S 2 AS 5218/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Freiburg (BWB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AS 5218/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 4391/08
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine mietvertraglich geschuldete Vergütung als Entgelt für die Nutzung einer teilmöblierten Wohnung (hier: Einbauküche) gehört in vollem Umfang zu den Aufwendungen der Unterkunft gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Eine Kürzung der Regelleistung um den Vergütungsbetrag ist nicht zulässig.
1. Der Bescheid vom 10.05.2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 20.07.2008 und in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.09.2007 sowie der Änderungsbescheid vom 19.03.2008 werden abgeändert und der Beklagte verurteilt, dem Kläger weitere Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 64,43 EUR im Monat Juli sowie für die Zeit von August bis Dezember 2007 in Höhe von monatlich 13,00 EUR zu gewähren. 2. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers. 3. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt höhere Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Streitig ist die Höhe der zu übernehmenden Kosten für die teilweise möblierte Unterkunft des Klägers sowie die Berücksichtigung der Verpflegung während eines stationären Reha-Aufenthalts als Einkommen.

Der 1954 geborene Kläger bezieht seit Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II. Er bewohnt eine etwa 23 m² große Wohnung, für die er ursprünglich nach dem Mietvertrag vom 27.10.1997 einen Mietzins von monatlich 330 DM zuzüglich Nebenkosten ("Sammelheizung, Warmwasser, Fahrstuhl, Treppenreinigung, Sach- und Haftpflichtversicherung etc.") zu entrichten hatte. Ausweislich der zu Beginn des Bezugs von Arbeitslosengeld II durch den Vermieter ausgefüllten Mietbescheinigung vom 18.09.2004 beträgt die Gesamtmiete aktuell 230 EUR. Der Bescheinigung zufolge umfasst dieser Betrag auch die Kosten für Heizung in Höhe von 18 EUR monatlich, Kosten für Warmwasser in Höhe von 8 EUR monatlich, Kosten für einen Garagenplatz in Höhe von 30 EUR monatlich, Mieterumlagen für Kalt-, Abwasser und Müllgebühren in Höhe von 52 EUR monatlich sowie eine Vergütung für die Überlassung von Möbeln - hier: einer Einbauküche - in Höhe von 13 EUR monatlich.

Im Rahmen des SGB II-Leistungsbezugs bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit von März bis Juni 2007 mit Bescheid vom 26.01.2007 Arbeitslosengeld II in Höhe von 517,- EUR monatlich. In seinen Berechnungen ging der Beklagte zwar von der tatsächlichen Kaltmiete aus, brachte davon jedoch mit der Begründung vorhandener Teilmöblierung der Küche einen Betrag in Höhe von 13,- EUR monatlich in Abzug. Nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens erhob der Kläger beim Sozialgericht Freiburg gegen diesen Bescheid Klage (vgl. das insoweit geführte Klageverfahren S 2 AS 2467/07).

Am 09.05.2007 stellte der Kläger bei dem Beklagten Antrag auf Fortzahlung der Leistungen nach dem SGB II.

Mit Bescheid vom 10.05.2007 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit von Juli bis einschließlich Dezember 2007 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 396,25 EUR. Auch in diesem Fortzahlungsbescheid berücksichtigte der Beklagte Kosten der Unterkunft und Heizung unter Abzug eines Teilmöblierungsabschlags für die Einbauküche in Höhe von 13,00 EUR monatlich. Zudem nahm der Beklagte eine weitere Kürzung in Höhe von 120,75 EUR mit der Begründung vorhandener Einkünfte während eines Aufenthalts in einer Reha-Klinik für den Monat Juli 2007 vor.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Widerspruch ein, mit welchem er sich unter anderem gegen die anspruchsmindernde Berücksichtigung fiktiven Einkommens wegen Klinikaufenthalts sowie die Kürzung der zu bewilligenden Kosten für Unterkunft und Heizung durch einen Teilmöblierungsabschlag wandte.

Nachdem der Kläger am 18.07.2007 aus der Kur entlassen worden war, teilte die Beklagte ihm mit Änderungsbescheid vom 20.07.2007 mit, unter Berücksichtigung dessen würden nunmehr Leistungen nach dem SGB II für Juli in Höhe von 450,57 EUR sowie ab August in Höhe von 519,00 EUR monatlich bewilligt. Der Beklagte berücksichtigte Einkünfte aufgrund Aufenthalts in einer Reha-Klinik nunmehr nur noch für die Zeit vom 01.07. bis 17.07.2007 in Höhe von 68,43 EUR (120,75 EUR: 30 x 17), nahm jedoch unverändert einen Teilmöblierungsabschlag von 13,00 EUR monatlich vor. Auch gegen diesen Änderungsbescheid legte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Widerspruch ein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 05.09.2007 wies der Beklagte die erhobenen Widersprüche als unbegründet zurück. Gemäß der vom Kläger vorgelegten Mietbescheinigung setzten sich die monatlichen Miet- und Nebenkosten wie folgt zusammen:

Kaltmiete 111,00 EUR Betriebskosten (einschließlich Kabelanschluss) 52,00 EUR Heizung / Warmwasser 24,00 EUR Garage 30,00 EUR Einbauküche 13,00 EUR

Gesamtkosten 230,00 EUR

Die Kosten für die Einbauküche könnten dabei nicht übernommen werden. Zu Recht sei aber auch eine kostenlose Verpflegung während eines Klinikaufenthalts als Einkommen berücksichtigt worden. Der angegriffene Bescheid sei demnach nicht zu beanstanden.

Der Kläger hat daraufhin am 05.10.2007 beim Sozialgericht Freiburg auch gegen diese Entscheidung des Beklagten Klage erhoben, mit welcher er sich gegen die Berücksichtigung von Einkommen während seines Krankenhausaufenthaltes in der Zeit vom 01. bis 17. Juli 2007 als anspruchsmindernd sowie gegen die Vornahme eines Möblierungsabschlages in Höhe von 13,00 EUR monatlich gewandt.

Im Klageverfahren S 2 AS 2467/07 erfolgte sodann am 29.10.2007 die mündliche Verhandlung. In deren Rahmen schlossen die Beteiligten einen gerichtlichen Vergleich unter anderem mit dem Inhalt, dass der Beklagte im dort streitigen Zeitraum einen Teilmöblierungsabzug nicht mehr vornehme.

Mit Ausführungsbescheid vom 13.11.2007 gewährte der Beklagte für die Zeit von Januar bis Juni 2007 daraufhin Leistungen ohne Vornahme eines Möblierungsabschlags in Höhe von 13,00 EUR monatlich.

Für den im vorliegenden Klageverfahren streitigen Zeitraum von Juli bis Dezember 2007 hat der Beklagte ebenfalls einen Änderungsbescheid (den Bescheid vom 19.03.2008) erlassen, in welchem er seine Leistungsbewilligung aus anderen als den hier streitigen Gründen korrigiert hat; unverändert hat er jedoch auch in diesem Änderungsbescheid Kosten der Unterkunft nur unter Abzug eines Teilmöblierungsabschlags in Höhe von 13,00 EUR monatlich bewilligt. Zudem hat er weiterhin Einkünfte aufgrund eines Aufenthalts des Klägers in der Reha-Klinik vom 01.07.2007 bis 17.07.2007, nunmehr noch in Höhe von 51,43 EUR (90,75: 30 x 17), berücksichtigt.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

den Bescheid vom 10.05.2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 20.07.2007 und in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.09.2007 sowie den Änderungsbescheid vom 11.03.2008 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm weitere Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 64,43 EUR im Monat Juli sowie für die Zeit von August bis Dezember 2007 in Höhe von monatlich 13,00 EUR zu gewähren.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat ausgeführt, der Vergleich aus dem Verfahren S 2 AS 2700/07 habe einen anderen Streitgegenstand betroffen. Durch den Abzug von 13,00 EUR für die Einbauküche solle eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen erwerbsfähigen Hilfebedürftigen vermieden werden. Diejenigen, die keine Küche hätten und den Kauf der Möbel aus der Regelleistung finanzieren müssten, dürften nicht schlechter gestellt werden. Durch eine Berücksichtigung der 13,00 EUR für die Anmietung der Einbauküche im Rahmen der Kaltmiete hätte der Kläger offensichtlich einen Vorteil, was der Gesetzgeber nicht gewollt habe. Die Regelleistung umfasse gemäß der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2003 einen Betrag von 7,1 % unter anderem für Möbel. Dies entspreche 24,65 EUR monatlich. Die Anmietung der Küche in Höhe von 13,00 EUR monatlich sei mit diesem Betrag vollständig finanziert. Zudem werde an der Auffassung festgehalten, dass die in der Reha-Klinik genossene Verpflegung als geldwerte Einkunft und damit als anspruchsminderndes Einkommen zu berücksichtigen sei.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten und die Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig und begründet. Der angegriffene Bescheid vom 10.05.2007 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 20.07.2007 und in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.09.2007 sowie der Änderungsbescheid vom 19.03.2008, der gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden ist, sind rechtswidrig und verletzen den Kläger insoweit in seinen Rechten (vgl. § 54 Abs. 2 S. 1 SGG), als darin zu Unrecht ein monatlicher Teilmöblierungsabschlag von 13 EUR von den tatsächlichen Unterkunftskosten abgezogen wurde (dazu unter 1.) und zudem für die Dauer seines Aufenthalts in der Reha-Klinik mit der Begründung erlangten geldwerten Vorteils ein Betrag von 68,43 EUR als Einkommen angerechnet wurde (dazu unter 2.).

1. Nach § 19 Satz 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II. Materiell-rechtlich hängt damit der Anspruch des Klägers davon ab, ob es sich bei den von ihm geltend gemachten Mietkosten in Höhe von weiteren 13, - EUR monatlich um Aufwendungen für die Unterkunft handelt und bejahendenfalls die Aufwendungen für die Unterkunft insgesamt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Beides ist nach der Überzeugung der Kammer zu bejahen.

Anders als von dem Beklagten angenommen, ist insbesondere auch die in der Mietzahlung enthaltene Nutzungsentschädigung für eine Einbauküche vom Begriff der nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu übernehmenden Unterkunftskosten umfasst.

Der Kläger schuldet die Nutzungsentschädigung für die Küche aufgrund seiner mietvertraglichen Vereinbarung mit seinem Vermieter. Ausweislich der vom Vermieter vorgelegten Mietbescheinigung vom 18.09.2004 hat der Kläger eine Gesamtmiete in Höhe von 230 EUR monatlich zu entrichten, in der unter anderem auch ein Nutzungsentgelt für die Überlassung einer Einbauküche enthalten ist.

Die Kücheneinrichtung gehört damit zivilrechtlich zu der Mietsache gemäß § 535 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), deren Gebrauch der Vermieter dem Kläger zu gewähren hat. Denn zur Mietsache gehören grundsätzlich alle Bestandteile der Mietsache; die Miete erstreckt sich auch auf die Nebenkosten und erfasst ebenso die Gebrauchsüberlassung an Sachen wie Zubehör oder Haushaltsgeräte (so Weidenkaff, in: Palandt, BGB, 66. Auflage 2007, § 535 Rdn. 16). Damit aber stellt sich auch eine Nutzungsentschädigung für zur Verfügung gestellte Möbel, soweit dies Bestandteil des Mietvertrages ist, zivilrechtlich als Teil des Mietzinses dar. Dies gilt im Falle des Klägers umso mehr, als der ursprünglich vereinbarte Mietvertrag aus dem Jahr 1997 lediglich eine pauschale Kaltmiete ausweist, in der alle Mietposten, die nicht Nebenkosten sind, enthalten sein sollen. Die Pauschale für die Nutzung der Einbauküche, die der Vermieter in der seiner Mietbescheinigung aus dem Jahr 2004 angegeben hat, war lediglich ein Rechenposten in der vereinbarten Kalt-Gesamtmiete und ist schon deshalb aus zivilrechtlicher Sicht untrennbarer Gegenstand der Mietsache.

Es besteht kein Anlass, dies grundsicherungsrechtlich anders zu bewerten, also die Definition übernahmefähiger Unterkunftskosten (soweit es um Miet- und nicht Eigenheimkosten geht) vom zivilrechtlichen Begriff der Mietsache abweichend zu fassen (vgl. ebenso das LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.12.2007, Az. L 7 AS 19/07, juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.04.2008, Az. L 7 SO 5988/07, juris; vgl. im Ergebnis ebenso das LSG Bayern, Urteil vom 17.02.2006, Az. L 7 AS 6/06, juris; anderer Auffassung allerdings das SG Aachen, Urteil vom 29.05.2006, Az. S 11 AS 11/06, juris, sowie Piepenstock, in: jurisPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 22 Rdn. 37: "Aufwendungen für Hausrat"). Denn die Leistungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 1 SGB II erfassen im Regelfall den vollständigen Mietzins, den der erwerbsfähige Hilfebedürftige an seinen Vermieter zu zahlen hat. Das Recht zu einer "Teil-Kündigung" des Mietvertrages hinsichtlich der vorhandenen Möblierung steht dem Mieter zivilrechtlich nicht zu. Zudem beschränkt sich die Leistung für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II nicht auf die Zahlung der Kaltmiete. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift (Leistungen für Unterkunft), ferner aber auch aus ihrem Sinn und Zweck. Denn neben den in § 20 Abs. 1 SGB II beispielhaft genannten Bedarfen hat der erwerbsfähige Hilfebedürftige nach der Konzeption des SGB II einen Anspruch auf Deckung seines gesamten Bedarfs für eine Unterkunft. Regelmäßig wird dies nur die Wohnungsmiete selbst sein, jedoch ist dies nicht zwangsläufig so. Die Zielsetzung des § 22 Abs. 1 SGB II ist gegenüber unterschiedlichen Formen von Unterkunftskosten neutral (vgl. ebenso Rothkegel, in: Gagel, SGB III, Anhang SGB II, § 22 Rdn. 12, Stand: 30. Ergänzungslieferung 2007; vgl. weiter Lang / Link, in: Eicher / Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 22 Rdn. 16).

Im Hinblick darauf geht das Gericht von einem dem zivilrechtlichen Verständnis der Mietsache entsprechenden Begriff der Unterkunftskosten aus. Der vom Kläger zu entrichtende Mietzins war folglich durch den Beklagten auch in Höhe der vom Vermieter ausgewiesenen Vergütung von 13,- EUR monatlich für die vorhandene Einbauküche als Kosten der Unterkunft zu übernehmen.

Der Abzug des vom Vermieter ausgewiesenen Betrags für die Nutzung der Küche war auch nicht deswegen geboten, weil der Kläger anderenfalls eine doppelte Leistung erhalten würde. Insbesondere liegt in der Übernahme auch der Möblierungspauschale entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz - GG -). Es erfolgt insbesondere keine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Arbeitsuchenden, die eine nicht möblierte Wohnung angemietet haben.

Zwar umfasst die dem Kläger gleichfalls bewilligte Regelleistung nach § 20 Abs. 1 SGB II auch einen Bedarf an "Hausrat" und damit auch Aufwendungen für die Einbauküche. Dabei handelt es sich aber um eine pauschale Leistung, welche die beispielhaft genannten Bedarfe typisierend erfasst. Werden im Einzelfall also durch die Leistungen für Unterkunft des § 22 SGB II Bedarfe (zum Teil) befriedigt, die bereits von der Regelleistung des § 20 SGB II abgedeckt werden, ist dies als Konsequenz der Typisierung nicht zu korrigieren, sondern als Abweichung im Einzelfall hinzunehmen (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, U. v. 13.12.2007, a.a.O., a.A. noch LSG Nordrhein-Westfalen B. v. 23.06.2005 - L 9 B 23/05 - juris). Eine Aufspaltung der durch Gesetz festgelegten einheitlichen Regelleistung in eine Vielzahl von Einzelbedarfen hat der Gesetzgeber des SGB II konzeptionell nicht gewollt (vgl. Berlit, NDV 2006, S. 5, 15).

Dem steht nicht entgegen, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) aus den Kosten für Unterkunft und Heizung die an sich zu diesen gehörenden Kosten der Warmwassererzeugung herauszurechnen sind, weil diese bereits in der Regelleistung enthalten seien (BSG, Urteil vom 27.02.2008, Az. B 14/7b AS 64/06 R, juris). Denn der hier interessierende Bedarf für Hausrat unterscheidet sich von dem Bedarf für die Warmwassererzeugung wesentlich dadurch, dass § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB III besondere Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung (einschließlich Haushaltsgeräten) vorsieht. Diese Leistungen sind ausdrücklich nicht von der Regelleistung umfasst. Hierzu gehören alle Einrichtungsgegenstände, die für die geordnete Haushaltsführung notwendig sind (vgl. Lang/Blüggel, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2007, § 23 Rdnr. 99), so dass auch Hausrat davon umfasst ist. Der Gesetzgeber zeigt damit, dass der mit der Regelleistung typisierend abgedeckte Bedarf an Hausrat nicht auch die Erstausstattung an Hausrat umfasst. Damit sind - anders als bei den Aufwendungen für die Warmwassererzeugung - nicht alle Aufwendungen für Hausrat aus der Regelleistung zu decken; es verbleibt im Wesentlichen der Aufwand für Ergänzung und Erhaltung des bereits vorhandenen Hausrats.

Vor allem aber hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen in seiner Entscheidung vom 13.12.2007 (a. a. O.) insoweit zu Recht darauf verwiesen, dass es sich bei der doppelten Bedarfsdeckung bezogen auf die Warmwasserkosten um ein im Regelfall auftretendes Phänomen handelt, das ausnahmsweise eine - wiederum gegenteilig abweichende - Typisierung durch die Rechtsprechung erlaubt. Auf die Frage nach der Übernahmefähigkeit auch eines Möblierungsanteils einer Miete ist diese Rechtsprechung auch deshalb nicht anwendbar; insoweit ist kein typisches, im Regelfall immer gleich gelagertes Massenphänomen gegeben, sondern es liegen stets Einzelfallkonstellationen zugrunde, die eine "Gegentypisierung" nicht erlauben. Diese Einschätzung gilt umso mehr, als auch das BSG unlängst in seinem Urteil vom 19.03.2008 (Az. B 11 B AS 31/06 R, bislang ebenfalls nur als Pressemitteilung vorliegend) entschieden hat, dass mietvertraglich vereinbarte Zuschläge für Schönheitsreparaturen zu den Kosten für die Unterkunft gehören und dass auch insoweit kein in der Regelleistung enthaltener Anteil für "Instandhaltung und Reparatur der Wohnung" in Abzug zu bringen ist (darauf hat auch das LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.04.2008, a. a. O., zu Recht hingewiesen).

Das Gericht geht daher davon aus, dass Nutzungskosten für Möbel als Bestandteil des Mietzinses grundsätzlich als Kosten der Unterkunft ohne Verstoß gegen die Verfassung zu übernehmen sind. Lediglich ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass die anders lautende Auslegung in der Praxis zudem zu unhaltbaren Ergebnissen führte. Ein Mieter müsste z. B. möglicherweise sein Leben lang auf die - im Mietzins enthaltene - Möblierungspauschale verzichten, obwohl ein der Möbelanschaffung entsprechender Betrag schon lange gegenfinanziert wäre. Umgekehrt würde ihm der kommunale Träger aber wohl kaum den Umzug in eine teurere Wohnung finanzieren, da der Hilfebedürftige grundsätzlich - d. h. gemessen an dem Kaltmietpreis - bereits angemessen wohnt. Weiter wäre kaum denkbar, dass der kommunale Träger von jemandem, der tatsächlich unangemessen teuer wohnt, nicht verlangen würde, in eine billigere, aber möblierte Wohnung umzuziehen. Dies aber bedeutete für denjenigen, der unter Umständen bereits eigene Möbel hat, also eigentlich nicht ansparen müsste, seine eigenen Möbel abgeben und trotzdem monatlich auf einen Betrag für "Ansparungskosten" verzichten zu müssen. Auch diese Erwägungen machen deutlich, dass die Frage, ob und in welcher Höhe Möblierungskosten als Unterkunftskosten anfallen, einzelfallbezogene Fragen sind, auf die mit Blick auf die vom Gesetzgeber eingeführte Leistungspauschalierung gerade nicht mehr einzugehen ist.

Schließlich sei angeführt, dass die Rechtsauffassung der Kammer auch für den Grundsicherungsträger nicht zu unhaltbaren Ergebnissen führt. Der Grundsicherungsträger muss gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II grundsätzlich immer nur die angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft erbringen. Für ihn ist es demnach unerheblich, ob in diesen Aufwendungen nur die Miete für den Wohnraum an sich oder auch die Miete für Mobiliar enthalten ist. Denn führt die Miete für das Mobiliar dazu, dass die Aufwendungen überschritten werden, die nach der sogenannten Produkttheorie für die Unterkunft angemessen sind (vgl. hierzu das BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az. B 7 B AS 18/06 R, zitiert nach juris), hat der Grundsicherungsträger diese Aufwendungen grundsätzlich nicht zu tragen.

Vorliegend stellt sich der mietvertraglich vereinbarte Kaltmietzins in Höhe von 154,- EUR (Grundkaltmiete von 111,- EUR zuzüglich Möblierungspauschale von 13,- EUR und Garagenkosten von 30,- EUR) als grundsätzlich angemessen dar. Für den Stadtbereich Kehl geht der Beklagte üblicherweise von einer angemessenen Mietobergrenze von 216,45 EUR (4,81 EUR x 45 m²) monatlich für eine einzelne Person aus. Hinter diesem Betrag bleibt der vom Kläger geschuldete Mietzins auch ohne den Abzug einer Möblierungspauschale deutlich zurück.

Nach allem waren dem Kläger Kosten der Unterkunft ohne den Abzug einer Möblierungspauschale von 13,00 EUR monatlich zu bezahlen.

2. Für den Monat Juli 2007 war der Beklagte zudem zur Zahlung eines weiteren Betrages von 51,43 EUR zu verurteilen. Zu Unrecht hat er in diesem Monat die dem Kläger zu bewilligende Regelleistung um den entsprechenden Betrag mit der Begründung gekürzt, der Kläger habe in dieser Höhe einen als Einkommen anzurechnenden geldwerten Vorteil während der Dauer seines stationären Reha-Aufenthalts in Form gesparten Verpflegungsaufwands erlangt.

Das BSG hat in seiner jüngsten Rechtsprechung entschieden, dass das SGB II eine Reduzierung der Regelleistung auf der Grundlage einer individuellen Bedarfsermittlung nicht zulässt, weil die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts pauschalierenden Charakter hat und dies sowohl die Berücksichtigung individuell geringerer als auch höherer Bedarfe ausschließt. Es hat aber weiter zudem ausgeführt, dass bis zum 01.01.2008 - und damit bezogen auch auf den hier streitigen Monat Juli 2007 - die Grundbestandteile der Regelleistung grundsätzlich auch nicht als Einnahmen bedarfsmindernd berücksichtigt werden dürfen. Denn jedenfalls bis dahin habe es für ein solches Vorgehen noch keine Rechtsgrundlage gegeben; insbesondere lasse § 2b Alg II-Verordnung iVm der Sachbezugsverordnung die Berücksichtigung von Krankenhausverpflegung als Einkommen nicht zu (so das BSG in seiner Entscheidung vom 18.06.2008, Az. B 14 AS 22/07 R, bislang nur als Pressemitteilung vorliegend).

Ausgehend von dieser Rechtsprechung, der die Kammer uneingeschränkt folgt, waren dem Kläger für den Monat Juli noch weitere 51,43 EUR zuzusprechen. Für die von dem Beklagten vorgenommene Einkommensanrechnung findet sich weder im SGB II noch in der ALG II-Verordnung eines gesetzliche Grundlage.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Berufung war nach Auffassung der Kammer wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zuzulassen. Eine Rechtssache hat dann grundsätzliche Bedeutung, wenn für den Rechtsstreit eine Rechtsfrage erheblich ist, die klärungsbedürftig und klärungsfähig ist und eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt. Die hier entscheidungserhebliche Frage, ob die Kosten der Unterkunft bei Anmietung einer möblierten Wohnung gekürzt werden dürfen, ist in der Rechtsprechung bislang nicht abschließend geklärt, aber klärungsfähig betrifft eine Rechtsfrage grundsätzlicher Art, die bislang höchstrichterlich nicht geklärt ist, aber im Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Rechtsprechung und Fortentwicklung des Rechts einer solchen Klärung bedarf.
Rechtskraft
Aus
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