S 2 AS 4133/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Reutlingen (BWB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 4133/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Verletzt der Hilfebedürftige seine Meldepflicht wiederholt, tritt eine verschärfte Sanktion nach § 31 Abs. 3 Satz 1 SGB II nur ein, wenn die wiederholte Pflichtverletzung erfolgte, nachdem die erste Pflichtverletzung durch Bescheid sanktioniert wurde. Verstöße gegen die Meldepflicht, die vor der Verhängung der Sanktion wegen der ersten Pflichtverletzung begangen wurden, unterliegen aber einer erneuten einfachen Sanktion nach § 31 Abs. 2 SGB II.

2. Ein Arzttermin entbindet den Hilfedürftigen nur dann von der Meldepflicht, wenn die Behandlung im Sinne eines Notfalles gerade zu der Stunde, in dem der Meldetermin hätte stattfinden sollen, notwendig gewesen ist. Normalen Terminkollisionen hat der Hilfebedürftige durch Terminsverlegungen Rechung zu tragen.
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtlichen Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Absenkung der Gewährung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II für September bis November 2007 in Höhe von 93 EUR monatlich sowie für Oktober bis Dezember 2007 in Höhe von weiteren 31 EUR monatlich.

Die Klägerin ist am ... geboren. Sie lebte im streitgegenständlichen Zeitraum zusammen mit ihrem Ehemann sowie der am ... geborenen Tochter ... in einer gemeinsamen Wohnung in ... Alle drei Personen bezogen als Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem SGB II. Den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft wurden von der Beklagten mit Bescheid vom 2. Juli 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2007 bewilligt. Für Juli 2007 wurden Leistungen in Höhe von 909,08 EUR, für August 2007 Leistungen in Höhe von 719,08 EUR, für September 2007 Leistungen in Höhe von 742,08 EUR und für Oktober bis Dezember 2007 Leistungen in Höhe von monatlich 789,08 EUR bewilligt. Dabei wurde jeweils als Regelleistung der Klägerin ein Betrag von 312 EUR monatlich berücksichtigt.

Mit Schreiben vom 24. Mai 2007, vom 21. Juni 2007, vom 17. Juli 2007 bzw. vom 26. Juli 2007 forderte die Beklagte die Klägerin auf, sich bei ihr am 14. Juni 2007, am 2. Juli 2007, am 24. Juli 2007 bzw. am 13. August 2007 zum Zwecke des Gesprächs über das Bewerberangebot und die berufliche Situation zu melden. Die Schreiben waren jeweils u. a. mit dem Hinweis versehen, dass bei einer Verletzung der Meldepflicht das Arbeitslosengeld II um zehn Prozent der maßgebenden Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes abgesenkt würde und Absenkung und Wegfall drei Monate dauern und mit dem Kalendermonat nach Zustellung des entsprechenden Bescheides über die Sanktionen beginnen würde.

Die Klägerin erschien zu allen vier Terminen nicht.

Am 14. Juni 2007 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie die – zeitlich nicht näher benannten – Ladungen nicht wahrnehmen könne, da sie einen Arzttermin habe bzw. am 25. Mai 2007 eine Beschäftigung von weniger als 15 Stunden wöchentlich aufgenommen habe.

Am 2. Juli 2007 teilte die Klägerin der Beklagten schriftlich mit, dass sie die Termine aufgrund regelmäßiger Arztbesuche nicht wahrnehmen könne. Sie legte ein Attest der Gemeinschaftspraxis Dres ... vor, laut dem sie am 2. Juli 2007 von 9.45 Uhr bis 10.30 Uhr dort in Behandlung gewesen sei.

Am 26. Juli 2007 legte die Klägerin eine Bescheinigung der Zahnärztin ... vor, laut der sie am 24. Juli 2007 von 10.45 Uhr bis 12.00 Uhr in der dortigen Praxis in Behandlung gewesen sei.

Mit drei verschiedenen Schreiben vom 31. Juli 2007 leitete die Beklagte die Anhörung der Klägerin zu der Frage, ob das Arbeitslosengeld II aufgrund des Nichterscheinens zu den Meldeterminen am 14. Juni 2007, am 2. Juli 2007 bzw. am 24. Juli 2007 abzusenken sei, ein.

Die Klägerin äußerte sich am 2. August 2007 dahingehend, dass sie am 24. Juli 2007 aufgrund eines wichtigen Zahnarztbesuches ("Notfall") verhindert gewesen sei, den Termin wahrzunehmen.

Am 15. August 2007 legte die Klägerin ein Attest der Gemeinschaftspraxis Dres ... vor, laut dem sie am 13. August 2007 von 10.30 Uhr bis 11.15 Uhr zur Behandlung dort gewesen sei, und äußerte außerdem, dass hinsichtlich der beiden anderen Termine ein wichtiger Grund fristgerecht vorgelegt worden sei.

Mit Schreiben vom 15. August 2007 leitete die Beklagte die Anhörung der Klägerin zu der Frage, ob das Arbeitslosengeld II aufgrund des Nichterscheinens zu dem Termin am 13. August 2007 abzusenken sei, ein.

Mit Bescheid vom 17. August 2007 senkte die Beklagte die der Klägerin für die Zeit vom 1. September 2007 bis zum 30. November 2007 zustehende Regelleistung um 10 Prozent, nämlich um 31 EUR, aufgrund des Nichterscheinens zum Meldetermin am 14. Juni 2007 ab.

Mit weiterem Bescheid vom 17. August 2007 senkte die Beklagte die der Klägerin zustehenden Leistungen für die Zeit vom 1. September 2007 bis zum 30. November 2007 um 10 Prozent der Regelleistung, nämlich um 31 EUR, aufgrund des Nichterscheinens zum Meldetermin am 2. Juli 2007 ab.

Mit weiterem Bescheid vom 17. August 2007 senkte die Beklagte die der Klägerin zustehenden Leistungen für die Zeit vom 1. September 2007 bis zum 30. November 2007 um 10 Prozent der Regelleistung, nämlich um 31 EUR, aufgrund des Nichterscheinens zum Meldetermin am 24. Juli 2007 ab.

Am 29. August 2007 äußerte sich die Klägerin zu dem Anhörungsschreiben vom 15. August 2007 dahingehend, dass sie hinsichtlich des Meldetermins vom 13. August 2007 ein Attest vorgelegt habe.

Mit Bescheid vom 3. September 2007 senkte die Beklagte die der Klägerin zustehenden Leistungen für die Zeit vom 1. Oktober 2007 bis zum 31. Dezember 2007 monatlich um 10 Prozent der Regelleistung, nämlich 31 EUR, aufgrund des Nichterscheinens zum Meldetermin am 13. August 2007 ab.

Am 29. August 2007 legte die Klägerin Widersprüche gegen die Bescheide vom 17. August 2007 und am 19. September 2007 Widerspruch gegen den Bescheid vom 3. September 2007 ein, die die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 2007 zurückwies.

Mit der am 26. Oktober 2007 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie ist der Ansicht, dass die Absenkungsbescheide rechtswidrig seien. Die erste Sanktion hätte zeitnah zum ersten angeblichen Verstoß ausgesprochen werden müssen. Es sei nicht zulässig gewesen, die zwei weiteren Versäumnisse abzuwarten, um alle Sanktionen in einem Bescheid zusammenzufassen. Damit seien drei gleichartige Verstöße sanktioniert worden, ohne dass die Klägerin von den besonderen Erfordernissen Kenntnis erlangt habe. Damit habe man sie schlichtweg ins offene Messer laufen lassen, da man gewusst habe, dass sie sich weiterhin mit Arztbescheinigungen entschuldigen werde. Außerdem reichten die beigebrachten ärztlichen Bescheinigungen sehr wohl. Es sei auch kein Ermessen ausgeübt worden, obwohl dies notwendig sei. Die Sanktion müsse sich nach dem Rechtsstaatsprinzip an dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz messen lassen. Daher sei die Ausübung von Ermessen unabdingbar gewesen, gerade in Anbetracht der familiären Situation, schließlich sei von der Sanktion auch die ...jährige Tochter betroffen. Im Übrigen lägen sehr wohl wichtige Gründe für die Nichtteilnahme an den erwähnten Terminen vor. Bereits beim ersten Verstoß hätte die Beklagte ihrer Ansicht kundtun müssen, dass nach ihrer Auffassung die Behandlungstermine "auffällig" zum gleichen Zeitpunkt wie der Meldetermin lägen. Die Arztbesuche sei aufgrund akuter Erkrankungen notwendig gewesen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Bescheide vom 17. August 2007 und vom 3. September 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Oktober 2007 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hält an ihrer Entscheidung fest.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Akte des Gerichts, die Akte des Gerichts im einstweiligen Rechtsschutzverfahren (Az.: S 2 AS 3655/07 ER) sowie auf die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug benommen.

Entscheidungsgründe:

1. Das Gericht konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben.

2. Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Bescheide der Beklagten vom 17. August 2007 und vom 3. September 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Oktober 2007 sind rechtsmäßig.

a) Die Bescheide vom 17. August 2007 und vom 3. September 2007 finden ihre Rechtsgrundlage jeweils in § 31 Abs. 2 SGB II. Nach dieser Vorschrift wird das Arbeitslosengeld II unter Wegfall des Zuschlages nach § 24 SGB II in einer ersten Stufe um zehn vom Hundert der für den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen nach § 20 SGB II maßgebenden Regelleistung abgesenkt, wenn der Hilfebedürftige trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen einer Aufforderung des zuständigen Trägers, sich bei ihr zu melden oder bei einem ärztlichen oder psychologischen Untersuchungstermin zu erscheinen, nicht nachkommt und keinen wichtigen Grund für sein Verhalten nachweist.

b) Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Klägerin ist den Aufforderungen der Beklagten vom 24. Mai 2007, vom 21. Juni 2007, vom 17. Juli 2007 bzw. vom 26. Juli 2007, sich bei ihr am 14. Juni 2007, am 2. Juli 2007, am 24. Juli 2007 bzw. am 13. August 2007 zu melden, unstreitig nicht nachgekommen. Sie hat für ihr Verhalten auch keinen wichtigen Grund nachgewiesen. Der Umstand, dass sie an den entsprechenden Tagen jeweils einen Arzt aufgesucht hat, stellt keinen solchen wichtigen Grund dar. Die Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass aus den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen nicht hervorgeht, dass die Arztbesuche gerade – etwa aufgrund akuter Erkrankungen – an den Tagen und zu den Uhrzeiten notwendig gewesen wären, an denen die Beklagte die Klägerin zu sich bestellt hat. Bei normalen Terminkollisionen ist es dem Hilfebedürftigen indes zumutbar, Bemühungen um deren Verlegung zu entfalten (Berlit, in: LPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, § 31 Rdnr. 77). Dies gilt auch im Hinblick auf die pauschale Behauptung, am 25. Mai 2007 eine Beschäftigung von weniger als 15 Stunden aufgenommen zu haben, die als solche nicht geeignet ist, das Nichterscheinen beim Meldetermin zu rechtfertigen.

Es bedurfte insofern – entgegen der Auffassung der Klägerin – auch keiner weiteren Ermittlungen seitens der Beklagten. Solche Ermittlungen sind nur dann notwendig, wenn der vom Betroffenen genannte Grund überhaupt geeignet ist, einen wichtigen Grund im Sinne von § 31 Abs. 2 SGB II darzustellen. In diesem Fall wäre der Leistungsträger aufgrund seiner Amtsermittlungspflicht (§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGB X) gehalten gewesen, die tatsächlichen Umstände, auf denen die Behauptung des Betroffenen beruht, festzustellen. Im vorliegenden Fall behauptet die Klägerin aber gar nicht Umstände, die einen wichtigen Grund darstellen könnten. Sie verweist lediglich auf die von ihr wahrgenommenen Arzttermine. Dass sie diese Termin wahrgenommen hat, wird aber auch von der Beklagte nicht bestritten, sondern lediglich – und zu Recht – rechtlich anders bewertet. Dass die Klägerin ihrem Verhalten vorgeblich eine andere rechtliche Würdigung zugrunde gelegt hat, ist ein unbeachtlicher Rechtsirrtum.

Dass die Arzttermine nicht im Sinne eines Notfalles gerade an den Tagen der Meldetermine und auch noch zeitgleich notwendig waren, bestätigt die Klägerin im übrigen mittelbar selbst: In der Begründung ihres Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz vom 19. September 2007 (Az.: S 2 AS 3655/07 ER) führte sie aus, dass die Beklagte gewusst habe, dass sie – die Klägerin – sich "weiterhin mit Arztbescheinigungen entschuldigen wird." Wenn aber sogar – nach Auffassung der Klägerin – die Beklagte gewusst hat, dass die Klägerin ausgerechnet an den Tagen der Meldetermin einen Arzt wird aufsuchen müssen, dann hat dies die Klägerin erst Recht gewusst. Dies schließt aber einen Notfall aus. Entsprechend ist auch der Einwand der Klägerin, die Beklagte hätte sie darauf hinweisen müssen, dass sie ärztliche Bescheinigungen nicht als wichtigen Grund akzeptiere, widersprüchlich. Wenn die Klägerin die Arzttermine in Kenntnis der Beklagten hätte verschieben können, dann hat es sich eben gerade nicht um Notfälle gehandelt.

Die von der Klägerin vorgetragenen Argumente veranlassen nicht die Annahme, dass die Bescheide rechtswidrig wären. Dies gilt zunächst für den Einwand, dass die Beklagte kein Ermessen ausgeübt hätte. Ein solches Ermessen steht ihr nämlich gar nicht zu (siehe auch 12. Kammer des SG Reutlingen, Beschluss vom 20.11.2007, Az.: S 12 AS 3858/07 ER, juris, Rdnr. 23; Rixen, in: Eicher/Spellbrink [Hrsg.], SGB II, 2. Aufl. 2008, § 31 Rdnr. 55; ebenso für den insofern gleichlautenden § 31 Abs. 1 SGB II VG Bremen, Beschluss vom 03.07.2007, Az.: S 8 V 1560/07, juris, Rdnr. 18; Berlit, in: LPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, § 31 Rdnr. 69). Dies folgt bereits aus dem Wortlaut von § 31 Abs. 2 SGB II ("wird abgesenkt"), der – anders als etwa § 31 Abs. 3 Sätze 5 und 6 SGB II – keinen Raum für eine Ermessensentscheidung eröffnet. Dies liegt im übrigen durchaus im Interesse der Betroffenen, weil dies eine vollständige gerichtliche Überprüfung der Behördenentscheidung ermöglicht. Richtig ist zwar, dass die Behörden bereits von Verfassungs wegen bei ihrem Handeln stets an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden sind. Bei gebundenen Verwaltungsentscheidungen kann der Vorwurf unverhältnismäßigen Behördenhandelns indes immer nur darauf gestützt werden, dass die Ermächtigungsgrundlage ihrerseits unverhältnismäßig und damit verfassungswidrig sei. Letzteres vermag das Gericht allerdings im Hinblick auf § 31 Abs. 2 SGB II nicht zu erkennen; es wird auch von der Klägerin nicht behauptet.

Der Umstand, dass die Klägerin mit ihrer minderjährigen Tochter eine Bedarfsgemeinschaft bildet, führt zu keiner anderen Beurteilung. Die Leistungsansprüche der Tochter werden durch die Sanktionsentscheidungen der Beklagte nicht berührt. Im übrigen hat der Gesetzgeber diese Konstellation durch § 31 Abs. 3 Satz 4 SGB II berücksichtigt.

Schließlich berührt auch der Umstand, dass die Beklagte am 17. August 2008 drei Sanktionsbescheide erlassen hat, die Rechtmäßigkeit der Bescheide nicht. § 31 Abs. 2 SGB II setzt den Behörden keine Frist für den Erlass von Sanktionsbescheiden. Es ist auch kein Zeitraum zwischen Pflichtverletzung und Sanktionierung verstrichen, der einen Rückgriff auf das Institut der Verwirkung rechtfertigen könnte (vgl. Rixen, in: Eicher/Spellbrink [Hrsg.], SGB II, 2. Aufl. 2008, § 31 Rdnr. 60, der – ohne Rückgriff auf das Institut der Verwirkung – auf einen Zeitraum von drei Monaten abstellt). Zuvor musste ohnehin die Anhörung der Klägerin eingeleitet werden (§ 24 Abs. 1 SGB X), was mit Schreiben vom 31. Juli 2007 und vom 15. August 2007 geschah. Deren Äußerungen erfolgten am 2. August 2007 und am 29. August 2007.

Der Einwand der Klägerin, dass durch den Erlass von drei Sanktionsbescheiden am gleichen Tag die Warnfunktion der Sanktionierung unterlaufen würde, wäre im übrigen nur berechtigt, wenn die Beklagte Sanktionen wegen wiederholter Pflichtverletzungen nach § 31 Abs. 3 Satz 1 SGB II ausgesprochen hätte. Dies ist aber gerade nicht der Fall. Für die "einfache" Sanktionierung nach § 31 Abs. 2 SGB II reicht es insofern aus, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige über die Rechtsfolgen einer Nichtbefolgung einer Meldeaufforderung jeweils schriftlich belehrt worden ist. Dies ist hier geschehen.

Die Existenz des § 31 Abs. 3 Satz 1 SGB II und die damit verbundene Verschärfung der Sanktion bei wiederholter Pflichtverletzung steht den hier getroffenen wiederholten einfachen Sanktionen nicht entgegen. Zu Recht wird allerdings angenommen, dass § 31 Abs. 3 Satz 1 SGB II nur auf solche Pflichtverletzungen anwendbar ist, die zeitlich nach einer Sanktionsfeststellung auf der ersten Stufe, also nach § 31 Abs. 2 SGB II, erfolgt sind (so eingehend SG Düsseldorf, Beschluss vom 17.03.2008, Az.: S 43 AS 397/07 ER, juris, Rdnr. 16 ff., m. w. N.; ferner etwa LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12.10.2007, Az.: L 14 AS 1550/07 ER, juris, Rdnr. 8; Sonnhoff, in: juris-Praxiskommentar, 2. Aufl. 2007, § 31 Rdnr. 197; Valgolio, in: Hauck/Noftz [Hrsg.], SGB II, § 31 [2007] Rdnr. 99; tendenziell auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.01.2008, Az.: L 12 AS 5001/07 ER-B, n. v.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.09.2007, Az.: L 20 B 169/07 AS ER, juris, Rdnr. 20; offen gelassen bei LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.04.2006, Az.: L 7 AS 1196/06 ER-B, juris, Rdnr. 7; a. A. Rixen, in: Eicher/Spellbrink [Hrsg.], SGB II, 2. Aufl. 2008, § 31 Rdnr. 50d). Dies trägt der edukatorischen Intention der stufenweise Sanktionseskalation, erst ein trotz bereits erfolgter Sanktion erneut eingetretenes Fehlverhalten verschärft zu sanktionieren, Rechnung (näher noch SG Düsseldorf, Beschluss vom 17.03.2008, Az.: S 43 AS 397/07 ER, juris, Rdnr. 18; vgl. auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.09.2007, Az.: L 20 B 169/07 AS ER, juris, Rdnr. 20). Dies führt aber entgegen der vom 12. Senat des LSG Baden-Württemberg in seiner Beschwerdentscheidung (Beschluss vom 03.01.2008, Az.: L 12 AS 5001/07 ER-B, n. v.) in dem diesem Klageverfahren vorangegangen einstweiligen Rechtsschutzverfahren erwogenen Auffassung nicht dazu, dass auch eine wiederholte einfache Sanktion nach § 31 Abs. 2 SGB II nicht möglich wäre. § 31 Abs. 3 Satz 1 SGB II ist zwar gegenüber § 31 Abs. 2 SGB II lex specialis, kann dies aber nur in seinem eigenen Anwendungsbereich sein. Da die Voraussetzungen für eine verschärfte Sanktion nach § 31 Abs. 3 Satz 1 SGB II im vorliegenden Fall mangels vorheriger Sanktionierung aber gerade nicht vorlagen, kann diese Norm die Anwendbarkeit des § 31 Abs. 2 SGB II nicht sperren. Anderenfalls würde die Funktion des § 31 Abs. 3 Satz 1SGB II in ihr Gegenteil verkehrt: § 31 Abs. 3 Satz 1 SGB II soll den pflichtenversäumenden Hilfebedürftigen nicht schützen, sondern eine härte Sanktion ermöglichen. Würde man § 31 Abs. 3 Satz 1 SGB II aber eine generelle Sperrwirkung für alle mehrfachen Pflichtenverstöße zubilligen, müssten jegliche – jedenfalls alle gleichartigen – Pflichtenverstöße, die der Hilfebedürftige zwischen der ersten Pflichtverletzung und der Sanktionsentscheidung begeht, unsanktioniert bleiben. Dies käme einer zeitweisen "Immunität" gleich, die nicht Intention des § 31 Abs. 3 SGB II ist. Konsequenterweise müsste man die Sperrwirkung des § 31 Abs. 3 Satz 1 SGB II dann auch eintreten lassen, wenn eine erste Pflichtverletzung gar nicht – aus welchen Gründen auch immer – sanktioniert worden ist: Würde die Behörde eine einfache Sanktion wegen einer Pflichtverletzung verhängen und würde sich (anschließend) herausstellen, dass der Betroffene zuvor eine andere Pflichtverletzung begangen hat, wäre die Sanktion für die zeitlich nachgelagerte Pflichtverletzung ohne weiteres allein deswegen rechtswidrig, weil es sich um eine wiederholte Pflichtverletzung gehandelt hat, die aber weder nach § 31 Abs. 2 SGB II noch nach § 31 Abs. 3 Satz 1 SGB II hätte sanktioniert werden dürfen.

Die angefochtenen Bescheide unterliegen schließlich auch hinsichtlich ihrer Bestimmtheit keinen rechtlichen Bedenken. Soweit die Auffassung vertreten wird, dass ein Sanktionsbescheid, der die Höhe der Absenkung nur prozentual und den absoluten Betrag nur mit einer Maximalhöhe angibt, zu unbestimmt sei (so SG Freiburg, Urteil vom 09.11.2007, Az.: S 12 AS 775/06, juris, Rdnr. 24; zu Recht a. A. 12. Kammer des SG Reutlingen, Beschluss vom 20.11.2007, Az.: S 12 AS 3858/07 ER, juris, Rdnr. 24), berücksichtigt diese Ansicht nicht, dass der Leistungsträger einen konkreteren Absenkungsbescheid, der gemäß § 31 Abs. 6 Satz 1 SGB II immer nur zukünftige Zeiträume betrifft, gar nicht erlassen kann. Hierzu wäre nämlich schon im vorhinein dessen sichere Kenntnis des späteren Bewilligungsbetrages als Ausgangspunkt für die Absenkung notwendig. Daran wird es aber regelhaft fehlen, da die Höhe der noch nicht abgesenkten Regelleistung nicht zuletzt aufgrund erzielten Einkommens variieren kann und daher erst nachträglich feststellbar sein wird.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

4. Die Berufung war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 144 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen. Insbesondere liegt auch keine Abweichung von dem Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 03.01.2008 (Az.: L 12 AS 5001/07 ER-B, n. v.) vor, der eine Berufungszulassung nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG rechtfertigen könnte. Diese Entscheidung des LSG Baden-Württemberg beruhte lediglich auf einer summarischen Prüfung der Rechtslage im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, die eine Divergenz nicht begründet (vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow [Hrsg.], VwGO, 2. Aufl. 2006, § 124 Rdnr. 168).
Rechtskraft
Aus
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