L 5 KR 20/07

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 3 (5) KR 47/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 5 KR 20/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 KR 9/08 R
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
Rev. zurückgewiesen.
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 10. Januar 2007 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Kostenerstattung einer Maßnahme zur Herbeiführung einer Schwangerschaft mittels intracytoplasmatischer Spermainjektion (ICSI).

Die 1973 geborene Klägerin zu 1) und der 1972 geborene Kläger zu 2) sind mit einander verheiratet und bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Bei dem Kläger zu 2) besteht eine subtotale Azoospermie.

Nachdem die Beklagte bereits zweimal die Kosten für künstliche Befruchtungen mittels ICSI übernommen hatte, beantragten die Kläger im Oktober 2003 die Kostenübernahme für eine weitere künstliche Befruchtung mittels ICSI durch Prof. Dr.A, Direktor des Institutes für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie in C (Österreich), da die dortigen Erfolgschancen deutlich höher seien als in Deutschland. Mit Bescheid vom 08.09.2004 übernahm die Beklagte, die den Antrag zunächst abgelehnt hatte, auf den Widerspruch der Kläger nach Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) die Kosten der im Dezember 2003 in Österreich durchgeführten Maßnahme, die wiederum zu keiner Schwangerschaft geführt hatte.

Im Dezember 2005 beantragten die Kläger die Kostenübernahme für eine weitere künstliche Befruchtung mit Spermainjektion. Sie gaben an, aufgrund einer von ihnen selbst finanzierten vierten ICSI-Maßnahme sei es bei der Klägerin zu einer Eileiterschwangerschaft gekommen, so dass nunmehr wieder ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für erneute ICSI-Behandlungen bestehe. Mit Bescheid vom 09.01.2006 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da keine hinreichende Aussicht bestehe, durch die Maßnahme eine Schwangerschaft herbeizuführen. Bei der Klägerin zu 1) seien nämlich bereits dreimal Maßnahmen ohne Erfolg durchgeführt worden. Eine Eileiterschwangerschaft führe lediglich dazu, dass diese nicht auf die Höchstzahl angerechnet werde, führe aber nicht zu einem Anspruch auf weitere Behandlungen.

Die Kläger legten hiergegen Widerspruch ein und trugen vor, nach der Eileiterschwangerschaft bestehe ein Anspruch auf drei weitere Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung. Mit Widerspruchsbescheid vom 08.03.2006 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück, da im Hinblick auf die dreimal ohne Erfolg durchgeführten Maßnahmen keine hinreichende Erfolgsaussicht bestehe.

Im April 2005 beantragten die Kläger unter Vorlage eines Behandlungsplans der Deutschen Klinik in Bad N erneut die Gewährung einer Maßnahme zur künstlichen Befruchtung. Mit Bescheid vom 02.05.2006 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme einer ICSI-Behandlung ab. Die in der Folgezeit in der Deutschen Klinik Bad N durchgeführte ICSI-Maßnahme, für die die Kläger Kosten in Höhe von 4.098,83 Euro aufwandten, führte 2007 zur Geburt eines Sohnes.

Am 21.03.2006 haben die Kläger Klage bei dem Sozialgericht (SG) Detmold erhoben.
Sie haben vorgetragen, die bei der vierten ICSI-Maßnahme eingetretene Eileiterschwangerschaft sei der Geburt eines Kindes gleichzusetzen und begründe deshalb einen Anspruch auf drei weitere ICSI-Behandlungen. Zumindest sei die mangelnde Erfolgsaussicht durch die eingetretene Eileiterschwangerschaft widerlegt. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass die dritte Maßnahme in Österreich und nicht in Deutschland durch zertifizierte Ärzte erfolgt sei.

Die Kläger haben beantragt,

1.
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 09.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.03.2006 sowie des Bescheides vom 02.05.2006 zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 2.048,92 Euro nebst 4 % Zinsen hierauf seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2.
festzustellen, dass die Beklagte gegenüber den Klägern als Gesamtschuldner verpflichtet ist, Kosten für drei weitere ICSI-Behandlungsversuche zu 50 % zu tragen, soweit die weiteren Voraussetzungen nach § 27a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch vorliegen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, auch nach der Geburt bestehe kein Anspruch auf weitere Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung, da schon drei vergebliche Versuche durchgeführt worden seien. Die in Österreich erfolgte Behandlung könne nicht außer Betracht bleiben, denn sie sei von den Klägern ausdrücklich gewünscht worden und die Voraussetzungen gemäß § 121a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) seien ebenfalls erfüllt. Auch nach der Geburt bestehe kein Anspruch auf Kostenübernahme einer erneuten ICSI-Behandlung.

Durch Urteil vom 10.01.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klage sei unter klägerfreundlicher Auslegung des § 55 Sozialgerichtsgesetz (SGG) insgesamt zulässig, jedoch unbegründet. Es bestehe weder ein Anspruch auf Kostenerstattung für die fünfte ICSI-Behandlung noch sei die Beklagte verpflichtet, die Kosten für drei weitere ICSI-Behandlungen nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu tragen. Die Beklagte habe vorliegend die Kosten der drei ersten ICSI-Behandlungen übernommen, die unstreitig alle nicht zum Eintritt einer Schwangerschaft geführt hätten. Ein Anspruch auf weitere Behandlungsversuche scheide aus, da insoweit unter Berücksichtigung der gesetzlichen Regelungen keine hinreichende Erfolgsaussicht bestehe.

Gegen das ihnen am 23.01.2007 zugestellte Urteil haben die Kläger am 25.01.2007 Berufung eingelegt. Sie wiederholen ihr erstinstanzliches Vorbringen und verweisen vor allem darauf, dass die Behandlung in Österreich im Jahre 2003 bei der Anzahl der vorläufigen Versuche nicht zu berücksichtigen sei. Im Übrigen müsse im Hinblick auf die eingetretene Eileiterschwangerschaft die hinreichende Erfolgsaussicht der Maßnahme bejaht werden.

Nachdem die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) die Feststellungsklage zurückgenommen haben, beantragen, sie,

das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 10.01.2007 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 09.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.03.2006 sowie des Bescheides vom 02.05.2006 zu verurteilen, ihnen 2.048,92 Euro nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Die Kläger haben keinen Anspruch auf hälftige Kostenerstattung für die im April/Mai 2006 durchgeführte künstliche Befruchtung.

Rechtsgrundlage für die Erstattung der Kosten der im Jahr 2006 durchgeführten künstlichen Befruchtung mittels ICSI ist allein § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V. Die Norm bestimmt: Hat die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Beklagte hat die beantragte Leistung nicht zu Unrecht abgelehnt.

Der Kostenerstattungsanspruch gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 2 SGB V reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch. Er setzt voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl. BSG SozR 3‑2500 § 13 Nr. 11; BSG SozR 4‑2500 § 27 Nr. 8, BSG Urteil vom 27.03.2007 ‑ B 1 KR 25/06 R ‑ m.w.N.). Daran fehlt es hier. Die begehrte künstliche Befruchtung könnten die Kläger nicht als Dienst- oder Sachleistung beanspruchen.

Der Sachleistungsanspruch der künstlichen Befruchtung beurteilt sich, da die hier streitige ICSI-Behandlung im Jahre 2006 erfolgte, nach § 27a Abs. 1 SGB V in der ab dem 01.01.2004 aufgrund des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003 geltenden Fassung. Danach umfassen die Leistungen der Krankenbehandlung auch medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft, wenn die Voraussetzungen der Ziff. 1 bis 5 der Vorschrift vorliegen. Nach Nr. 2 der Vorschrift, über deren Vorliegen die Beteiligten allein streiten, ist Voraussetzung für die Behandlung, dass nach ärztlicher Feststellung hinreichende Aussicht besteht, dass durch
die Maßnahmen eine Schwangerschaft herbeigeführt wird; eine hinreichende Aussicht besteht nicht mehr, wenn die Maßnahme dreimal ohne Erfolg durchgeführt worden ist. Demgegenüber waren nach § 27a Abs. 1 Nr. 2 SGB V in der bis zum 31.12.2003 geltenden Fassung auch Maßnahmen erfasst, wenn nach ärztlicher Feststellung hinreichende Aussicht bestand, dass durch die Maßnahmen eine Schwangerschaft herbeigeführt wird; eine hinreichende Aussicht bestand in der Regel nicht mehr, wenn die Maßnahme viermal ohne Erfolg durchgeführt worden war.

Mit der zum 01. Januar 2004 eingetretenen Rechtsänderung wurde entsprechend dem Wortlaut die bis dahin bestehende Möglichkeit, trotz viermaligen vergeblichen Versuchs der Herbeiführung einer Schwangerschaft durch Insemination nach Stimulationsverfahren ausnahmsweise eine oder mehrere weitere Möglichkeiten durchzuführen, beseitigt. Nach der Neufassung wird nunmehr unwiderlegbar vermutet, dass nach drei vergeblichen Versuchen der bezeichneten Maßnahme keine hinreichende Aussicht auf Herbeiführung einer Schwangerschaft besteht (vgl. LSG Berlin‑Brandenburg Urteil vom 31.01.2006 ‑ L 24 KR 43/05 ‑; Kasseler Kommentar-Höfler, § 27a SGB V Rdn. 15; Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 27a SGB V Rdn. 84 ff; Hauck/Noftz-Gerlach, Sozialgesetz-buch ‑ Kommentar ‑ § 27a SGB V Rdn. 15). Dies entspricht auch dem Zweck der Neu- regelung, der darauf gerichtet ist, die Anspruchsvoraussetzungen zu verschärfen und die Ausgaben für die künstliche Befruchtung auf die Fälle medizinischer Notwendigkeit zu begrenzen, die der Gesetzgeber wegen fehlender hinreichender Erfolgsaussicht bereits nach drei vergeblichen Versuchen als nicht mehr gegeben ansieht (vgl. Fraktionsentwurf BT-Drucks. 15/1525 S. 83; Kasseler-Kommentar, a.a.O.; Peters a.a.O.). Dementsprechend bestimmen auch die im Hinblick auf § 27a Abs. 4 SGB V erlassenen Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über ärztliche Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung ("Richtlinien über künstliche Befruchtung") in der hier maßgeblichen ab dem 15.02.2006 geltenden Fassung (veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 31 S. 922 vom 14. Februar 2006) unter Nr. 8, dass eine hinreichende Erfolgsaussicht für die jeweiligen Behandlungsmaßnahmen dann nicht besteht, wenn sie bei einer ICSI bis zu dreimal vollständig durchgeführt wurden, ohne dass eine klinisch nachgewiesene Schwangerschaft eingetreten ist. Sofern eine klinisch nachgewiesene Schwangerschaft eingetreten ist, ohne dass es nachfolgend zur Geburt eines Kindes gekommen ist, wird dieser Behandlungsversuch nicht auf die vorstehende Anzahl angerechnet.

Ein Anspruch auf künstliche Befruchtung mittels ICSI kommt also nach der gesetzlichen Regelung nicht in Betracht, wenn diese Maßnahme bereits dreimal ohne Erfolg durchgeführt worden ist. Dabei besteht ‑ wie sich aus § 27a Abs. 1 Nr. 2 SGB V ergibt ‑, nicht ein einmaliger Anspruch auf mehrere Behandlungszyklen, sondern vielmehr ein wiederholter Anspruch auf jeweils einen Behandlungszyklus. Darauf deutet bereits der Eingangssatz des § 27a Abs. 1 SGB V bei systematischer Auslegung hin. "Medizinische Maßnahmen" bezeichnen nicht die einzelnen medizinischen Vorgänge, die zur Herbei-führung einer Schwangerschaft erforderlich sind, sondern mehrere aus solchen Einzel-vorgängen zusammengefasste Gesamtvorgänge bezogen auf jeweils einen Behandlungszyklus. Dies folgt auch aus dem Zweck des § 27a Abs. 1 SGB V. Ausgehend vom natürlichen Zeugungsakt, der eine Schwangerschaft herbeiführt und den die künstliche Befruchtung ersetzen soll, hat der Begriff der künstlichen Befruchtung nur Maßnahmen im Blick, die dem einzelnen Zeugungsakt entsprechen und unmittelbar der Befruchtung dienen. Maßnahme in diesem Sinne ist somit die Substitution des singulären Zeugungsaktes. Sie beschränkt sich in der zeitlichen Dimension auf den einzelnen (substituierten) Akt. Mit dem Maßnahmebegriff wird zeitlich nicht mehr als der zyklusbezogene extra-korporale Befruchtungsvorgang samt Eizellenübertragung umschrieben (vgl. BSG SozR 3‑2500 § 27a Nr. 1; BSG SozR 4‑2500 § 27a Nr. 1).

Unter Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze wurden bei den Klägern bereits drei ICSI‑Maßnahmen ohne Erfolg durchgeführt. In diesem Zusammenhang ist, wie das SG zutreffend dargelegt hat, auch die in Österreich im Dezember 2003 erfolglos durchgeführte ICSI-Behandlung zu berücksichtigen. Diese Behandlung durch Prof. Dr.A wurde von den Klägern unter Hinweis auf die dortigen höheren Erfolgsaussichten ausdrücklich begehrt. Nach Beschaffung dieser Leistung durch die Kläger ist die Beklagte nach Befragung von Prof. Dr.A zum angewandten Verfahren und nach Einschaltung des MDK zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass die gesetzlichen Vorgaben zur künstlichen Befruchtung gemäß § 27a SGB V erfüllt werden.
Soweit die Kläger vortragen, § 27a SGB V in der im Dezember 2003 geltenden Fassung habe hinsichtlich der ärztlichen Unterrichtung und Überweisung an einen Arzt oder eine Einrichtung andere ‑ nämlich geringere ‑ Anforderungen gestellt als die zum 01.01.2004 in Kraft getretene Fassung, ist dies nicht zutreffend. Vielmehr ist § 27 Abs. 1 Nr. 5 SGB V durch das Gesetz vom 14.11.2003 mit Wirkung vom 01.01.2004 gerade nicht verändert worden. Auch die übrigen Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 27 Abs. 1 SGB V ‑ außer der bereits genannten Änderung in § 27 Abs. 1 Nr. 2 2. Halbsatz SGB V ‑ sind durch die Neuregelung unverändert geblieben, so dass auch vor 2003 durchgeführte ICSI-Behandlungen im Rahmen des § 27a Abs. 1 Nr. 2 2. Halbsatz SGB V zu berücksichtigen sind. Die klägerische Darlegung, die Beklagte verhalte sich entsprechend der Rosinentheorie, trifft nicht auf die Beklagte, sondern vielmehr eher auf die Kläger selbst zu. Denn letztere haben sich zunächst für die Behandlung in Österreich entschieden und die entsprechende Kostenerstattung unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EuGH (Rechtssache C‑120/95 "Decker"; C‑158/96 "Kohll"; C‑157/99 "Smits") zutreffend nachdrücklich verfolgt, vertreten aber nunmehr die Ansicht, diese Maßnahme könne nicht berücksichtigt werden, da eine Maßnahme in Österreich nicht habe erfolgen dürfen. Dies widerspricht aber gerade der bislang von den Klägern selbst vertretenen zutreffenden Rechtsauffassung.
Im Übrigen hat die Beklagte durch Bescheid vom 08.09.2004 dem Begehren der Kläger entsprochen und die Kosten der im Dezember 2003 durchgeführten Maßnahme übernommen, so dass schon wegen der Bestandskraft dieses Bescheides die zugrunde-liegende Maßnahme nicht außer acht gelassen werden kann.

Auch der Umstand, dass die vierte ICSI-Behandlung zu einer Eileiterschwangerschaft geführt hat, rechtfertigt keinen Anspruch der Kläger auf weitere ICSI-Maßnahmen. Dabei kann letztlich offen bleiben, ob ‑ was zwischen den Beteiligten umstritten ist ‑ die Eileiterschwangerschaft eine klinisch nachgewiesene Schwangerschaft i.S.d. Richtlinien ist (verneinend Bay. LSG, Urteil vom 09.05.2006 ‑ L 5 KR 11/05 ‑). Selbst wenn Letzteres bejaht würde, führte dies zu keinem weiteren Anspruch der Kläger auf Maßnahmen mittels ICSI. Denn der Eintritt einer klinisch nachgewiesenen Schwangerschaft hat lediglich zur Folge, dass dieser Behandlungsversuch nicht auf die Anzahl der erfolglosen Behandlun-gen angerechnet wird, so dass dieser Regelung nur Bedeutung zukommen kann, solange noch keine drei erfolglosen Versuche vorgenommen wurden. Eine weitergehende anspruchsbegründende Bedeutung kommt der Eileiterschwangerschaft jedoch nicht zu.

Auch der Hinweis der Kläger, die Zahl der Schwangerschaften aufgrund von Maßnahmen nach § 27a Abs. 1 SGB V unterliege keiner Beschränkung, führt zu keiner anderen Beurteilung. Zwar hat das BSG durch Urteil vom 03.04.2001 ‑ B 1 KR 40/00 R ‑ (SozR 3‑2500 § 27a Nr. 3) entschieden, dass die erfolgreiche Durchführung der künstlichen Befruchtung beim ersten Kind die erneute Gewährung entsprechender Maßnahmen zur Herbeiführung einer weiteren Schwangerschaft nicht ausschließt. Eine vergleichbare Situation liegt hier jedoch gerade nicht vor. Bei den Klägern hat gerade nicht, wie in dem der BSG-Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt, der erste Behandlungsversuch zu einer Schwangerschaft bzw. einer Geburt geführt. Die Kläger übersehen, dass Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung stets nur im Rahmen der gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 27a Abs. 1 SGB V gewährt werden können. Liegen ‑ wie hier ‑ bereits drei erfolglose Behandlungsmaßnahmen mittels ICSI vor, scheidet ein weiterer Anspruch aufgrund der gesetzlichen Regelung ausnahmslos aus.
Die klägerische Auffassung, nach einer Schwangerschaft bzw. Geburt bestehe wiederum ein Anspruch auf drei (erfolglose) Behandlungsmaßnahmen, wird von der gesetzlichen Regelung nicht gedeckt. Denn ‑ wie oben bereits dargelegt ‑ besteht zum einen nicht ein Anspruch auf mehrere Behandlungszyklen, sondern stets jeweils zunächst nur auf einen Behandlungszyklus. Zum zweiten ist die bis zum 31.12.2003 bestehende Möglichkeit, in begründeten Ausnahmefällen über die normierte Anzahl hinaus eine weitere Maßnahme durchzuführen, durch die ab dem 01.01.2004 geltende Regelung entfallen. Wurde eine Maßnahme ‑ wie hier ‑ dreimal ohne Erfolg durchgeführt, so scheidet ein Anspruch auf weitere Maßnahmen aus.

Schließlich verletzt die ab dem 01.01.2004 geltende gesetzliche Regelung die Kläger auch nicht in ihren Grundrechten. Denn diese Regelung verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz ‑ GG ‑) und ist auch sonst verfassungsgemäß.
Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleichzubehandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten anders als eine andere behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und von solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen (BVerfG SozR 4‑3800 § 1 Nr. 7). § 27a SGB V gewährt allen Versicherten im Falle einer Fertilitätsstörung die von den Klägern geltend gemachte Maßnahme in gleicher Weise und in gleichem Umfang. Wenn das Gesetz hierbei nicht zwischen bestimmten Fertilitätsstörungen unterscheidet oder besonders schwerwiegende Fertilitätsstörungen nicht anders behandelt, liegt darin noch kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Dabei ist zu berücksichtigen, dass § 27a SGB V keinen Kernbereich der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung regelt, sondern einen eigenständigen Versicherungsfall begründet, vor dem Maßnahmen der Krankenbehandlung Vorrang haben. Der Anspruch auf Maßnahmen der künstlichen Befruchtung knüpft, wie sich aus Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergibt, nicht an den regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand der versicherten Ehegatten, sondern an die Unfruchtbarkeit des Ehepaares an. Vorausgesetzt wird allein, dass die vorgesehenen Maßnahmen zur Herbeiführung der gewünschten Schwangerschaft erforderlich und nach ärztlicher Einschätzung erfolgversprechend sind. Betroffen ist ein Grenzbereich zwischen Krankheit und solchen körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen eines Menschen, deren Beseitigung oder Besserung durch Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung nicht von vornherein veranlasst ist. Hier hat der Gesetzgeber grundsätzlich die Freiheit, selbst die Voraussetzungen der Gewährung dieser Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung näher zu bestimmen (vgl. BVerfGE 115, 25, 45 ff.; BSG, Urteil vom 24.05.2007 ‑ B 1 KR 10/06 R ‑). Auch bei der Ausgestaltung der Ansprüche aus der gesetzlichen Krankenversicherung darf der Gesetzgeber Sachverhalte typisieren oder pauschalieren. Dies gilt auch, wenn er die Grenzen von Ansprüchen neu gestaltet (BVerfG SozR 3‑2500 § 48 Nr. 7), erst recht aber dann, wenn ‑ wie hier ‑ gerade kein Kernbereich der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung betroffen ist (vgl. BSG, Urteil vom 24.05.2007 a.a.O.).

Auch andere Grundrechte der Kläger sind nicht verletzt. Art. 6 Abs. 1 GG ist nicht berührt, weil ihm ‑ auch in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip ‑ keine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Gesetzgebers entnommen werden kann, die Entstehung einer Familie durch medizinische Maßnahmen der künstlichen Befruchtung mit den Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung zu fördern. Eine derartige Förderung liegt vielmehr in seinem Ermessen (vgl. BVerfG NJW 2007, 1343; BSG, Urteil vom 24.05.2007 a.a.O.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wird gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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