L 8 B 943/08 SO ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 15 SO 103/08 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 B 943/08 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 11. September 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.
Im vorliegenden Eilverfahren geht es um die Frage, ob der Antragsgegner (Ag) im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten ist, die mit dem Schulbesuch der Antragsteller (Ast) im Schuljahr 2008/2009 verbundenen Kosten zu übernehmen.
Die im Jahre 1997 und 2000 geborenen Ast und ihre Mutter beziehen Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II - SGB II - von der ARGE Unterallgäu.
Am 22.08.2008 beantragten sie beim Ag die Übernahme der mit ihrem Schulbesuch im Schuljahr 2008/2009 verbundenen (näher bezeichneten) Kosten. Mit Schreiben vom 28.08.2008 teilte der Ag der Bevollmächtigten der Ast mit, dass Leistungen der Sozialhilfe nachrangig seien, und zwar grundsätzlich auch gegenüber anderen Sozialleistungen. Die Ast müssten durch entsprechenden Ablehnungsbescheid der ARGE Unterallgäu nachweisen, dass die Schulkosten von diesem Leistungsträger nicht übernommen werden könnten. Es werde deshalb anheimgestellt, den beiliegenden Sozialhilfeantrag zusammen mit den erforderlichen Nachweisen alsbald bei der Sozialhilfeverwaltung einzureichen.

Dagegen legten die Ast Widerspruch ein und führten aus, der geltend gemachte Bedarf sei laut Feststellung des Bundesrates nicht in der Regelleistung enthalten. Mehrere Landessozialgerichte würden eine Kostenübernahme gemäß § 73 SGB XII für denkbar oder sogar für zutreffend halten. Leistungsempfänger nach dem SGB II seien nicht von Leistungen nach § 73 SGB XII ausgeschlossen.

Mit einem Schreiben vom 08.09.2008 vertritt der Ag gegenüber der ARGE Unterallgäu die Auffassung, dass zum einen die beantragten Leistungen im Regelsatz enthalten seien, zum anderen zuständiger Leistungsträger die ARGE sei. Gemäß § 16 SGB I werde daher der Antrag an die ARGE weiter geleitet.

Mit Schreiben vom 02.09.2008 haben die Ast beim Sozialgericht Augsburg - SG - einstweiligen Rechtsschutz und die Beiladung der ARGE Unterallgäu beantragt. Die Ast bildeten zusammen mit ihrer Mutter eine Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II und bezögen Sozialgeld. Weder die Ast noch ihre Mutter könnten die Schulkosten ohne erhebliche Beeinträchtigung des sonstigen Lebensbedarfes selbst tragen. Der Antrag vom 20.08.2008

sei vom Ag mit Schreiben vom 28.08.2008 schriftlich abgelehnt worden, da er sich momentan nicht für zuständig halte. Eine Weiterleitung an die seiner Ansicht nach zuständige Stelle sei nicht erfolgt. Die beantragte Leistung sei nicht von einer besonderen Antragstellung abhängig. Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid sei eingelegt worden. Es bestehe ein Anspruch auf die beantragte Beihilfe. Offen sei allein, welche Rechtsgrundlage dafür zutreffe. Schulbedarf sei in der Regelleistung nicht enthalten, auch nicht in der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe und somit in der Regelleistung 2005. Als Anspruchsgrundlage käme § 73 SGB XII in Betracht. Leistungsempfänger nach dem
SGB II seien zwar gemäß § 21 SGB XII von den Leistungen zum Lebensunterhalt ausgeschlossen, aber nicht von den Hilfen in anderen Lebenslagen. Denkbar wäre auch eine Darlehensgewährung nach § 23 Abs.1 SGB II, da es sich um einen unabweisbaren Bedarf handle. Sie sei allerdings wenig geeignet, da der Schulbedarf immer wieder anfalle. Ferner biete sich zur Deckung des Schulbedarfs die Lösung an, gemäß § 11 Abs.3 Nr.1a SGB II das Kindergeld nicht als Einkommen anzurechnen, soweit es für die Kosten der Schulausbildung benötigt werde.

Mit Beschluss vom 11.09.2008 hat das SG den Eilantrag abgelehnt und ausgeführt, eine Hilfebedürftigkeit der Ast sei nicht glaubhaft gemacht. Ausweislich der vorgelegten Bewilligungsbescheide der ARGE Unterallgäu übersteige das Einkommen der Ast in Form von Kindergeld und Unterhaltsvorschuss ihren maßgeblichen Bedarf nach dem SGB II. Auch nach dem SGB XII sei bei Minderjährigen das Kindergeld dem jeweiligen Kind als Einkommen zuzurechnen, soweit es bei diesem zur Deckung des notwendigen Lebensunterhalts benötigt werde. Für eine abweichende Behandlung fehle die Rechtsgrundlage. Ob die Ast aufgrund ihres Vermögens bedürftig im Sinne des § 19 Abs.3 SGB XII seien, könne jedenfalls nach den vorliegenden Unterlagen tatsächlich nicht beurteilt werden. Der geltend gemachte Anspruch bestehe jedenfalls nicht nach den Vorschriften des SGB XII. Auch eine Beiladung der ARGE Unterallgäu sei nicht geboten gewesen. Die Gewährung einmaliger Beihilfen sei sowohl nach § 23 Abs.3 SGB II als auch nach § 31 Abs.1 SGB XII ausgeschlossen. Die hier beantragte Beihilfe sei in den Regelsätzen enthalten. Dies ergebe sich für den Bereich des SGB II unmittelbar aus § 23 SGB II. Für den Bereich des SGB XII ergebe sich dies aus §§ 28, 30 bis 34 SGB XII. Die Ast hätten bereits als dem Grunde nach dem SGB II leistungsberechtigte Angehörige schon keine Ansprüche auf Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem SGB XII (§ 21 Satz 1 SGB XII). Ferner wäre der Anfall von Kosten für Schulmaterial kein Anlass für eine abweichende Regelsatzberechnung, weil es sich insoweit bei schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen gerade um einen durchschnittlichen, d.h. regelmäßig anfallenden Bedarf handle. Auch eine abweichende Bedarfsfestlegung gemäß § 28 Abs.1 Satz 2 SGB XII komme daher nicht in Betracht. Auch die von den Ast genannte Bundestagsdrucksache 329/08 belege, dass der Lernmittelbedarf in den Regelsätzen enthalten sei. Auch eine Beihilfe nach § 73 SGB XII komme nicht in Betracht. Zwar greife insofern der Leistungsausschluss für Leistungsberechtigte nach dem SGB II nicht. Sinn des § 73 SGB XII sei nicht, unzureichende Regelsätze nach dem SGB II oder nach dem SGB XII aufzustocken. Es müsse sich um einen atypischen, vom Gesetzgeber wegen seiner Besonderheit nicht im Rahmen der allgemeinen Vorschriften erfassten Fall handeln. Dies sei bei anfallenden Aufwendungen für Lernmittel nicht der Fall. Dies werde auch dadurch ersichtlich, dass der Gesetzgeber zwar den Fall einer mehrtägigen Klassenfahrt als Grund für eine einmalige Leistung angesehen habe, nicht aber den ebenso regelmäßigen Anfall von Kosten für die Beschaffung von Schulmaterial zu Beginn eines Schuljahres. Darum gehe es hier. Auch nach dem System des SGB XII käme somit nur ein Darlehen für einen von den Regelsätzen umfassten und nach den Umständen unabweisbaren Bedarf in Betracht (§ 37 Abs.1 SGB XII). Ein Darlehen werde erkennbar nicht beantragt. Die Ast hätten auch keine Unterlagen vorgelegt, wonach es ihnen etwa aufgrund einer akuten finanziellen Notlage konkret nicht möglich wäre, die anfallenden Ausgaben bis zum Schulbeginn zu bestreiten.

Dagegen haben die Ast Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht - LSG - eingelegt. Es treffe zu, dass die Gewährung eines Darlehens in der Hauptsache nicht ausdrücklich beantragt worden sei. Als Mindestleistung zur Abwendung der Notlage hätte das Gericht den Ast aber dennoch ein solches gegenüber der dann beizuladenden ARGE gewähren können und müssen. In der Hauptsache sei in diesem Zusammenhang jedoch zu berücksichtigen, dass der geltend gemachte Bedarf jedes Jahr wiederkehre und eine darlehensweise Gewährung der damit verbundenen Rückzahlungsverpflichtung zu einer belastenden Hypothek für die Zukunft werde.

Die Ast beantragen,
den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 11.09.2008 aufzuheben und den Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Ast Leistungen aufgrund des Schulbesuches nach § 73 SGB XII zu gewähren.

Die Ag beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, die begehrte Hilfe sei dem Bereich Lebensunterhalt zuzuordnen bzw. mit den Regelsätzen nach dem SGB II abgedeckt, so dass sie nicht vom Anwendungsbereich des § 73 SGB XII erfasst sei. Ein ergänzendes Darlehen nach § 37 SGB XII - auch wenn dieses nach wie vor nicht beantragt sei - werde bereits deshalb ausgeschlossen, weil es sich bei den Ast um nach dem SGB II leistungsberechtigte Angehörige handle, die keinen Anspruch auf Leistungen für den Lebensunterhalt nach dem
SGB XII geltend machen könnten.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das SG den Eilantrag des Antragstellers auf Erlass der hier statthaften Regelungsanordnung gemäß § 86b Abs.2
Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - abgelehnt. Denn die Voraussetzungen für den Er- lass der beantragten Eilentscheidung liegen nicht vor.

Insofern waren der vorliegenden Eilentscheidung folgende Grundsätze zugrunde zu legen: Die Maßstabsbildung in Eilverfahren der Fachgerichte hängt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom Rechtsschutzziel ab (vgl. z.B. für den Bereich der Existenzsicherung Beschluss des BVerfG vom 5.2005 - 1 BvR 569/05 Juris Rn.25; zu Leistungen nach dem SGB V Beschluss vom 06.02.2007, 1 BvR 3101/06). Ist bei dem Betroffenen ohne die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes eine schwere Verletzung in seinen Rechten im Sinne der zur Existenzsicherung nach dem SGB II (BVerfG vom 5.2005 - 1 BvR 569/05 Juris Rn.25 - 28) bzw. im Sinne der zu den existenziell bedeutsamen Leistungen der Krankenversicherung entwickelten Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 06.02.2007, Az.: 1 BvR 3101/06) immerhin möglich, ist entweder eine abschließende Prüfung der Hauptsache durchzuführen oder eine Güter- und Folgenabwägung vorzunehmen. Dabei sind im Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen unter Beachtung des Gesetzesbindungspostulats der Art.20 Abs.3, 97 I GG die Regelungen des § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG zu beachten. Selbst wenn man vorliegend, da es um Fragen der Ausbildung geht, bei Nichtgewährung von einstweiligem Rechtsschutz im Sinne des oben bezeichneten Antragsinhalts schwere Rechtsverletzungen der Antragsteller für möglich hält, hat der Eilantrag keinen Erfolg. Denn es fehlt bereits an einem sicherungsfähigen Recht der Antragsteller. Auch eine unter Beachtung des § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG durchzuführende Güter- und Folgenabwägung fällt zuungunsten der Ast aus.

Zunächst ist zu beachten, dass auch bei Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bun-
desverfassungsgerichts stets ein sicherungsfähiges Recht zu fordern ist. Ansonsten geht der Eilantrag ins Leere. Aus der aus Art.19 IV GG abgeleiteten Sicherungsfunktion und in Vornahmesachen wie der vorliegenden zusätzlich aus der Bindung des Gerichts an § 86 b Abs. 2 SGG, wo der Hauptsacheanspruch tatbestandlich verankert ist (dazu Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 2. Aufl. 2008, Rn.255, 291 ff), ergibt sich von Verfassungs wegen zwingend das Gebot, die Rechtsfragen der Hauptsache im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu prüfen und der Entscheidung (neben anderen Belangen) zugrunde zu legen. Die materielle Rechtslage ist als obligatorisches Prüfungs- und Entscheidungskriterium für das sozialgerichtliche Eilverfahren verfassungsrechtlich vorgegeben (Windoffer, Die Klärungsbedürftigkeit und -fähigkeit von Rechtsfragen in verwaltungsgerichtlichen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, S.41). Auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur einstweiligen verfassungsgerichtlichen Anordnung auf der Grundlage des § 32 I BVerfGG belegt dies. Danach ist über verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutz grundsätzlich ohne Berücksichtigung der Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsakts vorgetragen werden, aufgrund einer Folgenabwägung zu entscheiden. Selbst hier ist aber für den Erlass einer einstweiligen Anordnung wegen deren Sicherungsfunktion kein Raum, wenn davon auszugehen ist, dass das materielle Recht nicht besteht (St. Rspr.; vgl. BVerfG vom 20.07.2004, 2 BvR 1001/04; BVerfGE 7, 367, 371; 68, 233, 235; 71, 158, 161; 79, 379, 383). Diese unter dem Aspekt der Sicherungsfunktion des Eilverfahrens zu stellende Mindestanforderung muss auch für das sozialgerichtliche Eilverfahren gelten, bei dem die rechtsnormativen Grundlagen in Vornahmesachen den Hauptsacheanspruch sogar in Bezug nehmen (vgl.
§ 86 b Abs. 2 SGG und dazu Krodel, aaO, Rn.255, 291 ff).

Ein solches sicherungsfähiges Recht ist vorliegend zur vollen Überzeugung des Senats nicht gegeben, ein insofern geführtes Hauptsacheverfahren hätte keinen Erfolg.

Im Hinblick auf die von den Ast ausweislich ihres Beschwerdeschriftsatzes ausdrücklich ausgeschlossenen Darlehensgewährung ist zunächst klarstellend darauf hinzuweisen, dass auch im vom Untersuchungsgrundsatz geprägten öffentlich-rechtlichen Eilverfahren die Dispositionsmaxime gilt. Danach bestimmen die Kläger bzw. hier die Ast den Streitgegenstand. Die Ast beantragen im Beschwerdeverfahren durch ihre bevollmächtigte Rechtsanwältin, die die Problematik der Darlehensgewährung auch im Eilverfahren vor dem SG ausführlich diskutiert und problematisiert hat, ausdrücklich eine vorläufige Gewährung von Leistungen aufgrund des Schulbesuchs nach § 73 SGB XII. In der Begrün-

dung der Beschwerde führen sie aus, dass die Gewährung eines Darlehens, welches nach § 23 Abs.3 SGB II nur in Verbindung mit einer monatlichen Aufrechnung gewährt werden könne, in der Hauptsache ausdrücklich nicht beantragt worden sei. Damit steht zur vollen Überzeugung des Senats fest, dass eine vorläufige Verpflichtung zur Darlehensgewährung nicht Gegenstand des vorliegenden Eilverfahrens ist. Ferner steht zur vollen Überzeugung fest, dass ein diesbezüglicher Hauptsacheanspruch nicht beantragt wurde und daher ein per Eilrechtsschutz sicherungsfähiger Anspruch nicht besteht.

Auch ein Anspruch nach § 73 SGG besteht nicht. Zwar kommen grundsätzlich auch Leistungsbezieher nach dem SGB II für einen Anspruch nach § 73 SGB XII als Leistungsberechtigte in Betracht (BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 14/06 R). Das beantragte Schulmaterial bzw. die Kosten hierfür sind aber im Regelsatz enthalten. Damit besteht seit 01.01.2005 kein Anspruch auf eine einmalige Beihilfe nach § 73 SGB XII. Nach der Gesetzessystematik sind einmalige Beihilfen nur noch für die konkret bezeichneten Bedarfe im Sinne des § 31 Abs.1 SGB XII bzw. 23 Abs.3 SGB II vorgesehen. Genannt ist z.B. der Bedarf für mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen. Hintergrund ist der Umstand, dass diese Kosten verursachen, die nicht aus dem Regelsatz bestritten werden können. Allenfalls in - hier nicht vorliegenden - Ausnahmefällen kämen Leistungen in sonstigen Lebenslagen gemäß § 73 SGB XII in Betracht. Die Ast müssen damit die hier fraglichen Kosten aus den in Gestalt von Regelsätzen pauschalierten und vom Ag gewährten Regelleistungsbeträgen bestreiten. Diese sind mit der Neuordnung der Grundsicherung (Einführung von SGB II SGB XII) deutlich erhöht worden (von circa 245 Euro auf 345 Euro für Haushaltsvorstände), um früher vorhandene, zahlreiche Einzelleistungen zur Verwaltungsvereinfachung und selbstbestimmten Lebensführung zu pauschalieren. Zusätzlich erfolgte eine Anpassung der Struktur der Regelsätze. So enthält § 2 der Verordnung zu § 28 SGB XII eine Verteilung des Eckregelsatzes nach Abteilungen. Abteilung 09 (Freizeit, Unterhaltung und Kultur) enthält einen Anteil von 55 vom 100 des aus der Einkommens- und Verbraucherstichprobe zur Verfügung stehenden Betrags und Abteilung 12 (andere Waren und Dienstleistungen) einen Anteil von 67%. Schließlich betragen gemäß § 3 Abs.2 Nr.1 die Regelsätze für sonstige Haushaltsangehörige bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 60 vom 100 des Eckregelsatzes. Damit sind die früher vorgesehenen Beihilfen, zum Beispiel für Heizung, Winterbekleidung oder auch Beschaffung von besonderen Lernmitteln für Schüler (§ 21 Abs.1a Nr. 3 BSHG) entfallen und nur mehr drei vom Gesetzgeber selbst aufgeführte Sonderbedarfe (z.B. mehrtägige Klassenfahrten) geblieben.

Auch ist vorliegend kein atypischer, vom Gesetzgeber wegen seiner Besonderheit nicht im Rahmen der allgemeinen Vorschriften und mit den Regelsätzen erfasster Fall gegeben. Von den Ast wird nicht vorgetragen und es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass die fraglichen Schulkosten einen der Art und Höhe nach besonderen, unabweisbaren Bedarf an Schulmaterial, der den durchschnittlichen altersgerechten Bedarf übersteigt, darstellen würden. Nur für diese Fälle käme ein Anspruch nach § 73 SGB XII, dann auch für Bezieher von Leistungen nach dem SGB II, in Betracht.

An der fehlenden Leistungsberechtigung der Ast für die geltend gemachten Ansprüche ändern auch die von diesen in Bezug genommenen Betragsanteile der Einkommens- und Verbrauchsstichproben nichts. Diese weisen nur die durchschnittlichen Ausgaben in den jeweiligen Bereichen aus. Wie die Ast den pauschalierten Regelsatz verwenden, bleibt ihnen überlassen.

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 05.12.2007, L 5 B 1597/07 AS ER hat zwar Bedenken geäußert, ob die finanzielle Unterstützung durch das Sozialgeld als Leistung der Grundsicherung ausreichend sei, um den altersgerechten Bedarf heranwachsender Schulkinder zu decken. Es zog jedoch ausschließlich eine Deckung des nach § 23 Abs.1 SGB II erforderlichen unabweisbaren Bedarfs für Schulbedarf im begründeten Einzelfall durch ein Darlehen in Betracht. Eine solche Darlehensgewährung wurde vorliegend ausdrücklich im Hauptsacheverfahren nicht beantragt, so dass es - wie bereits ausgeführt - jedenfalls an einem im Eilverfahren sicherungsfähigen Hauptsacheanspruch fehlt. Auf den Inhalt des Antrags im Beschwerdeverfahren wird nochmals hingewiesen.

Auch eine abweichende Bedarfsfestlegung im Sinne des § 28 Abs.1 Satz 2 SGB XII kommt vorliegend nicht in Betracht. Die Ast haben als nach dem SGB II Leistungsberechtigte keinen Anspruch auf Leistungen zum Lebensunterhalt, so dass § 28 SGB XII vorliegend nicht anwendbar ist. Ferner liegt kein Bedarf vor, der von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht (s.o. zur Symptomatik der Regelsatzbemessung).

Eine Beiladung der ARGE war nicht veranlasst. Auch insofern kommt eine Anspruchsberechtigung der Ast nicht in Betracht. Denn im Gegensatz zum früheren Recht des Bundessozialhilfegesetzes - BSHG - beinhaltet auch das SGB II keine Regelung über die Gewährung von einmaligen oder regelmäßigen Zuschüssen aus Anlass des Schulbesuchs schulpflichtiger Kinder. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum BSHG

(Urteil vom 29.10.1997, 5 C 34/95, E 105, 281 ff.), nach der der Schulbedarf nicht von den Regelsatzleistungen erfasst werde und hier nach pflichtgemäßem Ermessen laufende oder einmalige Leistungen zu erbringen seien, lässt sich auf das SGB II nicht übertragen. Gemäß § 20 Abs.1 Satz 1 SGB II werden durch die Regelleistungen grundsätzlich alle laufenden und einmaligen Bedarfe abgegolten. Nach der genannten Norm umfassen die Regelleistungen insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Bedarfe des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben. Dementsprechend hat auch das LSG Sachsen (Beschluss vom 06.02.2008, L 2 B 601/07 AS-ER, zum Anordnungsanspruch juris Rn.24 f.) für Schulbeförderungskosten eine Verpflichtung der Sozialleistungsträger im Wege der einstweiligen Anordnung abgelehnt. In dieselbe Richtung gehend hat das LSG Berlin-Brandenburg in Übereinstimmung mit der vom Senat vertretenen Auffassung ausgeführt, dass trotz des Umstandes, dass Bildungskosten und damit alle mit einem Schulbesuch verbundenen Kosten nicht in der Regelleistung für Erwachsene enthalten seien und die Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Regelleistung für Kindern noch nicht geklärt sei, im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes unterstellt werden könne, dass Schulverbrauchsmaterialien als regelmäßig auftretende Bedarfe des täglichen Lebens von der Regelleistung gemäß § 20 SGB II umfasst seien (LSG Berlin-Brandenburg vom 01.10.2007, L 10 B 1545/07 AS ER, L 10 B 1545/07 AS ER PKH juris Rn.16, auch zur Gewährung eines Darlehens).

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass regelmäßig auftretende Bedarfe auch im Hinblick auf Schulverbrauchsmaterialien, wie sie hier in Frage stehen, vom Regelsatz umfasst sind, so dass ein sicherungsfähiger Anspruch - jenseits der Frage einer nicht beantragten Darlehensgewährung - zur vollen Überzeugung des Senats nicht besteht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass der Eilantrag in beiden Instanzen erfolglos geblieben ist.

Dieser Beschluss ist nicht weiter anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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