L 3 AS 152/08

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 30 AS 1374/06
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 152/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 14. November 2007 sowie der Bescheid vom 4. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2006 werden aufgehoben.
II. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheid streitig.

Auf den Antrag des 1985 geborenen Klägers bewilligte die Beklagte ihm mit Bescheid vom 1. März 2005 Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 18. Januar 2005 bis 31. Juli 2005. Für die Zeit ab 1. März 2005 betrugen die Leistungen 410,21 EUR monatlich.

Seit 1. März 2005 bewohnte der Kläger eine eigene Wohnung. Mit Schreiben vom 4. März 2005 teilte die Bundesagentur für Arbeit (Agentur für Arbeit Zwickau - Familienkasse) der Mutter des Klägers mit, dass das Kindergeld wunschgemäß ab März 2005 auf das Konto des Klägers angewiesen worden sei.

Daraufhin erließ die Beklagte am 22. März 2005 einen Änderungsbescheid, in dem die Leistungen für die Zeit vom 1. März 2005 bis 31. Juli 2005 wegen des Kindergeldbezuges ab März 2005 auf 256,21 EUR monatlich herabgesetzt wurden. Die Beklagte wies zugleich darauf hin, dass eine Überzahlung in Höhe von 154 EUR entstanden sei, worüber der Kläger einen gesonderten Bescheid erhalten werde. Einen weiteren, den Monat Juli 2005 betreffenden Änderungsbescheid erließ die Beklagte am 27. Mai 2005.

Nach vorheriger Anhörung des Klägers entwarf die Beklagte am 4. Mai 2005 einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid, dessen Verfügungssatz wie folgt lautet: "die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld II wird für die Zeit vom 01.03.05 bis 31.05.05 teilweise aufgehoben. Die zu Unrecht gezahlten Leistungen sind von ihnen zu erstatten." Der Bescheid wurde auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) und § 50 Abs. 1 SGB X gestützt und damit begründet, dass der Kläger Einkommen aus Kindergeld erzielt habe.

Der Kläger legte am 8. August 2005 Widerspruch ein. Den zugleich gestellten Wiedereinsetzungsantrag begründete er damit, dass er den Bescheid vom 4. Mai 2005 nicht erhalten und erst auf Grund der Vollstreckungsankündigung des Hauptzollamtes E. vom 4. August 2005 von der Forderung der Agentur für Arbeit und einem Bescheid vom 4. Mai 2005 Kenntnis erlangt habe. Nach erfolgter Akteneinsicht trug er weiter vor, dass er den Bescheid vom 4. Mai 2005 bislang nicht erhalten habe. Hierfür spreche auch, dass in der Leistungsakte nur ein Entwurf des Bescheides beiliege und sich kein Vermerk über die Aufgabe zur Post finde.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2006 als unbegründet zurück. Dem Klägerbevollmächtigten sei im Widerspruchsverfahren Akteneinsicht gegeben worden. Mit Postzustellungsurkunde sei diesem am 21. September 2005 der angefochtene Verwaltungsakt bekannt gegeben worden. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 4. Mai 2005 sei durch die Widerspruchsstelle nochmals geprüft worden; Anhaltspunkte für eine falsche Entscheidung seien nicht ersichtlich.

Der Kläger hat hiergegen am 21. Juni 2006 Klage erhoben und zunächst vorgetragen, dass das Kindergeld im März 2005 noch an seine Mutter und erst ab April 2005 an ihn gezahlt worden sei. Ausweislich eines im Erörterungstermin vom 5. Juni 2007 vorgelegten Kontoauszuges ist auf dem Konto des Klägers mit Buchungstag 11. März 2005 eine Zahlung der Familienkasse Z. in Höhe von 154 EUR eingegangen. In dem Erörterungstermin hat der Kläger sodann die fehlende Bestimmtheit des angefochtenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheides gerügt, weil in diesem der aufgehobene Bescheid nicht genau bezeichnet sei. In dem nachgereichten Schriftsatz vom 22. Juni 2007 hat der Kläger ferner gerügt, dass nicht deutlich werde, ob sich die Erstattung auf die Regelleistung oder auf die Kosten für Unterkunft und Heizung beziehe. Dies sei aber im Hinblick auf § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II in der bis zum 31. März 2006 geltenden Fassung von Bedeutung.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 14. November 2007 abgewiesen. Die Beklagte habe zu Recht für März 2005 die Leistung in Höhe von 154 EUR aufgehoben und vom Kläger die Erstattung dieses Betrages verlangt. Das Gericht folge nicht der Auffassung des Klägers, dass der angefochtene Bescheid nicht hinreichend bestimmt sei. Zur Bestimmtheit eines Verwaltungsaktes genüge es, dass der Inhalt der getroffenen Regelung, der Entscheidungssatz im Zusammenhang mit den Gründen und den sonstigen bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen für den Adressaten des Verwaltungsaktes vollständig, klar und unzweideutig sei, dass er sein Verhalten danach richten könne. Dies hat das Sozialgericht auf Grund einer Gesamtschau zwischen dem Änderungsbescheid vom 22. März 2005 und dem angefochtenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid bejaht. Eine Differenzierung hinsichtlich der aufgehobenen Leistung in den Anteil für die Regelleistung und denjenigen für die Kosten der Unterkunft und Heizung halte das Gericht nicht für geboten. Die Anrechnung des abgezweigten Kindergeldes auf den gesamten Monat entspreche der Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 1 ALG II-V. Das Sozialgericht hat die Berufung nicht zugelassen.

Der Kläger hat gegen den ihm am 19. November 2007 zugestellten Gerichtsbescheid Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Mit Beschluss vom 19. Mai 2008 (Az.: L 3 B 640/07 AS-NZB) hat der erkennende Senat wegen Divergenz des angegriffenen Gerichtsbescheides zum Urteil des Bundessozialgerichtes vom 30. August 2001 (Az.: B 4 RA 114/00 R - SozR 3-2600 § 149 Nr. 6 = JURIS-Dokument Rdnr. 25) die Berufung zugelassen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 14. November 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 2006 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angegriffenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten aus beiden Verfahrenszügen sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die zulässige Berufung ist begründet, weil das Sozialgericht zu Unrecht die Klage abgewiesen hat. Der angegriffene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid und der Widerspruchsbescheid waren bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben (1.). Im Übrigen ist der - und Erstattungsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides auch aus weiteren formellen Gründen rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (2.).

1. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid ist aus Klarstellungsgründen aufzuheben, weil sich die Beklagte auf ihn stützt, ohne dass die Bekanntgabe an den Kläger nachgewiesen ist.

Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt demjenigen Beteiligten bekannt zu geben, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird. Ein schriftlicher Verwaltungsakt gilt bei der Übermittlung durch die Post im Inland am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben (§ 37 Abs. 2 Satz 1 SGB X). Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen (§ 37 Abs. 2 Satz 2 SGB X). Der Kläger hat den Zugang des Bescheides vom 4. Mai 2005 bestritten. Die Beklagte hat den Zugang auch nicht nachgewiesen. Sie hat vielmehr im Widerspruchsbescheid auf die Bekanntgabe des Bescheides anlässlich der dem damaligen Klägerbevollmächtigten gewährten Akteneinsicht im Rahmen des Widerspruchsverfahrens verwiesen.

Eine Bekanntgabe des Bescheides vom 4. Mai 2005 ist aber auch nicht im Widerspruchsverfahren erfolgt. Die Bekanntgabe in diesem Sinne setzt voraus, dass die Behörde "willentlich" dem Adressaten vom Inhalt des Verwaltungsaktes Kenntnis verschafft; eine zufällige Kenntnisnahme reicht nicht aus (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Juli 1965 - VII C 175.64 - BVerwGE 22, 14 = JURIS-Dokument Rdnr. 6; Engelmann, in: von Wulffen, SGB X [6. Aufl., 2008], § 37 Rdnr. 3, m.w.N.). Ein solcher Bekanntgabewillen ist aus der Verwaltungsakte nicht zu ersehen. Unter Blatt 54 der Verwaltungsakte ist lediglich ein Entwurf des Bescheides abgeheftet, der aber weder unterschrieben noch mit einem Handzeichen versehen ist. Die Verfügung, auf die am Ende des Bescheidentwurfes verwiesen wird, findet sich unter Blatt 56 der Verwaltungsakte. Diese Verfügung enthält jedoch weder eine Absendeverfügung noch einen Absendenachweis. Zudem enthält die Verfügung nur die Unterschrift der Bearbeiterin; das Feld für die "Unterschrift des Entscheidungsbefugten" ist hingegen leer. Der Bekanntgabewille kann auch nicht in dem Schreiben der Widerspruchsstelle vom 29. August 2005, mit dem die Verwaltungsakte an den damaligen Klägerbevollmächtigten zur Akteneinsicht gesandt wurde, gesehen werden. Denn in dem Schreiben wird unter anderem darauf hingewiesen, dass der Widerspruch gemäß § 39 SGB II keine aufschiebende Wirkung habe. Die Widerspruchsstelle ist also von der Wirksamkeit des Bescheides vom 4. Mai 2005 und damit notwendigerweise von dessen Bekanntgabe ausgegangen.

Der fehlende Nachweis der Bekanntgabe des Bescheides vom 4. Mai 2005 hat zur Folge, dass der Widerspruchsbescheid rechtswidrig und damit aufzuheben ist. Denn in einem Widerspruchsbescheid kann nicht die formelle und materielle Rechtsmäßigkeit eines Bescheides, der nicht bekannt gegeben worden und damit nicht wirksam ist, bestätigt werden.

2. Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen wäre der angefochtene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid in seinem Aufhebungsteil rechtswidrig, weil der Bewilligungsbescheid in dem Umfang, in dem er durch den Bescheid vom 4. Mai 2005 aufgehoben werden sollte, bereits nicht mehr besteht.

Rechtsgrundlage für eine Aufhebungsentscheidung der Beklagten könnte allein § 40 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X und § 330 Abs. 3 Satz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - (SGB III) sein. Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X, auf den § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II verweist, soll ein Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III ist die Behörde unter anderem in diesen Fällen zur Aufhebung des Verwaltungsaktes verpflichtet; ein Ermessen steht ihr nicht zu.

Voraussetzung für die - vollständige oder teilweise - Aufhebung eines Verwaltungsaktes nach diesen Regelungen ist, dass er in dem aufzuhebenden Umfange noch besteht Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Denn am 22. Mai 2005 hat die Beklagte bereits einen Änderungsbescheid erlassen, in dem auch für den hier allein streitigen Monat März 2005 die bewilligten Leistungen wegen des Bezuges des Kindergeldes abgesenkt worden sind. Damit hat die Beklagte nicht nur eine neue Leistungsbewilligung für den streitigen Zeitraum erlassen, sondern zugleich konkludent die vormalige Leistungsbewilligung aufgehoben. Gegen den Änderungsbescheid ist nach Aktenlage kein Widerspruch eingelegt worden. Somit geht die neuerliche Teilaufhebung im angefochtenen Bescheid ins Leere. Eine Rechtsgrundlage für eine zweite, nunmehr nur noch deklaratorische Aufhebung der ursprünglichen Leistungsbewilligung gibt es nicht.

3. Der angefochtene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid wäre auch in seinem Erstattungsteil rechtswidrig, weil er nicht den Bestimmtheitsanforderungen des § 33 Abs. 1 SGB X genügt.

a) Dies beruht allerdings entgegen der Auffassung des ersten Klägerbevollmächtigten nicht auf einem etwaigen Verstoß gegen § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II. Denn diese Regelung ist zum einen auf den Kläger nicht mehr anzuwenden und betrifft zum anderen nicht die Bestimmtheit des Erstattungsbescheides.

Nach § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II sind nach dessen näheren Bestimmungen 56% der Unterkunftskosten nicht zu erstatten. Nach der ursprünglichen Fassung von § 40 SGB II galt diese Regelung nur nicht im Falle des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X (vgl. § 40 Abs. 2 Satz 2 SGB II). Mit Wirkung zum 1. April 2006 wurde die Ausnahmeregelung des § 40 Abs. 2 Satz 2 SGB II unter anderem auch auf den Fall der teilweisen Bewilligungsaufhebung erweitert (vgl. Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März 2006 [BGBl. I S. 558]). Letzteres ist beim angefochtenen Erstattungsbescheid der Fall. Da bei einer reinen Anfechtungsklage der Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides maßgeblich ist (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz [8. Aufl., 2005], § 54 RdNr. 32a), der Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2006 aber erst nach der Gesetzesänderung erlassen worden ist, ist die Rüge des Klägers nicht mehr relevant.

Zudem ist die vom Kläger geforderte Spezifizierung im Verfügungssatz einer Erstattungsforderung auf Grund des Bestimmtheitsgebotes in § 33 Abs. 1 SGB X nicht erforderlich. Denn für den Kläger ist - soweit es den Verfügungssatz betrifft - nur die Regelung der Beklagten von Bedeutung, dass und in welcher Höhe eine Erstattungsforderung geltend gemacht wird. Ob die Erstattungsforderung in der geltend gemachten Höhe hingegen rechtmäßig ist, d.h. ob z.B. Beschränkungen der Erstattungshöhe berücksichtigt worden sind, ist hingegen eine Frage der materiellen und nicht der formellen Rechtmäßigkeit des Bescheides.

Soweit das Sozialgericht die Rüge unter Hinweis auf § 2 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung [Alg II-V]) für unbeachtlich hält, kann dem nicht gefolgt werden. Denn nach der zitierten Regelung, die seit dem In-Kraft-Treten der ersten Fassung der Verordnung (vgl. Verordnung vom 20. Oktober 2004 [BGBl. I S. 2622]) am 1. Januar 2005 und nach auch dem Neuerlass durch die Verordnung vom 17. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2942) mit Wirkung vom 1. Januar 2008 unverändert geblieben ist, sind laufende Einnahmen für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Für die vom Kläger angesprochene Frage, ob bei Erstattungsforderungen im Verfügungssatz danach zu differenzieren ist, ob die Erstattungsforderung Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes oder solche für Unterkunft und Heizung betreffen, gibt diese Regelung nichts her.

b) Die Erstattungsverfügung im angefochtene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid wäre allerdings deshalb rechtswidrig, weil im Verfügungssatz nicht der Erstattungsbetrag angegeben ist und auch nicht durch Auslegung zu ermitteln ist.

Das Bundessozialgericht fordert für die hinreichende inhaltliche Bestimmtheit im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB X, dass aus dem Verfügungssatz für die Beteiligten vollständig, klar und unzweideutig erkennbar sein muss, was die Behörde regelt (vgl. BSG, Urteil vom 30. August 2001 - B 4 RA 114/00 R - SozR 3-2600 § 149 Nr. 6 = JURIS-Dokument Rdnr. 25). Sie [die Beteiligten] müssen ihr Verhalten danach ausreichten können (vgl. Engelmann, a.a.O., § 33 Rdnr. 3, m.w.N.). Dem wird der Verfügungssatz des Bescheides vom 4. Mai 2005 nicht gerecht. Darin kommt nur zum Ausdruck, dass die Beklagte eine Erstattungsforderung geltend macht; die Höhe der Forderung ist hingegen offen. Auch der Widerspruchsbescheid hat hinsichtlich der Bestimmtheit des Verfügungssatzes nichts geändert.

Bei einem Erstattungsbescheid ist in Bezug auf die Bestimmtheit erforderlich, dass im Verfügungssatz entweder der Erstattungsbetrag beziffert wird, oder der Verfügungssatz auf Anlagen oder sonstige Unterlagen verweist, aus denen sich zweifelsfrei der Erstattungsbetrag ersehen lässt (im Ergebnis wohl ebenso zum Rückforderungsbescheid: Krasney, in: Kasseler Kommentar [Stand: 57. Erg.-Lfg., April 2008], § 33 SGB X Rdnr. 7). Dies ist notwendig, weil dem Betroffenen erkennbar sein muss, welchen Erstattungsbetrag er zu zahlen hat. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Erstattungsbescheid ein Vollstreckungstitel (zur Vollstreckung siehe § 66 SGB X) ist. Auch für die Zwangsvollstreckung muss der zu vollstreckende Erstattungsbetrag klar erkennbar sei. Ein unterschiedliches Maß der Bestimmtheit im Verwaltungsverfahren einerseits und dem Vollstreckungsverfahren andererseits in Bezug auf denselben Verwaltungsakt gibt es nicht.

Der Regelungsgehalt in Bezug auf den Erstattungsbetrag ließe sich vorliegend auch nicht durch Auslegung ermitteln (vgl. hierzu: Engelmann, a.a.O., § 33 Rdnr. 4, m.w.N.). Ein Rückgriff auf die Aufhebungsentscheidung im ersten Satz des Verfügungssatzes des Bescheides vom 4. Mai 2005 nicht ergiebig, weil sich daraus nur ersehen lässt, dass die ursprüngliche Leistungsbewilligung teilweise aufgehoben wird und welchen Leistungszeitraum die Aufhebungsentscheidung umfasst. Der betragsmäßige Umfang der Aufhebung ist jedoch nicht in diesem Verfügungssatz enthalten. Zur Auslegung kann auch nicht auf die Begründung des Bescheides vom 4. Mai 2005 oder das vorangegangene Anhörungsschreiben zurückgegriffen werden. Denn eine Auslegung eines Verwaltungsaktes setzt voraus, dass Unklarheiten hinsichtlich dessen Regelungsgehaltes bestehen. Es muss mithin eine, wenn auch unklare, Regelung vorliegen. Im Wege der Auslegung kann aber nicht - wie vorliegend - ein fehlender, auf Grund des Bestimmtheitsgebotes nach § 33 Abs. 1 SGB X aber erforderlicher Regelungsbestandteil ergänzt werden.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

III. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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