S 20 AL 7291/05

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Stuttgart (BWB)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 20 AL 7291/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die private Trunkenheitsfahrt eines Berufskraftfahrers mit Entzug der Fahrerlaubnis stellt in der Regel kein arbeitsvertragswidriges Verhalten dar und kann daher eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe nicht begründen. Dies korrespondiert damit, dass auch arbeitsrechtlich der Entzug der Fahrerlaubnis nur einen personenbedingten Kündigungsgrund darstellen kann und keinen verhaltensbedingten.
1. Der Bescheid der Beklagten vom 12.05.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.10.2005 wird aufgehoben. 2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger unter Fortfall der Minderung auch Arbeitslosengeld in gesetzlichem Umfang zu gewähren für den Zeitraum 01.06.2005 bis 23.08.2005. 3. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über Arbeitslosengeldbezug während der Zeit einer verhängten Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe.

Der verheiratete und kinderlose Kläger war beschäftigt vom 18.06.2001 bis 31.05.2005 als Kraftfahrer bei der Firma B. in N ... Grundlage des Arbeitsverhältnisses war der schriftliche Arbeitsvertrag vom 20.06.2001. Darin heißt es u.a., soweit von Interesse:

"§ 1 - Einstellung und Aufgabenbereich. 2. Der Arbeitnehmer versichert, dass die bei seiner Einstellung gemachten Angaben, insbesondere die im Personalbogen, der Wahrheit entsprechen. Er verpflichtet sich, Veränderungen in Bezug auf diese Angaben der Firma unverzüglich bekannt zu geben, insbesondere den Entzug des Führerscheins ... § 3 - Pflichten des Arbeitnehmers. 5. Für den Arbeitnehmer besteht für die Dienstzeit und insbesondere die Zeit des Führens eines KFZs absolutes Alkohol-Verbot, wobei auch das Problem des so genannten Rest-Alkohols zu beachten ist. Verstöße dagegen führen zur Kündigung des Vertrages. 6. Verlust oder Entzug von Führerschein oder Fahrerlaubnis hat der Arbeitnehmer unverzüglich der Geschäftsleitung unter Angabe der Gründe mitzuteilen ..."

Die Arbeitgeberin beendete das Arbeitsverhältnis letztlich mit Kündigungsschreiben vom 28.04.2005 ordentlich zum 31.05.2005. Hintergrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses war Folgender:

Der Kläger wurde im Rahmen einer privaten Trunkenheitsfahrt von der Polizei aufgegriffen am 24.04.2005 gegen 22:10 Uhr mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,92 o/oo. Mit Beschluss des Amtsgerichts N. vom 02.05.2005 wurde ihm die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts N. vom 07.07.2005 wurde er wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr verurteilt. Die Fahrerlaubnis wurde (endgültig) entzogen. Vor Ablauf von acht Monaten durfte keine neue Fahrerlaubnis erteilt werden.

Der Kläger meldete sich bei der Beklagten am 02.05.2005 arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld. Mit Bescheid vom 12.05.2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass im Zeitraum 01.06.2005 bis 23.08.2005 eine Sperrzeit eingetreten sei und der Anspruch auf Arbeitslosengeld während dieses Zeitraums ruhe. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld mindere sich um ¼ der Anspruchsdauer, somit um 90 Tage. Hiergegen erhob der Kläger am 23.05.2005 Widerspruch, der von der Widerspruchsstelle der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 14.10.2005 zurückgewiesen wurde. Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, die am 18.11.2005 bei Gericht einging.

Über das Vermögen des Klägers wurde mit Bescheid des Amtsgerichts E. vom 30.03.2005 das (Verbraucher-)Insolvenzverfahren eröffnet. Das tägliche Arbeitslosengeld des Klägers hätte 40,13 EUR betragen.

Der Kläger begehrt die Zahlung von Arbeitslosengeld ab 01.06.2005 unter Fortfall der Sperrzeit, sowie unter Fortfall der Minderung.

Er ist der Ansicht, ein sperrzeitbegründendes Fehlverhalten liege nicht vor. Er habe auch nicht durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Vielmehr stelle der Verlust der Fahrerlaubnis aufgrund einer privaten Trunkenheitsfahrt auch kündigungsschutzrechtlich nur einen personenbedingten Kündigungsgrund dar. Dies sei aber sperrzeitneutral.

Der Kläger beantragt,

den Sperrzeitbescheid der Beklagten vom 12.05.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.10.2005, Az.: 98-Kd.-Nr.: 621D060427 W 1828/05, zugegangen am 18.10.2005, aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie beruft sich darauf, dass schon im Arbeitsvertrag ein absolutes Alkoholverbot geregelt gewesen sei. Die Fahrerlaubnis sei gewissermaßen Geschäftsgrundlage des Beschäftigungsverhältnisses gewesen. Es stelle daher ein vertragswidriges Verhalten dar, wenn der Kläger sich aufgrund einer (strafbaren) Trunkenheitsfahrt die Geschäftsgrundlage zur Vertragsfortführung entziehe.

Es wurde Beweis erhoben durch Einholung einer schriftlichen Beantwortung einer Beweisfrage von Frau H. der Firma B ... Auf den Inhalt deren Aussage wird Bezug genommen.

Die Verwaltungsakte wurde beigezogen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und voll umfänglich begründet.

I.

Die Klage ist zulässig.

Sie wurde beim örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht Stuttgart form- und fristgerecht erhoben.

Das Widerspruchsverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt.

Ausdrücklich wurde zwar nur eine Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 SGG erhoben. Eine solche bloße Anfechtungsklage würde aber nur die Aufhebung des Sperrzeitbescheids bewirken können. Dies wäre z.B. dann ausreichend, wenn zuvor schon einmal Arbeitslosengeld bewilligt worden wäre, dessen Bezug durch den angegriffenen Bescheid zum Ruhen gebracht worden wäre. Dann würde nämlich der bloße Fortfall des belastenden Bescheids den Kläger wieder in den Bezug des Arbeitslosengelds nach dem bisherigen Bewilligungsbescheid versetzen. Ohne vorherige Arbeitslosengeldbewilligung, wenn also, wie vorliegend, die Arbeitslosigkeit statt mit einem Arbeitslosengeldbezug mit einer Sperrzeit beginnt, bedarf es neben der Aufhebung des belastenden Sperrzeitbescheids auch noch eines Leistungsantrags. Richtige Klageart wäre somit die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 4 SGG. Jedoch hat das Gericht gemäß § 123 SGG über die erhobenen Ansprüche des Klägers zu entscheiden, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Gegebenenfalls muss der Antrag ausgelegt werden, wobei davon auszugehen ist, dass der Kläger alles zugesprochen haben möchte, was ihm aufgrund des Sachverhalts zusteht (Meyer-Ladewig/Meyer-Ladewig § 123 SGG Rdnr. 3). Vorliegend gab der Kläger aber in der Klagebegründung deutlich zu erkennen, nicht nur den Wegfall des belastenden Sperrzeitbescheids zu begehren, sondern hauptsächlich die Bewilligung von Arbeitslosengeld auch für den Sperrzeitzeitraum. Die Klage war somit als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage auszulegen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis in eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt gemäß § 123 Abs. 2 SGG.

II.

Die Klage ist auch begründet.

Die angegriffenen Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten.

Der Kläger hat nämlich einen Anspruch auf Arbeitslosengeld ab 01.06.2005 gemäß § 117 ff. SGB III.

Die Voraussetzungen für einen Arbeitslosengeldbezug gemäß § 118 SGB III liegen vor. Der Kläger war arbeitslos, er hat sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und hat auch die Anwartschaftszeit erfüllt. Dies steht zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit.

Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruhte aber - entgegen der Auffassung der Beklagtenseite - nicht im Zeitraum 01.06.2005 bis 23.08.2005 gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III.

Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht nach dieser Vorschrift nämlich nur, wenn der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten hat, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben. Ein solches versicherungswidriges Verhalten liegt gemäß § 144 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 1 SGB III dann vor, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst hat oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben hat und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat (Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Kläger hat sich insbesondere schon nicht arbeitsvertragswidrig verhalten.

Das BSG (BSG, Urteil vom 06.03.2003, B 11 AL 69/02 R, NZS 2004, S. 165; BSG, Urteil vom 15.12.2005, B 7a AL 46/05 R, ArbuR 2006, S. 75) vertritt in Fällen von strafbaren Trunkenheitsfahrten von Berufskraftfahrern während der Freizeit zwar, unter vorgeblicher Anlehnung an die Rechtsprechung des BAG (BAG Urteil vom 04.06.1997, 2 AZR 526/96, AP Nr. 137 zu § 626 BGB), dass in solchen Fällen verhaltensbedingte und personenbedingte Kündigungsgründe ineinander übergehen würden. Aus der sich aus dem Arbeitsvertrag ergebenden Treuepflicht, insbesondere der Nebenpflichten als Schutz- und Erhaltungspflichten (gemeint sein dürfte § 241 Abs. 2 BGB), ergebe sich bei Berufskraftfahrern, dass eine arbeitsvertragliche Pflicht zu gesetzmäßigem Verhalten im Straßenverkehr auch im Privatbereich bestehen könne. Es komme deshalb bei der Prüfung des Sperrzeittatbestands darauf an, ob eine Kündigungsmöglichkeit wegen Entzugs der Fahrerlaubnis bei Trunkenheit arbeitsvertraglich vorgesehen war. Aber auch wenn eine solche oder ähnliche Vertragsklausel nicht bestehe, sei bei Berufskraftfahrern der Besitz der Fahrerlaubnis Geschäftsgrundlage für die Erfüllung des Arbeitsvertrages. Daraus ergebe sich auch die vertragliche Nebenpflicht, ein Verhalten zu unterlassen, das die Grundlage der Vertragserfüllung beseitigt. Maßgeblich für die Sperrzeitbeurteilung sei nicht der Entzug der Fahrerlaubnis, sondern das zu dieser Maßnahme führende Verhalten des Betroffenen. Liegen diese Voraussetzungen vor, sei noch eine Interessenabwägung durchzuführen.

Unter Anwendung dieser Grundsätze müsste zu Recht von einem Sperrzeiteintritt beim Kläger ausgegangen werden. Im Arbeitsvertrag des Klägers war ausdrücklich geregelt, dass während der Dienstzeit ein absolutes Alkoholverbot bestehe. Auch das Problem des Restalkohols sei zu beachten. Verstöße hiergegen würden zur Kündigung führen. Der Entzug der Fahrerlaubnis sei unverzüglich bekannt zu geben. Der Kläger war auch arbeitsvertraglich als Kraftfahrer angestellt. Dass der Arbeitgeber in seiner schriftlichen Zeugenaussage die Kündigung auf personenbedingte Gründe stützte, wäre nach der zitierten Rechtsprechung des BSG nicht maßgeblich. Der Kläger hatte eine Blutalkoholkonzentration von 1,92 o/oo, sodass von einer erheblichen Gefährdung der Geschäftsgrundlage des Arbeitsvertrages auszugehen wäre. Nach Aussage des Arbeitgebers bestanden auch keine innerbetrieblichen Umsetzungsmöglichkeiten.

Dieser Rechtsprechung des BSG vermag sich die Kammer aber nicht anzuschließen.

Abzustellen ist ausweislich des Wortlauts des § 144 Abs. 1 Satz 2 Ziff. 1 SGB III auf ein vertragswidriges Verhalten des Arbeitslosen. Das heißt, dass gegen Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verstoßen worden sein muss. Dies korrespondiert kündigungsschutzrechtlich mit den verhaltensbedingten Kündigungsgründen gemäß § 1 Abs. 2 KSchG. Nur wenn eine Kündigung verhaltensbedingt ist, liegt auch ein Sperrzeittatbestand vor. Personen- und betriebsbedingte Kündigungen sind sperrzeitneutral (Niesel § 144 SGB III Rdnr. 39, 40).

Soweit das BSG ausführte, das BAG habe in seinem Urteil vom 4.6.1997 die Auffassung der Vorinstanz (LAG Berlin) nicht beanstandet, dass personen- und verhaltensbedingte Gründe ineinander übergehen können, was insbesondere dann der Fall sei, wenn ein außerdienstliches Verhalten auf den Vertrauensbereich durchschlage, vermischt das Gericht die unterschiedlichen Prüfungsstufen, nämlich ob ein Kündigungsgrund an sich (und welcher) besteht mit der erst im Anschluss hieran gebotenen Interessenabwägung. Das BAG (BAG, Urteil vom 04.06.1997, a.a.O.) hat nämlich vielmehr ausgeführt, dass es schon "als sehr fraglich erscheine", ob die Rechtsprechung zu verhaltensbedingten Kündigungen auch auf Fälle des Alkoholmissbrauchs im privaten Bereich übertragen werden könne. Das BAG hat aber die Entscheidung darüber, ob es sich auf der ersten Prüfungsstufe um einen verhaltensbedingten Kündigungsgrund handele, dahinstehen lassen können, weil es nämlich in der folgenden Prüfungsstufe in Abänderung seiner bisherigen Rechtsprechung erkannte, dass ein vorheriges Abmahnungserfordernis nicht nur in Fällen verhaltensbedingter Kündigungen bestehe, wenn der so genannte "Vertrauensbereich" betroffen sei, sondern immer dann, wenn eine Kündigung wegen eines steuerbaren Verhaltens des Arbeitnehmers ausgesprochen werden soll, also eine Wiederherstellung des Vertrauens erwartet werden könne. Dies könne auch in Konstellationen personenbedingter Kündigungen der Fall sein. Die maßgeblichen Ausführungen des BAG im vom BSG zitierten Urteil betrafen daher nicht die Frage des Kündigungsgrundes an sich. Es kann gerade nicht von etwaigen nachteiligen Auswirkungen auf den erst im Rahmen der Interessenabwägung zu überprüfenden Vertrauensbereich auf das Vorliegen auch eines verhaltensbedingten Kündigungsgrundes rückgeschlossen werden (HaKo-Fiebig § 1 KSchG Rdnr. 372). Das BAG hat z.B. auch im so genannten Busfahrerfall (BAG, Urteil vom 26.02.1980, 6 AZR 1058/77, Juris) angenommen, der Verlust der Fahrerlaubnis bei einer privaten Trunkenheitsfahrt stelle einen personenbedingten Kündigungsgrund dar. Ausführung zum Vertrauensbereich wurden nur im Rahmen der Interessenabwägung gemacht.

Für einen verhaltensbedingten Kündigungsgrund, und somit auch für das Sperrzeittatbestandsmerkmal vertragswidriges Verhalten, ist somit alleine maßgeblich, ob das Verhalten des Arbeitnehmers vertragspflichtwidrig war. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass ein Arbeitnehmer in der Gestaltung seines Privatlebens frei ist. Es kann nicht über diffuse in den Vertrag einwirkende Rücksichtnahmepflichten ein vertragswidriges Verhalten abgeleitet werden. Vielmehr bedürfen auf den außerdienstlichen Bereich einwirkende Vertragspflichten einer besonderen Rechtsgrundlage, die insbesondere vertraglich oder tarifvertraglich begründet werden können (HaKo-Fiebig, § 1 KSchG Rdnr. 372, 373). Dies entspricht im Ergebnis auch der Linie des BAG. So konnte z. B. die außerordentliche Kündigung eines Mitarbeiters des öffentlichen Dienstes wegen eines im Privatbereich begangenen Todschlages nur begründet werden unter Einbeziehung von § 8 Abs. 1 Satz 1 BAT in die Vertragspflichten, wonach Angestellte sich so zu verhalten haben, wie es von Angehörigen des öffentlichen Dienstes erwartet wird. Ebenso wurden z. B. private Steuervergehen eines in der Finanzverwaltung Beschäftigten als verhaltensbedingter Kündigungsgrund anerkannt, jedoch ebenfalls nur unter Zuhilfenahme von § 8 Abs. 1 Satz 1 BAT. Ohne entsprechende Normierung kommt allenfalls eine personenbedingte Kündigung in Betracht (HaKo-Fiebig § 1 KSchG Rdnr. 379; i.E. ebenso Valgolio in: Hauck/Noftz § 144 SGB III Rdnr. 169).

Vorliegend wurde im Arbeitsvertrag aber nur die dienstliche Alkoholabstinenz vertraglich geregelt, wobei auch die Restalkoholproblematik berücksichtigt werden müsse. Der Kläger ist aber nicht dienstlich unterwegs gewesen, selbst nicht mit Restalkohol.

Der Verlust der Fahrerlaubnis führte daher lediglich zur Unmöglichkeit der Leistungserbringung aus Gründen, die in der Person des Klägers selbst lagen. Kündigungsschutzrechtlich entspricht dies einem personenbedingten Kündigungsgrund. Dieser ist sperrzeitneutral.

Man mag zwar aus dem Sinn und Zweck der Sperrzeittatbestände entnehmen, dass versicherungswidrige Fehlverhalten sanktioniert werden sollen. Unter Beachtung des Vorbehalts des Gesetzes erscheint dies aber derzeit nicht möglich in Fällen wie dem vorliegenden. Sollte der der Gesetzgeber auch außerdienstliches, auf den Vertrauensbereich durchschlagendes Fehlverhalten sanktionieren wollen, muss er hierfür einen entsprechenden Sperrzeittatbestand schaffen.

Ist aber der Sperrzeitbescheid aufzuheben, so gerät auch die mit der Sperrzeit verbundene Anspruchsminderung gemäß § 128 Abs. 1 Ziff. 4 SGB III in Wegfall.

Der Kläger ist hinsichtlich des begehrten Arbeitslosengeldes auch in voller Höhe aktivlegitimiert. Zwar wurde über sein Vermögen mit Beschluss des Amtsgerichts Esslingen vom 30.03.2005 das (Verbraucher-)Insolvenzverfahren eröffnet. Gemäß § 35 InsO fällt auch das Vermögen, das der Schuldner während des Verfahrens erlangt, zur Masse. Dies gilt jedoch gemäß § 36 InsO nicht für gemäß § 850 c ZPO unpfändbare Beträge. Das Arbeitslosengeld ist gemäß § 134 SGB III kalendertäglich zu berechnen, jedoch monatlich nachträglich auszubezahlen, § 337 Abs. 2 SGB III. Der Pfändungsfreibetrag ist daher anhand des Monatseinkommens zu ermitteln. Ausgehend von einem täglichen Arbeitslosengeldanspruch von 40,13 EUR bezieht der Kläger Arbeitslosengeld in Höhe von 1.203,90 EUR pro Monat. Der Kläger ist gegenüber seiner Ehefrau unterhaltsverpflichtet, sodass sich weder aus der bis zum 30.06.2005 maßgeblichen Tabelle Anlage zu § 850 c ZPO ein pfändbarer Betrag ergibt, noch aus der ab 01.07.2005 maßgeblichen Tabelle.

III. Kosten:

Die Klage hatte im vollen Umfang Erfolg, weshalb die Beklagte gemäß § 193 SGG auch zur vollen Kostenerstattung verpflichtet ist.
Rechtskraft
Aus
Saved