S 5 KR 150/06

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 5 KR 150/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 10.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.08.2006 verurteilt, dem Kläger Krankengeld in der Zeit vom 03.04.2006 - 12.04.2006 unter Berücksichtigung des Regelentgelts, das der Beitragsbemessung in der Zeit vom 20.03.2005 - 19.03.2006 zu Grunde gelegen hat, zu gewähren. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers. Die Sprungrevision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Krankengeldes.

Der 1953 geborene Kläger ist seit 1995 als Redakteur und Fotojournalist tätig. Er ist nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz versicherungspflichtig.

Die Beitragsentrichtung erfolgte auf der Basis des von dem Kläger selbst geschätzten voraussichtlichen Jahresarbeitseinkommens, das er mit 2.200,00 Euro monatlich gegenüber der beigeladenen Unfallkasse des Bundes (Künstlersozialkasse) angab. Auf dieser Grundlage hat der Kläger Beiträge zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung entrichtet.

Im Vorfeld zu der hier streitigen Krankengeldberechnung geriet der Kläger in Zahlungs-schwierigkeiten, so dass die Beigeladene aufgrund des bestehenden Beitragsrückstandes mit Bescheid vom 25.11.2005 das Ruhen der Leistungen aus der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung ab dem 01.12.2005 feststellte. Der Kläger glich in der Folgezeit seine Schulden aus, so dass mit weiterem Bescheid der Beigeladenen vom 14.12.2005 das Ende des Ruhens zum 13.12.2005 ausgesprochen wurde.

Am 20.03.2006 meldete sich der Kläger wegen einer bestehenden Alkoholerkrankung arbeitsunfähig, woraufhin er in der Zeit ab dem 03.04.2006 von der Beklagten Kranken-geld erhielt. Am 13.04.2006 trat der Kläger eine viermonatige Rehabilitationsbehandlung an. Währenddessen erhielt er vom Rentenversicherungsträger Übergangsgeld auf der Basis der von der Beklagten ermittelten Krankengeldberechnung.

Die Beklagte legte dieser Berechnung den Einkommensteuerbescheid für das Kalenderjahr 2003 zu Grunde, der Einkünfte in Höhe von 11.124,00 Euro auswies. Auf dieser Grundlage ergab sich ein kalendertägliches Bruttokrankengeld in Höhe von 21,67 Euro täglich.

Der Kläger wandte sich gegen die Festsetzung und bat die Beklagte mit der Begründung um Überprüfung, das Krankengeld müsse wie in der Vergangenheit auch auf der Grundlage seines höheren Schätzeinkommens berechnet werden.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 10.05.2006 lehnte die Beklagte eine anderweitige Berechnung ab und führte erläuternd aus, das tatsächliche Arbeitseinkommen sei für die Berechnung des Krankengeldes maßgeblich. Auf dieser Grundlage müsse der letzte Einkommensteuerbescheid für die Krankengeldberechnung zu Grunde gelegt werden. Eine Berechnung auf der Grundlage der vom Kläger selbst vorgenommenen Schätzung scheide damit aus.

Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein und nahm zur Begründung auf verschiedene Informationsschreiben der Künstlersozialkasse Bezug. Unter dem Titel "Künstlersozial-versicherung und Krankengeld" heißt es in einem von der Beigeladenen veröffentlichten Info-Papier:

"Berechnungsgrundlage für das Krankengeld ist das Arbeitseinkommen, nach dem in den letzten 12 Kalendermonaten vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit Krankenversicherungs-beiträge gezahlt worden sind. Das Arbeitseinkommen ist der Künstlersozialkasse jährlich in Form einer Einkommensprognose für das kommende Kalenderjahr mitzuteilen (sog. voraussichtliches Arbeitseinkommen). Hiervon werden 70 % als Krankengeld gewährt, wovon die Krankenkasse allerdings Beiträge zur Renten- und Pflegeversicherung abzieht."

Ferner wird unter der Rubrik "Künstlersozialversicherung - Das Wichtigste in Kürze" wie folgt formuliert:

"Das für die Krankengeld-/Mutterschaftsgeldberechnung zu ermittelnde Regelentgelt gemäß § 47 Abs. 4 S. 3 Sozialgesetzbuch, 5. Buch (SGB V) ergibt sich aus den in unseren Beitragsnachweisen enthaltenen Arbeitseinkommen. Abweichend von den Regelungen für andere selbstständige Personenkreise ist für nach dem KSVG Versicherte immer das voraussichtliche Arbeitseinkommen, welches der Beitragsbemessung zu Grunde gelegen hat, maßgebend."

Die bereits während des Widerspruchsverfahrens eingeschaltete Beigeladene wies mit Schreiben vom 28.07.2006 nochmals darauf hin, dass aufgrund der für den Kläger bestehenden Versicherungspflicht nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz § 47 Abs. 4 Nr. 3 Sozialgesetzbuch, 5. Buch (SGB V) einschlägig sei und die Krankengeld-berechnung daher nicht unter Berücksichtigung des tatsächlichen Einkommens laut Steuerbescheid vorgenommen werden dürfe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29.08.2006 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Die Berechnung des Krankengeldes sei für alle Personenkreise, die Anspruch auf Krankengeld zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung haben, in § 47 SGB V geregelt. Gemäß § 47 Abs. 4 S. 2 SGB V gelte für Versicherte, die nicht Arbeitnehmer sind, als Regelentgelt der kalendertägliche Betrag, der zuletzt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit für die Beitragsbemessung aus Arbeitseinkommen maßgebend war. In diesem Zusammenhang seien die Urteile des Bundesozialgerichts vom 30.03.2004 - B 1 KR 31/02 R, B 1 KR 32/02 R - und vom 07.12.2004 - B 1 KR 17/04 R - zu berücksichtigen. Danach sei für die Berechnung des Krankengeldes für Personen, die selbstständig erwerbstätig sind, nicht das für die Beitragsbemessung herangezogene fiktive Arbeitseinkommen zu berücksichtigen, sondern es sei auf die tatsächlichen Verhältnisse vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abzustellen. Nach einem Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 29.11.2005 seien die Urteile des BSG umgesetzt worden und gleichfalls auf die nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz Versicherten Künstler und Publizisten anzuwenden. Die Rechtsvorschriften für freiwillig versicherte Selbstständige sowie für Künstler und Publizisten seien abgesehen von dem Bemessungszeitraum von 12 Kalendermonaten gleichlautend. Ferner handele es sich bei beiden Personenkreisen um einen fiktiv ermittelten Beitrag aufgrund von Schätzungen bzw. um einen sog. Mindestbeitrag. Eine andere Auslegung der Vorschriften würde zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung der Personenkreise führen.

Hiergegen richtet sich die am 14.09.2006 erhobene Klage, mit der der Kläger weiterhin die Auszahlung des auf der Grundlage der Beitragsbemessung ermittelten Krankengeldes begehrt. Zur Begründung führt er im Einzelnen aus, die Entscheidungen des Bundesozial-gerichts vom 30.03.2004 und vom 07.12.2004 bezögen sich auf freiwillig versicherte, hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige, während für Künstler und Publizisten § 47 Abs. 4 S. 3 SGB V als Sondervorschrift anwendbar sei. § 47 Abs. 4 S. 2 SGB V enthalte im Gegensatz zu Satz 3 der Vorschrift eine Fiktion, die die Annahme eines anderweitigen tatsächlichen Einkommens ermögliche. Dies sei im Rahmen von § 47 Abs. 4 S. 3 SGB V nicht der Fall. Auch die Änderung des § 47 Abs. 4 Satz 2 SGB V, die mit Wirkung zum 3. März 2005 eingeführt worden sei, spreche gegen die Auffassung der Beklagten, da sich die Änderung unmittelbar aus der von der Beklagten zitierten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ergebe. Insoweit hätte es nahe gelegen, auch die Grundlage für die Krankengeldberechnung bei den Künstlern und Publizisten anzugleichen. Dies habe der Gesetzgeber allerdings nicht getan.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 10.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.08.2006 zu verurteilen, Krankengeld in der Zeit vom 03.04.2006 - 12.04.2006 unter Berücksichtigung des Regelentgelts aus Arbeitseinkommen, das der Beitragsbemessung in der Zeit vom 20.03.2005 - 19.03.2006 zu Grunde gelegen hat, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Die Beklagte ist der Auffassung, der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides entspreche der Sach- und Rechtslage und sei daher nicht zu beanstanden. Zwar sei § 47 Abs. 4 S. 3 SGB V für die Ermittlung des Regelentgelts für Künstler und Publizisten maßgebend, danach entspricht jedoch nicht der 360. Teil des Arbeitseinkommens, welches der Beitragsberechnung zu Grunde lag, dem Regelentgelt-betrag. Vielmehr sei das Regelentgelt aus dem Arbeitseinkommen zu berechnen. Wegen der Entgeltersatzfunktion des Krankengeldes sei bei der Ermittlung des Regelentgelts ungeachtet der Beitragsbemessung auf die tatsächlichen Arbeitseinkommensverhältnisse vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abzustellen. Dieser Grundsatz sei nicht allein auf freiwillige Mitglieder anzuwenden, da es sich um einen allgemeinen, sich aus § 47 SGB V insgesamt ergebenden Grundsatz handele. Es sei auch als kritisch anzusehen, wenn die Krankengeldberechnung auf der Grundlage einer Selbsteinschätzung des Versicherten zu ermitteln sei. Schließlich setzte eine gewissenhafte Schätzung voraus, dass eine Orientierung an den bisherigen Einkünften unter Beachtung der prognostischen zukünftigen Entwicklung erfolge. Es sei daher nicht nachvollziehbar, dass aufgrund einer zu günstigen, nicht objektivierbaren Prognose von einem Künstler oder Publizisten ein höheres Krankengeld erzielt werden könne als von einem freiwillig versicherten Selbstständigen.

Die beigeladene Künstlersozialkasse vertritt die Auffassung, die Krankengeldberechnung müsse entsprechend den gesetzlichen Vorgaben des § 47 Abs. 4 S. 3 SGB V auf der Basis der von dem Versicherten selbst vorgenommenen Schätzung erfolgen. Zur Begründung nimmt sie im Wesentlichen Bezug auf ihre bereits im Verwaltungsverfahren gegenüber der Beklagten sowie gegenüber dem gleichfalls von ihr eingeschalteten Landesversicherungsamt NRW abgegebenen Stellungnahmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten im Sach- und Streitstand nimmt die Kammer Bezug auf den Inhalt der Gerichtsakte, des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten und der Beigeladenen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Gegenstand der Klage ist lediglich die Höhe des Krankengeldes, das in der Zeit vom 03.04.2006 bis 12.04.2006 gewährt worden ist, da der Widerspruchsbescheid vom 24.08.2006 sich eindeutig nur auf diesen Zeitraum beziehen konnte. Soweit der Kläger in der Folgezeit Anspruch auf Krankengeld hatte und die Beklagte dieses ihrer Rechtsauf-fassung folgend auf der Grundlage der tatsächlich erzielten Einkünfte berechnet hat, mag die Beklagte durch den Kläger aufgefordert werden, einen mit Rechtsmittelbelehrung versehenen Bescheid zu erlassen.

Der Kläger ist durch den Bescheid vom 10.05.2006 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheides vom 29.08.2006 beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichts-gesetz (SGG), denn die von der Beklagten vorgenommene Krankengeldberechnung ist rechtswidrig. Der Kläger hat Anspruch auf der Basis des der Beitragsbemessung zu Grunde gelegten Arbeitseinkommens, wobei es sich um das von ihm selbst geschätzte und damit prognostische Einkommen handelt.

Gemäß § 47 Abs. 1 S. 1 SGB V beträgt das Krankengeld grundsätzlich 70 % des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt (Regelentgelt). Nach § 47 Abs. 2 S. 1 SGB V ist das von dem Versicherten im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum, mindestens das während der letzten abgerechneten vier Wochen erzielte und um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verminderte Arbeitsentgelt für die Berechnung des Regelentgelts maßgeblich.

Nach § 47 Abs. 4 S. 2 SGB V gilt für Versicherte, die nicht Arbeitnehmer sind, als Regelentgelt der kalendertägliche Betrag, der zuletzt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit für die Beitragsbemessung aus Arbeitseinkommen maßgebend war. Für nach dem Künstler-sozialversicherungsgesetz Versicherte ist das Regelentgelt aus dem Arbeitseinkommen zu berechnen, das der Beitragsbemessung für die letzten 12 Kalendermonate vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit zu Grunde gelegen hat (§ 47 Abs. 4 S. 3 SGB V).

Infolge der eindeutigen gesetzlichen Regelungen muss nach Auffassung der Kammer bei Künstlern und Publizisten das Regelentgelt zu Grunde gelegt werden, das der Versicherte im Rahmen seiner Schätzung gegenüber der Künstlersozialkasse als Arbeitseinkommen angegeben hat.

Diese eng am Gesetzestext orientierte Auslegung des § 47 Abs. 4 S. 3 SGB V verstößt nicht gegen das § 47 SGB V allgemein beherrschende Entgeltersatzprinzip. Unter Berücksichtigung der Systematik und der historischen Entwicklung des Künstlersozial-versicherungsrechts lässt sich diese Auslegung vielmehr mit der Entgeltersatzfunktion des Krankengeldes vereinbaren.

Es trifft zwar zu, dass im Falle des Klägers das auf der Grundlage des voraussichtlichen Einkommens berechnete Krankengeld höher ist als die tatsächlichen Einkünfte des Klägers, wenn man davon ausgeht, dass in den Kalenderjahren 2004 und 2005 das Arbeitseinkommen gleichfalls hinter seiner Schätzung zurückgeblieben ist.

Bei genauerer Betrachtung wird nach Auffassung der Kammer hierdurch dennoch nicht das Entgeltersatzprinzip des Krankengeldes, zu dem das Bundessozialgericht zuletzt insbesondere in den Entscheidungen vom 07.12.2004 und vom 30.03.2004 (Az. B 1 KR 17/04 R und B 1 KR 31/02 R, www.bundessozialgericht.de) Stellung genommen hat, durchbrochen.

Der Beklagten ist zunächst darin Recht zu geben, dass sich die Entgeltersatzfunktion des Krankengeldes als tragendes Prinzip des § 47 SGB V darstellt. Nicht nur dort hat dieser Grundsatz Eingang in die gesetzlichen Bestimmungen gefunden. So sind beispielsweise diejenigen Versichertengruppen pauschal vom Anspruch auf Krankengeld ausge-schlossen, bei denen wegen Fehlens einer entgeltlichen Tätigkeit im Falle der Arbeitsunfähigkeit regelmäßig kein Arbeitsentgelt ausfällt (§ 44 Abs. 1 S. 2 SGB V). Ebenso wird das Entgeltersatzprinzip durch die in § 47 Abs. 1 S. 2 SGB V enthaltene Vorschrift bestätigt, wodurch das Krankengeld auf 90 % des Nettoarbeitsentgelts begrenzt wird. Auch die in § 47 Abs. 3 SGB V enthaltene Regelung, dass die Satzung bei nicht kontinuierlicher Arbeitsverrichtung und Vergütung abweichende Bestimmungen zur Zahlung und Berechnung des Krankengeldes vorsehen kann, sofern diese sicherstellen, dass das Krankengeld seine Entgeltersatzfunktion erfüllt, belegt, dass der Gesetzgeber den Versicherten nur Krankengeld auf der Basis des unmittelbar vor Eintritt der Arbeits-unfähigkeit tatsächlich zugeflossenen Entgelts - sei es aus Arbeitseinkommen oder aus einer versicherungspflichtigigen Beschäftigung - zubilligen wollte.

Entgegen der Auffassung der Beklagten fügt sich jedoch auch die gesetzliche Bestimmung des § 47 Abs. 4 S. 3 SGB V in dieses System ein. Im Gegensatz zu selbstständig Erwerbstätigen, die sich freiwillig versichert haben, spiegelt nämlich die Beitragsbe-messung bei Künstlern und Publizisten ihre tatsächlichen Einkommensverhältnisse wider. Zu diesem Ergebnis kommt die Kammer bei der hier erforderlichen Gegenüberstellung des Beitrags- und Leistungsrechts der freiwillig Versicherten, die hauptberuflich selbstständig sind, sowie auf der anderen Seite der Künstler und Publizisten.

Gemäß § 240 Abs. 3 S. 2 SGB V gilt für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbstständig erwerbstätig sind, als beitragspflichtige Einnahme für den Kalendertag der 30. Teil der monatlichen Beitragsbemessunggrenze, bei Nachweis niedriger Einnahmen jedoch mindestens der 40. Teil der monatlichen Bezugsgröße. Nur unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen kann eine niedrigere Beitragsbemessung erfolgen, die allerdings auch auf den 60. Teil der monatlichen Bezugsgröße nach unten begrenzt ist. Hierbei handelt es sich um ein Regel-Ausnahme-Prinzip, das im Grundsatz jeden freiwillig versicherten, hauptberuflich Selbstständigen zunächst dazu verpflichtet, Höchstbeiträge auf der Grundlage der Beitragsbemessungsgrenze zu entrichten, sofern er gegenüber seiner Krankenkasse keine anderweitigen Angaben macht und auch kein in § 240 Abs. 4 S. 2 SGB V genannter Ausnahmetatbestand (Gründungszuschuss nach § 57 SGB III oder Existenzgründungszuschuss nach § 421 l SGB III) vorliegt.

Demgegenüber enthält § 234 SGB V eine Sonderregelung für die Beitragsbemessung bei Künstlern und Publizisten. Nach dieser Vorschrift wird nämlich der Beitragsbemessung der 360. Teil des voraussichtlichen Jahresarbeitseinkommens (§ 12 des Künstlersozial-versicherungsgesetzes - KSVG), mindestens jedoch der 180. Teil der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Sozialgesetzbuches, 4. Buch (SGB IV) zu Grunde gelegt. Bereits aus einem Vergleich der gesetzlich geregelten Beitragsbemessung für freiwillig versicherte hauptberuflich Selbstständige und Künstler bzw. Publizisten ergibt sich nach Auffassung der Kammer, dass der Gesetzgeber unterschiedliche Regelungen schaffen wollte, um den Bedürfnissen der verschiedenen Gruppen jeweils sachgerecht zu entsprechen. Diese Tendenz spiegelt sich bei der Beitragsbemessung im Rahmen der Rentenversicherung ebenso wider. So gilt gemäß § 165 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch, 6. Buch (SGB VI) bei Selbstständigen ein Arbeitseinkommen in Höhe der Bezugsgröße, wobei der insoweit freiwillig Versicherte bei Nachweis eines niedrigeren oder höheren Arbeitseinkommens auf dieser Grundlage Beiträge entrichtet. Mindestens ist jedoch von einem Arbeitseinkommen von 400,00 Euro monatlich auszugehen und ein entsprechender Beitrag zu entrichten. § 165 Abs. 1 S. 3 SGB VI regelt, welche beitragspflichtigen Einkünfte bei Künstlern und Publizisten im Rahmen der Rentenversicherung zu Grunde zu legen sind, wobei auch an dieser Stelle auf das voraussichtliche Arbeitseinkommen Bezug genommen wird. Bereits diese Regelungen verdeutlichen den Stellenwert des voraussichtlichen Einkommens für das Beitrags- und Leistungsrecht.

Auf diese bewusste Abkehr vom Höchstbeitragsprinzip für Selbstständige im Bereich des KSVG nimmt die qualifizierte Regelung in § 47 Abs. 4 S. 3 SGB V Bezug, so dass ihr eigenständiger Charakter neben der Vorschrift des § 47 Abs. 3 S. 2 SGB V im Hinblick auf die Krankengeldberechnung nach dem Willen des Gesetzgebers Bedeutung hat. Anderenfalls hätte es nahe gelegen, die Künstler und Publizisten denjenigen Versicherten gleichzustellen, die nicht Arbeitnehmer sind und in § 47 Abs. 4 S. 2 SGB V genannt werden.

Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass die Beitragsbemessung bei Künstlern und Publizisten nach den Vorschriften des Gesetzes über die Sozialversicherung der selbstständigen Künstler und Publizisten (KSVG) an die tatsächliche Einkommenssituation anknüpft, auch wenn im Einzelfall die Grundlage der Beitragsbemessung und die tatsächlich erzielten Einkünfte auseinanderfallen können.

Nach § 12 Abs. 1 KSVG haben Versicherte der Künstlersozialkasse bis zum 1. Dezember eines Jahres das voraussichtliche Arbeitseinkommen, das sie aus der Tätigkeit als selbstständige Künstler und Publizisten erzielen, bis zur Höhe der Beitragsbemessungs-grenze in der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten für das folgende Kalenderjahr zu melden. Die Künstlersozialkasse hat die Möglichkeit das Arbeitsein-kommen zu schätzen, wenn der Versicherte trotz Aufforderung die Meldung nicht erstattet oder die Meldung mit den Verhältnissen unvereinbar ist, die dem Versicherten als Grundlage für seine Meldung bekannt waren. Nach § 12 Abs. 1 S. 3 KSVG müssen der Meldung nur dann Unterlagen über das voraussichtliche Arbeitseinkommen beigefügt werden, wenn bereits mehrfach die in § 3 Abs. 1 KSVG genannte Grenze (3.900,00 Euro) unterschritten wurde. In § 12 Abs. 3 KSVG ist geregelt, in welcher Weise eine Änderung der Verhältnisse zu berücksichtigen ist. Seit 1989 sind Änderungen des einmal festgesetzten Beitrags lediglich für die Zukunft möglich, da sich die Beitragsanteile grundsätzlich nach dem voraussichtlichen Jahresarbeitseinkommen richten und Korrekturen für vergangene Zeiträume ausgeschlossen sein sollen (Gesetz zur Änderung des KSVG v. 20.12.1988, BGBl I S. 2606).

Betrachtet man die historische Entwicklung zum Recht der Künstlersozialversicherung, so lässt sich ebenfalls erkennen, dass dem voraussichtlichen Einkommen ein hoher Stellenwert im Bereich des Leistungs- und Beitragsrechts zukommt. So enthielt das zum 01.01.1983 in Kraft getretene Gesetz über die Sozialversicherung der selbständigen Künstler und Publizisten vom 27.08.1981 (BGBl I S. 705) die Regelung, dass das tatsächliche Einkommen für die Beitragsentrichtung in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung maßgeblich sein sollte (§§ 11, 12 KSVG a.F.) und die naturgemäß ungewissen zukünftigen Einkünfte in Form von vorläufigen Meldungen gem. § 17 KSVG a.F. von dem Versicherten zu schätzen waren. Die endgültige Meldung des (tatsächlichen) Arbeitseinkommens musste gem. § 17 Abs. 3 S. 1 KSVG a.F. bis zum 30. April des Folgejahres vorgenommen werden, damit auf dieser Grundlage ebenfalls eine endgültige Beitragsfestsetzung erfolgen konnte. Die bis dahin entrichteten Beiträge waren lediglich als Abschlagszahlungen anzusehen.

Die Beitragsbemessung war auf der Grundlage dieser Bestimmungen langwierig und kompliziert und erwies sich im Laufe der Zeit als nicht praktikabel, mit der Folge, dass die erforderlichen Arbeitsabläufe nicht in einem angemessenen Zeitraum durchgeführt werden konnten (vgl. Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG, Vorwort zur 3. Auflage). Ferner führten diese Regelungen nicht nur zu einer erheblichen Arbeitsbelastung bei der Künstlersozialkasse, sondern den Versicherten wurde die Möglichkeit eröffnet, Geldleistungen zu beziehen, ohne die entsprechenden Beiträge entrichten zu müssen (BR-Drs. 367/88 S. 28). Das 3. Kapitel des Ersten Teils des KSVG wurde daher mit dem Gesetz zur Änderung des Künstlersozialversicherungsgesetz vom 20.12.1988 (BGBl I S. 2606) neu gefasst. Die nachträgliche Beitragskorrektur existiert seitdem nicht mehr, vielmehr ist das voraussichtliche Arbeitseinkommen in den Vordergrund der Beitrags- und Leistungsvorschriften getreten (§ 12 Abs. 1 KSVG in der seit dem 01.01.1989 gültigen Fassung). Gleichzeitig wurde mit Art. 2 Nr. 3 des Änderungsgesetzes der noch heute gültige § 47 Abs. 4 Satz 3 SGB V eingeführt.

Die Gesetzesmaterialien geben allerdings nichts dafür her, dass das vom Gesetzgeber ursprünglich verfolgte Ziel der größtmöglichen Beitragsrichtigkeit aufgegeben werden sollte. Die Konzeption der §§ 11 -13 KSVG verdeutlicht vielmehr den Willen des Gesetzgebers, hier eine möglichst an die Realität herankommende Kongruenz zwischen Beitragsgrundlage und Arbeitseinkommen zu schaffen. Hintergrund der Änderung war nämlich einerseits die Herbeiführung einer praktikableren Beitragsentrichtung und andererseits die Angleichung des Beitragsverfahrens an die allgemeine Sozialver-sicherung. In der Begründung zu dem Gesetzentwurf heißt es hierzu im Übrigen:

"Beitragsbemessungsgrundlage ist das vom Künstler, ggf. von der Künstlersozialkasse geschätzte voraussichtliche Jahresarbeitseinkommen. Korrekturen sind nur noch mit Wirkung für die Zukunft möglich." ( BR-Drs. 367/88 S. 28).

So obliegen dem Versicherten seit dieser Änderung einerseits Auskunfts- und Meldepflichten, die in § 11 KSVG geregelt sind, wobei der Versicherte verpflichtet ist, die jeweils notwendigen Auskünfte zu geben und die erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Die Künstlersozialkasse kann im Gegenzug Angaben zu den Einkünften des Versicherten verlangen (§ 13 KSVG in der ab dem 01.01.1989 gültigen Fassung).

Zu beachten ist ebenfalls, dass die Künstlersozialkasse verpflichtet ist, die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Beitragsanteile durch die Versicherten zu überwachen (§ 35 Abs. 1 S. 1 SGB V). In der zu § 35 Abs. 2 KSVG erlassenen Verordnung über die Überwachung der Entrichtung der Beitragsanteile und der Künstlersozialabgabe nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz -KSVG- Beitragsüberwachungsverordnung- vom 13. Oktober 1994 (BGBl I S. 2972) ist inhaltlich die Verpflichtung der Versicherten konkretisiert, welche Unterlagen im Einzelnen von der Künstlersozialversicherung verlangt werden können. Mit dem Dritten Gesetz zur Änderung des Künstlersozialversicherungs-gesetzes und anderer Gesetze vom 12. Juni 2007 wurde in diesem Zusammenhang auch § 13 KSVG ergänzt. Nach dem seit dem 01.07.2007 geltenden § 13 S. 3 KSVG kann die Künstlersozialkasse für den Nachweis der Angaben zur Höhe des Arbeitseinkommens die Vorlage der erforderlichen Unterlagen, insbesondere von Einkommensteuerbescheiden oder Gewinn- und Verlustrechnungen, verlangen.

Der Umstand, dass der Gesetzgeber nach wie vor an der Überwachung der rechtzeitigen und vollständigen Entrichtung der Beitragsanteile der Versicherten sowie der Künstler-sozialabgabe durch die Regelung des § 35 KSVG festgehalten hat, bestätigt nach Auffassung der Kammmer den im Bereich des KSVG geltenden Grundsatz der Beitragsrichtigkeit. Die hierzu erlassene Beitragsüberwachungsverordnung ergänzt insbesondere die Regelungen der §§ 11 bis 13 KSVG. Notwendig ist eine solche Beitragsüberwachung u.a. auch für die Feststellung, ob der einzelne Versicherte die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht weiterhin erfüllt. Schließlich birgt das Selbstmeldeverfahren bereits insoweit Vorteile für den Versicherten, als dass zumindest bei Aufnahme einer künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit die Versicherungspflicht dann angenommen werden kann, wenn der Antragsteller plausibel vorträgt, in Zukunft oberhalb der Mindestgrenze (3.900,00 Euro - § 3 Abs. 1 KSVG) Einkünfte aus einer künstlerischen oder publizistischen Tätigkeit zu erzielen.

So erfasst § 3 Abs. 2 Nr. 3 der KSVG-Beitragsüberwachungsverordnung die Fälle, dass der Versicherte in drei aufeinander folgenden Jahren eine Meldung nach § 12 Abs. 1 S. 1 oder Abs. 3 KSVG nicht abgegeben hat. Gleichfalls soll eine Prüfung dann erfolgen, wenn der Künstlersozialkasse Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Angaben der Versicherten über ihre künstlerische oder publizistische Tätigkeit ihr voraussichtliches Arbeitsein-kommen oder andere für die Durchführung der Versicherung maßgeblichen Tatsachen unzutreffend sein könnten. Eine solche Überprüfungsverpflichtung macht insbesondere dann Sinn, wenn sich aus der falschen Selbsteinschätzung Konsequenzen ergeben, die mit dem Recht der Sozialversicherung nicht vereinbar sind. Zwar mag der offenkundige Anwendungsfall dieser Vorschriften darin liegen, dass der Versicherte sich niedriger eingeschätzt hat als seine tatsächlichen Einkommensverhältnisse es hergeben, um einer höheren Beitragsbemessung aus dem Weg zu gehen, allerdings ist es für die Kammer ebenso nachvollziehbar, dass der Gesetzgeber den umgekehrten Fall erfassen wollte. Gerade vor dem Hintergrund, dass die Schätzung maßgebend ist für die Berechnung von Leistungen nach dem SGB V und SGB VI, dürfte es gleichfalls im Sinne der Versichertengemeinschaft liegen, eine zu hohe Beitragsentrichtung zu korrigieren und ggf. einen entsprechenden abändernden Bescheid mit Wirkung für die Zukunft zu erteilen.

Versäumnisse, die auf Seiten der Künstlersozialkasse im Rahmen der Durchführung der Beitragsüberwachung entstehen oder in der Vergangenheit entstanden sind, können sich bei konsequenter Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen nicht zu Lasten des Versicherten auswirken. Es hätte zwar im Falle des Klägers möglicherweise nahe gelegen aufgrund seiner finanziellen Schwierigkeiten, ein Prüfverfahren gemäß § 3 Abs. 2 KSVG-Beitragsüberwachungsverordnung einzuleiten, der Umstand, dass die Künstlersozialkasse hiervon allerdings nicht Gebrauch gemacht hat, fingiert die von dem Versicherten vorgenommene Prognose als zutreffend. Hierfür spricht ebenfalls der Umstand, dass der nach dem KSVG Versicherte keine Möglichkeit hat, seine Beiträge rückwirkend zu korrigieren. Eine Änderung in den Einkommens-verhältnissen kann sich gemäß § 12 Abs. 3 KSVG jeweils nur für die Zunkunft auswirken (Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG, 3. Auflage, § 16 Rdnr. 11).

Entgegen der Auffassung der Beklagten spricht die zum 01.07.2007 eingeführte Neuregelung nicht für eine Berechnung des Krankengeldes auf der Grundlage des letzten Einkommensteuerbescheides. Vielmehr bestätigt die Ergänzung des § 13 KSVG den Grundsatz der Beitragsrichtigkeit und gibt der Verwaltungsbehörde weitere Mittel an die Hand, um die Richtigkeit der vom Versicherten gemachten Angaben zu überprüfen. Die Intention der im Zusammenhang mit § 47 Abs. 4 S. 3 SGB V stehenden Regelungen zeigt damit, dass die Prognose des Versicherten grundsätzlich dem entsprechen soll, was er tatsächlich in der Vergangenheit an Einkünften erzielt hat. Insoweit vermag die Kammer auch keinen Widerspruch zu der sich aus § 47 Abs. 1 und 2 SGB V ergebenden Entgeltersatzfunktion des Krankengeldes zu erkennen.

Auch wenn in Einzelfällen - wie es bei dem Kläger offensichtlich der Fall war - das der Künstlersozialkasse vorgegebene Prüfsystem nicht in ausreichendem Maße ansetzen konnte, um dem Grundsatz der Beitragsrichtigkeit zu genügen, lässt sich mit diesem Argument nicht die Regelung des § 47 Abs. 4 S. 3 SGB V ausblenden. Einerseits steht der Beklagten als der zuständigen Krankenkasse kein eigenständiges Prüfungsrecht bezüglich der Beitragsbemessung zu, so dass sie an die möglicherweise auch falsche - da unüberprüfte - Schätzung, die der Versicherte gegenüber der KSK abgegeben hat, gebunden ist und andererseits würde die Nichanwendung des § 47 Abs. 4 S. 3 SGB V zwangsläufig dazu führen, bestimmte Versicherte, bei denen die Schätzung nicht mit dem tatsächlichen Einkommen korreliert, einem Personenkreis zuzuordnen, von dem der Gesetzgeber sie bewusst abgegrenzt hat. Schließlich ist zu bedenken, dass die Einführung der Versicherungspflicht für Künstler und Publizisten dem Schutzbedürfnis dieses Personenkreises entsprach und es nachgewiesenermaßen nicht als ausreichend angesehen wurde, dieser Gruppe der hauptberuflich selbstständig Erwerbstätigen die Möglichkeit der freiwilligen Versicherung in der Renten- und Krankenversicherung einzuräumen. Vielmehr war es Ziel des KSVG, eine Gleichstellung mit den abhängig Beschäftigten, also den Arbeitnehmern zu erzielen (Finke/Brachmann/Nordhausen, KSVG, 3. Aufl. Einf. Rdnr. 18). Auch wenn in der Begründung auf die Verfahrensvorschriften, die zwischen Selbstständigen und Versicherungsträgern gelten, Bezug genommen wurde, so sollten diese lediglich mit bestimmten Besonderheiten Anwendung finden. Dazu gehörte insbesondere, dass nach Schluss des Kalenderjahres aufgrund einer endgültigen Einkommensmeldung die Beitragsberechnung abgerechnet werden sollte (§ 17 Abs. 3 a.F.). Nach Auffassung der Kammer würde der hierdurch ursprünglich zum Ausdruck gekommene Gesichtspunkt der Beitragsrichtigkeit in den Hintergrund geraten, wenn diejenigen selbstständigen Künstler und Publizisten, bei denen das geschätzte Arbeitseinkommen über den tatsächlichen Einkünften liegt, automatisch dem Personenkreis der freiwillig Versicherten zugeordnet werden, bei denen eine vollständige Überprüfung der Einkommensverhältnisse in der Zeit vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit erforderlich ist. Ein Wertungswiderspruch zu den Entscheidungen des BSG vom 07.12.2004 und vom 30.03.2004 (Az. B 1 KR 17/04 R und B 1 KR 31/02 R, www.bundessozialgericht.de) besteht daher nicht. Zu bedenken ist darüber hinaus ebenfalls, dass auch bei Selbstständigen die Krankengeldberechnung nur dann nicht nach dem der Beitragsbemessung zu Grunde gelegten Einkommen erfolgt, wenn eine erkennbare Abweichung vorliegt. Nur in diesem Fall kann die Vermutung widerlegt sein, dass die Beitragsbemessung die Einkommensverhältnisse zutreffend widerspiegelt (BSG, Urteil vom 14.12.2006, B 1 KR 11/06 R, www.bundesozialgericht.de).

Die Kammer weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass § 47 Abs. 4 SGB V den Versicherungsträgern eine praktikable Verfahrensweise für die möglichst schnelle und unkomplizierte Berechnung und Auszahlung des Krankengeldes vorgibt. Die exakte Bestimmung des vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit erzielten Arbeitseinkommens würde gerade auch im Fall des Klägers, der einen aktuelleren Steuerbescheid als den für das Kalenderjahr 2003 nicht vorweisen kann, einen unangemessenen Verwaltungsaufwand verursachen, was allein aus zeitlichen Gründen nicht mit der Entgeltersatzfunktion des Krankengeldes in Einklang zu bringen wäre.

Im Übrigen geht die Kammer davon aus, dass Fälle wie die des Klägers nicht in übermäßiger Anzahl auftreten. Eher dürfte davon auszugehen sein, dass die nach dem KSVG Versicherten ihre Einkommensverhältnisse eher niedriger einschätzen als dies tatsächlich der Fall ist. Einzelfälle wie die des Klägers sind hinzunehmen und von der in der Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen enthaltenen Pauschalierung gedeckt.

Der Klage war daher stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Sprungrevision war gemäß § 161 SGG zuzulassen, da der Frage, welches Regelentgelt bei selbstständigen Künstlern und Publizisten zu Grunde zu legen ist, grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Rechtskraft
Aus
Saved