Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 3295/13
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 5131/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13. November 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten sind Ansprüche auf Verletztenrente aus Anlass eines Arbeitsunfalls vom 13. Januar 2009 umstritten.
Der 1949 geborene Kläger war bis 1999 Projektmanager für Tankstellenaufbau und danach in der Versicherungsbranche tätig. Als angestellter Versicherungsmakler erlitt er am 13. Januar 2009 einen Arbeitsunfall: Auf dem Weg zum Abholen von Geschäftspost knickte er mit dem linken Fuß um, ohne zu stürzen. Der Kläger kehrte dann zu seinem Büro zurück und ließ am nächsten Tag eine schon länger geplante Prostataoperation durchführen. Wegen anhaltender Schmerzen im Fuß suchte er erstmals am 29. Januar 2009 den Chirurgen Dr. S. auf. Dieser erhob eine Schwellung am linken Außenknöchel mit Druckschmerzhaftigkeit bei freier Beweglichkeit im Sprunggelenk. Die periphere Durchblutung, Motorik und Sensibilität waren intakt. Röntgenologisch ergab sich kein Frakturnachweis. Dr. S. diagnostizierte als Gesundheitsstörungen eine traumatische Ruptur von Bändern in Höhe des oberen Sprunggelenks. Die Erstversorgung erfolgte mittels Voltaren-Salbenverbandes, einer Air-Go-Schiene für drei Wochen und Schmerzmedikamenten (vgl. Durchgangsarztbericht vom 29. Januar 2009).
Mehr als zwei Jahre später, im April 2011, berichtete der Internist Dr. F. gegenüber der Beklagten von einer Wiedererkrankung des Klägers. Im Hinblick auf die Bänderruptur im Sprunggelenk aufgrund des Unfalls vom 13. Januar 2009 sei eine Verschlechterung eingetreten. Dr. S. gab in seinem Durchgangsarztbericht vom 11. August 2011 an, dass der Kläger seit dem Arbeitsunfallereignis über Schmerzen im linken oberen Sprunggelenk klage. Das Gelenk sei gut beweglich und im Vergleich zur Gegenseite deutlich dicker. Neben den bereits diagnostizierten Gesundheitsstörungen äußerte Dr. S. den Verdacht auf eine Knorpelkontusion des oberen Sprunggelenks links. Am 11. Oktober 2011 unterzog sich der Kläger in der St.-Klinik B.-B. einer arthroskopischen Teilsynovialektomie (Teilentfernung von Gelenkschleimhaut) und einer Entfernung von Narbengewebe am linken oberen Sprunggelenk (vgl. Entlassungsbericht vom 11. Oktober 2011), war in der Folge arbeitsunfähig krank und erhielt Verletztengeld bis 31. Januar 2013 ausbezahlt. Ein privates Insolvenzverfahren wurde im Jahr 2014 abgeschlossen. Inzwischen bezieht der Kläger Altersrente (530 EUR monatlich, vgl. Anamnese Gutachten Dr. B., Bl. 129 LSG-Akte).
Wegen persistierender Schmerzen und einer Schwellneigung am linken Knöchel erfolgte zunächst eine Heilverfahrenskontrolle in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. (BG-Klinik) und in der Zeit vom 2. bis zum 23. Mai 2012 eine komplexe stationäre Rehabilitation in derselben Klinik, wonach nur eine leichte Beschwerdelinderung erreicht worden sei. Das Gangbild sei flüssig gewesen mit diskretem Hinken links. Die aktive Beweglichkeit für die Dorsalextension/Plantarflexion betrage 10-0-30°, Pro-/Supination 15-0-20°. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) im rentenberechtigenden Ausmaß werde nicht verbleiben (vgl. Krankheitsbericht vom 10. April 2012 und Entlassungsbericht vom 30. Mai 2012). Außerdem veranlasste die Beklagte eine Heilverfahrenskontrolle durch den Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. P. (Bericht vom 12. September 2012) sowie ein weiteres stationäres Heilverfahren zur medizinisch-beruflichen Rehabilitation in der Zeit vom 18. September bis zum 9. Oktober 2012 im P.-Klinikum, Bad K ... Im dortigen Entlassungsbericht vom 11. Oktober 2012 wurde angeführt, dass eine gewisse Diskrepanz zwischen der subjektiv relativ hoch angegebenen Schmerzsymptomatik und den geringen klinischen Befunden bestanden habe. Die Gehfähigkeit sei gebessert, aktuell betrage die Gehstrecke 4-5 km ohne Gehhilfen. Die Dorsalextension/Plan-tar¬flexion betrage 15-0-45°. Es wurde eine stufenweise berufliche Wiedereingliederung ab dem 15. Oktober 2012 vereinbart.
Gegenüber den Ärzten der BG-Klinik gab der Kläger bei der Wiedervorstellung am 29. November 2012 u.a. an, er könne aufgrund von Belastungsschmerzen lediglich täglich nur 1½ Stunden seiner Tätigkeit als Versicherungskaufmann nachgehen. Die BG-Klinik schlug die Verlängerung der stufenweisen Wiedereingliederungsmaßnahme vor und schätzte ein, dass eine MdE in rentenberechtigendem Ausmaß nicht verbleiben werde (vgl. Krankheitsbericht vom 30. November 2012). Nachdem eine Steigerung der täglichen Arbeitszeit auf mehr als vier Stunden nicht zu erreichen war, erfolgte im Januar 2013 an der BG-Klinik eine Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit (EFL) des Klägers. Diese erbrachte eine motorische Leistungsfähigkeit für die Tätigkeit als Versicherungsmakler von täglich sechs Stunden und mehr. Der Kläger habe bei der Testung insgesamt ein sehr widersprüchliches Leistungsverhalten gezeigt; die Beobachtungen in den einzelnen Testphasen hätten auf eine deutliche Selbstlimitierung durch den Kläger hingewiesen. Dieser schöpfe seine Kraftreserven nicht aus (vgl. EFL-Bericht vom 16. Januar 2013).
Zur Feststellung von Art und Ausmaß der Unfallfolgen ließ die Beklagte den Kläger durch den Chirurgen Dr. St. untersuchen und begutachten (Gutachten vom 21. Dezember 2012). Dieser diagnostizierte als Unfallfolgen eine endgradige Einschränkung der Beweglichkeit des linken oberen Sprunggelenks, eine Minderung der Oberschenkelmuskulatur links und eine Umfangvermehrung des linken Unterschenkels bis zur Knöchelgabel, weiter eine Schwellneigung des körperfernen Unterschenkels links und der Knöchelgabel sowie eine Hyperalgesie im Bereich des linken oberen Sprunggelenks. Die Beweglichkeit des linken oberen Sprunggelenks beim Heben und Senken des Fußes betrage 20-0-40°. Das subjektive Beschwerdevorbringen des Klägers und die objektiven Befunde stünden nicht vollständig in Übereinstimmung. Die unfallbedingte MdE bewertete Dr. St. ab dem 11. November 2012 bis zur Beendigung des dritten Jahres nach dem Unfall mit 10 vom Hundert (v. H.).
Der Neurologe und Psychiater Dr. B. konnte bei seiner Untersuchung des Klägers am 15. Januar 2013 keinen Anhalt für eine Nervenläsion objektivieren. Von neurologischer Seite bestehe keine Arbeitsunfähigkeit (vgl. Befundbericht vom 17. Januar 2013).
Dem Gutachten von Dr. St. schloss sich Dr. K. von der BG-Klinik in seinem Abschlussbericht vom 29. Januar 2013 in allen Umfängen an. Die am Vortag erneut durchgeführte MRT-Untersuchung des linken Sprunggelenks habe bis auf eine Weichteilschwellung keine Auffälligkeit gezeigt. Die Bänder seien intakt, ein wesentlicher KnorpelSch.en im Gelenk oder ein Reizzustand nicht zu objektivieren. Die vom Kläger angegebenen Beschwerden seien mithin so nicht objektivierbar. Die Klinikärzte beendeten deshalb die Behandlung mit vollschichtiger Arbeitsfähigkeit zum 31. Januar 2013 und bewerteten die unfallbedingte MdE mit 10 v. H.
Gestützt auf das Gutachten anerkannte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Februar 2013 das Unfallereignis vom 13. Januar 2009 als Arbeitsunfall und nahm unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bis zum 31. Januar 2013 an. Ein Anspruch auf Versichertenrente bestehe nicht, weil die Erwerbsfähigkeit des Klägers über die 26. Woche nach Eintritt des Versicherungsfalls hinaus bzw. nach dem Ende des Verletztengeldanspruchs nicht um wenigstens 20 v. H. gemindert sei. Als Folge des Arbeitsunfalls anerkannte die Beklagte: "Zustand nach Distorsion des linken oberen Sprunggelenks mit ausgeheilter Ruptur eines Außenbandes links mit jetzt noch bestehender endgradiger Einschränkung von Hebung und Senkung des Fußes im oberen Sprunggelenk, geringgradige Umfangsvermehrung des linken Unterschenkels um 1 cm sowie geringer Muskelminderung im Oberschenkel links um 1 cm." Keine Folge des Arbeitsunfalls seien ein "Zustand nach Laserung und TUR-Prostata 2009, arterielle Hypertonie, beginnender Fersensporn beidseits, beginnender Hallux rigidus beidseits, beginnende Talonaviculararthrose rechts, Varikosis beidseits, Nasenmuschelhyperplasie, Sigmaresektion 2006, Adipositas".
In der Folge wurde die Verletztengeldzahlung an den Kläger zum 31. Januar 2013 eingestellt.
Zur Begründung seines Widerspruchs trug der Kläger im Wesentlichen vor, er leide nach wie vor unter erheblichen unfallbedingten Einschränkungen. Die in der Klinik durchgeführte EFL-Testung habe er wegen rücksichtsloser Durchführung und aufgrund entsetzlicher Schmerzen abbrechen müssen. Auch die neurologische Untersuchung durch Dr. B. habe lediglich wenige Augenblicke gedauert und sei sehr oberflächlich gewesen. Er habe nach wie vor starke Schmerzen bereits bei leichtem Berühren eines bestimmten Punktes am linken Sprunggelenk; außerdem hätten sich infolge der unfallbedingten Mehrbelastung des rechten Beins am rechten Fuß eine Talonaviculararthrose und eine Adipositas entwickelt. Bei ihm bestünde eine MdE von mindestens 20 v. H. Zur Stützung seines Begehrens legte der Kläger weitere Arztunterlagen vor.
Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 22. August 2013).
Deswegen hat der Kläger am 23. September 2013 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur deren Begründung trägt er im Wesentlichen vor, die Unfallfolgen hätten sich erst infolge der im Oktober 2011 durchgeführten Arthroskopie deutlich verstärkt. Er sei seit diesem Eingriff nahezu durchgehend arbeitsunfähig krank. Er verspüre eine Unsicherheit beim Gehen. Schmerzen träten bereits bei geringster Belastung auf. Nach einer Stunde auf den Beinen benötige er eine Stunde Pause, um das Bein hochzulagern und mit Eis zu kühlen. Im Verlaufe des Nachmittags habe er auch in Ruhe Spannungsschmerzen. Die Schwellung am linken Sprunggelenk sei durch die Arthroskopie stärker als zuvor.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens von Amts wegen bei dem Orthopäden Dr. von St ... Der Sachverständige hat in seiner Expertise vom 17. Februar 2014 als Unfallfolgen einen Residualzustand nach Distorsion des linken Sprunggelenks und Teilruptur des Außenbandapparates mit Schmerzen im Sprunggelenk und dysästhetisch verändertem Hautareal über dem Sprunggelenk mit belastungsabhängig stark ausgeprägter Schwellneigung des linken distalen Unterschenkels und eine endgradige Bewegungseinschränkung des oberen Sprunggelenks für die Fußsenkung diagnostiziert. Eine beginnende Arthrose des linken oberen Sprunggelenks, eine Fußwurzelarthrose des Talonaviculargelenks beidseits, rechts stärker ausgeprägt als links, ein deutliches Übergewicht, eine arterielle Hypertonie sowie ein plantarer Fersensporn links geringen Ausmaßes seien auf altersentsprechende Verschleißerscheinungen zurückzuführen. Das Ausmaß der vom Kläger angeführten Beschwerden sei durch den klinischen Befund nicht nachvollziehbar. Insbesondere seien die hochgradigen neuropathischen Schmerzen in Verbindung mit den Dysästhesien der Oberflächenempfindlichkeit und den hyperpathischen Arealen keinem peripheren Nerven oder einer Nervenwurzel zuzuordnen. Die Beweglichkeit des oberen linken Sprunggelenks betrage für die Dorsalflexion/Plantarflexion 10-0-50°, im unteren linken Sprunggelenk 4/5. Insgesamt sei die Beweglichkeit des oberen Sprunggelenks um 10° und des unteren links um 1/5 gegenüber der Gegenseite eingeschränkt. Die bisher vom Beklagten anerkannten Unfallfolgen seien vollständig erfasst. Nach wie vor fehle der Nachweis eines pathomorphologischen Korrelats für die vom Kläger beschriebenen Schmerzen und Dysästhesien. Arbeitsunfähigkeit wegen der Unfallfolgen habe allenfalls bis zum 31. Januar 2013 bestanden. Die unfallbedingte MdE bewerte er ab dem 1. Februar 2013 mit 10 v. H. Eine Höhereinschätzung sei in Anbetracht der nur geringgradigen Bewegungseinschränkung, der fehlenden objektiven Gebrauchsminderung und auch dem nur geringen Muskeldefizit nicht zu rechtfertigen. Dem Gutachten des Dr. St. wie auch der Stellungnahme des Dr. B. schließe er sich uneingeschränkt an. An diesem Ergebnis hat Dr. von St. auf Einwände des Klägers in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 15. Mai 2014 festgehalten.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG ein weiteres fachorthopädisch-unfallchirurgisches Gutachten bei Dr. Th. eingeholt. Dieser Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 2. Juli 2014 als Unfallfolgen eine Außenbandruptur des linken Sprunggelenks mit posttraumatischem Narbengewebe und eine endgradige Funktionseinschränkung des linken oberen Sprunggelenks diagnostiziert und ebenfalls unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bis zum 31. Januar 2013 angenommen. Die unfallbedingte MdE hat er in Übereinstimmung mit Dr. St. und Dr. v. St. auf maximal 10 v. H. geschätzt. Eine MdE von 20 v. H. entspreche einer Versteifung des oberen Sprunggelenks. Davon sei der Kläger weit entfernt. Bei ihm bestehe am linken Sprunggelenk eine Bewegungseinschränkung bei Heben/Senken auf 20-0-40° und zusätzlich eine geringe Funktionseinschränkung im unteren Sprunggelenk links.
Mit Urteil vom 13. November 2014, dem vormaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers am 18. November 2014 zugestellt, hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es angeführt, dass der Kläger neben den als Unfallfolgen bereits anerkannten Gesundheitsstörungen an einer beginnenden Arthrose des linken oberen Sprunggelenks, einer Fußwurzelarthrose des Talonaviculargelenks beidseits, rechts stärker ausgeprägt als links, an einem deutlichen Übergewicht und an narbigen Veränderungen des ventrolateralen oberen Sprunggelenks links leide. Diese Gesundheitsstörungen seien indes nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit wesentlich durch den Arbeitsunfall vom 13. Januar 2009 verursacht. Eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit wegen der Sprunggelenksverletzung links sei allein bis zum 31. Januar 2013 anzuerkennen. Denn die unfallbedingten Veränderungen im Bereich des linken Sprunggelenks seien nur endgradig ausgeprägt und eine neurologische Ursache der vom Kläger angeführten Schmerzzustände und Berührungsempfindlichkeiten nicht erwiesen. Bestätigt werde dies durch den Abschlussbericht der BG-Klinik vom 29. Januar 2013 und den EFL-Bericht vom 16. Januar 2013. Schließlich habe der Kläger wegen der anerkannten Unfallfolgen auch keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente. Denn die unfallbedingte MdE wegen der verbliebenen Unfallfolgen betrage 10 v. H. Im oberen und unteren Sprunggelenk bestünde nur eine endgradige Bewegungseinschränkung. Der Kläger habe den Zehen- und Hackengang, bei dem die Sprunggelenke besonders belastet seien, beidseits problemlos ausführen können. Eine Höherbewertung der MdE sei auch nicht mit Blick auf die geltend gemachten Schmerzzustände und Berührungsempfindlichkeiten geboten. Denn die Rentenbegutachtung in der gesetzlichen Unfallversicherung sei im Kern eine Funktionsbegutachtung. Überdies werde die Schmerzsymptomatik bei objektivierbaren Unfallfolgen bereits insoweit berücksichtigt, als Schmerzen zu einer Einschränkung der Funktionsbreite des betroffenen Organs oder Gelenks führten. Eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzempfindlichkeit bestehe angesichts eines unauffälligen neurologischen Befundes und des fehlenden pathomorphologischen Korrelats nicht. Der Kläger erhalte zudem gegenwärtig nur eine Schmerztherapie der Stufe 1 mit nicht opioid-haltigen Schmerzmitteln.
Am 11. Dezember 2014 hat der Kläger beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hiergegen Berufung eingelegt. Er führt u.a. an, dass er nach wie vor erhebliche Einschränkungen am linken Sprunggelenk habe. Wegen der Schädigung des Nervus peroneus werde er weiterhin behandelt. Er bekomme Lymphdrainagen und Elektrotherapie. Er meint, die Folgen des Arbeitsunfalls vom 13. Januar 2009 bedingten eine MdE im rentenberechtigenden Grade.
Der Senat hat den Neurologen und Psychiater Dr. Sch. als sachverständigen Zeugen schriftlich gehört. Er hat am 6. September 2015 angegeben, dass er den Kläger nur einmalig im Mai 2015 untersucht habe. Er habe ein Tarsaltunnelsyndrom (Nervenkompressionssyndrom im Fuß) links und einen Verdacht auf ein Chronic Regional Pain Syndrom (komplexes regionales Schmerzsyndrom, CRPS) diagnostiziert. Durch den Ruheschmerz im linken Fuß, der bei Belastung zunehme, sei die Gebrauchsfähigkeit des linken Fußes eingeschränkt.
Der Senat hat von Amts wegen ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten bei Dr. B. eingeholt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 15. April 2016 angegeben, dass der Kläger mit seiner Ehefrau und seinem Stiefsohn zusammen in einer Wohnung lebe, viel lese, täglich mit seinem Hund ein kleines Stück spazieren gehe, im Haushalt mithelfe und einen ausreichend großen Freundes- und Bekanntenkreis habe. Der Gutachter hat weiter ausgeführt, dass die festgestellte Sensibilitätsstörung am linken Fußrücken in Verbindung mit einer leichten Zehenheberparese für eine distale Nervus peroneus-Läsion spreche. Eine solche distale Peroneusschädigung links habe bei der elektrophysiologischen Untersuchung bestätigt werden können. Für ein Tarsaltunnelsyndrom links hätten sich weder klinisch noch elektrophysiologisch Hinweise gefunden. Auch für ein CRPS hätte sich keine Bestätigung gefunden, insbesondere keine trophischen Störungen. Die distale Peroneusschädigung links habe sich zunehmend nach der Arthroskopie im Oktober 2011 entwickelt. Sie sei mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Folge der Distorsion des Sprunggelenkes und deren Behandlung. Für eine Polyneuropathie oder eine Nervenwurzelkompression als mögliche konkurrierende Ursache hätten sich keine sicheren Hinweise ergeben. Die Nervus peroneus-Läsion sei beim Kläger inkomplett, vorwiegend sensibel. Bei einer kompletten Läsion des Nervus peroneus superficialis sei auch die Fußaußenrandhebermuskulatur gelähmt, was bei Kläger nicht der Fall sei. Eine komplette Läsion des Nervus peroneus habe eine MdE von 15 v. H. zur Folge, so dass die MdE durch die distale Nervus peroneus-Schädigung mit Schwäche und Atrophie der Zehenstreckermuskulatur links und Sensibilitätsstörungen am Fußrücken links mit kleineren Arealen mit Hyperalgesie auf 10 v. H. geschätzt werde. Unter Berücksichtigung der Teil-MdE von 10 v. H. auf orthopädischem Gebiet betrage die Gesamt-MdE 15 v. H. Die inkomplette Nervus peroneus-Läsion habe zu keiner unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit über den 31. Januar 2013 hinaus geführt. Wegen der neueren Ergebnisse der kernspintomographischen Untersuchungen des Mittel- und Rückfußes vom 18. August 2015 und vom 21. Januar 2016 sowie wegen der abschließenden Bildung der Gesamt-MdE werde nochmals eine orthopädische Begutachtung empfohlen.
In der darauf vom Senat eingeholten ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen Dr. von St. vom 9. Juli 2016 ist angeführt worden, dass die Gesamt-MdE unter Einbeziehung der nun festgestellten sensiblen Ausfälle auf 15 v. H. zu schätzen sei. Die Unfallfolgen überlappten sich teilweise. Die unlängst durchgeführte Kernspintomographie habe Residualzustände und Narben im Bereich des traumatisch geschädigten linken Sprunggelenks gezeigt, die jedoch als Einzelbefund nicht zu einer weiteren Erhöhung der Gesamt-MdE führen würden.
Der Kläger hat mit Schriftsätzen vom 21. Mai 2016 und vom 1. Oktober 2016 beantragt, ein weiteres Gutachten auf orthopädischem Gebiet bei Dr. v. L. zu erheben bzw. solche Anträge angekündigt. In der mündlichen Verhandlung am 20. Oktober 2016 hat er einen solchen Antrag jedoch nicht gestellt.
Der Kläger beantragt demnach,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13. November 2014 aufzuheben und den Bescheid vom 13. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. August 2013 teilweise aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von wenigstens 20 v. H. der Vollrente zu gewähren, wobei die geltend gemachten Ansprüche, soweit sie pfändbar sind, ausschließlich der Insolvenzmasse auf das vom Insolvenzverwalter St. M, B.-Str., B.-B. eingerichtete Treuhandanderkonto zufließen sollen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Unter Hinweis auf das Ergebnis der Gutachten von Dr. von St., Dr. Th. und Dr. B. erachtet sie die angefochtenen Bescheide für zutreffend. Als weitere Unfallfolge sei laut dem schlüssigen Gutachten von Dr. B. eine inkomplette distale Nervus peroneus-Läsion links festzustellen. Die Bescheide seien bezüglich der Dauer der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit und dem Vorliegen einer nicht rentenberechtigenden MdE korrekt ergangen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, die Gerichtsakten über das parallele Verfahren L 6 U 4894/15 (Vorinstanz: S 1 U 3295/13) sowie auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist nach § 143 SGG statthaft. Insbesondere war sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig, da sie eine laufende Leistung (Verletztenrente) für mehr als ein Jahr betrifft.
Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig, vor allem form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) erhoben. Sie ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen.
Der Kläger begehrt zuletzt nur noch eine Verletztenrentengewährung. Andere Gesuche, insbesondere die Feststellung von Unfallfolgen und eine Verletztengeldzahlung, verlangt er nicht mehr (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. September 2009 - L 8 U 5884/08 -, juris, Rz. 32 ff. zu einer Teilrücknahme der Klage durch spätere Antragsbeschränkung).
Die Klage auf Gewährung von Verletztenrente ist als Anfechtungs- und Leistungsklage zwar zulässig, jedoch unbegründet. Eine rentenbegründende MdE liegt nicht vor.
Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet; sie beträgt zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes. Bei einer MdE wird Teilrente geleistet; sie wird in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der MdE entspricht (§ 56 Abs. 3 SGB VII).
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamt-gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R -, juris, Rz. 12): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der GesundheitsSch.en als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
Weiter müssen der Gesundheitsschaden und insbesondere der Funktionsverlust, aus dem sich die MdE ableitet, durch den Versicherungsfall rechtlich wesentlich verursacht worden sein. Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Er-folg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr. vgl. BSG, Urteil vom 12. April 2005 &8722; B 2 U 27/04 R -, juris, Rz. 16). Für die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität ist grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich. Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht, so dass auf diesen Grad der Wahrscheinlichkeit vernünftiger Weise die Entscheidung gestützt werden kann und ernste Zweifel ausscheiden. Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Dies schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen. Der wissenschaftliche Erkenntnisstand ist die Grundlage, auf der die geltend gemachten Gesundheitsstörungen des konkreten Versicherten zu bewerten sind. Bei dieser einzelfallbezogenen Bewertung kann nur auf das individuelle Ausmaß der Beeinträchtigung des Versicherten abgestellt werden, aber nicht so wie er es subjektiv bewertet, sondern wie es objektiv ist. Die Aussage, der Versicherte sei so geschützt, wie er die Arbeit antritt, ist ebenfalls diesem Verhältnis von individueller Bewertung auf objektiver, wissenschaftlicher Grundlage zuzuordnen. Die Ursachenbeurteilung im Einzelfall hat anhand des konkreten individuellen Versicherten unter Berücksichtigung seiner Krankheiten und Vorschäden zu erfolgen, aber auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, juris, Rz. 25 ff.).
Hiervon ausgehend bedingen die verbliebenen Folgen des Arbeitsunfalles vom 13. Januar 2009 keine rentenberechtigende MdE von 20 v. H. Ein Stützrententatbestand liegt nicht vor.
Die Beklagte hat in dem angefochtenen Bescheid vom 13. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. August 2013 das Unfallereignis vom 13. Januar 2009 als Versicherungsfall i. S. des § 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII), nämlich als Arbeitsunfall nach § 8 SGB VII (hier Wegeunfall nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII) anerkannt. Auch das Umknicken des Fußes ohne äußere Veranlassung kommt als Arbeitsunfall in Betracht (vgl. Sächsisches LSG, Urteil vom 12. Dezember 2000 – L 2 U 111/98 –, juris, Rz. 27).
Nach dem Wegeunfall besteht beim Kläger ein vom Beklagten zutreffend festgestellter und letztlich unstreitiger Residualzustand nach Distorsion des linken oberen Sprunggelenks mit Ruptur des Außenbandes mit geringer Einschränkung der Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk, welcher für den Senat insbesondere aufgrund der Gutachten von Dr. St. und Dr. v. St. feststeht. Weiter konnte im Berufungsverfahren durch das Gutachten von Dr. B. eine inkomplette Läsion des distalen Nervus peroneus links objektiviert werden, was von der Beklagten auch nicht mehr in Frage gestellt wird (vgl. Schreiben vom 25. Juli 2016, Bl. 178 der LSG-Akte).
Neben diesen Unfallfolgen sind die vom Kläger angeführte Talonaviculararthrose rechts und Adipositas jedoch keine weiteren Folgen des Arbeitsunfalls vom 13. Januar 2009. Dies ergibt sich aus den ausführlichen und schlüssigen Ausführungen im Gutachten des vom SG befragten Sachverständigen Dr. von St ... Danach belegen die Röntgenaufnahmen beider Sprunggelenke einen normal weiten Gelenkspalt in der Tragzone. Der Syndesmosenspalt ist im Seitenvergleich gleich weit und eine Verbreiterung der Malleolengabel links nicht zu objektivieren. Auch das linke untere Sprunggelenk ist radiologisch unauffällig. Seitengleich fanden sich eine vermehrte Knochenzeichnung in und unter der führenden Gelenkfläche des Fersenbeins zum unteren Sprunggelenk im Sinne einer Belastungssklerose. Die Fußwurzelgelenke zeigten im Talonavicularbereich eine leichte dorsale osteophytäre Randausziehung und eine leichte Gelenkspaltverschmälerung. Diese allenfalls beginnende Arthrose des Talonavikulargelenkes ist mit Dr. von St. seitengleich ausgeprägt, rechts mehr als links. Wenn der gerichtliche Sachverständige im Einklang mit dem weiteren orthopädisch-unfallchirurgischen Gutachter Dr. Th. deshalb zusammenfassend davon ausgehen, dass die beginnende degenerative Verschleißerkrankung des Talonavikulargelenkes rechts nicht zu den Unfallfolgen gehört, ist dies auch für den Senat überzeugend und nachvollziehbar. Bereits der Umstand, dass diese Arthrose beim Kläger auf beiden Seiten spricht deutlich dagegen, dass sie mit dem Unfall und einer behaupteten Mehrbelastung des rechten, gesunden Fußes verbunden ist. Einer einseitigen Belastung widerspricht zudem, dass nach Dr. Th. die Fußsohlen seitengleich kräftig beschwielt sind und die Abnutzung der Schuhe seitengleich ist, zumal der Kläger gegenüber dem Gutachter auch gar keine Beschwerden im rechten Fuß beklagt hat (vgl. S. 15 des Gutachtens). Außerdem hat der Senat bereits entschieden, dass orthopädische Veränderungen an der nicht geschädigten Gliedmaße nach der herrschenden medizinischen Lehrmeinung nicht auf eine Überlastung zurückgeführt werden können, sondern Ausdruck von Abnutzungs- und Verschleißvorgängen sind (Urteil vom 29. April 2014 - L 6 VK 934/12 -, juris, Rz. 32 m. w. N.).
Auch das als Unfallfolge geltend gemachte Übergewicht des Klägers ist nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Unfall zurückzuführen. Das Gangbild des Klägers ist nach Dr. Th. flüssig. Es besteht nur eine geringe Muskelminderung im Bereich des linken Oberschenkels im Vergleich zu dem rechten und eine nur mäßiggradige Schwellneigung im Bereich des linken Knöchels bei uneingeschränkter peripherer Durchblutung, Sensibilität und Motorik. Nicht unberücksichtigt bleiben dürfen ferner die im EFL-Bericht angesprochenen erkennbaren Diskrepanzen zwischen dem objektiven Untersuchungsbefund und dem subjektiven Beschwerdebild. Nach den von Dr. von St. erhobenen Befunden ist das Gangbild des Klägers von Schrittlänge, Rhythmus und Form unauffällig. Es fehlt ein pathomorphologisches Korrelat für die von ihm intensiv geschilderten Schmerzen und Dysästhesien, die sich auch nicht mit dem vom Nervenarzt Dr. B. festgestellten inkompletten Läsion des Nervus peroneus links erklären lassen. Ein unfallbedingter Mindergebrauch des linken Beines und eine daraus resultierende Bewegungseinschränkung mit konsekutiver Gewichtszunahme ist daher nicht wahrscheinlich gemacht worden. Andernfalls wären zwischenzeitlich kontrakte Muskelverkürzungen oder eine röntgenologisch erkennbare deutliche Gebrauchsminderung zu erwarten gewesen. All diese Veränderungen liegen hier nicht vor.
Der Grad der MdE ist aus den festgestellten unfallabhängigen Funktionsbehinderungen abzuleiten, wobei als Maßstab Einschränkungen der Bewegungsmaße und durch neurologische Ausfälle bedingte funktionelle Beeinträchtigungen in Betracht kommen. Die unfallbedingten Gesundheitseinschränkungen haben beim Kläger im Bereich des linken Sprunggelenkes jedoch lediglich end- bzw. geringgradige Bewegungseinschränkungen zur Folge. Neurologisch konnten unfallbedingt lediglich eine Schwäche und Atrophie der Zehenstreckermuskulatur links und Sensibilitätsstörungen am Fußrücken links objektiviert werden.
Konkret ergibt sich die MdE bei Fußverletzungen im Wesentlichen aus den Bewegungseinschränkungen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, S. 680). Erst etwa eine Versteifung des oberen Sprunggelenks im Winkel von 90-100° zum Unterschenkel oder eine Versteifung des unteren Sprunggelenks in Funktionsstellung hat eine MdE von über 10 v. H. zur Folge (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 678 f.). Derartiges liegt beim Kläger bei weitem nicht vor. Vorliegend konnten Dr. von St., wie auch zuvor schon Dr. St. und nachfolgend Dr. Th., lediglich eine geringe Bewegungseinschränkung des linken oberen Sprunggelenks feststellen (Dr. von St.: 10-0-50°; Dr. St.: 20-0-40° und Dr. Th. 20-0-40°). Insgesamt war nach Dr. von St. die Beweglichkeit des oberen Sprunggelenks nur um 10° und des unteren links um 1/5 gegenüber der Gegenseite eingeschränkt. Eine Bandinstabilität und eine vermehrte Aufklappbarkeit des unfallgeschädigten Sprunggelenks hat Dr. Th. verneint. Wird weiter berücksichtigt, dass der Kläger die erschwerten Gangarten in Form von Zehen- und Hackengang durchführen konnte, er bei dem zweitägigen Leistungstest der BG-Klinik (EFL-Test) Mitte Januar 2013 - trotz massiver verbaler Schmerzäußerungen - nach einer Trage- und Hebebelastung noch mit normalem Gangbild weitergehen konnte, ein Hinken oder eine Entlastung, wie bei Schmerzen zu erwarten wäre, gerade nicht gezeigt hatte und in der BG-Klinik weitere Tests ohne erkennbare Probleme vorzeitig abbrach, überzeugt den Senat die Einschätzung der Gutachter, die zu keinem höheren Teil-MdE-Wert als 10 v. H. für den orthopädischen Bereich kommen.
Im Hinblick auf die von Dr. B. im Berufungsverfahren festgestellte inkomplette Läsion des distalen Nervus peroneus kommt eine Erhöhung der MdE auf allenfalls insgesamt 15 v. H. in Betracht. Nach den Erfahrungswerten für eine MdE-Bemessung ist eine Nervenschädigung des Nervus peroneus superficialis mit einem Wert von 15 v. H. zu bemessen (vgl. SchönB./Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 230). Allerdings beziehen sich diese Werte auf den vollständigen Ausfall des betroffenen Nervs. Teillähmungen sind geringer zu bemessen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 229). Da beim Kläger nur eine Teilläsion vorliegt und gerade nicht - wie bei einer vollständigen Läsion - die Fußaußenrandhebermuskulatur gelähmt ist, sondern nur eine Schwäche und Atrophie der Zehenstreckermuskulatur mit Sensibilitätsstörungen bestehen, überzeugt die Einschätzung des Gutachters Dr. B., der beim Kläger insoweit zu einer (neurologischen) Teil-MdE von 10 v. H. kommt. Wegen der Überlappungen mit der (orthopädischen) Teil-MdE, bei der von Dr. v. St. bereits Sensibilitätsstörungen berücksichtigt worden waren, folgt der Senat auch dessen Einschätzung einer Gesamt-MdE von 15 v.H., die in Übereinstimmung mit der Bewertung durch Dr. B. steht.
In diesem MdE-Wert sind die bereits üblicherweise vorhandenen Schmerzen berücksichtigt (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 221). Die vom Kläger zusätzlich vorgebrachten extremen Schmerzzustände konnten hingegen von den Gutachtern nicht objektiviert werden. Ein CRPS konnte Dr. B. ausschließen. Angesichts der von ihm festgestellten Teilschädigung des Nervus peroneus mit lediglich Sensibilitätsstörungen am Fußrücken und kleineren Arealen mit Überempfindlichkeit besteht kein hinreichendes pathomorphologisches Korrelat für die angegeben Schmerzen. Gegen ein erhebliches Schmerzempfinden spricht zudem, dass der Kläger nach den Ausführungen von Dr. Th. lediglich eine Schmerztherapie der ersten Stufen mit nicht opioid-haltigen Schmerzmitteln durchführt, so dass eine MdE-Erhöhung insoweit ausscheidet. Es verbleibt bei einer Gesamt-MdE aufgrund des Unfalls vom 13. Januar 2013 von unter 20 v. H.
Nach alledem liegt beim Kläger keine rentenberechtigende MdE vor. Ein Verletztenrentenanspruch wird auch nicht über einen Stützrententatbestand im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII begründet. Der weitere Arbeitsunfall vom 4. September 2002 hatte keine MdE von 10 v. H. oder mehr zur Folge (vgl. Urteil des Senats vom heutigen Tage - L 6 U 4894/15). Andere Stützrententatbestände sind nicht ersichtlich. Der zuletzt vorgetragene Sturz vom 7. Juni 2016 hatte lediglich Schürfwunden nach sich gezogen (vgl. Durchgangsarztbericht vom 7. Juni 2016).
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften und den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO). Denn der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung der MdE unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen.
Einen Antrag nach § 109 Abs. 1 SGG auf Einholung eines weiteren orthopädischen Gutachtens bei Dr. von L. hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht gestellt bzw. er hat einen solchen Antrag nicht aufrecht erhalten. Der Antrag kann daher als erledigt angesehen werden (vgl. BSG, Beschluss vom 10. März 2016 – B 13 R 93/15 B -, juris, Rz. 8). Der Senat muss deshalb nicht entscheiden, ob das Antragsrecht des Klägers nach dieser Vorschrift verbraucht ist, nachdem schon in der ersten Instanz auf seinen Antrag hin ein solches Gutachtens - auf demselben Fachgebiet - bei Dr. Th. erhoben worden ist (vgl. zur Ablehnung wiederholter Anträge nach § 109 Abs. 1 SGG Urteil des Senats vom 24. Oktober 2013 - L 6 SB 5267/11 -, juris, Rz. 34 m. w. N.).
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten sind Ansprüche auf Verletztenrente aus Anlass eines Arbeitsunfalls vom 13. Januar 2009 umstritten.
Der 1949 geborene Kläger war bis 1999 Projektmanager für Tankstellenaufbau und danach in der Versicherungsbranche tätig. Als angestellter Versicherungsmakler erlitt er am 13. Januar 2009 einen Arbeitsunfall: Auf dem Weg zum Abholen von Geschäftspost knickte er mit dem linken Fuß um, ohne zu stürzen. Der Kläger kehrte dann zu seinem Büro zurück und ließ am nächsten Tag eine schon länger geplante Prostataoperation durchführen. Wegen anhaltender Schmerzen im Fuß suchte er erstmals am 29. Januar 2009 den Chirurgen Dr. S. auf. Dieser erhob eine Schwellung am linken Außenknöchel mit Druckschmerzhaftigkeit bei freier Beweglichkeit im Sprunggelenk. Die periphere Durchblutung, Motorik und Sensibilität waren intakt. Röntgenologisch ergab sich kein Frakturnachweis. Dr. S. diagnostizierte als Gesundheitsstörungen eine traumatische Ruptur von Bändern in Höhe des oberen Sprunggelenks. Die Erstversorgung erfolgte mittels Voltaren-Salbenverbandes, einer Air-Go-Schiene für drei Wochen und Schmerzmedikamenten (vgl. Durchgangsarztbericht vom 29. Januar 2009).
Mehr als zwei Jahre später, im April 2011, berichtete der Internist Dr. F. gegenüber der Beklagten von einer Wiedererkrankung des Klägers. Im Hinblick auf die Bänderruptur im Sprunggelenk aufgrund des Unfalls vom 13. Januar 2009 sei eine Verschlechterung eingetreten. Dr. S. gab in seinem Durchgangsarztbericht vom 11. August 2011 an, dass der Kläger seit dem Arbeitsunfallereignis über Schmerzen im linken oberen Sprunggelenk klage. Das Gelenk sei gut beweglich und im Vergleich zur Gegenseite deutlich dicker. Neben den bereits diagnostizierten Gesundheitsstörungen äußerte Dr. S. den Verdacht auf eine Knorpelkontusion des oberen Sprunggelenks links. Am 11. Oktober 2011 unterzog sich der Kläger in der St.-Klinik B.-B. einer arthroskopischen Teilsynovialektomie (Teilentfernung von Gelenkschleimhaut) und einer Entfernung von Narbengewebe am linken oberen Sprunggelenk (vgl. Entlassungsbericht vom 11. Oktober 2011), war in der Folge arbeitsunfähig krank und erhielt Verletztengeld bis 31. Januar 2013 ausbezahlt. Ein privates Insolvenzverfahren wurde im Jahr 2014 abgeschlossen. Inzwischen bezieht der Kläger Altersrente (530 EUR monatlich, vgl. Anamnese Gutachten Dr. B., Bl. 129 LSG-Akte).
Wegen persistierender Schmerzen und einer Schwellneigung am linken Knöchel erfolgte zunächst eine Heilverfahrenskontrolle in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. (BG-Klinik) und in der Zeit vom 2. bis zum 23. Mai 2012 eine komplexe stationäre Rehabilitation in derselben Klinik, wonach nur eine leichte Beschwerdelinderung erreicht worden sei. Das Gangbild sei flüssig gewesen mit diskretem Hinken links. Die aktive Beweglichkeit für die Dorsalextension/Plantarflexion betrage 10-0-30°, Pro-/Supination 15-0-20°. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) im rentenberechtigenden Ausmaß werde nicht verbleiben (vgl. Krankheitsbericht vom 10. April 2012 und Entlassungsbericht vom 30. Mai 2012). Außerdem veranlasste die Beklagte eine Heilverfahrenskontrolle durch den Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. P. (Bericht vom 12. September 2012) sowie ein weiteres stationäres Heilverfahren zur medizinisch-beruflichen Rehabilitation in der Zeit vom 18. September bis zum 9. Oktober 2012 im P.-Klinikum, Bad K ... Im dortigen Entlassungsbericht vom 11. Oktober 2012 wurde angeführt, dass eine gewisse Diskrepanz zwischen der subjektiv relativ hoch angegebenen Schmerzsymptomatik und den geringen klinischen Befunden bestanden habe. Die Gehfähigkeit sei gebessert, aktuell betrage die Gehstrecke 4-5 km ohne Gehhilfen. Die Dorsalextension/Plan-tar¬flexion betrage 15-0-45°. Es wurde eine stufenweise berufliche Wiedereingliederung ab dem 15. Oktober 2012 vereinbart.
Gegenüber den Ärzten der BG-Klinik gab der Kläger bei der Wiedervorstellung am 29. November 2012 u.a. an, er könne aufgrund von Belastungsschmerzen lediglich täglich nur 1½ Stunden seiner Tätigkeit als Versicherungskaufmann nachgehen. Die BG-Klinik schlug die Verlängerung der stufenweisen Wiedereingliederungsmaßnahme vor und schätzte ein, dass eine MdE in rentenberechtigendem Ausmaß nicht verbleiben werde (vgl. Krankheitsbericht vom 30. November 2012). Nachdem eine Steigerung der täglichen Arbeitszeit auf mehr als vier Stunden nicht zu erreichen war, erfolgte im Januar 2013 an der BG-Klinik eine Evaluation der funktionellen Leistungsfähigkeit (EFL) des Klägers. Diese erbrachte eine motorische Leistungsfähigkeit für die Tätigkeit als Versicherungsmakler von täglich sechs Stunden und mehr. Der Kläger habe bei der Testung insgesamt ein sehr widersprüchliches Leistungsverhalten gezeigt; die Beobachtungen in den einzelnen Testphasen hätten auf eine deutliche Selbstlimitierung durch den Kläger hingewiesen. Dieser schöpfe seine Kraftreserven nicht aus (vgl. EFL-Bericht vom 16. Januar 2013).
Zur Feststellung von Art und Ausmaß der Unfallfolgen ließ die Beklagte den Kläger durch den Chirurgen Dr. St. untersuchen und begutachten (Gutachten vom 21. Dezember 2012). Dieser diagnostizierte als Unfallfolgen eine endgradige Einschränkung der Beweglichkeit des linken oberen Sprunggelenks, eine Minderung der Oberschenkelmuskulatur links und eine Umfangvermehrung des linken Unterschenkels bis zur Knöchelgabel, weiter eine Schwellneigung des körperfernen Unterschenkels links und der Knöchelgabel sowie eine Hyperalgesie im Bereich des linken oberen Sprunggelenks. Die Beweglichkeit des linken oberen Sprunggelenks beim Heben und Senken des Fußes betrage 20-0-40°. Das subjektive Beschwerdevorbringen des Klägers und die objektiven Befunde stünden nicht vollständig in Übereinstimmung. Die unfallbedingte MdE bewertete Dr. St. ab dem 11. November 2012 bis zur Beendigung des dritten Jahres nach dem Unfall mit 10 vom Hundert (v. H.).
Der Neurologe und Psychiater Dr. B. konnte bei seiner Untersuchung des Klägers am 15. Januar 2013 keinen Anhalt für eine Nervenläsion objektivieren. Von neurologischer Seite bestehe keine Arbeitsunfähigkeit (vgl. Befundbericht vom 17. Januar 2013).
Dem Gutachten von Dr. St. schloss sich Dr. K. von der BG-Klinik in seinem Abschlussbericht vom 29. Januar 2013 in allen Umfängen an. Die am Vortag erneut durchgeführte MRT-Untersuchung des linken Sprunggelenks habe bis auf eine Weichteilschwellung keine Auffälligkeit gezeigt. Die Bänder seien intakt, ein wesentlicher KnorpelSch.en im Gelenk oder ein Reizzustand nicht zu objektivieren. Die vom Kläger angegebenen Beschwerden seien mithin so nicht objektivierbar. Die Klinikärzte beendeten deshalb die Behandlung mit vollschichtiger Arbeitsfähigkeit zum 31. Januar 2013 und bewerteten die unfallbedingte MdE mit 10 v. H.
Gestützt auf das Gutachten anerkannte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Februar 2013 das Unfallereignis vom 13. Januar 2009 als Arbeitsunfall und nahm unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bis zum 31. Januar 2013 an. Ein Anspruch auf Versichertenrente bestehe nicht, weil die Erwerbsfähigkeit des Klägers über die 26. Woche nach Eintritt des Versicherungsfalls hinaus bzw. nach dem Ende des Verletztengeldanspruchs nicht um wenigstens 20 v. H. gemindert sei. Als Folge des Arbeitsunfalls anerkannte die Beklagte: "Zustand nach Distorsion des linken oberen Sprunggelenks mit ausgeheilter Ruptur eines Außenbandes links mit jetzt noch bestehender endgradiger Einschränkung von Hebung und Senkung des Fußes im oberen Sprunggelenk, geringgradige Umfangsvermehrung des linken Unterschenkels um 1 cm sowie geringer Muskelminderung im Oberschenkel links um 1 cm." Keine Folge des Arbeitsunfalls seien ein "Zustand nach Laserung und TUR-Prostata 2009, arterielle Hypertonie, beginnender Fersensporn beidseits, beginnender Hallux rigidus beidseits, beginnende Talonaviculararthrose rechts, Varikosis beidseits, Nasenmuschelhyperplasie, Sigmaresektion 2006, Adipositas".
In der Folge wurde die Verletztengeldzahlung an den Kläger zum 31. Januar 2013 eingestellt.
Zur Begründung seines Widerspruchs trug der Kläger im Wesentlichen vor, er leide nach wie vor unter erheblichen unfallbedingten Einschränkungen. Die in der Klinik durchgeführte EFL-Testung habe er wegen rücksichtsloser Durchführung und aufgrund entsetzlicher Schmerzen abbrechen müssen. Auch die neurologische Untersuchung durch Dr. B. habe lediglich wenige Augenblicke gedauert und sei sehr oberflächlich gewesen. Er habe nach wie vor starke Schmerzen bereits bei leichtem Berühren eines bestimmten Punktes am linken Sprunggelenk; außerdem hätten sich infolge der unfallbedingten Mehrbelastung des rechten Beins am rechten Fuß eine Talonaviculararthrose und eine Adipositas entwickelt. Bei ihm bestünde eine MdE von mindestens 20 v. H. Zur Stützung seines Begehrens legte der Kläger weitere Arztunterlagen vor.
Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 22. August 2013).
Deswegen hat der Kläger am 23. September 2013 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur deren Begründung trägt er im Wesentlichen vor, die Unfallfolgen hätten sich erst infolge der im Oktober 2011 durchgeführten Arthroskopie deutlich verstärkt. Er sei seit diesem Eingriff nahezu durchgehend arbeitsunfähig krank. Er verspüre eine Unsicherheit beim Gehen. Schmerzen träten bereits bei geringster Belastung auf. Nach einer Stunde auf den Beinen benötige er eine Stunde Pause, um das Bein hochzulagern und mit Eis zu kühlen. Im Verlaufe des Nachmittags habe er auch in Ruhe Spannungsschmerzen. Die Schwellung am linken Sprunggelenk sei durch die Arthroskopie stärker als zuvor.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens von Amts wegen bei dem Orthopäden Dr. von St ... Der Sachverständige hat in seiner Expertise vom 17. Februar 2014 als Unfallfolgen einen Residualzustand nach Distorsion des linken Sprunggelenks und Teilruptur des Außenbandapparates mit Schmerzen im Sprunggelenk und dysästhetisch verändertem Hautareal über dem Sprunggelenk mit belastungsabhängig stark ausgeprägter Schwellneigung des linken distalen Unterschenkels und eine endgradige Bewegungseinschränkung des oberen Sprunggelenks für die Fußsenkung diagnostiziert. Eine beginnende Arthrose des linken oberen Sprunggelenks, eine Fußwurzelarthrose des Talonaviculargelenks beidseits, rechts stärker ausgeprägt als links, ein deutliches Übergewicht, eine arterielle Hypertonie sowie ein plantarer Fersensporn links geringen Ausmaßes seien auf altersentsprechende Verschleißerscheinungen zurückzuführen. Das Ausmaß der vom Kläger angeführten Beschwerden sei durch den klinischen Befund nicht nachvollziehbar. Insbesondere seien die hochgradigen neuropathischen Schmerzen in Verbindung mit den Dysästhesien der Oberflächenempfindlichkeit und den hyperpathischen Arealen keinem peripheren Nerven oder einer Nervenwurzel zuzuordnen. Die Beweglichkeit des oberen linken Sprunggelenks betrage für die Dorsalflexion/Plantarflexion 10-0-50°, im unteren linken Sprunggelenk 4/5. Insgesamt sei die Beweglichkeit des oberen Sprunggelenks um 10° und des unteren links um 1/5 gegenüber der Gegenseite eingeschränkt. Die bisher vom Beklagten anerkannten Unfallfolgen seien vollständig erfasst. Nach wie vor fehle der Nachweis eines pathomorphologischen Korrelats für die vom Kläger beschriebenen Schmerzen und Dysästhesien. Arbeitsunfähigkeit wegen der Unfallfolgen habe allenfalls bis zum 31. Januar 2013 bestanden. Die unfallbedingte MdE bewerte er ab dem 1. Februar 2013 mit 10 v. H. Eine Höhereinschätzung sei in Anbetracht der nur geringgradigen Bewegungseinschränkung, der fehlenden objektiven Gebrauchsminderung und auch dem nur geringen Muskeldefizit nicht zu rechtfertigen. Dem Gutachten des Dr. St. wie auch der Stellungnahme des Dr. B. schließe er sich uneingeschränkt an. An diesem Ergebnis hat Dr. von St. auf Einwände des Klägers in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 15. Mai 2014 festgehalten.
Auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG ein weiteres fachorthopädisch-unfallchirurgisches Gutachten bei Dr. Th. eingeholt. Dieser Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 2. Juli 2014 als Unfallfolgen eine Außenbandruptur des linken Sprunggelenks mit posttraumatischem Narbengewebe und eine endgradige Funktionseinschränkung des linken oberen Sprunggelenks diagnostiziert und ebenfalls unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bis zum 31. Januar 2013 angenommen. Die unfallbedingte MdE hat er in Übereinstimmung mit Dr. St. und Dr. v. St. auf maximal 10 v. H. geschätzt. Eine MdE von 20 v. H. entspreche einer Versteifung des oberen Sprunggelenks. Davon sei der Kläger weit entfernt. Bei ihm bestehe am linken Sprunggelenk eine Bewegungseinschränkung bei Heben/Senken auf 20-0-40° und zusätzlich eine geringe Funktionseinschränkung im unteren Sprunggelenk links.
Mit Urteil vom 13. November 2014, dem vormaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers am 18. November 2014 zugestellt, hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es angeführt, dass der Kläger neben den als Unfallfolgen bereits anerkannten Gesundheitsstörungen an einer beginnenden Arthrose des linken oberen Sprunggelenks, einer Fußwurzelarthrose des Talonaviculargelenks beidseits, rechts stärker ausgeprägt als links, an einem deutlichen Übergewicht und an narbigen Veränderungen des ventrolateralen oberen Sprunggelenks links leide. Diese Gesundheitsstörungen seien indes nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit wesentlich durch den Arbeitsunfall vom 13. Januar 2009 verursacht. Eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit wegen der Sprunggelenksverletzung links sei allein bis zum 31. Januar 2013 anzuerkennen. Denn die unfallbedingten Veränderungen im Bereich des linken Sprunggelenks seien nur endgradig ausgeprägt und eine neurologische Ursache der vom Kläger angeführten Schmerzzustände und Berührungsempfindlichkeiten nicht erwiesen. Bestätigt werde dies durch den Abschlussbericht der BG-Klinik vom 29. Januar 2013 und den EFL-Bericht vom 16. Januar 2013. Schließlich habe der Kläger wegen der anerkannten Unfallfolgen auch keinen Anspruch auf Gewährung von Verletztenrente. Denn die unfallbedingte MdE wegen der verbliebenen Unfallfolgen betrage 10 v. H. Im oberen und unteren Sprunggelenk bestünde nur eine endgradige Bewegungseinschränkung. Der Kläger habe den Zehen- und Hackengang, bei dem die Sprunggelenke besonders belastet seien, beidseits problemlos ausführen können. Eine Höherbewertung der MdE sei auch nicht mit Blick auf die geltend gemachten Schmerzzustände und Berührungsempfindlichkeiten geboten. Denn die Rentenbegutachtung in der gesetzlichen Unfallversicherung sei im Kern eine Funktionsbegutachtung. Überdies werde die Schmerzsymptomatik bei objektivierbaren Unfallfolgen bereits insoweit berücksichtigt, als Schmerzen zu einer Einschränkung der Funktionsbreite des betroffenen Organs oder Gelenks führten. Eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzempfindlichkeit bestehe angesichts eines unauffälligen neurologischen Befundes und des fehlenden pathomorphologischen Korrelats nicht. Der Kläger erhalte zudem gegenwärtig nur eine Schmerztherapie der Stufe 1 mit nicht opioid-haltigen Schmerzmitteln.
Am 11. Dezember 2014 hat der Kläger beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg hiergegen Berufung eingelegt. Er führt u.a. an, dass er nach wie vor erhebliche Einschränkungen am linken Sprunggelenk habe. Wegen der Schädigung des Nervus peroneus werde er weiterhin behandelt. Er bekomme Lymphdrainagen und Elektrotherapie. Er meint, die Folgen des Arbeitsunfalls vom 13. Januar 2009 bedingten eine MdE im rentenberechtigenden Grade.
Der Senat hat den Neurologen und Psychiater Dr. Sch. als sachverständigen Zeugen schriftlich gehört. Er hat am 6. September 2015 angegeben, dass er den Kläger nur einmalig im Mai 2015 untersucht habe. Er habe ein Tarsaltunnelsyndrom (Nervenkompressionssyndrom im Fuß) links und einen Verdacht auf ein Chronic Regional Pain Syndrom (komplexes regionales Schmerzsyndrom, CRPS) diagnostiziert. Durch den Ruheschmerz im linken Fuß, der bei Belastung zunehme, sei die Gebrauchsfähigkeit des linken Fußes eingeschränkt.
Der Senat hat von Amts wegen ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten bei Dr. B. eingeholt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 15. April 2016 angegeben, dass der Kläger mit seiner Ehefrau und seinem Stiefsohn zusammen in einer Wohnung lebe, viel lese, täglich mit seinem Hund ein kleines Stück spazieren gehe, im Haushalt mithelfe und einen ausreichend großen Freundes- und Bekanntenkreis habe. Der Gutachter hat weiter ausgeführt, dass die festgestellte Sensibilitätsstörung am linken Fußrücken in Verbindung mit einer leichten Zehenheberparese für eine distale Nervus peroneus-Läsion spreche. Eine solche distale Peroneusschädigung links habe bei der elektrophysiologischen Untersuchung bestätigt werden können. Für ein Tarsaltunnelsyndrom links hätten sich weder klinisch noch elektrophysiologisch Hinweise gefunden. Auch für ein CRPS hätte sich keine Bestätigung gefunden, insbesondere keine trophischen Störungen. Die distale Peroneusschädigung links habe sich zunehmend nach der Arthroskopie im Oktober 2011 entwickelt. Sie sei mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Folge der Distorsion des Sprunggelenkes und deren Behandlung. Für eine Polyneuropathie oder eine Nervenwurzelkompression als mögliche konkurrierende Ursache hätten sich keine sicheren Hinweise ergeben. Die Nervus peroneus-Läsion sei beim Kläger inkomplett, vorwiegend sensibel. Bei einer kompletten Läsion des Nervus peroneus superficialis sei auch die Fußaußenrandhebermuskulatur gelähmt, was bei Kläger nicht der Fall sei. Eine komplette Läsion des Nervus peroneus habe eine MdE von 15 v. H. zur Folge, so dass die MdE durch die distale Nervus peroneus-Schädigung mit Schwäche und Atrophie der Zehenstreckermuskulatur links und Sensibilitätsstörungen am Fußrücken links mit kleineren Arealen mit Hyperalgesie auf 10 v. H. geschätzt werde. Unter Berücksichtigung der Teil-MdE von 10 v. H. auf orthopädischem Gebiet betrage die Gesamt-MdE 15 v. H. Die inkomplette Nervus peroneus-Läsion habe zu keiner unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit über den 31. Januar 2013 hinaus geführt. Wegen der neueren Ergebnisse der kernspintomographischen Untersuchungen des Mittel- und Rückfußes vom 18. August 2015 und vom 21. Januar 2016 sowie wegen der abschließenden Bildung der Gesamt-MdE werde nochmals eine orthopädische Begutachtung empfohlen.
In der darauf vom Senat eingeholten ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen Dr. von St. vom 9. Juli 2016 ist angeführt worden, dass die Gesamt-MdE unter Einbeziehung der nun festgestellten sensiblen Ausfälle auf 15 v. H. zu schätzen sei. Die Unfallfolgen überlappten sich teilweise. Die unlängst durchgeführte Kernspintomographie habe Residualzustände und Narben im Bereich des traumatisch geschädigten linken Sprunggelenks gezeigt, die jedoch als Einzelbefund nicht zu einer weiteren Erhöhung der Gesamt-MdE führen würden.
Der Kläger hat mit Schriftsätzen vom 21. Mai 2016 und vom 1. Oktober 2016 beantragt, ein weiteres Gutachten auf orthopädischem Gebiet bei Dr. v. L. zu erheben bzw. solche Anträge angekündigt. In der mündlichen Verhandlung am 20. Oktober 2016 hat er einen solchen Antrag jedoch nicht gestellt.
Der Kläger beantragt demnach,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 13. November 2014 aufzuheben und den Bescheid vom 13. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. August 2013 teilweise aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von wenigstens 20 v. H. der Vollrente zu gewähren, wobei die geltend gemachten Ansprüche, soweit sie pfändbar sind, ausschließlich der Insolvenzmasse auf das vom Insolvenzverwalter St. M, B.-Str., B.-B. eingerichtete Treuhandanderkonto zufließen sollen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Unter Hinweis auf das Ergebnis der Gutachten von Dr. von St., Dr. Th. und Dr. B. erachtet sie die angefochtenen Bescheide für zutreffend. Als weitere Unfallfolge sei laut dem schlüssigen Gutachten von Dr. B. eine inkomplette distale Nervus peroneus-Läsion links festzustellen. Die Bescheide seien bezüglich der Dauer der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit und dem Vorliegen einer nicht rentenberechtigenden MdE korrekt ergangen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz, die Gerichtsakten über das parallele Verfahren L 6 U 4894/15 (Vorinstanz: S 1 U 3295/13) sowie auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist nach § 143 SGG statthaft. Insbesondere war sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig, da sie eine laufende Leistung (Verletztenrente) für mehr als ein Jahr betrifft.
Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig, vor allem form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) erhoben. Sie ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen.
Der Kläger begehrt zuletzt nur noch eine Verletztenrentengewährung. Andere Gesuche, insbesondere die Feststellung von Unfallfolgen und eine Verletztengeldzahlung, verlangt er nicht mehr (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18. September 2009 - L 8 U 5884/08 -, juris, Rz. 32 ff. zu einer Teilrücknahme der Klage durch spätere Antragsbeschränkung).
Die Klage auf Gewährung von Verletztenrente ist als Anfechtungs- und Leistungsklage zwar zulässig, jedoch unbegründet. Eine rentenbegründende MdE liegt nicht vor.
Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet; sie beträgt zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes. Bei einer MdE wird Teilrente geleistet; sie wird in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der MdE entspricht (§ 56 Abs. 3 SGB VII).
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamt-gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2004 - B 2 U 14/03 R -, juris, Rz. 12): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der GesundheitsSch.en als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
Weiter müssen der Gesundheitsschaden und insbesondere der Funktionsverlust, aus dem sich die MdE ableitet, durch den Versicherungsfall rechtlich wesentlich verursacht worden sein. Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Er-folg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (st. Rspr. vgl. BSG, Urteil vom 12. April 2005 &8722; B 2 U 27/04 R -, juris, Rz. 16). Für die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität ist grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, ausreichend, aber auch erforderlich. Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht, so dass auf diesen Grad der Wahrscheinlichkeit vernünftiger Weise die Entscheidung gestützt werden kann und ernste Zweifel ausscheiden. Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Dies schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen. Der wissenschaftliche Erkenntnisstand ist die Grundlage, auf der die geltend gemachten Gesundheitsstörungen des konkreten Versicherten zu bewerten sind. Bei dieser einzelfallbezogenen Bewertung kann nur auf das individuelle Ausmaß der Beeinträchtigung des Versicherten abgestellt werden, aber nicht so wie er es subjektiv bewertet, sondern wie es objektiv ist. Die Aussage, der Versicherte sei so geschützt, wie er die Arbeit antritt, ist ebenfalls diesem Verhältnis von individueller Bewertung auf objektiver, wissenschaftlicher Grundlage zuzuordnen. Die Ursachenbeurteilung im Einzelfall hat anhand des konkreten individuellen Versicherten unter Berücksichtigung seiner Krankheiten und Vorschäden zu erfolgen, aber auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes (vgl. BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -, juris, Rz. 25 ff.).
Hiervon ausgehend bedingen die verbliebenen Folgen des Arbeitsunfalles vom 13. Januar 2009 keine rentenberechtigende MdE von 20 v. H. Ein Stützrententatbestand liegt nicht vor.
Die Beklagte hat in dem angefochtenen Bescheid vom 13. Februar 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. August 2013 das Unfallereignis vom 13. Januar 2009 als Versicherungsfall i. S. des § 7 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII), nämlich als Arbeitsunfall nach § 8 SGB VII (hier Wegeunfall nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII) anerkannt. Auch das Umknicken des Fußes ohne äußere Veranlassung kommt als Arbeitsunfall in Betracht (vgl. Sächsisches LSG, Urteil vom 12. Dezember 2000 – L 2 U 111/98 –, juris, Rz. 27).
Nach dem Wegeunfall besteht beim Kläger ein vom Beklagten zutreffend festgestellter und letztlich unstreitiger Residualzustand nach Distorsion des linken oberen Sprunggelenks mit Ruptur des Außenbandes mit geringer Einschränkung der Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk, welcher für den Senat insbesondere aufgrund der Gutachten von Dr. St. und Dr. v. St. feststeht. Weiter konnte im Berufungsverfahren durch das Gutachten von Dr. B. eine inkomplette Läsion des distalen Nervus peroneus links objektiviert werden, was von der Beklagten auch nicht mehr in Frage gestellt wird (vgl. Schreiben vom 25. Juli 2016, Bl. 178 der LSG-Akte).
Neben diesen Unfallfolgen sind die vom Kläger angeführte Talonaviculararthrose rechts und Adipositas jedoch keine weiteren Folgen des Arbeitsunfalls vom 13. Januar 2009. Dies ergibt sich aus den ausführlichen und schlüssigen Ausführungen im Gutachten des vom SG befragten Sachverständigen Dr. von St ... Danach belegen die Röntgenaufnahmen beider Sprunggelenke einen normal weiten Gelenkspalt in der Tragzone. Der Syndesmosenspalt ist im Seitenvergleich gleich weit und eine Verbreiterung der Malleolengabel links nicht zu objektivieren. Auch das linke untere Sprunggelenk ist radiologisch unauffällig. Seitengleich fanden sich eine vermehrte Knochenzeichnung in und unter der führenden Gelenkfläche des Fersenbeins zum unteren Sprunggelenk im Sinne einer Belastungssklerose. Die Fußwurzelgelenke zeigten im Talonavicularbereich eine leichte dorsale osteophytäre Randausziehung und eine leichte Gelenkspaltverschmälerung. Diese allenfalls beginnende Arthrose des Talonavikulargelenkes ist mit Dr. von St. seitengleich ausgeprägt, rechts mehr als links. Wenn der gerichtliche Sachverständige im Einklang mit dem weiteren orthopädisch-unfallchirurgischen Gutachter Dr. Th. deshalb zusammenfassend davon ausgehen, dass die beginnende degenerative Verschleißerkrankung des Talonavikulargelenkes rechts nicht zu den Unfallfolgen gehört, ist dies auch für den Senat überzeugend und nachvollziehbar. Bereits der Umstand, dass diese Arthrose beim Kläger auf beiden Seiten spricht deutlich dagegen, dass sie mit dem Unfall und einer behaupteten Mehrbelastung des rechten, gesunden Fußes verbunden ist. Einer einseitigen Belastung widerspricht zudem, dass nach Dr. Th. die Fußsohlen seitengleich kräftig beschwielt sind und die Abnutzung der Schuhe seitengleich ist, zumal der Kläger gegenüber dem Gutachter auch gar keine Beschwerden im rechten Fuß beklagt hat (vgl. S. 15 des Gutachtens). Außerdem hat der Senat bereits entschieden, dass orthopädische Veränderungen an der nicht geschädigten Gliedmaße nach der herrschenden medizinischen Lehrmeinung nicht auf eine Überlastung zurückgeführt werden können, sondern Ausdruck von Abnutzungs- und Verschleißvorgängen sind (Urteil vom 29. April 2014 - L 6 VK 934/12 -, juris, Rz. 32 m. w. N.).
Auch das als Unfallfolge geltend gemachte Übergewicht des Klägers ist nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf den Unfall zurückzuführen. Das Gangbild des Klägers ist nach Dr. Th. flüssig. Es besteht nur eine geringe Muskelminderung im Bereich des linken Oberschenkels im Vergleich zu dem rechten und eine nur mäßiggradige Schwellneigung im Bereich des linken Knöchels bei uneingeschränkter peripherer Durchblutung, Sensibilität und Motorik. Nicht unberücksichtigt bleiben dürfen ferner die im EFL-Bericht angesprochenen erkennbaren Diskrepanzen zwischen dem objektiven Untersuchungsbefund und dem subjektiven Beschwerdebild. Nach den von Dr. von St. erhobenen Befunden ist das Gangbild des Klägers von Schrittlänge, Rhythmus und Form unauffällig. Es fehlt ein pathomorphologisches Korrelat für die von ihm intensiv geschilderten Schmerzen und Dysästhesien, die sich auch nicht mit dem vom Nervenarzt Dr. B. festgestellten inkompletten Läsion des Nervus peroneus links erklären lassen. Ein unfallbedingter Mindergebrauch des linken Beines und eine daraus resultierende Bewegungseinschränkung mit konsekutiver Gewichtszunahme ist daher nicht wahrscheinlich gemacht worden. Andernfalls wären zwischenzeitlich kontrakte Muskelverkürzungen oder eine röntgenologisch erkennbare deutliche Gebrauchsminderung zu erwarten gewesen. All diese Veränderungen liegen hier nicht vor.
Der Grad der MdE ist aus den festgestellten unfallabhängigen Funktionsbehinderungen abzuleiten, wobei als Maßstab Einschränkungen der Bewegungsmaße und durch neurologische Ausfälle bedingte funktionelle Beeinträchtigungen in Betracht kommen. Die unfallbedingten Gesundheitseinschränkungen haben beim Kläger im Bereich des linken Sprunggelenkes jedoch lediglich end- bzw. geringgradige Bewegungseinschränkungen zur Folge. Neurologisch konnten unfallbedingt lediglich eine Schwäche und Atrophie der Zehenstreckermuskulatur links und Sensibilitätsstörungen am Fußrücken links objektiviert werden.
Konkret ergibt sich die MdE bei Fußverletzungen im Wesentlichen aus den Bewegungseinschränkungen (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, S. 680). Erst etwa eine Versteifung des oberen Sprunggelenks im Winkel von 90-100° zum Unterschenkel oder eine Versteifung des unteren Sprunggelenks in Funktionsstellung hat eine MdE von über 10 v. H. zur Folge (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 678 f.). Derartiges liegt beim Kläger bei weitem nicht vor. Vorliegend konnten Dr. von St., wie auch zuvor schon Dr. St. und nachfolgend Dr. Th., lediglich eine geringe Bewegungseinschränkung des linken oberen Sprunggelenks feststellen (Dr. von St.: 10-0-50°; Dr. St.: 20-0-40° und Dr. Th. 20-0-40°). Insgesamt war nach Dr. von St. die Beweglichkeit des oberen Sprunggelenks nur um 10° und des unteren links um 1/5 gegenüber der Gegenseite eingeschränkt. Eine Bandinstabilität und eine vermehrte Aufklappbarkeit des unfallgeschädigten Sprunggelenks hat Dr. Th. verneint. Wird weiter berücksichtigt, dass der Kläger die erschwerten Gangarten in Form von Zehen- und Hackengang durchführen konnte, er bei dem zweitägigen Leistungstest der BG-Klinik (EFL-Test) Mitte Januar 2013 - trotz massiver verbaler Schmerzäußerungen - nach einer Trage- und Hebebelastung noch mit normalem Gangbild weitergehen konnte, ein Hinken oder eine Entlastung, wie bei Schmerzen zu erwarten wäre, gerade nicht gezeigt hatte und in der BG-Klinik weitere Tests ohne erkennbare Probleme vorzeitig abbrach, überzeugt den Senat die Einschätzung der Gutachter, die zu keinem höheren Teil-MdE-Wert als 10 v. H. für den orthopädischen Bereich kommen.
Im Hinblick auf die von Dr. B. im Berufungsverfahren festgestellte inkomplette Läsion des distalen Nervus peroneus kommt eine Erhöhung der MdE auf allenfalls insgesamt 15 v. H. in Betracht. Nach den Erfahrungswerten für eine MdE-Bemessung ist eine Nervenschädigung des Nervus peroneus superficialis mit einem Wert von 15 v. H. zu bemessen (vgl. SchönB./Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 230). Allerdings beziehen sich diese Werte auf den vollständigen Ausfall des betroffenen Nervs. Teillähmungen sind geringer zu bemessen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 229). Da beim Kläger nur eine Teilläsion vorliegt und gerade nicht - wie bei einer vollständigen Läsion - die Fußaußenrandhebermuskulatur gelähmt ist, sondern nur eine Schwäche und Atrophie der Zehenstreckermuskulatur mit Sensibilitätsstörungen bestehen, überzeugt die Einschätzung des Gutachters Dr. B., der beim Kläger insoweit zu einer (neurologischen) Teil-MdE von 10 v. H. kommt. Wegen der Überlappungen mit der (orthopädischen) Teil-MdE, bei der von Dr. v. St. bereits Sensibilitätsstörungen berücksichtigt worden waren, folgt der Senat auch dessen Einschätzung einer Gesamt-MdE von 15 v.H., die in Übereinstimmung mit der Bewertung durch Dr. B. steht.
In diesem MdE-Wert sind die bereits üblicherweise vorhandenen Schmerzen berücksichtigt (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 221). Die vom Kläger zusätzlich vorgebrachten extremen Schmerzzustände konnten hingegen von den Gutachtern nicht objektiviert werden. Ein CRPS konnte Dr. B. ausschließen. Angesichts der von ihm festgestellten Teilschädigung des Nervus peroneus mit lediglich Sensibilitätsstörungen am Fußrücken und kleineren Arealen mit Überempfindlichkeit besteht kein hinreichendes pathomorphologisches Korrelat für die angegeben Schmerzen. Gegen ein erhebliches Schmerzempfinden spricht zudem, dass der Kläger nach den Ausführungen von Dr. Th. lediglich eine Schmerztherapie der ersten Stufen mit nicht opioid-haltigen Schmerzmitteln durchführt, so dass eine MdE-Erhöhung insoweit ausscheidet. Es verbleibt bei einer Gesamt-MdE aufgrund des Unfalls vom 13. Januar 2013 von unter 20 v. H.
Nach alledem liegt beim Kläger keine rentenberechtigende MdE vor. Ein Verletztenrentenanspruch wird auch nicht über einen Stützrententatbestand im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII begründet. Der weitere Arbeitsunfall vom 4. September 2002 hatte keine MdE von 10 v. H. oder mehr zur Folge (vgl. Urteil des Senats vom heutigen Tage - L 6 U 4894/15). Andere Stützrententatbestände sind nicht ersichtlich. Der zuletzt vorgetragene Sturz vom 7. Juni 2016 hatte lediglich Schürfwunden nach sich gezogen (vgl. Durchgangsarztbericht vom 7. Juni 2016).
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält weitere Ermittlungen nicht für erforderlich. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen haben mit den sachverständigen Zeugenauskünften und den Gutachten dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO). Denn der medizinische festgestellte Sachverhalt bietet die Basis für die alleine vom Senat vorzunehmende rechtliche Bewertung der MdE unter Einschluss der Bewertung der sich zwischen den einzelnen Erkrankungen und Funktionsbehinderungen ergebenden Überschneidungen und Wechselwirkungen.
Einen Antrag nach § 109 Abs. 1 SGG auf Einholung eines weiteren orthopädischen Gutachtens bei Dr. von L. hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht gestellt bzw. er hat einen solchen Antrag nicht aufrecht erhalten. Der Antrag kann daher als erledigt angesehen werden (vgl. BSG, Beschluss vom 10. März 2016 – B 13 R 93/15 B -, juris, Rz. 8). Der Senat muss deshalb nicht entscheiden, ob das Antragsrecht des Klägers nach dieser Vorschrift verbraucht ist, nachdem schon in der ersten Instanz auf seinen Antrag hin ein solches Gutachtens - auf demselben Fachgebiet - bei Dr. Th. erhoben worden ist (vgl. zur Ablehnung wiederholter Anträge nach § 109 Abs. 1 SGG Urteil des Senats vom 24. Oktober 2013 - L 6 SB 5267/11 -, juris, Rz. 34 m. w. N.).
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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