S 56 AS 796/08 ER

Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
56
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 56 AS 796/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Änderungsbescheid vom 12.3.2008 wird insoweit angeordnet, wie mit diesem Bescheid die gewährten Leistungen für Dezember 2007 auf einen niedrigeren Betrag als 835,67 EUR und für Januar – Mai 2008 auf einen niedrigeren Betrag als 840,67 EUR abgesenkt werden. 2. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Entscheidung der Antragsgegnerin, einen Teil der monatlichen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts direkt an die Vermieterin der Antragsteller zu zahlen, wird angeordnet, soweit die Direktzahlung einen Betrag von 512,67 EUR übersteigt. 3. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt. 4. Die Antragsgegnerin trägt 2/3 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller.

Gründe:

I.

Mit ihrem Antrag wenden sich die Antragsteller gegen die Kürzung der ihnen gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).

Die Antragsteller leben in einer Wohnung, für die sie seit 1.1.2008 insgesamt 706,15 EUR Mietkosten haben (381,36 EUR Grundmiete, 189,31 EUR Betriebskosten, 135,48 EUR Heizkosten). Bis zum 31.12.2007 betrug die Gesamtmiete 699,48 EUR (Grundmiete 374,69 EUR). Mit Bescheid vom 27.2.2008 waren den Antragstellern Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1.12.2007 – 31.5.2008 bewilligt worden. Für den Monat Dezember 2007 waren Leistungen iHv 984,67 EUR bewilligt worden unter Zugrundlegung folgender Berechnung:

347,00 Regelleistung Antragstellerin zu 1) 416,00 Sozialgeld Antragsteller zu 2) und 3) 125,00 Mehrbedarf für Alleinerziehende 658,67 Kosten für Unterkunft und Heizung - 562,00 Einkommen in Form von Kindergeld und Unterhalt 984,67

Für die Zeit ab 1.1.2008 wurden monatlich 991,34 EUR bewilligt, die sich wie folgt zusammensetzten:

347,00 Regelleistung Antragstellerin zu 1) 416,00 Sozialgeld Antragsteller zu 2) und 3) 125,00 Mehrbedarf für Alleinerziehende 665,34 Kosten für Unterkunft und Heizung - 562,00 Einkommen in Form von Kindergeld und Unterhalt 991,34

Am 27.2.2008 erfuhr die Antragsgegnerin von der Vermieterin der Antragsteller, dass in der Wohnung seit 1.9.2006 ein Untermieter, Herr B. wohne. Bei einem Hausbesuch am 5.3.2008 wurde festgestellt, dass es sich um den Lebenspartner der Antragstellerin zu 1) und den Vater des Antragstellers zu 3) handelte. Herr B. ist serbischer Staatsangehöriger und verfügt über eine Duldung.

Am 10.3.2008 erließ die Antragsgegnerin einen Änderungsbescheid, mit dem den Antragstellern für den Zeitraum 1.12.2007 – 31.5.2008 niedrigere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bewilligt wurden. Für den Monat Dezember 2007 wurden noch 787,00 EUR bewilligt:

312,00 Regelleistung Antragstellerin zu 1) 416,00 Sozialgeld Antragsteller zu 2) und 3) 494,00 Kosten für Unterkunft und Heizung - 435,00 Einkommen in Form von Kindergeld und Unterhalt 787,00

Für die Zeit ab 1.1.2008 wurden nun nur noch 792,00 EUR bewilligt unter Zugrundelegung folgender Berechnung:

312,00 Regelleistung Antragstellerin zu 1) 416,00 Sozialgeld Antragsteller zu 2) und 3) 499,00 Kosten für Unterkunft und Heizung - 435,00 Einkommen in Form von Kindergeld und Unterhalt 792,00

Für den Monat April 2008 zahlte die Antragsgegnerin die gesamten Mietkosten in Höhe von 706,15 EUR direkt an die Vermieterin der Antragsteller. Lediglich ein Betrag von 65,85 EUR wurde an die Antragsteller ausgezahlt.

Mit ihrem Antrag vom 1.4.2008 wenden sich die Antragsteller gegen die durch den Bescheid vom 10.3.2008 herbeigeführte Leistungskürzung. Sie wenden sich außerdem dagegen, dass ihnen nur ein Betrag von 65,85 EUR ausgezahlt wird.

II.

1. Soweit die Antragsteller sich gegen die Kürzung der Leistungen durch den Änderungsbescheid vom 10.3.2008 wenden, sieht die Kammer den beim Sozialgericht gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zugleich als Widerspruch gegen den Änderungsbescheid an. Ferner legt die Kammer den Antrag gemäß § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) dahingehend aus, dass die Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieses Widerspruches begehren. Wird die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs angeordnet, so bleibt die Regelung des ursprünglichen Bewilligungsbescheids vom 27.2.2008 mit den dort gewährten höheren Leistungen bestehen.

Der nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG zulässige Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs hat teilweise Erfolg.

Nach § 86 b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung hat, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Der Änderungsbescheid ist ein Verwaltungsakt, mit dem über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende entschieden wird. Folglich kommt dem gegen ihn gerichteten Widerspruch nach § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung zu.

Der Antrag ist begründet, weil das Interesse der Antragsteller an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs das öffentliche Interesse an alsbaldiger Vollziehung überwiegt. Bei der Interessenabwägung kommt es insbesondere darauf an, welche Erfolgsaussichten dem Widerspruch in der Hauptsache aufgrund einer vorläufigen Prüfung der Rechtslage und summarischen Prüfung der Tatsachenlage beizumessen sind. Die Kammer hat erhebliche Zweifel daran, dass der Änderungsbescheid vom 12.3.2008 in vollem Umfang rechtmäßig ist; der Widerspruch und eine gegebenenfalls zu erhebende Anfechtungsklage haben nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens daher Aussicht auf jedenfalls teilweisen Erfolg.

Der Änderungsbescheid stellt eine teilweise Aufhebung des ursprünglichen Bewilligungsbescheids vom 27.2.2008 dar, indem für den gleichen Zeitraum nunmehr niedrigere Leistungen gewährt werden. Rechtsgrundlage für die Aufhebung des Bescheids vom 27.2.2008 kann nur § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II iVm § 330 Abs. 2 des Dritten Buchs Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung (SGB III) und § 45 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) sein. § 48 SGB X findet keine Anwendung, da nicht erkennbar ist, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse geändert haben. Herr B. lebt schon seit September 2006 mit den Antragstellern zusammen.

Nach § 45 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt unter bestimmten Voraussetzungen zurückgenommen werden. Die Rücknahme darf jedoch nur erfolgen, soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig ist. Vorliegend war der Bewilligungsbescheid vom 27.2.2008 teilweise rechtswidrig.

a) Rechtswidrig war die ursprüngliche Leistungsbewilligung zunächst insofern, als der Antragstellerin zu 1) ein Mehrbedarf für Alleinerziehende bewilligt wurde. Ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 3 SGB II wird Personen gewährt, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammen leben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen. Die Antragstellerin zu 1) lebt zwar mit zwei minderjährigen Kindern (den Antragstellern zu 2) und 3)) zusammen, es ist jedoch nicht erkennbar, dass sie allein für deren Pflege und Erziehung sorgt. Die Antragsteller leben in einem gemeinsamen Haushalt mit Herrn B., der zugleich der Vater des Antragstellers zu 3) ist. Ein Hausbesuch der Antragsgegnerin hat ergeben, dass die Räumlichkeiten gemeinsam genutzt werden und die Antragstellerin zu 1) in eheähnlicher Gemeinschaft mit Herrn B. lebt. Die Antragstellerin zu 1) hat dies auch nicht bestritten. Bei dieser Sachlage ist davon auszugehen, dass sich Herr B. an der Pflege und Erziehung der im Haushalt lebenden Antragsteller zu 2) und 3) beteiligt, diese also nicht allein der Antragstellerin zu 1) überlassen ist.

b) Auch hinsichtlich der Höhe der berücksichtigten Kosten der Unterkunft war die ursprüngliche Bewilligung rechtswidrig. Es wurde nämlich nicht berücksichtigt, dass Herr B. mit im Haushalt lebt. Leben mehrere Personen in einem Haushalt, so sind die entstehenden Kosten für die Unterkunft grundsätzlich nach Kopfteilen auf diese aufzuteilen (vgl. Berlit, in: LPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 22 Rn. 24 mwN). Folglich sind bei den Antragstellern lediglich ¾ der Unterkunftskosten zu berücksichtigen, ¼ entfällt auf Herrn B ... Zu Recht hat die Antragsgegnerin einen Anspruch des Herrn B. auf Leistungen nach dem SGB II verneint und ihm deshalb auch keine Unterkunftskosten zugesprochen. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II erhalten Personen, die nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) leistungsberechtigt sind, keine Leistungen nach dem SGB II. Herr B. ist leistungsberechtigt nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG, da er nach seinen eigenen Angaben und den vorliegenden Unterlagen lediglich über eine Duldung verfügt. Von dem Grundsatz der kopfteiligen Verteilung der Unterkunftskosten kann in Ausnahmefällen abgewichen werden, insbesondere dann, wenn ein Wohnungsnutzer den auf ihn entfallenden Unterkunftskostenanteil nicht aufbringen kann (Berlit, in: LPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 22 Rn. 24). Eine solche Ausnahme liegt hier aber nicht vor. Herr B. hat einen Anspruch auf Leistungen nach dem AsylbLG. Diese umfassen bei einer Unterbringung außerhalb von Aufnahmeeinrichtungen auch die notwendigen Kosten für Unterkunft und Heizung. Die Antragstellerin zu 1) hat auf die Anfrage des Gerichts, ob Herr B. Leistungen nach dem AsylbLG erhält oder beantragt hat, nicht reagiert. Nach derzeitigem Erkenntnisstand kann daher nur davon ausgegangen werden, dass er in der Lage ist bzw. wäre, seinen Anteil an den Kosten für die gemeinsame Wohnung aus den ihm zustehenden Leistungen nach dem AsylbLG zu erbringen.

Allerdings hat die Antragsgegnerin die Unterkunftskosten nicht richtig berechnet. Keinen Bedenken begegnet, dass sie einen Abschlag von 1/6 der Heizkosten als Kosten für die Warmwasserzubereitung angenommen hat, da die Warmwasserkosten aus dem Regelsatz zu zahlen sind und deshalb nicht zu den Kosten der Heizung zu zählen sind. Zu Unrecht hat sie jedoch Betriebskostenvorauszahlungen nur in Höhe von monatlich 124,08 EUR zuzüglich einer Wasserpauschale in Höhe von 47,- EUR anerkannt. Die Antragsteller müssen tatsächlich eine Vorauszahlung für Betriebskosten (inklusive der Kosten für die Wasserversorgung) von 189,31 EUR leisten. Die Antragsgegnerin hat erklärt, bei dem Abzug handele es sich um die Kosten, die monatlich auf die Versorgung mit Wasser entfallen. Diese seien nicht in tatsächlicher Höhe sondern lediglich als Pauschale zu übernehmen. Dem vermag sich die Kammer nicht anzuschließen. Die Pauschalierung der Wasserkosten basiert auf den fachlichen Vorgaben der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz zu § 22 SGB II – Pauschalierung der Wasserkosten. Diese sehen ab 01.01.2006 für die Gewährung von Wasserkosten Pauschalen vor. Danach erhält ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger/Alleinstehender eine Pauschale in Höhe von 17,- EUR, für jeden Haushaltsangehörigen sind weitere 15,- EUR vorgesehen. Der Berechnung wurden der durchschnittliche Wasserverbrauch in Hamburg pro Kopf und Tag von 116 l sowie der geltende Kubikmeterpreis von 4,07 EUR zuzüglich des Grundpreises für den Wasserzähler (1,95 EUR) zugrunde gelegt.

Es ist bereits zweifelhaft, ob eine derartige Pauschalierung der Wasserkosten zulässig ist (zur Unzulässigkeit einer Pauschalierung von Nebenkosten z.B. LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 4.10.2006, Az: L 3 ER 148/06 AS und SG Dortmund, Urteil vom 11.7.2006, Az: S 33 AS 375/05). Letztlich kann dies jedoch dahin gestellt bleiben. Denn auch wenn die Pauschalierung entsprechend der genannten fachlichen Vorgaben grundsätzlich zulässig sein sollte, haben die Antragsteller vorliegend dennoch einen Anspruch auf Berücksichtigung ihrer tatsächlichen Wasserkosten in voller Höhe. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II. Danach sind unangemessene Aufwendungen für die Unterkunft als Bedarf so lange zu berücksichtigen, wie es dem Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Aus der dem Gericht vorliegenden Leistungsakte ist nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin die Antragsteller auf die Unangemessenheit der Wasserkosten hingewiesen und sie dazu aufgefordert hätte, diese zu senken. Eine Senkung ihrer Wasserkosten ist den Antragstellern zurzeit auch nicht möglich, selbst wenn sie ihren Wasserverbrauch umgehend senken. Die Wasserkosten sind als Bestandteil der Betriebskosten ausgewiesen und werden von der Vermieterin mit den Antragstellern abgerechnet. Die Antragsteller sind mietvertraglich zur Zahlung der von der Vermieterin festgesetzten Beträge verpflichtet. Da die Vorauszahlungen von der Vermieterin auf der Grundlage der Verbrauchsabrechnungen des Vorjahres festgesetzt wurden, kann sich ein sparsamerer Umgang mit Wasser erst für den nächsten Abrechnungszeitraum auswirken. Im vergangenen Zeitraum hatten die Antragsteller mangels Hinweis auf die Unangemessenheit der tatsächlichen Wasserkosten keinen Anlass, sich um eine Senkung der Kosten zu bemühen. Schon aus diesem Grund hat die Antragsgegnerin die tatsächlichen Wasserkosten jedenfalls solange zu übernehmen, wie es den Antragstellern auch bei entsprechenden Bemühungen infolge der Art des Abrechnungsverfahrens gar nicht möglich ist, ihre Kosten zu senken. Dieses Vorgehen entspricht im Übrigen auch Ziffer 2.2.6 der Fachlichen Vorgabe zu § 22 SGB II.

Nach alledem errechnen sich monatlich folgende Unterkunftskosten: Dezember 2007 374,69 Grundmiete 189,31 Betriebskostenvorauszahlung 112,90 Heizkosten (ohne Warmwasseraufbereitung) 676,90

Ab Januar 2008 381,36 Grundmiete 189,31 Betriebskostenvorauszahlung 112,90 Heizkosten (ohne Warmwasseraufbereitung) 683,57

Für die Antragsteller sind davon ¾ zu berücksichtigen, d.h. insgesamt für Dezember 507,67 EUR und für die Zeit ab Januar 512,67 EUR.

c) Die Antragsgegnerin geht ferner zu Unrecht davon aus, dass der Antragstellerin zu 1) nur die Regelleistung nach § 20 Abs. 3 SGB II, d.h. in Höhe von 90 vom Hundert des Regelsatzes eines Alleinstehenden oder Alleinerziehenden zusteht. § 20 Abs. 3 SGB II sieht vor, dass dann, wenn zwei Partner in einer Bedarfsgemeinschaft leben, die beide das 18. Lebensjahr vollendet haben, die Regelleistung jeweils nur 90 vom Hundert beträgt. Zwar lebt die Antragstellerin zu 1) in einer Partnerschaft und damit auch in einer Bedarfsgemeinschaft mit Herrn B ... Herr B. ist jedoch als Leistungsberechtigter nach dem AsylbLG von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Auf diese Konstellation ist nach Überzeugung der Kammer § 20 Abs. 3 SGB II nicht anzuwenden (ebenso LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3.5.2007 Az.: L 18 B 472/07 AS). Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

Hintergrund der Regelung in § 20 Abs. 3 SGB II ist der Verzicht auf die Figur des "Haushaltsvorstandes". Nach der Vorgängerregelung in § 2 der Regelsatzverordnung erhielt ein Alleinstehender den vollen Regelsatz; bei Haushalten mit mehreren Personen stand dieser dem "Haushaltsvorstand" zu. Sonstige volljährige Haushaltsangehörige erhielten lediglich 80 vom Hundert dieses Regelsatzes. Da das SGB II keinen "Haushaltsvorstand" mehr kennt, war eine andere Regelung für den Fall mehrerer volljähriger Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft erforderlich. § 20 Abs. 3 SGB II stellt klar, dass immer dann, wenn zwei Angehörige der Bedarfsgemeinschaft das 18. Lebensjahr vollendet haben, ihre Regelleistung jeweils 90 vom Hundert, also den rechnerischen Durchschnitt zwischen der Regelleistung für den Alleinstehenden und für seinen Partner, beträgt. In der Summe erhalten also zwei erwachsene Partner denselben Betrag wie bei der sozialhilferechtlichen Aufteilung in 100 vom Hundert für Haushaltsvorstände und 80 vom Hundert für Haushaltsangehörige, die das 14. Lebensjahr vollendet haben (vgl. BSG, Urteil vom 07. November 2006, B 7b AS 6/06 R, veröffentlicht in juris). Diese Reduzierung der Regelleistungen auf einen "Mischregelsatz" von 90 vom Hundert hat den Regelfall einer Bedarfsgemeinschaft vor Augen, die aus zwei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen besteht, die beide einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II haben. Nach der Rechtsprechung ist dieser Mischregelsatz auch auf – vom Gesetzgeber möglicherweise nicht bedachte – Fälle einer Bedarfsgemeinschaft eines volljährigen Grundsicherungsberechtigten nach dem 4. Kapitel des Zwölften Buchs Sozialgesetzbuch – Sozialhilfe (SGB XII) mit einem volljährigen Bezieher von Arbeitslosengeld (Alg) II nach dem SGB II anzuwenden (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. September 2006, L 7 SO 5536/05, LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. Dezember 2005, L 15 B 1095/05 SO, beide veröffentlicht in juris). Nach Sinn und Zweck des § 20 Abs. 3 SGB II kann dieser "Mischregelsatz" jedoch bei summarischer Prüfung nicht für eine Bedarfsgemeinschaft gelten, in der ein Partner Alg II und der andere Partner nur Leistungen nach dem AsylbLG bezieht, denn diese Bedarfsgemeinschaft erhält nicht den zweifachen "Mischregelsatz". Die Leistungen nach dem AsylbLG liegen nämlich erheblich unter denjenigen nach dem SGB II und dem SGB XII. So besteht nach AsylbLG neben den (anteiligen) Kosten der Unterkunft nach § 3 Abs. 1 und Abs. 2 AsylbLG lediglich ein Anspruch auf einen Geldbetrag in Höhe von 40,90 EUR und Zusatzleistungen in Höhe von 181,07 EUR, d.h. insgesamt auf Leistungen im Wert von 221,97 EUR. Zusammen kommen ein Alg II-Empfänger und sein nach AsylbLG leistungsberechtigter Partner also nicht auf 180% des Regelsatzes eines "Haushaltsvorstandes". Würde der Antragstellerin zu 1) nur der reduzierte Regelsatz gemäß § 20 Abs. 3 SGB II zustehen, so würde sie mittelbar von den niedrigeren Leistungen nach dem AsylbLG betroffen. Ihr nach dem SGB II anzuerkennender Bedarf, der in der Höhe des Regelsatzes zum Ausdruck kommt, wäre nicht mehr vollständig abgedeckt, weil die Absenkung um 34 EUR nach Maßgabe des § 20 Abs. 3 SGB II nicht durch Leistungen an Herrn B. in Höhe von 90 vom Hundert des Regelsatzes kompensiert würde. Dies steht nicht im Einklang mit dem im Bereich des SGB II geltenden Bedarfsdeckungsgrundsatz. Ob die Anwendung des Mischregelsatzes zulässig ist, wenn der nach dem AsylbLG leistungsberechtigte Partner so genannten Analogleistungen gemäß § 2 AsylbLG iVm dem SGB XII erhält, kann dahingestellt bleiben, da hierfür im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte bestehen.

d) Aus dem Vorstehenden ergibt sich folgende Bedarfsberechnung der Antragsteller:

Dezember 2007 347,00 Regelleistung Antragstellerin zu 1) 416,00 Sozialgeld Antragsteller zu 2) und 3) 507,67 Kosten der Unterkunft 1270,67

Ab Januar 2008: 347,00 Regelleistung Antragstellerin zu 1) 416,00 Sozialgeld Antragsteller zu 2) und 3) 512,67 Kosten der Unterkunft 1275,67

Dem steht Einkommen in Höhe von insgesamt 435,- EUR (zweimal Kindergeld zuzüglich 127,- EUR Unterhaltsleistungen für die Antragstellerin zu 2)) gegenüber. Es resultiert ein Leistungsanspruch in Höhe von 835,67 EUR im Dezember 2007 und 840,67 EUR für die Zeit ab Januar 2008.

Die ursprüngliche Bewilligung war folglich nur rechtswidrig, soweit den Antragstellern damit Leistungen von mehr als 835,67 EUR für Dezember 2007 bzw. als 840,67 EUR für Januar bis Mai 2008 gewährt wurden. Er durfte daher auch nur in dieser Höhe aufgehoben werden.

e) Die übrigen Voraussetzungen für eine Aufhebung in der genannten Höhe liegen vor. Die Antragsteller können sich gemäß § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X nicht auf schutzwürdiges Vertrauen berufen. Denn der ursprüngliche Bewilligungsbescheid beruhte maßgeblich darauf, dass die Antragstellerin zu 1) nicht angegeben hat, dass Herr B. in ihrem Haushalt lebt. Die Antragsteller zu 2) und 3) müssen sich das Handeln der Antragstellerin zu 1), die ihre gesetzliche Vertreterin ist, zurechnen lassen. Die Antragsgegnerin hatte auch kein Ermessen bezüglich der Aufhebung. Gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II iVm § 330 Abs. 2 SGB III ist der rechtswidrige Verwaltungsakt – auch mit Wirkung für die Vergangenheit – aufzuheben, wenn die in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen vorliegen. Dies ist vorliegend wie ausgeführt der Fall.

f) Vor dem Hintergrund der vorstehenden Erwägungen hat der Widerspruch teilweise Aussicht auf Erfolg. Die Kammer hat dementsprechend die aufschiebende Wirkung (nur) insoweit angeordnet, als die gewährten Leistungen auf einen niedrigeren Betrag als 835,67 EUR für Dezember 2007 bzw. als 840,67 EUR für Januar – Mai 2008 abgesenkt wurden

Soweit für April nur ein geringere Leistungen als 840,67 EUR gewährt wurden, hat die Antragsgegnerin entsprechende Nachzahlungen zu erbringen.

2. Die Antragsteller wenden sich ferner dagegen, dass die Antragsgegnerin die gesamte fällige Miete in Höhe von monatlich 706,15 EUR direkt an die Vermieterin überweist. Da die Antragsgegnerin nur einen geringeren Betrag als Unterkunftskosten der Antragsteller berücksichtigt (derzeit 499,- EUR, nach der Berechnung des Gerichts wären 512,67 EUR zu berücksichtigen), überweist sie zusätzlich zu den anerkannten bzw. anzuerkennenden Unterkunftskosten einen Teil der den Antragstellern bewilligten Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes an die Vermieterin.

Auch diesbezüglich handelt es sich um einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung, der gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG statthaft ist. Die Entscheidung der Antragsgegnerin, die bewilligten Unterkunftskosten sowie einen Teil der Regelleistung nicht an die Antragsteller, sondern direkt an die Vermieterin zu zahlen, ist zumindest ein konkludenter Verwaltungsakt, der für die Antragsteller belastenden Charakter hat, da diese dadurch nicht über die vollen ihr bewilligten Regelleistungen verfügen können (vgl. LSG Hamburg, Beschluss vom 9.6.2005, Az.: L 5 B 71/05 ER AS). In dem Antrag auf gerichtlichen Eilrechtsschutz vom 1.4.2008 hat die Antragstellerin zu 1) erklärt, mit diesem Vorgehen nicht einverstanden zu sein. Hierin liegt zugleich ein Widerspruch gegen den konkludenten Verwaltungsakt der Antragsgegnerin. Dieser Widerspruch hat gemäß § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung (vgl. LSG Hamburg, Beschluss vom 9.6.2005, Az.: L 5 B 71/05 ER AS).

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieses Widerspruchs ist zulässig und teilweise begründet. Zwar ist die Antragsgegnerin grundsätzlich zur Direktzahlung der Unterkunftskosten an die Vermieterin der Antragsteller berechtigt. Dies ergibt sich aus § 22 Abs. 4 SGB II, wonach die Kosten für Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden sollen, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch den Hilfebedürftigen nicht sichergestellt ist. Vorliegend bestehen angesichts der Tatsache, dass in der Vergangenheit bereits Mietschulden entstanden sind, konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der zweckentsprechenden Verwendung der Leistungen durch die Antragsteller. Allerdings ist das Recht zur Direktzahlung an den Vermieter auf die bei der Bedarfsberechnung berücksichtigten Unterkunftskosten beschränkt (so auch Berlit, LPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 22 Rn. 109). Bei einer Direktzahlung höherer Beträge würde auch ein Teil der dem Hilfebedürftigen zustehenden Regelleistung an den Vermieter gezahlt werden. Hierzu ist der Leistungsträger nicht ermächtigt. Außerdem würde dies dazu führen, dass der Hilfebedürftige nicht die Leistung zur Verfügung hat, die seinem Bedarf entspricht.

Folglich ist die Antragsgegnerin derzeit nur berechtigt, Leistungen in Höhe von monatlich 512,67 EUR direkt an die Vermieterin der Antragsteller zu überweisen, denn nur in dieser Höhe sind in der zu gewährenden Leistung Kosten der Unterkunft berücksichtigt. Die Direktzahlung eines höheren Betrags wäre hingegen nur dann zulässig, wenn die Antragsteller sich hiermit einverstanden erklären. Das hat die Antragstellerin zu 1) gerade nicht getan.

Das Gericht weist die Antragstellerin zu 1) nachdrücklich darauf hin, dass sie die Differenz zwischen den von der Antragsgegnerin anerkannten Kosten der Unterkunft, die diese der Vermieterin weiterhin direkt überweisen kann (512,67 EUR), und der tatsächlichen Miete (706,15 EUR), also einen Betrag von 193,48 EUR monatlich, selbst an die Vermieterin zu zahlen hat.

Das Gericht hat von der Möglichkeit, die Aufhebung der bereits erfolgten Vollziehung des die Direktzahlung verfügenden Verwaltungsaktes anzuordnen (§ 86 b Abs. 1 Satz 2 SGG), keinen Gebrauch gemacht. Sie würde nicht im Interesse der Antragsteller liegen; denn die damit verbundene Verpflichtung der Antragsgegnerin zur (teilweisen) Nachzahlung – unter gleichzeitiger Rückforderung der an die Vermieterin ausgezahlten Leistungen - würde dazu führen, dass die Antragsteller Forderungen der Vermieterin ausgesetzt sind.

3. Vorsorglich weist das Gericht ferner darauf hin, dass die in der Stellungnahme der Antragsgegnerin vom 2.4.2008 angekündigte Kürzung der Regelleistung der Antragstellerin zu 1) um 30 von Hundert ab 1.5.2008 nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht zulässig sein dürfte. Die Antragsgegnerin führt in der genannten Stellungnahme auf, die Kürzung erfolge, da die Angaben der Antragstellerin zu 1) in der Anhörung "ziemlich dürftig" seien. Hieraus ist ein Rechtfertigungsgrund für eine Kürzung nicht erkennbar. Ein Aufhebungs- und Erstattungsbescheid ist bislang nicht ersichtlich.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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