L 7 B 512/08 AS ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 42 AS 1003/08 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 B 512/08 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts München vom 16. Mai 2008 aufgehoben und der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

II. Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 16. Mai 2008 wird zurückgewiesen.

III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten wegen der Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.

Die Antragstellerin, Beschwerdegegnerin und gleichzeitige Beschwerdeführerin zu 1 (Bg. zu 1) ist 40 Jahre alt und Diplom-Kauffrau. Sie arbeitete bei der M. AG in N ... Am 05.12 und 19.12.2006 sprach der Arbeitgeber Kündigungen aus. Arbeitslosengeld bezog die Bg. zu 1 vom 24.05.2007 bis 22.02.2008.

Am 28.02.2008 stellte sich die Bg. zu 1 bei der Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin und gleichzeitigen Beschwerdegegnerin (Bf.) vor und gab ihre Notlage bekannt. Die Bf. übersandte der Bg. zu 1 am gleichen Tag die Antragsformulare und setzte für deren Einreichung eine Frist bis 10.03.2008. Neben dem ausgefüllten Antrag forderte die Bf. diverse Unterlagen als Nachweise für Bedarf, Einkommens- und Vermögensverhältnisse an.

Am 11.03.2008 reichte die Bg. zu 1 den ausgefüllten Antrag ein. Sie gab an, sie würde sich in der 35. Schwangerschaftswoche befinden. Weiter legte sie u.a. folgende Unterlagen vor: Wohnungsmietvertrag (Beginn des Mietverhältnisses 01.12.2007, 3-Zimmer-Wohnung, Wohnfläche 82,5 qm, tatsächliche Kosten für Unterkunft und Heizung 840 Euro monatlich), Vertragsbestätigung und Abschlagsrechnung des F. Energieversorgers, Investmentkontoauszug und Jahresabrechnung D. Investments, Bescheinigung der A. zu einer Rentenversicherung, Bescheinigung der H. zu einer Krankenversicherung/Pflegeversicherung, Versicherungsschein A. Rechtsschutzversicherung, Kontoauszüge (Girokonto, Zahlungsbewegungen vom 28.12.2007 bis 21.02.2008). Weiter reichte sie einen Untermietvertrag ein, wonach sie dem als Untermieter bezeichneten R ein möbliertes Zimmer mit einer Wohnfläche von 13 qm zur alleinigen Nutzung zu einem Mietzins von monatlich 350 Euro untervermiete; Bad, Küche und Abstellraum würden gemeinsam genutzt.

Am 13.03.2008 führte die Bf. bei der Bg. zu 1 in deren Wohnung Ermittlungen durch. In dem Protokoll des Sozialermittlers ist Folgendes festgehalten: R sei ebenso wie die Bg. zu 1 anwesend gewesen, habe aber sofort die Wohnung verlassen. Die Bg. zu 1 habe angegeben, sie sei von R schwanger. R würde durchaus die Vaterschaft anerkennen. Dennoch habe man nur ein Mietverhältnis miteinander. Eine eheähnliche Gemeinschaft sei nicht gegeben.

Mit Schreiben vom 12.03. und vom 17.03.2008 forderte die Bf. weitere Unterlagen an. Darauf reagierte die Bg. zu 1 jeweils, indem sie u.a. die gewünschten Kontoauszüge vorlegte.

Mit Bescheid vom 07.04.2008 - adressiert an die Bg. zu 1 und R - lehnte die Bf. "die Gewährung von laufender Hilfe zum Lebensunterhalt" ab. Im Folgenden führte die Bf. in dem Bescheid aus, inwiefern die Bg. zu 1 und R ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen seien; sie nannte als Rechtsgrundlage § 66 SGB I. Ihre Entscheidung, so die Bf. weiter, sei auch ermessensgerecht.

Am 10.04.2008 brachte die Bg. zu 1 den Bg. zu 2 zur Welt.

Gegen den Bescheid vom 07.04.2008 legten die Bg. mit Schreiben vom 22.04.2008 Widerspruch ein. Sie tragen vor, sie hätten alle erforderlichen Unterlagen eingereicht.

Mit Schriftsatz vom 24.04.2008 (Eingang beim Sozialgericht am 25.04.2008) haben die Bg. beim Sozialgericht München beantragt, die Bf. im Wege der einstweiligen Anordnung zur Gewährung von Leistungen ab dem 01.04.2008 zu verpflichten.

Mit Beschluss vom 16.05.2008 hat das Sozialgericht der Bf. im Wege der einstweiligen Anordnung auferlegt, den Bg. Leistungen ab dem 25.04.2008 bis zur bestandskräftigen Entscheidung über den Antrag vom 28.02.2008, längstens aber bis 31.07.2008, in Höhe von 751 Euro monatlich zu gewähren. Das Sozialgericht hat seine Entscheidung maßgeblich darauf gestützt, R gehöre nicht zur Bedarfsgemeinschaft. Keiner der in § 7 Abs. 3a SGB II aufgeführten Vermutungstatbestände würde greifen; insbesondere dürfe noch nicht davon ausgegangen werden, die Bg. zu 1 und R würden mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben. Selbst wenn R als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft behandelt würde, hätte die Bf. zu wenig unternommen, um die Hilfebedürftigkeit der Bg. zu ermitteln. Eine ablehnende Entscheidung dürfe erst erfolgen, wenn die Ermittlungen der Bf. zu keinem Ergebnis geführt hätten. Dabei müssten alle der Bf. möglichen Ermittlungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des R unmittelbar bei diesem durchgeführt werden.

Am 29.05.2008 sprach die Bg. zu 1 bei der Bf. vor, um einen Vorschuss zu beantragen. Das lehnte die Bf. mit der Begründung ab, sie würde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Beschwerde einlegen. Laut Gesprächsvermerk habe der Sachbearbeiter versucht, die Bg. zu 1 dazu zu bewegen, die erforderlichen Unterlagen des R vorzulegen, ohne dass insoweit mittels Bescheid gegen R vorgegangen werden müsste; dies würde wesentlich schneller gehen. Die Bg. zu 1 habe dies unter Bezugnahme auf den Beschluss des Sozialgerichts vehement abgelehnt. Am 29.05. bzw. 02.06.2008 fragte die Bf. beim Verband Deutscher Rentenversicherungsträger wegen eines eventuellen Arbeitsverhältnisses des R an; eine Antwort liegt offenbar noch nicht vor.

Mit Bescheid vom 04.06.2008 lehnte die Bf. den Antrag der Bg. zu 1 vom 28.02.2008 ab, ohne sich auf § 66 SGB I zu stützen. Angesichts des Fehlens von Unterlagen, so die Bf., könne die Hilfebedürftigkeit nicht festgestellt werden. Daher komme auch kein Vorschuss in Betracht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17.06.2008 wies die Bf. den Widerspruch vom 22.04.2008 als unbegründet zurück.

Gegen den Beschluss des Sozialgerichts richtet sich die mit Schriftsatz vom 17.06.2008 eingelegte Beschwerde der Bf ... Mit Schreiben vom 17.03.2008, so die Bf. zur Begründung, sei auch R selbst aufgefordert worden, die von ihm benötigten Unterlagen bis 01.04.2008 einzureichen. Eine telefonische Anfrage beim Standesamt habe ergeben, dass R am 23.04.2008 die Vaterschaft für den Bg. zu 2 anerkannt habe. Die Bf. argumentiert, die Voraussetzungen für eine Versagung nach § 66 SGB I hätten vorgelegen. Ein Anordnungsanspruch fehle auch deswegen, weil mittlerweile der Antrag vom 28.02.2008 mit Bescheid vom 04.06.2008 abgelehnt worden sei.

Die Bg. haben mit Schriftsatz vom 30.06.2008 ebenfalls Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, aus dem Beschluss des Sozialgerichts die Vollstreckung zu betreiben. Zudem begehren sie auch Leistungen für den Zeitraum 01.04. bis 24.04.2008. Da sie von der Bf. noch immer keinerlei Leistungen erhalten hätten, hätte sich ihre finanzielle Situation dramatisch verschlechtert. Insbesondere das Krankenversicherungsverhältnis der Bg. zu 1 sei ungeklärt.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten der Bf. sowie die Akten des Sozialgerichts und des Bayerischen Landessozialgerichts verwiesen. Diese waren alle Gegenstand der Entscheidungsfindung.

II.

Die zulässige Beschwerde der Bf. ist im Ergebnis begründet. Dagegen ist die Beschwerde der Bg. unbegründet.

Die Bg. zu 1 hat mit Schriftsatz vom 01.07.2008 mitgeteilt, sowohl sie als auch R hätten nunmehr die für die Leistungsberechnung erforderlichen Unterlagen bei der Bf. eingereicht. Streng genommen wäre damit ein Anordnungsgrund im Sinn einer gegenwärtigen und dringlichen Notlage grundsätzlich entfallen. Denn es steht zu erwarten, dass die Bf. alsbald eine abschließende Entscheidung in der Sache trifft. Der Senat muss diese Entwicklung grundsätzlich auch berücksichtigen, da maßgebender Zeitpunkt für seine rechtliche Beurteilung derjenige ist, zu dem die Entscheidung ergeht. Das würde bedeuten, dass der Beschluss des Sozialgerichts allein wegen dieser Änderung der Sachlage aufzuheben und der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abzulehnen wäre.

Diese Vorgehensweise im Beschwerdeverfahren - das alleinige Abstellen auf die nachträgliche Änderung der Sachlage - erscheint aber dann untunlich, wenn die Behörde in der ersten Instanz bereits zu vorläufigen Leistungen verpflichtet worden ist. Da der Beschwerde der Behörde prinzipiell keine aufschiebende Wirkung zukommt, muss grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass diese der Anordnung des Sozialgerichts entsprochen hat. In diesem Fall sollte es nicht allein deshalb, weil nachträglich eine gegenwärtige dringliche Notlage weggefallen ist, zu einer Rückzahlung bereits empfangener Leistungen vor der rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache kommen. Eine Aufhebung des zusprechenden erstinstanzlichen Beschlusses erscheint nur dann gerechtfertigt, wenn bereits vor der nachträglichen Änderung der Sachlage der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht in Betracht gekommen ist.

Eine solche Konstellation liegt hier vor, so dass der Senat bei seiner Entscheidung bezüglich vergangener Zeiträume nicht auf den nachträglichen Wegfall einer gegenwärtigen dringenden Notlage rekurriert. Daran ändert nichts, dass die Bf. allem Anschein nach noch keine Leistungen an die Bg. ausbezahlt hat. Denn diese Vorgehensweise ist rechtswidrig. Die Bf. wäre vielmehr gehalten gewesen, den Beschluss des Sozialgerichts umzusetzen. Ihre Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung (vgl. § 175 SGG); weder liegt eine Entscheidung des Sozialgerichts nach § 175 Satz 3 SGG vor noch hat die Bf. einen Antrag nach § 199 Abs. 2 SGG gestellt. Die Bg. sind daher im Beschwerdeverfahren so zu behandeln, als hätte die Bf. ihnen auf der Grundlage des Beschlusses des Sozialgerichts Leistungen gewährt.

Dennoch kann die Entscheidung des Sozialgerichts keinen Bestand haben. Denn auch wenn die Bg. zu 1 und R die notwendigen Unterlagen nicht nachträglich eingereicht hätten, hätte der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt werden müssen. Soweit es allerdings um Leistungen für die Zeit ab Juli 2008 geht, ist der nachträgliche Wegfall einer gegenwärtigen dringlichen Notlage aufgrund der Nachholung der erforderlichen Mitwirkung relevant und schließt einen Anspruch auf vorläufige Leistungen per se aus. Im Übrigen ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen, weil das über längere Zeit hinweg bestehende Aufklärungsdefizit den Bg. zuzurechnen ist; das führt dazu, dass sie keinen Anspruch auf vorläufige Leistungen zur "Überbrückung" haben.

Zunächst bedarf der Klarstellung, welche Regelungslage besteht. Mit Bescheid vom 07.04.2008 hat die Bf. gemessen am objektiven Empfängerhorizont den Leistungsantrag vom 28.02.2008 nicht "abgelehnt", wie sie im Bescheid geschrieben hat, sondern Leistungen nach § 66 Abs. 1 SGB I versagt. Diese Regelung steht aber nicht mehr im Raum. Denn mit Bescheid vom 04.06.2008 hat die Bf. den Antrag in der Sache abgelehnt. Das ergibt sich aus der Formulierung, der Antrag werde wegen fehlender Berechtigung abgelehnt; auf die Vorschriften der §§ 60 ff. SGB I ist die Bf. dabei mit keinem Wort eingegangen. Vielmehr nimmt sie offenbar eine Non-liquet-Situation an, die sich nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast zum Nachteil der Bg. auswirke.

Es bedarf an dieser Stelle keiner Erörterung, ob der Bescheid vom 04.06.2008 gemäß § 86 SGG Bestandteil des Widerspruchsverfahrens geworden ist (vgl. zur entsprechenden Problematik zu § 96 SGG einerseits Bayerisches LSG, Urteil vom 16.12.2004 - L 9 AL 207/00; andererseits Bayerisches LSG, Urteil vom 28.03.2002 - L 9 AL 399/99, LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 06.02.2003 - L 15 AL 15/01). Jedenfalls hat sich der Bescheid vom 07.04.2008, der ja nur eine verfahrensrechtliche Regelung traf, durch die endgültige Entscheidung in der Sache vom 04.06.2008 erledigt; denn es besteht insoweit keine "Restbeschwer" der Bg. mehr. Somit bedarf es von Seiten des Senats keiner Entscheidung, ob die Bg. mit ihrem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz möglicherweise auch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 22.04.2008 beantragt haben. Streitgegenstand im Beschwerdeverfahren ist nunmehr ausschließlich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Zwar sind der Bf. im Lauf des bisherigen Verfahrens einige Fehler unterlaufen: Zum Einen war die Aufforderung vom 17.03.2008, soweit sie R betraf, zu unbestimmt; denn dieser wird lediglich im Adressenfeld genannt, während die Anrede sich auf die Bg. zu 1 beschränkt; somit ist nur dieser eine Verpflichtung, entsprechend mitzuarbeiten, auferlegt worden. Insoweit ist zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. BSGE 72, 118 ; SozR 1200 § 66 SGB I Nr. 13, S. 14) Auskünfte zu den Verhältnissen Dritter nur in sehr eingeschränktem Umfang verlangt werden können; dies wird die Bf. bei möglichen weiteren an die Bg. zu 1 gerichteten Anforderungen von Unterlagen zu beachten haben. Auf Versäumnisse Dritter lässt sich eine Versagung oder Entziehung nach § 66 SGB I nicht stützen, sofern keine besonderen Zurechnungstatbestände (z.B. Vertretung) existieren. Weiter spricht viel dafür, dass der Bescheid vom 04.06.2008, mit dem der Antrag vom 28.02.2008 in der Sache abgelehnt worden ist, rechtswidrig ist. Denn es muss davon ausgegangen werden, dass eine Non-liquet-Situation noch nicht vorgelegen hat. Nur so lässt es sich nämlich erklären, dass die Bf. trotz angeblicher Unaufklärbarkeit mit Schreiben vom 17.06.2008 sich nochmals direkt an R gewandt hat, um von diesem die erforderlichen Informationen zu erhalten. Die Bf. nimmt also selbst keine Unaufklärbarkeit an. Zudem hätte die Bf., nachdem sich der Bescheid vom 07.04.2008 durch den Bescheid vom 04.06.2008 erledigt hatte, nicht mehr über den Widerspruch vom 22.04.2008 in der Sache entscheiden dürfen.

Trotzdem kann dem Antrag der Bg. nicht entsprochen werden. Denn es kommt allein darauf an, ob ein Leistungsanspruch der Bg. (vor der nachträglichen Einreichung von Unterlagen durch die Bg. zu 1 und R) so wahrscheinlich gewesen ist, dass es - insbesondere unter Berücksichtigung der überragenden Bedeutung einer ausreichenden Existenzsicherung gerade für Mutter und Kind - geboten erscheint, vorläufige Leistungen zuzuerkennen. Das ist entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht der Fall.

Die Entscheidung des Sozialgerichts ist im Wesentlichen darauf gestützt, dass die Zugehörigkeit des R zur Bedarfsgemeinschaft nicht geklärt sei. Das ist nunmehr, nachdem R die Vaterschaft anerkannt hat, anders. Denn es greift der Vermutungstatbestand des § 7 Abs. 3a Nr. 2 SGB II. Für eine Widerlegung der Vermutung existieren keinerlei Anhaltspunkte. Nach dem Eindruck des Senats vermeidet es die Bg. zu 1 vielmehr, sich über ihre Beziehung zu R zu äußern. Somit deutet alles darauf hin, dass R sein Einkommen und Vermögen für die Bg. einzusetzen hat.

Ungeklärt ist bis zur nachträglichen Einreichung von Unterlagen durch die Bg. zu 1 und R gewesen, in welchem Umfang das der Fall ist. Denn die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des R haben sich weiterhin im Dunkeln befunden. Die Sache ist noch nicht entscheidungsreif gewesen. Damit stellt sich die zentrale Frage, ob es angezeigt gewesen ist, den Bg. zur Überbrückung - bis zum Abschluss der Ermittlungen - vorläufig Leistungen zu gewähren. Auch wenn bei Leistungen zur existenziellen Basissicherung insoweit allgemein ein großzügiger Maßstab anzulegen ist, so muss dies hier doch verneint werden. Denn bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände drängt sich der Eindruck auf, dass die Bg. 1 die Verzögerungen bei den Ermittlungen maßgeblich mit verursacht hat.

Dabei lässt der Senat dahin stehen, inwieweit die Bg. zu 1 erforderliche Unterlagen zu ihren eigenen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen noch nicht vorgelegt hatte. Unbestreitbar haben indes jegliche Informationen zu denen des R gefehlt. Das müssen sich die Bg. im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auch zurechnen lassen. Denn allem Anschein nach ist die Bg. zu 1 fast bis zuletzt nicht gewillt gewesen, auf R einzuwirken, damit dieser seine maßgeblichen Verhältnisse offenbart, obwohl sie dazu in der Lage gewesen wäre. Sie hat nicht den Eindruck erweckt, Leidtragende der Passivität des R gewesen zu sein. Das dokumentiert insbesondere ihr Verhalten im Rahmen der Vorsprache bei der Bf. am 29.05.2008. Gemäß dem Gesprächsvermerk habe sie sich "vehement" geweigert, R zur Offenlegung zu bewegen. Sie hat sich vielmehr darauf berufen, nach dem Beschluss des Sozialgerichts stünden ihr Leistungen ohnehin zu; dabei hat die Bg. 1 aber verkannt, dass es sich bei dem Beschluss des Sozialgerichts nur um eine vorläufige Regelung handelt, welche die materielle Rechtslage nicht beeinflusst. Auffallend ist weiter, dass die Bg. zu 1 sich zu den beruflichen und finanziellen Verhältnissen des R nach Lage der Akten überhaupt nicht geäußert hat, obwohl dies aus ihrer Sicht nahe gelegen hätte. Hätte R kein oder nur wenig Erwerbseinkommen, würde es sich geradezu aufdrängen, dies auch als Argument vorzubringen. Berücksichtigt man, dass die Bg. nun seit immerhin Februar ohne Leistungen sind, mutet auch ungewöhnlich an, dass es der Bg. zu 1, legt man ihre Beschwerdeschrift zugrunde, in erster Linie um den Krankenversicherungsschutz, weniger aber um die doch primäre existenzielle Bedarfssicherung geht.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht weiter anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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