L 28 B 1552/07 AS ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
28
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 119 AS 16141/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 28 B 1552/07 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 21. August 2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Berlin, der das SG nicht abgeholfen hat (§ 174 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), ist zulässig (§ 172, 173 SGG) aber unbegründet.

Der Senat nimmt zur Begründung zunächst Bezug auf die angefochtene Entscheidung des SG, der er sich nach eigener Überprüfung und Überzeugungsbildung in vollem Umfang anschließt (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Ein Anspruch des Antragstellers auf darlehnsweise Gewährung von 1500,- Euro, die an seine Zahnärztin für die Einbringung eines kombinierten Zahnersatzes mit Teleskopkronen zu zahlen sind, besteht nicht. Als Anspruchsgrundlage kommt in erster Linie § 23 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in Betracht, wonach die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis ein entsprechendes Darlehen erbringt, wenn im Einzelfall ein von den Regelleistungen umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts weder durch das Vermögen nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II noch auf andere Weise gedeckt werden kann. Vorliegend gewährt die gesetzliche Krankenversicherung, deren Mitglied der Antragsteller aufgrund des Bezuges von Arbeitslosengeld II nach dem SGB II ist, für den begehrten Zahnersatz im Rahmen der Regelungen des § 55 Abs. 1 und 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) einen Betrag in Höhe von 3.505,80 Euro. Es bleiben damit keine Kosten ungedeckt, die im Falle der Inanspruchnahme einer nach den Grundsätzen des §§ 12, 28 SGB V ausreichenden, das Maß des Notwendigen nicht überschreitenden Versorgung mit Zahnersatz entstehen würden. Der darüber hinausgehende Bedarf, der im Falle des Antragstellers entsteht, weil er - um bessere Chancen am Arbeitsmarkt im Hinblick auf den angestrebten Beruf zu haben, nicht aber aus medizinischen Gründen (vgl. insoweit Attest der behandelnden Ärztin vom 14. August 2007) - eine höherwertigere Versorgung anstrebt, gehört schon nicht zur Regelleistung. Die Regelleistung (vgl. § 20 SGB II) erfasst Aufwendungen zur Gesundheitspflege im Grundsatz nicht, denn insoweit wird das soziokulturelle Existenzminimum durch die kostenfreie Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung gesichert. Lediglich soweit eine medizinisch notwendige Leistung in Folge der Kosteneinsparungen im Gesundheitswesen von der gesetzlichen Krankenversicherung nicht (mehr) übernommen wird (beispielsweise bestimmte Heil- und Hilfsmittel, vgl. § 33 SGB V, oder nicht verschreibungspflichtige Medikamente, vgl. § 34 SGB V), fließen die hierfür notwendigen Kosten in die Regelleistung ein. Um Kosten für eine solche medizinisch notwendige, von der gesetzlichen Krankenversicherung gleichwohl nicht gedeckten Versorgung handelt es sich aber vorliegend nicht, denn die notwendigen Kosten werden - wie bereits ausgeführt - im Falle der Versorgung mit Zahnersatz vollständig übernommen. Der Staat ist auch bei Berücksichtigung der Zwangsmitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung von Verfassung wegen nicht gehalten ist, einem pflichtversicherten Mitglied einen höherwertigen Zahnersatz zu verschaffen (vgl. nur BSG Urteil vom 13. Juli 2004 - B 1 KR 37/02 R -, juris RdNr. 24 m.w.N.). Es ist nicht ersichtlich, weshalb insoweit - über die Härtefallregelungen des § 55 Abs. 2 und 3 SGB V hinaus - für hilfebedürftige Versicherte anderes gelten sollte. Da die Versorgung mit einem höherwertigen Zahnersatz nicht zu dem mit Leistungen des SGB II zu sichernden Existenzminimums gehört, besteht ein Anspruch auf Gewährung eines Darlehens nicht.

Soweit der Antragsteller geltend macht, der höherwertige Zahnersatz sei für die Eingliederung in Arbeit notwendig (mit der Folge dass das Darlehn als Leistung nach § 16 Abs. 2 SGB II zu erbringen wäre), führt dies ebenfalls nicht zum Erlass der begehrten Anordnung. Ergänzend zu den Ausführungen des SG ist insoweit auszuführen, dass solche Leistungen nur erbracht werden dürfen, wenn sie für die Eingliederung in den Arbeitsmarkt zwingend erforderlich sind (zum Ganzen Niewald in Münder, SGB II, 2. Auflage 2007, § 16 RdNr. 17). Der Arbeitsmarkt, der hier in Bezug genommen wird, erstreckt sich nicht nur auf den angestrebten Beruf, sondern auf jede Arbeit, die dem Arbeitsuchenden zumutbar ist (vgl. §§ 3,10 SGB II). Dass die Versorgung mit dem in der gesetzlichen Krankenversicherung als ausreichend angesehenen Zahnersatz, mit dem ein Großteil der Bevölkerung im Falle der Notwendigkeit von Zahnersatz ausgestattet ist, schlechthin sämtlichen Vermittlungschancen auf dem Arbeitsmarkt entgegensteht, behauptet auch der Antragsteller nicht. Der Senat verkennt nicht, dass die beruflichen Belange durch eine Versorgung mit Zahnersatz fast immer mehr oder weniger "mitberührt" sind; der nachvollziehbare Wunsch, in einem bestimmten beruflichen Umfeld, in dem der Antragsteller eine Tätigkeit anstrebt (nämlich als Konzertveranstalter), nicht durch das Aussehen ausgeschlossen zu werden, genügt für eine Leistungspflicht über das Leistungsniveau in der gesetzlichen Krankenversicherung hinaus jedoch nicht (ähnlich zur Zuzahlung zu Kosten eines höherwertigen Zahnersatzes als Leistung der beruflichen Rehabilitation in der gesetzlichen Rentenversicherung BSG, Urteil vom 28. Februar 1991 - 4/1 RA 93/88 - USK 9104 S. 19f).

Für die übrigen Anträge (Offenlegung von Telefonnummern und E-Mailadressen von Bediensteten des Antragsgegners sowie Gewährung eines zusätzlichen, nicht näher bezifferten Betrages für Benzinkosten) ist für eine Regelung im einstweiligen Rechtsschutz aus den vom SG dargelegten Gründen kein Raum. Wegen dieser Leistungen liegt im Übrigen schon eine anfechtbare Entscheidung des Antragsgegners nicht vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG analog.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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