L 28 B 1114/07 AS PKH

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 96 AS 11835/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 B 1114/07 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 22. Mai 2007 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Das Aktivrubrum war zu ändern. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist bei sachgerechter Auslegung des erstinstanzlich geltend gemachten Begehrens die Gewährung der Kosten für die Einschulung der am 30. Dezember 2000 geborenen Klägerin nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Die Mutter der Klägerin, die mit ihr und ihrer Schwester in einer Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs. 3 und 4 SGB II) lebt, kann als Mitglied dieser Bedarfsgemeinschaft diesen Anspruch nicht im eigenen Namen mit einer Klage verfolgen, sondern die Klägerin muss diesen Anspruch, wie jedes andere Mitglied der Bedarfsgemeinschaft seine Ansprüche auch, im eigenen Namen geltend machen (vgl. Urteile des Bundessozialgerichts vom 7. November 2006 - L 7 b AS 8/06 R - und - L 7 b AS 10/06 - sowie bereits Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Mai 2006 - L 10 AS 102/06 -). Die Bevollmächtigung der Mutter der Klägerin für das vorliegende Verfahren konnte dabei unterstellt werden (§ 73 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

Die statthafte und zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG)), der das Sozialgericht Berlin nicht abgeholfen hat (§ 174 SGG), ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 114 Satz 1, 115, 119 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Sozialgericht Berlin.

Die Gewährung von Prozesskostenhilfe ist nach den genannten Vorschriften davon abhängig, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint. Die Prüfung der Erfolgsaussichten soll jedoch nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung selbst in das summarische Verfahren der Prozesskostenhilfe zu verlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Daher beurteilt das angerufene Gericht die Erfolgsaussicht regelmäßig ohne abschließende tatsächliche und rechtliche Würdigung des Streitstoffes. Steht eine höchstrichterliche Klärung von im Hauptsacheverfahren noch entscheidungserheblichen Fragen aus, so läuft es dem Gebot der Rechtsschutzgleichheit zuwider, dem Unbemittelten wegen fehlender Erfolgsaussicht seines Begehrens Prozesskostenhilfe vorzuenthalten. Denn dadurch würde der unbemittelten Partei im Gegensatz zu der bemittelten die Möglichkeit genommen, ihren Rechtsstandpunkt im Hauptsacheverfahren darzustellen und von dort aus in die höhere Instanz zu bringen (vgl. zuletzt Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 14. Juni 2006 - 2 BvR 626/06 -, BvR 656/06, zitiert nach Juris, RdNr. 13 m. w. Nachw.).

An diesen Grundsätzen gemessen hat die Klage, mit der die Klägerin die Gewährung weiterer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 340,97 EUR für Kosten begehrt, die ihr nach ihrem Vortrag im Zusammenhang mit ihrer Einschulung entstanden sind, keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Die Klägerin wendet sich im Kern dagegen, dass der "Regelsatz (gemeint ist Regelleistung) für Kinder im einschulungspflichtigen Alter genauso hoch (sei) wie für Säuglinge, nämlich 207,00 EUR monatlich". Im Hinblick hierauf sei "nicht ersichtlich, in welcher Höhe Kosten für Schulmaterialien und Einschulung" in der Regelleistung enthalten seien. Richtig hieran ist zunächst, dass die Regeleistung gemäß § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB II für nicht erwerbsfähige Angehörige (Sozialgeld), die wie die Klägerin mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 60 vom Hundert der nach § 20 Abs. 2 maßgebenden Regelleistung, also mithin im hier streitbefangenen Zeitraum (August 2006) 207,00 EUR beträgt. Die Klägerin verkennt indes, dass sie mangels Bedürftigkeit überhaupt keinen Anspruch auf Sozialgeld hat. Denn sie verfügt nach Aktenlage über eigenes Einkommen in Höhe von 260,00 EUR (154,00 EUR Kindergeld und 106,00 EUR Unterhaltsvorschuss) sowie nach Verteilung des Einkommens der übrigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von weiteren 59,73 EUR, so dass ihr für den Bewilligungsabschnitt vom 1. August 2006 bis zum 31. Januar 2007 nach Berücksichtigung ihres Einkommens ausschließlich Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 59,08 EUR bewilligt worden sind (Bewilligungsbescheid vom 12. Juni 2006).

Soweit die Klägerin sinngemäß meint, der Gesetzgeber habe bei der Bemessung der Regelleistungen nicht in einem ausreichenden Maße differenziert, begegnet dieser Einwand im Hinblick auf die nach dem Lebensalter sowie nach den unterschiedlichen Lebenssachverhalten der Hilfeberechtigten gestaffelte Höhe des Arbeitslosengeldes II und des Sozialgeldes (vgl. § 20 Abs. 2 bis 3 SGB II und § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 SGB II) erheblichen Bedenken. Jedenfalls verkennt sie, dass der Gesetzgeber gerade wegen dieser Vielzahl an unterschiedlichen Lebenssachverhalten berechtigt ist, hinsichtlich der Normierung von Leistungsansprüchen dem Grunde und der Höhe nach an eine typisierende Betrachtungsweise anknüpfen kann und ihm insoweit ein weiter Beurteilungsspielraum zukommt. Das Bundessozialgericht (BSG) hat im Übrigen bereits mit Urteil vom 23. November 2006 - B 11 b AS 1/06 R - (abrufbar unter www.bundessozialgericht.de) entschieden, dass die Höhe der Regelleistung nach dem SGB II verfassungsgemäß ist und gegen die aus den Gesetzesmaterialien nachzuvollziehende Art der Bedarfsermittlung und deren Ergebnis keine durchgreifenden Bedenken bestehen. Die staatliche Gewährleistungspflicht beschränkt sich danach nicht nur auf die bloße Sicherung der körperlichen Existenz, sondern sie umfasst auch die Gewährleistung eines "soziokulturellen Existenzminimums" sowie den Schutz vor Stigmatisierung und sozialer Ausgrenzung. Diesen Anforderungen ist der Gesetzgeber bei den Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende grundsätzlich gerecht geworden, weil die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts schon nach dem Gesetzeswortlaut u. a. in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben ermöglicht (BSG a. a. O.).

Soweit die Klägerin sinngemäß vorträgt, die Einschulungskosten müssten als "Werbungskosten" von ihrem Einkommen abgesetzt werden, fehlt es insoweit an einer gesetzlichen Grundlage. Im SGB II werden als Werbungskosten "die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen Ausgaben" bezeichnet (§ 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II). Diese sind ausschließlich bei Personen abzusetzen, die Erwerbseinkommen beziehen (Brühl in LPK-SGB-II, 2. Auflage 2007, § 11 rdNr. 36). Hierzu gehört die sechsjährige Klägerin nicht.

Der erstmals im Beschwerdeverfahren vorgetragene Auffassung der Klägerin, dass hinsichtlich der geltend gemachten Kosten ein unabweisbarer Bedarf im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB II vorgelegen und sie deshalb zumindest Anspruch auf die Gewährung eines Darlehen in Höhe der beantragten Leistung habe, vermag die Erfolgsaussicht ihrer Klage ebenfalls nicht zu begründen. Denn Voraussetzung der Gewährung eines solchen Darlehens ist, dass ein im Einzelfall von der Regelleistung umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden kann. Der Hilfeberechtigte ist danach zunächst auf Ansparleistungen zu verweisen. Kann der Bedarf nicht von den Ansparleistungen oder auf andere Weise gedeckt werden, wird bei entsprechendem Nachweis der Bedarf als Sach- oder als Geldleistung in Form eines Darlehens gewährt (Münder in LPK-SGB-II, 2. Auflage 2007, § 23 RdNr. 4). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zunächst ist anzumerken, dass die Klägerin im Verwaltungsverfahren unter Vorlage entsprechender Zahlungsbelege ausschließlich die Übernahme der Kosten für Schulmaterial in Höhe von 99,50 EUR beantragt und der Beklagte auch nur über die Gewährung von Kosten in dieser Höhe entschieden hat. Dass dieser Betrag von 99,50 EUR nicht durch Ansparleistungen zu finanzieren war, hat die Klägerin im Übrigen weder glaubhaft gemacht noch gar nachgewiesen. Hinsichtlich der erstmals im Klageverfahren geltend gemachten weiteren Kosten in Höhe von 241,47 EUR fehlt es somit an einer Verwaltungsentscheidung. Hiervon abgesehen sind auch diese weiteren Kosten in Höhe von 55,00 EUR für einen "Schulranzen mit weiteren Schulsachen", für "Bekleidung (Takko und Orsay)" in Höhe von 89,74 EUR sowie in Höhe von 112,80 EUR für "Schuhe" noch nicht einmal nachgewiesen. Dabei kann der Senat noch unberücksichtigt lassen, dass es sich bei den letzten beiden Positionen wohl kaum um spezifische Utensilien einer Schulerstausstattung handelt, sondern um allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 73 a SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved