L 3 U 129/02

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 25 U 409/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 129/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. September 2002 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Anerkennung und Entschädigung von Schwindelerscheinungen sowie eines myofaszialen Schmerzsyndroms als Folgen eines Arbeitsunfalls (Wegeunfalls) vom 05. Juni 1996.

Die 1940 geborene Klägerin war in der Zeit vom 06. Mai 1996 bis zum 30. April 1997 Teilnehmerin an einer vom Arbeitsamt getragenen Fortbildung bei der Firma C GmbH (Computer-Fortbildung), die sie mit Zertifikat abschloss. Auf dem Weg zur Fortbildungsstätte erlitt sie am 05. Juni 1996 gegen 7.35 Uhr einen Unfall, bei dem sie als Fußgängerin von einem Fahrradfahrer angefahren wurde. Laut Durchgangsarztbericht des Arztes für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. sc. med. G. H C-Kliniken P, vom 05. Juni 1996 erfolgte die Krankenhausaufnahme um 8.00 Uhr. Die Klägerin zog sich ein Schädelhirntrauma, eine Distorsion der Halswirbelsäule und eine offene Luxation PIP III. Finger links zu. Laut Aufnahmebefund war sie ansprechbar, jedoch nicht voll orientiert; es lag eine retrograde Amnesie vor, die Pupillenreaktion war regelrecht. Es bestand ein Druckschmerz am Hinterkopf und Schmerzen an der rechten Halsseite. Am 3. und 4. Finger rechts fanden sich Schürfwunden sowie eine Wunde volar PIP III. Finger links mit Deformität. Die Röntgenaufnahmen des Schädels in zwei Ebenen sowie der Halswirbelsäule in zwei Ebenen waren ohne (Verletzungs-) Befund. Der 3. Finger links zeigte eine Endgliedluxation nach dorsal. In seinem weiteren Bericht vom 21. Juni 1996 teilte Dr. mit, die Klägerin habe sich vom 05. bis zum 14. Juni 1996 in stationärer Behandlung mit den Diagnosen Schädelhirntrauma und offene Luxation PIP III. Finger links befunden. Es sei eine Reposition und Wundversorgung der offenen Luxation des Fingers erfolgt. Postoperativ habe ein komplikationsloser Verlauf bei der Wundheilung vorgelegen. Von Seiten des Schädelhirntraumas habe es bis auf einen in der Tendenz rückläufigen Kopfschmerz keine Komplikationen gegeben. Das Schädel-CT sei unauffällig gewesen. Laut Veränderungsmitteilung in der besonderen Heilbehandlung vom 10. Oktober 1996 war die Klägerin ab dem 17. Juli 1996 arbeitsfähig. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) wurde nach vorläufiger Schätzung über die 13. Woche nach dem Unfall auf 0 v. H. eingeschätzt.

Der weiterbehandelnde Facharzt für Chirurgie Dr. P gab in seinem Zwischenbericht vom 17. November 1996 an, das CT der Halswirbelsäule (HWS) vom 06. September 1996 habe keine Zeichen für posttraumatische Veränderungen aufgewiesen. Es bestünden rezidivierende Schmerzen in der Halswirbelsäule (HWS) besonders nach bzw. bei Belastung. Ab dem 18. September 1996 befinde sich die Klägerin auf eigenem Wunsch bei dem praktischen Arzt N in Behandlung. Dieser teilte in seiner kurzen Krankheitsauskunft vom 01. April 1997 mit, die Klägerin habe sich ab dem 13. September 1996 mit Unterbrechung wegen anhaltender HWS-Beschwerden in seiner chiropraktischen Behandlung befunden, seit dem 21. April 2007 bestehe Arbeitsunfähigkeit. Der CT-Befund der HWS vom 06. September 1996 durch den Radiologen Dr. zeigte keinen Nachweis von Frakturlinien oder knöchernen Aussprengungen sowie einen normal weiten Spinalkanal der HWS und keine Verstellungen im atlanto-axialen Gelenk. Ein weiterer von dem behandelnden Arzt N veranlasster CT-Befund der HWS durch den Radiologen Dr. med. A. F vom 15. Januar 1997 ergab regelrechte knöcherne Strukturen ohne Nachweis von Traumafolgen, eine regelrechte Gelenkstellung atlanto-occipital und eine normale Weite des ossären Spinalkanals; es handele sich um einen unauffälligen CT-Befund ohne Nachweis von Traumafolgen bei Zustand nach Trauma Juni 1996.

Zur Aufklärung des Sachverhalts holte die Beklagte ein fachchirurgisches Zusammenhangsgutachten von Dr. med. H vom 13. November 1997 ein, der keine wesentlichen Unfallfolgen mehr festzustellen vermochte. Die Reststörung am Endgelenk des 3. Fingers links sei funktionell durch ausreichenden Faustschluss ausgeglichen. Nach dem Unfall hätten eine Gehirnerschütterung sowie eine offene Luxation am Endgelenk des III. Fingers links im Vordergrund gestanden. Später habe sich zusätzlich ein Beschwerdebild wie nach einer HWS-Distorsion bzw. HWS -Stauchung herausgebildet. Die Distorsion habe eine mit Sicherheit vorgeschädigte Wirbelsäule im Sinne einer mehrbogigen Kyphoskoliose der BWS und Hyperlordose der LWS getroffen. Die Beschwerden der HWS seien dieser unfallfremden Wirbelsäulenerkrankung zuzuordnen. Durch die Folgen des Unfalls sei es zu einer Destabilisierung der gesamten oberen Wirbelsäule gekommen, weil aufgrund der anfänglichen Ruhigstellung der Tonus der Nacken- und Schultermuskulatur nachgelassen habe. Die weitere Behandlungsnotwendigkeit über den Arbeitsbeginn am 17. Juli 1996 bis zum 31. Dezember 1996 sei noch durch die Unfallfolgen erklärbar. Die erneute Arbeitsunfähigkeit ab dem 21. April 1997 sowie die gesamten ambulanten Behandlungen des Jahres 1997 seien unfallfremd bedingt. Gegen den Unfallzusammenhang der Beschwerden sprächen die Zeitdauer zwischen Unfallereignis und später einsetzender erneuter Arbeitsunfähigkeit, das Nichtvorhandensein einer wesentlichen Anfangsverletzung der HWS, die weder im Röntgenbild noch im CT der HWS erkennbar gewesen sei, und das von Anfang an bestehende konkurrierende Vorschadensleiden.

Mit Bescheid vom 23. Februar 1998 lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Rente ab, da der Arbeitsunfall keine MdE in rentenberechtigendem Grade über die 13. Woche hinaus hinterlassen habe. Als Folgen des Versicherungsfalls wurde anerkannt: folgenlos ausgeheilte Gehirnerschütterung 1. Grades, vollständig ausgeheilte Halswirbelsäulenverstauchung, geringe Kraftminderung und Narben am linken Mittelfinger nach vollständig ausgeheilter offener Endgelenksverrenkung. Nicht als Unfallfolgen wurden anerkannt: die mehrbogige Ausbiegung der Brustwirbelsäule nach hinten und zur Seite mit dadurch bedingter degenerativer Erkrankung der Knochen und Knorpel der Brustwirbelsäule, übermäßige Verbiegung der Lendenwirbelsäule nach vorn, Schlüsselbeinbruch rechts 1975.

Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie leide seit dem Unfall an Kopfschmerzen mit Augendruck, einer Bewegungseinschränkung der HWS, zeitweise stechenden Schmerzen bei Bewegung sowie ziehenden Schmerzen in den Ohren und Schwindelerscheinungen. Die Beklagte veranlasste ein HNO-ärztliches Gutachten von Prof. Dr. E, U Krankenhaus B, vom 30. Oktober 1998. Dieser stellte als Unfallfolgen bei Zustand nach gedecktem Schädel-Hirn-Trauma sowie HWS-Distorsion eine komplexe Störung der Gleichgewichtserhaltung fest. Unfallunabhängig bestehe eine Kyphoskoliosierung der Wirbelsäule, die jedoch nicht ursächlich mit dem HNO-Krankheitsbild in Zusammenhang stehe. Das durchgemachte Schädel-Hirn-Trauma habe zu einem typischen Schädigungsmuster in der Funktionsdiagnostik geführt, die klassisch für gedeckte Schädelverletzungen als Unfallfolge seien. Als Schädigungsort komme der Hirnstamm bzw. höhere Anteile der Hörbahn in Frage (fehlende Stapediusreflexe, partieller Verlust otoakustischer Emission). Außerdem spreche die Rechtsbetonung der Symptomatik (Rechtsabweichung im CCG; Rechtslateralisation im Zwei-Waagen-Test, rechtsdominantes Fehlen otoakustischer Emission) für ein primäres Aufschlagen des Kopfes auf der rechten Seite in Folge des Sturzes. Die komplexe Störung der Gleichgewichtserhaltung (Rechtslateralisation im Zwei-Waagen-Test, pathologisch verlängerte Reaktanz im Motorkontrolltest sowie Rechtsabweichung im CCG) sei eindeutig Folge des durchgemachten gedeckten Schädel-Hirn-Traumas bzw. der HWS-Weichteildistorsion. Die MdE auf HNO-Fachgebiet betrage unter Berücksichtigung der Schwindelbeschwerden 20 v. H. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 05. Januar 1999 teilte Prof. Dr. E mit, die MdE aufgrund der Unfallfolgen auf HNO-Fachgebiet bestehe seit August 1996.

In der von der Beklagten veranlassten ergänzenden Stellungnahme nach Aktenlage vom 14. Juni 1999 zum HNO-ärztlichen Gutachten von Prof. Dr. E bestätigte Dr. H die in seinem Gutachten vom 13. November 1997 vertretene Auffassung, dass keine Unfallfolgen über den 31. Dezember 1996 hinaus durch das Unfallereignis verblieben seien. Er stützte seine Ansicht erneut auf die Tatsache, dass während der 10-tägigen stationären Beobachtung der Klägerin eine HWS-Distorsion nicht festgestellt worden sei, so dass diese später gefundene Erkrankung nach der Fachliteratur lediglich einen leichteren Schweregrad aufgewiesen habe. Auch die Röntgenuntersuchung des Schädels, der HWS sowie der BWS hätten keine knöchernen Verletzungen ergeben. Ein CT des Schädels habe keine krankhaften Hirnbefunde gezeigt, so dass das von Prof. Dr. E erwähnte gedeckte Schädel-Hirn-Trauma angesichts der Behandlung einer Gehirnerschütterung nicht schlüssig sei. Bei den als Vorschaden festgestellten Befunden einer Kyphose der oberen BWS mit ausgeprägter Osteochondrose und mit Einengung der Zwischenwirbelräume im Abschnitt Th III – Th VII und der Verspannungszustände des Schultergürtels und der HWS seien Mitbeteilungen der HWS im Sinne von cervical weitergeleiteten Beschwerden häufig. Die weitere Behandlungsbedürftigkeit und die erneute Arbeitsunfähigkeit ab dem 21. April 1997 sowie die von Prof. E eingeschätzte MdE von 20 v. H. seien durch die Unfallfolgen nicht erklärbar.

Die Beklagte zog die Patientenunterlagen der Klägerin von den C-Kliniken P bei und beauftragte Prof. Dr. Z, Krankenhaus N, mit der Erstellung eines neurochirurgischen Gutachtens. Dieser gelangte in seinem Gutachten vom 13. März 2000 zu dem Ergebnis, aus neurochirurgischer Sicht seien keine Unfallfolgen feststellbar. Soweit Prof. Dr. in seinem Gutachten aufgrund der von ihm durchgeführten Tests eine Störung im höheren Anteil der Hörbahnen, insbesondere im Bereich des oberen Hirnstammes im Sinne einer Störung der Gleichgewichtserhaltung als Zeichen eines durchgemachten gedeckten Schädel-Hirn-Traumas bzw. einer HWS-Weichteildistorsion gedeutet habe, sei die Interpretation rein spekulativ. Auch die Annahme, die Rechtsbetonung der Symptomatik spreche für ein primäres Aufschlagen des Kopfes auf der rechten Seite, sei ohne experimentelle Beschäftigung mit den Übertragungskräften innerhalb des Schädels und typischen Schädigungen bei Zusammenstößen nicht belegbar. Aus neurochirurgischer Sicht handele es sich bei der Klägerin um Befindlichkeitsstörungen infolge des erlittenen Unfalls ohne objektivierbaren neurologischen Schaden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27. April 2000 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und führte u. a. aus, bei der Beurteilung des Sachverhaltes werde den Ausführungen von Prof. Z und den genannten Beurteilungen von Dr. H gefolgt. Eine Behandlung aufgrund von Unfallfolgen sei lediglich bis zum 31. Dezember 1996 erforderlich gewesen.

Mit der hiergegen erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren auf Anerkennung und Entschädigung der chronischen Schmerzzustände, Schwindelerscheinungen und des myofaszialen Schmerzsyndroms als Unfallfolgen weiterverfolgt und sich hierbei auf das Gutachten von Prof. Dr. E berufen, der aufgrund objektivierbar gemessener Ergebnisse zu dem Schluss gelangt sei, bei ihr läge bei einem Zustand nach gedecktem Schädel-Hirn-Trauma sowie HWS-Distorsion als Unfallfolge eine komplexe Störung der Gleichgewichtserhaltung vor. Die Klägerin hat weiterhin zur Stützung ihres Vorbringens die vom ADAC veröffentlichten "Thesen zum HWS-Trauma" von Dr. H im ADAC-Expertengespräch vom 11. November 1997 vorgelegt.

Die Beklagte hat ihrerseits ein HNO-fachärztliches Gutachten von Doz. Dr. H. B vom 18. Dezember 2000 vorgelegt, der aufgrund der von ihm durchgeführten Testuntersuchungen eine Normalisierung der Befunde im Bereich der Impedanzaudiometrie, die Normalisierung der Schwellenwerte der Welle V bei der Stammhirnaudiometrie, die Verminderung der Abweichung nach rechts beim Versuch nach Unterberger im Vergleich zur Voruntersuchung 1998 festgestellt und hierin eine wesentliche Verbesserung der pathologischen Befunde, die für einen Schaden im Stammhirnbereich sprächen, gesehen hat. Es sei anzunehmen, dass zum Untersuchungszeitpunkt (30. November 2000) im Bereich des Stammhirns keine Fehlfunktion im Bereich der Hörbahn mehr nachweisbar sei.

Das Sozialgericht hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Prof. Dr. G vom 27. Oktober 2001 veranlasst, der als Unfallfolgen einen Zustand nach Schädel-Hirn-Trauma 1. Grades und eine HWS Distorsion festgestellt hat, die eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bis zum 17. Juli 1996 begründet hätten, jedoch keine darüber hinaus gehende MdE. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten Bezug genommen.

Die Klägerin hat gegen die Feststellungen in diesem Gutachten Einwendungen erhoben und eine gutachterliche Stellungnahme von Prof. Dr. E vom 14. Februar 2002 vorgelegt, der darin seine Einschätzung der Distorsionsverletzung der HWS in Form einer Traumatisierung des Muskelmantels und diskoligamentärer Strukturen bestätigt hat. Die nach dem Unfallereignis permanente und unvermeidbare Belastung der HWS -Muskulatur zur Gewährleistung der aufrechten Kopfhaltung und Kopfbewegung habe zu einer Persistenz der HWS -Symptomatik führen müssen.

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das Sozialgericht ein fachorthopädisches Gutachten von Dr. B vom 30. April 2002 eingeholt, der angesichts des Unfallhergangs vom 05. Juni 1996 ein direktes Beschleunigungstrauma der Halswirbelsäule verneint hat. Er hat eine Halswirbelsäulenverletzung angesichts der Röntgenaufnahmen inklusive der Funktionsaufnahmen sowie der knöchernen CT-Untersuchung der oberen Halswirbelsäule und der späteren kernspintomographischen Untersuchung orthopädischerseits völlig ausgeschlossen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten Bezug genommen.

Durch Urteil vom 26. September 2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt, eine unfallbedingte traumatische Hirnstammschädigung mit der Folge einer komplexen Gleichgewichtsstörung sei zur Überzeugung der Kammer nicht nachgewiesen. Diese Diagnose sei lediglich von dem in dem Verwaltungsverfahren gutachterlich gehörten und weiterhin behandelnden Arzt Prof. Dr. E gestellt worden. Die Kammer könne die Überzeugung zum Nachweis einer bestimmten Gesundheitsstörung (hier: traumatische Hirnstammschädigung) nicht auf ein HNO-ärztliches Gutachten stützen, wenn qualifizierte und erfahrene medizinische Sachverständige chirurgischer, neurochirurgischer, neurologisch-psychiatrischer und orthopädischer Fachrichtung eine traumatische Hirnstammschädigung mit überzeugenden Begründungen ausgeschlossen und Zweifel an der Validität der Diagnose von Prof. Dr. E nicht verschwiegen hätten. Auch die chronischen Schmerzen der Halswirbelsäule (myofasziales Schmerzsyndrom) bis hin zu Kopfschmerzen und anhaltenden Schwindelerscheinungen seien nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Folge des Arbeitsunfalls. Soweit die Klägerin diese Beschwerden auf eine unfallbedingte traumatische Hirnstammschädigung zurückführe, scheitere der Ursachenzusammenhang bereits am fehlenden Nachweis einer entsprechenden unfallbedingten Schädigung. Nach Aussage des Orthopäden Dr. sei ein Halswirbelsäulenschaden in irgendeiner Form weder durch das Unfallereignis noch durch anderweitige anlagebedingte oder konstitutionelle Faktoren zu erklären. Die verbliebenen Unfallfolgen rechtfertigten keine Einschätzung einer MdE in rentenberechtigendem Grade. Die offene Endgliedverrenkung sei vollständig ausgeheilt, da wesentliche Beschwerden am linken Mittelfinger nicht verblieben seien. Die weiterhin bestehenden Beschwerden der Klägerin im Schulter-, Nacken- und Wirbelsäulenbereich seien nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Folge des Arbeitsunfalls und daher in die Einschätzung der MdE nicht einzubeziehen.

Gegen das ihr am 25. November 2002 zugestellte Urteil richtet sich die am 23. Dezember 2002 eingelegte Berufung der Klägerin. Sie macht geltend, die vom erstinstanzlichen Gericht vertretene Auffassung, es müsse eine traumatische Hirnstammschädigung als Gesundheitsstörung nachgewiesen werden, damit die bei ihr tatsächlich vorhandenen Gesundheitsstörungen - wie Schwindelerscheinungen und myofasziales Schmerzsyndrom - auf den Unfall zurückgeführt werden könnten, finde im Gesetz keine Stütze. Es müsse lediglich die überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür sprechen, dass diese Gesundheitsstörungen aufgrund des Unfalles ausgelöst worden seien. Die Zweifel des Gerichts an der Validität der Diagnose des HNO-ärztlichen Gutachtens von Prof. Dr. E sowie an der Untersuchungsmethode der dynamischen Posturographie, die von Prof. E selbst entwickelt und nur von ihm verwendet werde, sei nicht begründet. Ausweislich eines Aufsatzes von Prof. Dr. in der Zeitschrift "Der medizinische Sachverständige" 1997, Seite 81 ff. sei die dynamische Posturographie eine international anerkannte Untersuchungsmethode, um objektive Befunde zu erlangen. Diese Untersuchung gehöre ebenso wie die Craniocorpographie (CCG) zu einer ordnungsgemäßen funktionsdiagnostischen Untersuchung. Wenn das Sozialgericht der Meinung gewesen sei, dass eine traumatische Hirnstammschädigung habe nachgewiesen werden müssen, um ihre Schwindelbeschwerden als unfallabhängig zu qualifizieren, hätte es ein weiteres HNO-fachärztliches Sachverständigengutachten einholen müssen. Die von Prof. Dr. Gl vertretene Auffassung, die Gleichgewichtsstörung hätte sich unmittelbar zeitlich in Verbindung mit dem Unfall darstellen müssen, sei nicht zutreffend. Vielmehr sei wissenschaftlich bewiesen, dass Schwindelbeschwerden nach HWS-Weichteildistorsion auch ein bis zwei Monate nach dem Unfallereignis auftreten könnten, wie Prof. Dr. E in einem entsprechenden fachärztlichen Aufsatz ausgeführt habe. Im Übrigen seien die Beschwerden wie Schwindel und das myofasziale Schmerzsyndrom unmittelbar nach dem Unfall aufgetreten. Auch die psychosomatischen Störungen beruhten, weil es wegen des erlittenen Traumas zu einer abnormen Erlebnisverarbeitung gekommen sei, auf dem Unfall vom 05. Juni 1996.

Auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat der Senat ein neurologisches Fachgutachten von Dr. F, Chefarzt der Klinik für Neurologie, L klinik T, vom 05. Januar 2003 eingeholt. Der Sachverständige ist unter Einbeziehung eines neuropsychologischen Berichtes der Diplompsychologin Dr. K vom 20. November 2003 zu dem Ergebnis gelangt, bei der Klägerin liege ein Schädel-Hirn-Trauma Grad I in 6/1996 mit möglicherweise leichter HWS-Distorsion (Grad 0 – 1 nach Quebec Task Force) sowie ein chronisches Kopfschmerz-Syndrom vom Spannungstyp assoziiert mit einer ausgeprägten Somatisierungsstörung vor. Der Sachverständige hat dazu ausgeführt, hinsichtlich des eher als leicht einzustufenden Schädel-Hirn-Traumas sei festzustellen, dass das Vorliegen einer isolierten Hirnstammläsion des Gleichgewichtssystems posttraumatisch eher unwahrscheinlich sei, da es sich hierbei um tief liegende Strukturen handele und eine außergewöhnlich große Gewalteinwirkung erforderlich sei, um entsprechende Schädigungsmuster im Hirnstamm hervorzurufen. Diese seien in der Regel assoziiert mit ausgeprägten neurologischen Ausfällen bis hin zu einem hohen Querschnitt mit Tetraplegie. Die erhobenen neurophysiologischen Befunde sprächen ebenso wie der klinische Befund gegen eine Hirnstammschädigung. Die beklagten Schwindelerscheinungen seien weder durch die klinische Untersuchung noch durch die neurophysiologische Zusatzdiagnostik erklärt. Hinsichtlich der Diagnose eines myofaszialen Schmerzsyndroms sei anzumerken, dass diese eine eher umstrittene Diagnose sei, zumal sie keiner objektiven neurophysiologischen Diagnostik zugänglich sei. Ein myofasziales Schmerzsyndrom als Folge einer HWS -Beschleunigungsverletzung sei eher ungewöhnlich. Eine unfallbedingte MdE aus neurologischer Sicht habe allenfalls bis zur Gesundschreibung am 17. Juli 1996 bestanden.

Die Klägerin hat sich dem Gutachtenergebnis nicht anzuschließen vermocht und ausgeführt, der Sachverständige habe die entsprechenden Kausalitätskriterien im Recht der Unfallversicherung nicht angewendet, da er das bestehende chronifizierte Schmerzsyndrom mit ausgiebigen Befindlichkeitsstörungen als mittelbare Unfallfolge behandelt und fälschlicherweise die eingetretenen Störungen als Unfallfolgen abgelehnt habe. Diese Schlussfolgerungen seien fragwürdig, da er nicht aufgezeigt habe, welche Ursachen das bei ihr bestehende chronische Schmerzsyndrom habe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Schreibens des Bevollmächtigten der Klägerin vom 13. Februar 2004 verwiesen.

Auf weiteren Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat der Senat ein HNO-ärztliches neurootologisches Gutachten von Dr. MK vom 16. Juni 2005 eingeholt. Der Sachverständige ist unter Einbeziehung eines neuroradiologischen Befundberichts von Dr. V vom 25. und 26. Juli 2005 und eines Befundberichts über die Positronenemissionstomographie des ZNS von Dr. H vom 11. August 2005 zu dem abschließenden Ergebnis gelangt, bei der Klägerin liege ein cervico-enzephales Syndrom mit kombinierten zentralperipheren Gleichgewichtsfunktionsstörungen mit myofaszialem Syndrom bei Zustand nach Schädelhirntrauma und HWS-Weichteilverletzung (Kontakttrauma) Grad III (nach Quebec Task Force on Whiplash-Associated Disorders) vor, die auf das Unfallereignis vom 05. Juni 1996 zurückzuführen seien. Diese bedingten eine MdE von 40 v. H. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Beschwerden, der Verlauf und die Befunde belegten eindeutig das bereits von Prof. Dr. E beschriebene posttraumatische cervico-enzephale Syndrom mit neurootometrisch objektivierter zentraler Gleichgewichtsstörung. Bei gleicher Untersuchungstechnik habe er dieselben Pathologien reproduzieren können. Die Feststellung der schweren Schädigung des Gleichgewichtssinnes stehe im Gegensatz zu den unfallchirurgischen Gutachten, die lediglich eine leichte Commotio cerebri bzw. ein leichtes HWS-Trauma beschrieben hätten. Allerdings hätten diese Gutachter dabei das erhebliche Beschwerdebild der Klägerin außer Acht gelassen und übersehen, dass ein Paradigmenwechsel stattgefunden habe und moderne bildgebende Verfahren verfügbar seien, durch die entsprechende Schädigungen nachweisbar seien. Selbst nach dem modifizierten Erdmann-Schema zur Gliederung der Schweregrade von HWS-Distorsionen wäre im vorliegenden Fall von einem Schweregrad III auszugehen. Die MRT-Funktionsuntersuchung von Dr. V belege die Schädigung der Kapsel- und Bandstrukturen der oberen HWS. Das myofasziale Schmerzsyndrom sei von seiner Pathogenese her unbekannt und die Zusammenhänge – wie bei vielen medizinischen Phänomenen – nicht vollständig geklärt. Dennoch sei mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass dieses Schmerzsyndrom im Zusammenhang mit der Schädigung des cranio-zervikalen Übergangs stehe, weil es zusammen mit dieser Schädigung aufgetreten sei.

Die Beklagte hat sich dem Gutachtenergebnis nicht anzuschließen vermocht und dazu ausgeführt, im Unfallversicherungsrecht sei es nicht ausreichend, allein aufgrund des Vorhandenseins von Beschwerden auf den Kausalzusammenhang zu einem Unfallereignis zu schließen. Der adäquate unfallbedingte Körperschaden sei vielmehr nachzuweisen. Unter Berücksichtigung aller inzwischen vorhandenen medizinischen Einschätzungen und der anzuwendenden einschlägigen Erfahrungswerte sei der Nachweis jedoch nicht erbracht.

Die Klägerin hat zu den Ausführungen der Beklagten mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 20. März 2006 Stellung genommen und darauf verwiesen, dass nach ihrer Auffassung die Anforderungen für die Annahme einer HWS-Distorsion vom Schweregrad III unter Berücksichtigung der in Schönberger/Mehrtens/Valentin genannten Kriterien durchaus erfüllt seien, da ein schmerzfreies Intervall bei ihr nicht zu verzeichnen gewesen sei. Sie habe eine retrograde Amnesie erlitten. Bei einer Amnesie über 30 Minuten hinaus sei bereits ein Schweregrad II anzunehmen. Die röntgenologisch geforderten Schädigungsnachweise seien durch die speziellen MRT-Funktionsaufnahmen von Dr. V auch erbracht.

In ihrem Schreiben vom 26. April 2006 hat die Beklagte darauf verwiesen, dass die MRT-Funktionsaufnahmen vom 25. und 26. Juli 2005 von Dr. V die Bedeutung der röntgenologischen Erstbefunde vom Unfalltage nicht ersetzen könnten. Die Erstbefunde "HWS in zwei Ebenen und Funktionsaufnahme: o. B." ließen nach den anzuwendenden Kriterien eindeutig keinen Raum für die Annahme einer höhergradigen HWS-Distorsion. Dass die bereits von Prof. Dr. E durchgeführten neurootologischen Untersuchungen einen traumatischen Gesundheitsschaden nachgewiesen hätten, sei nach Aktenlage gutachterlich umstritten.

In der vom Senat veranlassten ergänzenden Stellungnahme vom 04. Oktober 2006 hat der Sachverständige Dr. M-K ergänzend ausgeführt, bei der Klägerin habe kein HWS-Distorsionstrauma nach der Klassifikation I bis IV nach Erdmann vorgelegen, da dieses ausschließlich der Einteilung von HWS-Verletzungen nach einem Auffahrunfall/Heckunfall vorbehalten sei. Vielmehr handele es sich bei der Klägerin um Funktionsstörungen des Bewegungsapparates und des zentralen Nervensystems, die nicht nach diesem Schema einzuteilen seien. Bei der Klägerin würden aufgrund des Kontakttraumas (HWS-Trauma/Schädelhirntrauma) Funktionsschäden des Hirnstammes vorliegen, wodurch eine zentrale Kompensation der Schädigungen des propriozeptiven Gleichgewichtssystems und des vestibulo-okulären nicht gegeben seien. Die von ihm angewandten funktionsdiagnostischen Untersuchungsmethoden seien objektive Verfahren, da sie erlaubten, psychische von somatischen Störungen zu unterscheiden. Dass von einer zentralen Gleichgewichtsstörung auszugehen sei, ergebe sich aus den geschilderten neurootologischen Befunden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Stellungnahme Bezug genommen.

Die Klägerin macht geltend, aufgrund des Gutachtens von Dr. MK stehe eindeutig fest, dass sie sowohl eine HWS-Traumatisierung als auch ein Schädelhirntrauma erlitten habe. Weiterhin habe der Gutachter feststellen können, dass bei ihr Funktionsschäden im Hirnstamm im Sinne einer Schädigung des propriozeptiven Gleichgewichtssystems und des vestibulo-okulären Systems als Teile des das Gleichgewicht verarbeitenden Systems vorlägen. Damit sei der Nachweis einer Primärverletzung erbracht worden, ebenso wie der Nachweis einer Gleichgewichtsstörung. Es bestehe daher eine überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass die jetzt geklagten Gleichgewichtsstörungen wie auch das myofasziale Schmerzsyndrom eindeutig als Unfallfolgen zu qualifizieren seien. In diesem Zusammenhang sei nicht ausreichend, einfach zu behaupten, die Beschwerden seien nicht auf den Unfall zurückzuführen. Vielmehr müsse definitiv erläutert werden, welche Ursachen die von ihr dargelegten Gesundheitsstörungen hätten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. September 2002 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 23. Februar 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. April 2000 zu verurteilen, ihr unter Anerkennung der Schwindelerscheinungen und des myofaszialen Schmerzsyndroms als Folgen des Arbeitsunfalls vom 05. Juni 1996 eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 20 v. H. zu gewähren, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen erstinstanzlichen Urteils und sieht sich durch die Bemühungen des Sachverständigen Dr. M-K um die wissenschaftliche Anerkennung der medizinischen interdisziplinären Fachrichtung der Neurootologie nicht veranlasst, von der bisherigen Auffassung abzuweichen. Ein gesicherter Stand der medizinischen Wissenschaft erscheine im streitigen Fall nicht entwickelt worden zu sein. Hinsichtlich der für die Klägerin vermeintlich gestellten Diagnose einer traumatischen Hirnstammschädigung verblieben weiterhin erhebliche Zweifel. Den unbedingt erforderlichen Vollbeweis für diese Diagnose sehe sie nach wie vor als nicht erbracht an.

Der Senat hat zur Klärung der Vorerkrankung der Klägerin den Entlassungsbericht der Fachklinik Bad L vom 10. April 1996 über das vom 22. Februar bis zum 21. März 1996 durchgeführte Heilverfahren beigezogen, auf den verwiesen wird.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet. Sie hat - wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat - keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 05. Juni 1996.

Der von der Klägerin erhobene Anspruch auf Verletztenrente richtet sich noch nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), da die begehrte Leistung aufgrund eines Versicherungsfalles vor Inkrafttreten des Sozialgesetzbuches Siebtes Buch (SGB VII) am 01. Januar 1997 geltend gemacht wird (§ 212 SGB VII).

Anspruchsgrundlage für die Gewährung einer Verletztenrente ist § 581 Abs. 1 RVO. Danach wird, solange infolge des Arbeitsunfall die Erwerbsfähigkeit des Verletzten um wenigstens ein Fünftel gemindert ist, als Verletztenrente der Teil der Vollrente gewährt, der dem Grad der MdE entspricht. Nach § 550 Abs. 1 RVO gilt als Arbeitsunfall auch ein Unfall auf einem mit einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 genannten Tätigkeiten zusammenhängenden Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit.

Dass die Klägerin, als sie am 05. Juni 1996 auf dem Weg zu ihrer vom Arbeitsamt finanzierten Fortbildung war und dabei von einem Fahrradfahrer angefahren wurde, einen Arbeitsunfall erlitt, ist unstreitig und von der Beklagten mit dem angefochtenen Bescheid auch anerkannt worden. Außerdem erkannte die Beklagte als Arbeitsunfallfolge eine folgenlos ausgeheilte Gehirnerschütterung 1. Grades, eine vollständig ausgeheilte Halswirbelsäulenverstauchung sowie eine geringe Kraftminderung und Narben am linken Mittelfinger nach vollständig ausgeheilter offener Endgelenksverrenkung an.

Darüber hinaus liegen keine weiteren Arbeitsunfallfolgen vor. Die MdE aufgrund der anerkannten Arbeitsunfallfolgen ist auch nicht in rentenberechtigendem Grade eingeschränkt.

Die unfallbedingte MdE bemisst sich nach dem Umfang der körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen des Versicherten durch die Unfallfolgen und dem Umfang der ihm dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (BSG SozR 2200 § 581 Nr. 27). Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist erforderlich, dass sowohl zwischen der unfallbringenden Tätigkeit und dem Unfallereignis als auch zwischen dem Unfallereignis und der Gesundheitsschädigung ein innerer ursächlicher Zusammenhang besteht. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, der Arbeitsunfall und die Gesundheitsschädigung im Sinne des Vollbeweises - also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung für die Entschädigungspflicht, der nach der auch sonst im Sozialrecht geltendenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit – nicht allerdings die bloße Möglichkeit - ausreicht (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BSG SozR 3-2200 § 551 RVO Nr. 16 m.w.N.). Eine solche Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, wenn nach vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Faktoren ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass die richterliche Überzeugung hierauf gestützt werden kann (BSGE 45, 285, 286).

Der Senat ist unter Berücksichtigung dieser Grundsätze nach Auswertung und Würdigung der im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren erstatteten Gutachten, insbesondere des im Berufungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachtens von Dr. med. F vom 05. Januar 2003, zu der Überzeugung gelangt, dass eine MdE in rentenberechtigendem Grade wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 05. Juni 1996 nicht gegeben ist, da die von der Klägerin geltend gemachten weiteren Gesundheitsstörungen wie das myofasziale Schmerzsyndrom und die Schwindelerscheinungen nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall zurückzuführen sind.

Nach dem Gesamtbild der zeitnah erhobenen medizinischen Befunde erlitt die Klägerin bei dem Arbeitsunfall vom 05. Juni 1996 ein Schädelhirntrauma in Form einer Gehirnerschütterung, eine Distorsion der Halswirbelsäule (leichten Grades) und eine offene Luxation des Endgliedes des 3. Fingers der linken Hand. Demgemäß hat die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid eine folgenlos ausgeheilte Gehirnerschütterung 1. Grades, eine vollständig ausgeheilte Halswirbelsäulenverstauchung sowie ein geringe Kraftminderung und Narbenbildung am linken Mittelfinger nach vollständig ausgeheilter offener Endgelenksverrenkung als Unfallfolgen anerkannt. Weitergehende Gesundheitsstörungen waren ausweislich des fachchirurgischen Zusammenhangsgutachtens von Dr. H vom 13. November 1997 mit gutachterlicher Stellungnahme vom 14. Juni 1999 sowie des neurochirurgischen Zusammenhangsgutachtens von Prof. Dr. Z vom 13. März 2000, des neurologisch-psychiatrischen Gutachtens von Prof. Dr. G vom 27. Oktober 2001 sowie des fachorthopädischen Gutachtens von Dr. B vom 30. April 2002 nicht festzustellen.

Bei der Beurteilung des Schweregrades des erlittenen Schädelhirntraumas (SHT) und des Vorliegens einer unfallbedingten HWS-Distorsion divergieren die oben genannten, in dem Zeitraum von 1996 bis 2002 erstellten Gutachten. Die zur Diagnose "Schädelhirntrauma" dokumentierten Erstbefunde, die sich aus dem Durchgangsarztbericht von Dr. vom 05. Juli 1996, dem am Aufnahmetag gefertigten "Status Praesens" sowie aus dem Entlassungsbericht vom 21. Juli 1996 ergeben, verzeichnen keine Bewusstlosigkeit, sondern ein klares Bewusstsein und eine Ansprechbarkeit der Klägerin, aber eine retrograde Amnesie und eine fehlende zeitliche Orientierung. Für die von der Klägerin gegenüber der Ikrankenkasse im Unfallfragebogen vom 09. und 17. Juli 1996 gemachte Angabe, sie sei erst nach zwei Stunden im Krankenhaus wieder zu sich gekommen, bringen die ärztlichen Urkunden keinen Nachweis. Der Krankenhausentlassungsbericht enthält den Hinweis, dass bis auf einen in der Tendenz rückläufigen Kopfschmerz von Seiten des SHT keine Komplikationen vorlagen. Das Schädel-CT war unauffällig, die Kalotte ohne Frakturzeichen. Bei der Untersuchung durch Dr. H am 13. November 1997 bekundete die Klägerin wenig Beschwerden von Seiten der Gehirnerschütterung und des linken Fingers, wohl aber erhebliche Beschwerden an der HWS und am Hinterkopf sowie gelegentlich Schwindelerscheinungen zu haben. Dr. H vermerkte demgemäß keine verbliebenen Unfallfolgen hinsichtlich des SHT und setzte sich im Wesentlichen mit den Beschwerden seitens der HWS- Distorsion auseinander. Der Gutachter Prof. Dr. Z vermochte aus der Sicht seines Fachgebiets bei der neurologischen Untersuchung der Klägerin am 16. November 1999 keine Abweichung von der Norm - außer einer unfallfremden Fehlhaltung der Wirbelsäule – festzustellen. Er gelangte zu dem Ergebnis, es habe ein leichtes SHT mit kurzer Bewusstlosigkeit, keine gesicherte HWS-Verletzung und nur die Annahme einer HWS-Distorsion ohne starke HWS-Beschwerden in den ersten Tagen nach dem Unfall vorgelegen, mit typischer funktioneller Crescendosteigerung der Beschwerden mit sekundären Schwindelerscheinungen, die sich erst mehrere Wochen nach dem Unfall manifestierten. Prof. Dr. G kam aus neurologisch-psychiatrischer Sicht aufgrund der Untersuchungen der Klägerin vom 24. und 31. Juli 2001 zu der Bewertung, es liege ein Zustand nach SHT 1. Grades und einer HWS-Distorsion vor, der allenfalls eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bis zum 17. Juli 1996 und keine unfallbedingte MdE begründe.

Unter Berücksichtigung der unfallmedizinischen Literatur (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, S. 260 ff, 5.3.2 u. 5.3.2.1) lassen diese für den Zeitraum nach dem Unfall aus der Sicht der einschlägigen chirurgischen, neurochirugischen und neurologischen Fachgebiete getroffenen Feststellungen und erhobenen Befunde hinsichtlich des Schweregrades keine Einschätzung zu, die über ein SHT 1. Grades und damit über die von der Beklagten in dem angefochtenen Bescheid als Unfallfolge anerkannte Gehirnerschütterung hinausgehen könnte. Vielmehr stehen die oben genannten gutachtlichen Feststellungen in Übereinstimmung mit der unfallmedizinischen Literatur. Danach umfasst die Diagnose einer Gehirnerschütterung eine anfängliche Bewusstseinsstörung bzw. mehr oder weniger ausgeprägte vorausgehende Erinnerungslücken (Amnesie) und einen auffällig starken oder anhaltenden vegetativen Beschwerdekomplex z.B. mit Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerz, Schwindel und Kreislauf- Regulationsstörungen. Sie sind Folge einer mechanischen Reizung (Irritation) der Großhirnrinde, nicht des Hirnstammes. Bei der Klägerin haben ausweislich der ärztlichen Unterlagen sowohl eine Amnesie wie auch Kopfschmerzen, aber keine substantiellen morphologischen Veränderungen – wie das Schädel- CT bewiesen hat (vgl. Bericht der C-Kliniken P vom 21. Juni 1996) – vorgelegen.

Ob auch eine unfallbedingte HWS-Distorsion vorgelegen hat, wird von den genannten Gutachtern unterschiedlich beurteilt. Dr. H ist von einer glaubhaften unfallbedingten HWS-Distorsion ausgegangen, die nach seinen Feststellungen jedoch eine durch eine mehrbogige Kyphoskoliose der BWS und Hyperlordose der LWS vorgeschädigte Wirbelsäule getroffen hat, wodurch es zu einer Destabilisierung der gesamten oberen Wirbelsäule gekommen sei und damit zu einer Heilungsverzögerung der HWS-Distorsion.

Die am Aufnahmetag gefertigten Röntgenbilder des Schädels und der HWS dokumentieren in der Befundschilderung keine Verletzungsanzeichen. Die im September 1996 und Januar 1997 durchgeführten CTs der HWS waren unauffällig. Der Gutachter Prof. Dr. Z geht in seinem Gutachten vom 13. März 2000 deshalb von einer nicht gesicherten HWS-Verletzung und nur der Annahme einer HWS-Distorsion aus. Der orthopädische Sachverständige Dr. B gelangt unter Berücksichtigung des Unfallherganges und der radiologischen Befunde sogar zu dem Ergebnis, dass eine Verletzung im Sinne eines Beschleunigungstraumas der HWS nicht vorgelegen haben könne und sämtliche Röntgenaufnahmen, CT- und kernspintomographischen Befunde keine pathologischen Verhältnisse gezeigt hätten. Auch der Sachverständige Dr. F führt in seinem Gutachten vom 05. Januar 2003 als Unfallfolge lediglich ein SHT Grad I mit möglicherweise leichter HWS-Distorsion auf. Da die Beklagte jedoch in dem angefochtenen Bescheid zumindest eine vollständig ausgeheilte HWS-Verstauchung als Unfallfolge anerkannt hat, ist nur noch die Klärung ihres Schweregrades für die Frage nach den hieraus resultierenden weiteren Gesundheitsstörungen von Bedeutung.

In Abweichung von diesen Ergebnissen haben die Gutachter und Sachverständigen des HNO-ärztlichen-neurootologischen Fachgebiets weitere Gesundheitsstörungen, nämlich ein myofasziales Schmerzsyndrom und die geklagten Schwindelerscheinungen als Unfallfolgen festgestellt. Die Klägerin beruft sich zur Stützung ihres Begehrens auf das HNO-ärztliche Gutachten von Prof. Dr. E vom 30. Oktober 1998 und das HNO-fachärztliche neurootologische Gutachten von Dr. M-K vom 16. Juni 2005. Prof. Dr. E stellt in seinem Gutachten aufgrund der von ihm durchgeführten Untersuchungen - insbesondere der dynamischen Posturographie - eine komplexe Störung der Gleichgewichtserhaltung fest. Als Zeichen eines durchgemachten gedeckten SHT sei die verlangsamte Reaktanz im Motorkontrolltest und als Zeichen einer HWS-Weichteildistorsion eine deutliche Rechtslateralisation im Zwei-Waagen-Test festzustellen, die er als eindeutige Unfallfolgen deutet und mit einer MdE von 20 v.H. ab August 1996 bewertet. Das durchgemachte SHT habe zu einem typischen Schädigungsmuster in der Funktionsdiagnostik geführt, wobei als Schädigungsort der Hirnstamm bzw. höhere Anteile der Hörbahn in Frage kämen (wegen fehlender Stapediusreflexe, partiellem Verlust otoakustischer Emission). Während der später begutachtende Dr. Bin seinem HNO-ärztlichen Gutachten vom 18. Dezember 2000 aufgrund der von ihm durchgeführten Testuntersuchungen eine wesentliche Verbesserung der pathologischen Befunde, die für einen Schaden im Stammhirnbereich sprächen, gegenüber den Voruntersuchungen von 1998 feststellte, so dass von einer MdE von ( als 10 v. H. auszugehen sei, gelangte der Sachverständige Dr. MK in seinem HNO-ärztlichen-neurootologischen Gutachten vom 16. Juni 2005 bzw. 04. Oktober 2005 zu dem Ergebnis, als Unfallfolgen lägen eine cervico-enzephale Symptomatik mit kombinierten zentralperipheren Gleichgewichtsfunktionsstörungen mit myofaszialem Syndrom bei Zustand nach SHT und HWS-Weichteilverletzung (Kontakttrauma) Grad III (nach Quebec Task Force on Whiplash-Associated Disorders) vor, die eine unfallbedingte MdE von 40 v. H. bedingten.

Der Senat vermag sich diesen Feststellungen und Schlussfolgerungen des Gutachters Prof. Dr. E und des Sachverständigen Dr. MK nicht anzuschließen. Er hält vielmehr die sowohl von Prof. Dr. Z als auch von Dr. F erhobenen Bedenken und Einwendungen gegen die Validität der von Prof. Dr. und Dr. MK durchgeführten Untersuchungsmethoden und die hieraus gezogenen Schlussfolgerungen im Rahmen der Zusammenhangsbegutachtung in der gesetzlichen Unfallversicherung für begründet. Dr. F führt in seinem Gutachten vom 05. Januar 2003 aus, die von ihm erhobenen Untersuchungsergebnisse sowie die neurophysiologischen Zusatzuntersuchungen erlaubten nicht den Schluss auf eine fortbestehende unfallbedingte Schädigung auf neurologischem Fachgebiet. Gegen die von Prof. Dr. E durch die dynamische Posturographie festgestellte komplexe Störung der Gleichgewichtserhaltung und das von ihm konstatierte SHT- typische Schädigungsmuster einer hirnstammnahen Läsion sprächen die jetzt unauffälligen akustisch evozierten Hirnstammpotentiale, der Blinkreflex sowie auch die Medianus evozierten Potentiale. Auch die von Prof. Dr. Z und Prof. Dr. G festgestellten unauffälligen neurologischen Befunde seien als Indizien gegen eine isolierte Hirnstammläsion des Gleichgewichtssystems auf Grund des eher als leicht einzustufenden SHT zu werten, da es sich bei der Hirnstammläsion um tief liegende Strukturen handele und eine außergewöhnlich große Gewalteinwirkung erforderlich sei, um entsprechende Schädigungsmuster im Hirnstamm hervorzurufen, die dann auch mit ausgeprägten neurologischen Ausfällen verbunden seien. Bei der Klägerin sind jedoch von keinem der behandelnden oder untersuchenden Neurologen entsprechende Störungen festgestellt worden. Prof. Dr. Z weist in seinem Gutachten darauf hin, dass es keine gesicherten Daten gebe, die sich mit der Untersuchung und den Ergebnissen der Ableitung transitorisch evozierter und akustischer Emission (TEOAE) sowie der Ableitung von Distorsionsprodukten und akustischer Emission (DBOAE) bei Schädel-Hirn-Verletzten beschäftigten. Die Interpretation dieser Tests, die vielleicht hoch sensitiv aber wenig spezifisch seien, als Zeichen eines durchgemachten SHT sei nicht belegbar. Dass die festgestellten Abnormitäten eine Störung im höheren Anteil der Hörbahn, insbesondere im Bereich des oberen Hirnstamms nachweisen sollen, sei allenfalls eine wissenschaftliche Hypothese.

Der Senat vermag sich angesichts dieser Kritikpunkte nicht davon zu überzeugen, dass die Klägerin durch das als Gehirnerschütterung anerkannte unfallbedingte SHT eine Hirnstammschädigung erlitten hat, die zu einer komplexen Störung der Gleichgewichtsregulation und damit zu den von ihr beklagten Schwindelerscheinungen geführt hat. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist der Nachweis des unfallbedingten Erstschadens - hier eines SHT mit dem entsprechenden Schweregrad ebenso wie der Nachweis der HWS- Distorsion in entsprechender Ausprägung - zu fordern, der es erlaubt, auf die hinreichende Wahrscheinlichkeit weiterer Unfallfolgen zu schließen. Nach der Rechtsprechung (vgl. BSG Beschluss vom 26. Februar 1997 - 9 BV 221/96 -) ist zur Feststellung der Wahrscheinlichkeit nicht von einer Auffassung auszugehen, die nur von einer Mindermeinung der medizinischen Wissenschaft vertreten wird, sondern es ist die herrschende medizinische Lehrmeinung zugrunde zu legen. Wie den Gutachten von Prof. Dr. Z und Dr. F zu entnehmen ist, handelt es sich bei der Neurootologie um eine Fachgebiet, dessen Untersuchungsmethoden noch auf keiner allgemein anerkannten Grundlage stehen und dessen Erkenntnismöglichkeiten in Kausalitätsfragen im Vergleich zu den Beurteilungen aus den Bereichen der Orthopädie und Neurologie nicht gesichert sind. Dies entspricht auch der Auffassung der ganz herrschenden Rechtsprechung (vgl. Urteile des Bayerischen LSG vom 19. Dezember 2000 – L 17 U 193/97 - und vom 15. Februar 2001 – L 17 U 194/92 -, Urteil des OVG Nordrhein-Westfalen vom 11. Juli 2002 – 6 A 4067/92, 6 A 4069/92 -, Urteil des OLG Hamm vom 25. Februar 2003 – 27 U 211/01 -, OLG München Urteil vom 15. September 2006 - 10 U 3622/99 -; jeweils veröffentlicht in der Juris-Datenbank und m. w. N.).

Ebenso wenig vermag sich der Senat den von Dr. MK unter Bezugnahme auf das Ergebnis der von Dr. V am 25. und 26. Juli 2005 durchgeführten funktionellen Kernspintomographie getroffenen Feststellungen zu einer HWS-Verletzung in Form eines Dens-Ligament-Gelenkkapseltraumas mit Funktionsseinschränkungen des kranio-zervikalen Übergangs und eines daraus resultierenden myofaszialen Schmerzsyndroms als Unfallfolgen anzuschließen. Die erstmalige Feststellung einer primären Verletzung 9 Jahre nach dem Unfallereignis bei Vorliegen anderer anlagebedingter Wirbelsäulenstörungen, die Auswirkungen auf die HWS haben, lässt schon erhebliche Zweifel an der Zuordnung der festgestellten Veränderungen zum Unfallgeschehen aufkommen. Maßgebend ist jedoch für den Senat, dass sämtliche zeitnah erhobenen Röntgen-, CT- und kernspintomographischen wie sonstigen Untersuchungsbefunde keinerlei Anhaltspunkte für eine Verletzung der HWS hergeben, wie bereits von dem Gutachter Dr. H sowie den Sachverständigen Dr. B und Dr. F in ihren Gutachten nachvollziehbar dargelegt wurde. Soweit der Gutachter Prof. Dr. E eine Verletzung in Form einer Traumatisierung des Muskelmantels und diskoligamentärer Strukturen gegeben sah und als Ursache für die Persistenz der HWS-Symptomatik die nach dem Unfallereignis permanente und unvermeidbare Belastung der HWS-Muskulatur zur Gewährleistung der aufrechten Kopfhaltung und Kopfbewegung angeführt hat, begegnet diese Auffassung schon deswegen erheblichen Bedenken, da sich die Klägerin nach dem Unfallereignis 10 Tage in stationärer Behandlung (vermehrtes Liegen) befand und im Hinblick auf das SHT gerade nicht der von Prof. Dr. E angenommenen Belastung der HWS ausgesetzt war. Zudem ist die Pathogenese des myofaszialen Schmerzsyndroms – wie von Dr. MK selbst zugestanden und von Dr. F erläutert wird – bisher nicht wissenschaftlich geklärt. Soweit bei diesem Syndrom davon ausgegangen wird, dass die Beschwerden ihre Ursache in unphysiologischen muskulären Komponenten der Kaumuskulatur (z. B. auch auf Grund von Zahn- und Kieferfehlstellungen) bzw. der Kopf- und Halsmuskulatur haben, kommen ebenso wie bei den zervikal bedingten Schwindelerscheinungen und Kopfschmerzen vielfältige Ursachen in Betracht. Insbesondere ist im Falle der Klägerin zu berücksichtigen, dass bei ihr ausgeprägte anlagebedingte Veränderungen der BWS und LWS bestehen. Gerade die bei ihr vorliegende Kyphose der oberen BWS mit ausgeprägter Osteochondrose und mit Einengung der Zwischenwirbelräume im Abschnitt Th III – Th VII bedingen immer wieder Verspannungszustände des Schultergürtels und der HWS-Muskulatur, die – wie bereits von dem Gutachter Dr. H überzeugend dargelegt wurde – häufig zu zervikal weitergeleiteten Beschwerden führen. Dies zeigte sich auch schon vor dem Unfallgeschehen, denn die Klägerin war entgegen ihrer wiederholten Angaben bei den Begutachtungen vor dem Unfall nicht beschwerdefrei gewesen, wie der Entlassungsbericht der Fachklinik Bad Liebenstein vom 10. April 1996 (Diagnosen u. a.: rezidivierendes Zervikalsyndrom, rezidivierendes Lumbalsyndrom) verdeutlicht. Nach den vorliegenden zeitnahen Befunden und dem sich aus den medizinischen Unterlagen ergebenden Krankheitsverlauf (nach Wiederaufnahme der Fortbildung am 17. Juli 1996 und einer Behandlungspause zuletzt vom 26. Februar bis zum 09. April 1997 erstmalige Arbeitsunfähigkeit ab dem 21. April 1997) kann allenfalls von einer vorübergehenden Destabilisierung der vorgeschädigten Wirbelsäule der Klägerin durch den Sturz auf den Boden ausgegangen werden, eine – schwerere - Beschleunigungsverletzung der HWS hatte sich nach dem Unfallablauf eindeutig nicht ereignet. Die damit verbundenen, sich teilweise mit den Folgen des SHT überlappenden Beschwerden hatten sich jedoch, wie bereits von dem Gutachter Dr. H ausgeführt und letztlich von den Sachverständigen Prof. Dr. G, Dr. B und Dr. F bestätigt wurde, zurückgebildet und nach der Aufnahme der Fortbildung, die von der Klägerin trotz der geschilderten Beschwerden auch erfolgreich abgeschlossen werden konnte, kein MdE-relevantes Ausmaß mehr erreicht. Vielmehr war die spätere Beschwerdezunahme von Seiten der – verspannten – HWS-Muskulatur erst mit der längeren Belastung im Rahmen der Computer-Schulung im Zusammenhang mit der auf Grund der anlagebedingten mehrbogigen Kyphoskoliose der BWS und der Hyperlordose der LWS vorgeschädigten Wirbelsäule zu verzeichnen.

Eine Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhanges – weder im Sinne der Erstehung noch im Sinne der Verschlimmerung eines unfallunabhängigen Leidens - der von der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsstörungen (wiederholte Schwindelerscheinungen und myofasziales Schmerzsyndrom) mit dem Unfallereignis vom 05. Juni 1996 lässt sich angesichts dieser Beweislage nicht begründen. Damit ist weder ein Anspruch auf Anerkennung der geltend gemachten weiteren Unfallfolgen noch ein Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente gegeben.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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