrifft allein Verwaltungsakte, mit denen über die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung, sowie – spiegelbildlich dazu – über die Aufhebung der Bewilligung solcher Leistungen entschieden wird (LSG Hamburg 29.05.2006 – L 5 B 77/06 ER AS – juris, mwN; a.A. LSG Schleswig-Holstein 05.07.2006 – L 6 B 196/06 AS ER – juris, mwN). Folgeentscheidungen darüber, wie hinsichtlich der Rückerstattung zu Unrecht bereits erbrachter Leistungen zu verfahren ist, betreffen nicht unmittelbar die Entscheidung über die Leistung oder Nichtleistung der Grundsicherung selbst, sondern in einer zweiten Stufe nur die (Rück-) Abwicklung der eigentlichen Leistungsentscheidung (LSG Hamburg 29.05.2006 – L 5 B 77/06 ER AS – aaO; LSG Niedersachsen-Bremen 23.03.2006 – L 9 AS 127/06 ER – juris). Dass § 39 Nr. 1 SGB II nicht jede denkbare Entscheidung im Zusammenhang mit Leistungen der Grundsicherung erfassen kann, zeigt bereits der Umstand, dass es der Gesetzgeber für notwendig erachtet hat, Verwaltungsakte, die den Übergang eines Anspruchs bewirken, in § 39 Nr. 2 SGB II ausdrücklich neben den eigentlichen Leistungsentscheidungen nach § 39 Nr. 1 SGB II gesondert aufzuführen. Bezieht der Wortlaut des § 39 Nr. 1 SGB II daher Erstattungsbescheide jedenfalls nicht eindeutig in die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit mit ein, sprich auch die Gesetzessystematik gegen eine entsprechende erweiternde Auslegung. § 39 SGB II enthält eine Ausnahmeregelung zu dem in § 86 a Abs. 1 Satz 1 SGG postulierten Grundsatz der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage, der auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nur in Ausnahmefällen zurückstehen darf (BVerfG 13.06.1979 – 1 BvR 699/77BVerfGE 51, 268). Betrachtet man die von ihrer gesetzlichen Interessenlage vergleichbare Rechtslage zur Herabsetzung und Entziehung laufender Leistungen nach dem SGB III, ist dort zwar die sofortige Vollziehbarkeit von Verwaltungsakten über die Herabsetzung bzw. Entziehung laufender Leistungen angeordnet (§ 86 a Abs. 2 Nr. 2 SGG, § 336 a Satz 2 SGB III). Auch hier erfasst das Gesetz jedoch nicht die Erstattungsbescheide zur Rückabwicklung zu Unrecht bereits erbrachter Leistungen (Hessisches LSG 11.08.2005 – L 9 AL 234/04 ER – juris; LSG Baden-Württemberg 25.08.2003 – L 13 AL 2374/03 – juris; Binder in Hk-SGG, 2006, 2. Aufl., § 86 Rd. 15). Vor diesem Hintergrund überzeugt auch nicht das angebliche Ziel des Gesetzgebers, mit einer umfassenden Geltung des § 39 SGB II Leistungsmissbrauch effektiv und mit generalpräventiver Wirkung bekämpfen zu können (so: LSG Schleswig-Holstein 05.07.2006 – L 6 B 196/06 AS ER – aaO). Im Hinblick auf eine Parallelwertung der vorgenannten Rechtslage nach § 336 a Satz 2 SGB III will auch § 39 SGB II nur vermeiden, dass staatliche Leistungen weiter erbracht werden müssen, obwohl die Behörde Anhaltspunkte dafür hat, dass Leistungsvoraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen. In diesem Fall ist es gerechtfertigt, vom Grundsatz der aufschiebenden Wirkung nach § 86 a Abs. 1 SGG abzuweichen und den öffentlichen Belangen an einer Nichtzahlung zunächst kraft Gesetzes Vorrang einzuräumen. Hinsichtlich der Erstattung bereits erbrachter Leistungen besteht demgegenüber kein so gewichtiges öffentliches Interesse, das es rechtfertigen würde, vor einer Vollziehung nicht zunächst die rechtskräftige Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Erstattungsbescheides abzuwarten und nur im Einzelfall die sofortige Vollziehung anordnen zu lassen.

Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Erstattungsbescheid vom 26. September 2005 haben daher nach § 86 a Abs. 1 Satz 1 SGG bereits kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung. Demgemäß begehrt der Antragsteller vorliegend allein die vorläufige Weiterzahlung der monatlichen Leistungen. Da keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass die Antragsgegnerin den Erstattungsbescheid tatsächlich bereits vollzieht oder eine sofortige Vollziehung auch nur beabsichtigt, bestünde für den Antragsteller im Übrigen auch kein rechtlich geschütztes Interesse an einer gerichtlichen Feststellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs oder seiner Anfechtungsklage gegen den Erstattungsbescheid.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG ist jedoch unbegründet.

Der Vorschrift des § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG lässt sich unmittelbar kein Prüfungsmaßstab entnehmen. Die Aussetzung soll aber nach § 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG - durch die Behörde - bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

Orientiert an diesem Prüfungsmaßstab ist auch ein Antrag nach § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG nur dann begründet, wenn bei summarischer Prüfung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Eingriffs bestehen, also ein Obsiegen im Widerspruch- oder Klageverfahren wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen. Es reicht nicht aus, wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs mindestens ebenso wahrscheinlich ist, wie der Misserfolg (Thüringer LSG 10.04.2003 – L 3 AL 767/02 ER; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 8. Aufl., 2005, § 86 a Rd. 12 c). Erforderlich ist eine umfassende Abwägung des öffentlichen Interesses an einem Sofortvollzug des Bescheides mit den privaten Interessen des Antragstellers an einer Aussetzung. Ist ohne Weiteres erkennbar, dass der Verwaltungsakt rechtmäßig ist oder die Rechtsbehelfe keinen Erfolg haben könne, ist die Vollziehung einer angefochtenen Entscheidung in der Regel ohne weitere Interessenabwägung gerechtfertigt. Andererseits besteht an der Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes kein öffentliches Interesse. In diesen Fällen ist in der Regel ohne weitere Interessenabwägung die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anzuordnen bzw. wiederherzustellen.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Beschwerde unbegründet. Im Ergebnis einer summarischen Prüfung ist der Aufhebungsbescheid weder offensichtlich rechtswidrig noch ist erkennbar, dass ein Obsiegen des Antragstellers im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher ist, als sein Unterliegen.

Nach § 7 Abs. 1 Nr. 2 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II nur Personen, die – neben weiteren Voraussetzungen – erwerbsfähig sind. Erwerbsfähig ist, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Der Senat hat aufgrund der Ausführungen des Antragstellers, sein schlechter Gesundheitszustand verbiete die Aufnahme einer Tätigkeit, weswegen er einen entsprechenden Rentenantrag gestellt habe, bereits erhebliche Zweifel an seiner Erwerbsfähigkeit iSd § 8 SGB II. Da sich der Antrag auch im Übrigen als nicht begründet erweist, werden insoweit weitere Ermittlungen zurückgestellt. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II erhalten Leistungen weiterhin nur solche Personen, die hilfebedürftig sind. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht (1.) durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, (2.) aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

§ 11 SGB II bestimmt, was als Einkommen und in welcher Höhe dieses nach § 9 SGB II zu berücksichtigen ist. Der von seiner geschiedenen Ehefrau gezahlte Betrag ist eine Einnahme in Geld und damit Einkommen iSd § 11 Abs. 1 SGB II. Es handelt sich nicht um eine Zahlung die nach § 11 Abs. 1 2. Halbsatz SGB II aus der Einkommensanrechnung ausgenommen ist. Die Zahlung erfolgte im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung zwischen dem Antragsteller und seiner geschiedenen Ehefrau. Sie ist ein Ausgleich für gemeinsam zum Zwecke der ehelichen Lebensführung erworbenes Vermögen. Es ist daher kein nach § 11 Abs. 3 SGB II privilegiertes Einkommen.

§ 11 SGB II erfasst sowohl fortlaufend erzieltes Einkommen als auch "einmalige Einnahmen". Die auf der Grundlage der Verordnungsermächtigung in § 13 SGB II erlassene Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (ALG II-VO) regelt, dass einmalige Einnahmen nur dann nicht als Einkommen iSd § 11 SGB II zu berücksichtigen sind, wenn sie in größeren als monatlichen Zeitabständen anfallen und jährlich 50,00 Euro nicht übersteigen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 ALG II-VO). Der Betrag iHv 22.095,20 Euro ist hiernach als einmaliges Einkommen zu berücksichtigen. Nach § 2 Abs. 3 ALG III-VO sind einmalige Einnahmen grundsätzlich vom Monat ihres Zuflusses an für die Dauer eines angemessenen Zeitraums an in entsprechenden monatlichen Teilbeträgen als Einkommen zu berücksichtigen, wodurch die Bedürftigkeit bis zu einem Aufzehren der einmaligen Einnahme ganz oder teilweise entfallen kann. Die Zahlung der 22.095,20 Euro lässt die Bedürftigkeit des Antragstellers jedenfalls für den streitigen Zeitraum von Juni bis November 2005 in vollem Umfang entfallen. Bei summarischer Prüfung seiner Einwendungen gegen die Berücksichtigung der Ausgleichszahlung als Einkommen ist ein Obsiegen des Antragstellers im Hauptsacheverfahren nicht überwiegend wahrscheinlich. Er wendet ein, dass er sich aufgrund der Vereinbarungen mit seinen Familienangehörigen verpflichtet haben will, bei Erhalt des Ausgleichsbetrags die Darlehen zurückzuzahlen und das Geld somit nicht für seinen Lebensunterhalt verwenden könne. Trotz zwischenzeitlicher anwaltschaftlicher Vertretung konnte der Antragsteller nicht annähernd nachvollziehbar darstellen, wann er welche Vereinbarungen mit seiner Mutter bzw. Schwester mit welchem konkreten Inhalt abgeschlossen haben will. Die Ausführung, die Darlehensverträge seien "ausschließlich unter Berücksichtigung der Tatsache zustande gekommen, dass er die infolge der Ehescheidung zu erwartende Ausgleichzahlung unverzüglich nach Erhalt an die Darlehensgeber auskehrt", erklärt das Motiv der Familienangehörigen, wegen der erwarteten Bonitätsverbesserung die Darlehensverträge einzugehen. Die Darstellung, dass "die Fälligkeit der Rückzahlung mit Zahlungseingang des Ausgleiches entsteht" und "Wirksamkeitsvoraussetzung für das Zustandekommen der Darlehensverträge" gewesen sei, spricht für die Vereinbarung eines zeitlich unbestimmten aber bestimmbaren Fälligkeitstermins iSd § 488 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Die Ausführung, "die Darlehensbegründung sei somit eine Vorabverfügung der ehelichen Ausgleichzahlung durch den Antragsteller", ist bereits grammatikalisch, aber auch inhaltlich schwer nachvollziehbar. Unklar bleibt, ob damit gemeint ist, der Antragsteller habe bei Abschluss des Darlehensvertrags mit seinen Angehörigen zugleich auch einen Forderungsabtretungsvertrag in Form eines Forderungsverkaufs geschlossen. Gegebenenfalls will der Antragsteller damit behaupten, dass damit die fiduziarische Sicherungszession seiner erst künftigen, nicht bestimmten aber bestimmbaren Ausgleichsansprüche nach § 398 BGB vereinbart werden sollte. Den sog. "Eidesstattlichen Erklärungen" der Mutter und der Schwester sind Anhaltpunkte nur für die Vereinbarung eines Darlehens, nicht für eine Sicherungszession oder einen Forderungskauf zu entnehmen. Unklar ist auch, ob die Abtretung bereits anfänglich die gesamte künftige Ausgleichforderung erfasst habe, was in der Anfangszeit zu einer Übersicherung nach § 138 BGB geführt hätte. Ebenso wenig erklärt der Antragsteller, an welche der beiden vermeintlichen Zessionarinnen er seine künftige Forderung in welchem Umfang übertragen habe will. Mit diesen Darstellungen zeigt der Antragsteller seine Vielfältigkeit bei der Schilderung der Vereinbarungen, die er bereits hinsichtlich der Darlehensverträge gezeigt hat, die zunächst durch Schuldscheine und entsprechende Einzelrechnungen nachweisbar gewesen seien, dann jedoch vernichtet wurden, zuletzt aber nur mündlich vereinbart worden seien. Tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer "Vorabverfügung" dergestalt, dass der Antragsteller zum Zeitpunkt der Zahlung des Vermögensausgleiches nicht mehr Forderungsinhaber war, sind damit nicht ersichtlich. Wenngleich auch hinsichtlich des tatsächlichen Abschlusses der Darlehensverträge Zweifel bestehen, geht der Senat zugunsten des Antragstellers davon aus, dass er zwei Darlehen aufgenommen hat, die mit Erhalt der Ausgleichszahlung zur Rückzahlung fällig wurden. Das Bestehen von Verbindlichkeiten steht der Berücksichtigung der Ausgleichszahlung als einmalige Einnahme im betreffenden Bewilligungszeitraum nach § 11 SGB II nicht entgegen. Der Antragsteller muss die einmalige Einnahme zunächst für seinen aktuellen Lebensunterhalt verwenden. Für das Sozialhilferecht hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass es nicht Aufgabe der Sozialhilfe sei, durch staatliche Leistungen die Schulden eines im Übrigen nicht Hilfebedürftigen zu tilgen, indem er von staatlicher Fürsorge lebt und sein Einkommen zur Tilgung seiner Verbindlichkeiten verwendet. Er muss vielmehr sein Einkommen zur Vermeidung eines gegenwärtigen Bedarfs für seinen Lebensunterhalt einbringen. Nur soweit ihm danach Einkommen verbleibt, kann er es zur Tilgung seiner in der Vergangenheit eingegangenen Verbindlichkeiten einsetzen (BVerwG 13.01.1983 – 5 C 114/81BVerwGE 66, 342). Die gleichen Maßstäbe hat das Bundessozialgericht im Recht der Arbeitslosenhilfe angewendet (BSG 26.10.2004 – B 7 AL 2/04 RSozR 4-4300 § 194 Nr. 5). Sie gelten auch für die Beurteilung der Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II (Thüringer LSG 31.01.2006 – L 7 AS 770/05 ER – juris; LSG Baden-Württemberg 02.09.2005 – L 8 AS 1995/05 – juris; Sächsisches LSG 14.04.2005 – L 3 B 30/05 AS/ER – NSZ 2006, 107).

Die summarische Prüfung der Erfolgsaussichten der Rechtsbehelfe des Antragstellers ergeben daher keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Aufhebungsbescheids.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen, weil es an der erforderlichen Erfolgswahrscheinlichkeit gefehlt hat (vgl. § 73a SGG i. V. m. § 114 ZPO).

Die Beschlüsse sind unanfechtbar (vgl. § 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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