L 7 B 743/08 AS ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 52 AS 1611/08 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 B 743/08 AS ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts München vom
8. August 2008 wird die Beschwerdegegnerin verpflichtet, den Beschwerde-
führern vorläufig bis 30.09.2008 monatlich 720,- EUR zu zahlen.

Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführern die außergerichtlichen
Kosten des Antrags- und Beschwerdeverfahrens zu erstatten.



Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin (Bg) bewilligte den Antragstellern und Beschwerdeführern (Bf) mit Bescheid vom 08.05.2008 Alg II für die Zeit vom 01.04. bis 30.06.2008 als vorläufige Leistung in Höhe von monatlich 720,- EUR. Den u.a. wegen der Dauer der Bewilligung eingelegten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 24.06.2008 als unbegründet zurück. Da zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses der Arbeitsvertrag sowie eine Selbsteinschätzung über die zu erwartenden Einnahmen und eine Bescheinigung über den aktuellen Rückkaufwert der Lebensversicherung nicht vorgelegen hätten, sei die Leistung vorläufig für einen 3-Monatszeitraum bewilligt worden.

Am 04.07.2008 haben die Bf am Sozialgericht München (SG) einstweiligen Rechtsschutz beantragt und die Weiterbewilligung der Leistung über den 30.06.2008 hinaus geltend gemacht. Mit Beschluss vom 08.08.2008 hat das SG den Antrag abgelehnt. Die Bf hätten zuletzt am 11.03.2008 einen vollständigen Antrag vorgelegt. Trotz mehrmaliger Aufforderung und Erinnerung, zeitgerechte Unterlagen und einen neuen Antrag auf Weiterbewilligung einzureichen, hätten sie die ausgefüllten Antragsformulare nicht vorgelegt.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Bf, die geltend machen, die Hilfebedürftigkeit durch eine beim Amtsgericht B-Stadt im Juni 2008 abgegebene eidesstattliche Versicherung durch die Bf zu 1) nachgewiesen zu haben. Sie seien mit drei Monatsmieten im Rückstand, weshalb Räumungsklage drohe.

Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist insoweit begründet, als den Bf vorläufig bis 30.09.2008 Leistungen in der bisher bewilligten Höhe zu gewähren sind. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86b Abs.2 SGG liegen insoweit vor.

Ein Anordnungsgrund ist mit dem Hinweis auf den Rückstand von drei Monatsmieten ausreichend glaubhaft gemacht. Auch ein Anordnungsanspruch ist ausreichend glaubhaft gemacht.

Bezüglich letzterem ist abzuwägen zwischen den Folgen, die sich für die Bf aus einer unberechtigten Leistungsverweigerung ergeben, mit den Folgen, die sich für die Bg aus einer Verpflichtung zur vorläufigen Leistungsbewilligung ergeben. Hierbei ist dem Interesse der Bf der Vorzug zu geben.

Ein Antrag im Sinne des § 37 SGB II liegt für die Zeit ab 01.07.2008 vor. Es kann dahinstehen, ob für die Zeit nach Ablauf eines Bewilligungsabschnittes ein neuer Antrag im Sinne des § 37 SGB II erforderlich ist (vgl. Link in Eicher/Spellbrink SGB II, 2. Auflage, Rdnr.19 zu § 37). Denn einen solchen Antrag haben die Bf zweifellos gestellt, da sie ja geltend machen, ihr Antrag vom 11.03.2008 beziehe sich auch auf die Zeit nach dem 30.06.2008, sie zudem mit ihrem Widerspruch Leistung über den 30.06.2008 hinaus begehren. Die Verwendung der von der Bg übersandten Antragsvordrucke ist nicht Voraussetzung für die Antragstellung als solche (Link, Rdnr. 20, a.a.O.). Dennoch sind die Bf gehalten, der Bg die Erfüllung ihrer Aufgaben, insbesondere Feststellung der Hilfebedürftigkeit, zu erleichtern und sich hierzu der Antragsvordrucke zu bedienen.

Im vorliegenden Fall liegen gegenwärtig jedenfalls keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sich an der Situation der Bf, was die Hilfebedürftigkeit betrifft, nach dem 30.06.2008 etwas geändert hat. Zu der Begründung der Bg für die nur dreimonatige Bewilligung, nämlich eine angekündigte selbständige Tätigkeit der Bf und die Ermittlung der hieraus erzielten Einnahmen, hat die Bf zu 1) schlüssig Stellung genommen dahingehend, dass eine solche selbständige Tätigkeit bisher nicht aufgenommen wurde. Im Übrigen verweist sie auf eine im Juni 2008 beim Amtsgericht B-Stadt abgegebene eidesstattliche Erklärung. Diese Hinweise erscheinen ausreichend, um vorläufigen Rechtsschutz zu begründen, bedürfen aber der Nachweise durch die Bf und abschließender Überprüfung durch die Bg, ggf. in einem Hauptsacheverfahren.

Einer gerichtlichen Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz steht nicht das Fehlen einer Verwaltungsentscheidung der Bg entgegen, da die Bf sich ja gegen die ergangenen Bescheide mit der Begründung wenden, auf ihren Antrag vom 11.03.2008 hin hätte die Leistung bis 30.09.2008 bewilligt werden müssen. Im Übrigen ist einstweiliger Rechtsschutz auch bei Fehlen einer Verwaltungsentscheidung angebracht, wenn sich das Begehren gerade dagegen richtet, dass auf einen Antrag keine Entscheidung ergangen ist. Auch dies ist hier einschlägig.

Die von den Bf ebenfalls erhobenen Einwendungen bezüglich der Höhe der Leistung sind im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens zu klären; dies ist nicht der Zweck des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes. Die von der Bg vorläufig zu erbringenden Leistungen sind ausreichend, um unzumutbare, durch eine Hauptsacheentscheidung nicht wieder gut zu machende Nachteile abzuwenden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht weiter anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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