Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 11 R 99/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 18 R 111/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Der am 00.00.1961 geborene Kläger ist gelernter Dreher und arbeitete zuletzt von 1992 bis Anfang 2004 als Sicherheitsfachkraft bei der Firma T GmbH; er bezog Krankengeld von April 2004 bis Juni 2005, seither bezieht er Leistungen der Bundesagentur für Arbeit.
Seinen Rentenantrag vom 15.11.2004 begründete er mit Morbus Crohn bei Stoma, Zustand nach Lendenwirbelkörperfraktur und Ellenbogenfraktur sowie Bluthochdruck. Die Beklagte veranlasste eine sozialmedizinische Begutachtung durch ihren ärztlichen Dienst und lehnte den Antrag mit Bescheid vom 10.01.2005 mit der Begründung ab, der Kläger könne trotz einer schubweise verlaufenden Erkrankung der Schleimhaut im Verdauungstrakt bei künstlichem Darmausgang, Bluthochdruck und Zustand nach Bruch zweier Lendenwirbelkörper 1995 mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig sein. Das zugrundeliegende sozialmedizinische Gutachten nennt außerdem als Diagnosen: angeborenes Schielen rechts, diskrete bis geringfügige Handkraftminderung links, Zustand nach Schädelbasisbruch 1975, Krampfaderbildung in beiden Unterschenkeln, Erhöhung der Blutharnsäurewerte und mäßiges Übergewicht. Zur Begründung seines am 08.02.2005 erhobenen Widerspruchs verwies der Kläger auf die zwischenzeitliche Bewilligung von Pflegestufe I; außerdem könne er nach einer Mehrfachfraktur den linken Arm nicht mehr ganz strecken. Die Beklagte zog ein Pflegegutachten des MDK Nordrhein von Januar 2005 bei, holte einen Befundbericht der behandelnden Allgemeinmediziner L und N1 ein und ließ den Kläger erneut durch ihren ärztlichen Dienst begutachten. Mit Bescheid vom 30.08.2005 wies sie den Widerspruch zurück.
Hiergegen richtet sich die am 27.09.2005 erhobene Klage.
Der Kläger führt aus, er leide trotz Rückverlegung des künstlichen Darmausgangs an unkontrolliert auftretenden Stuhlgängen 10 bis 12 mal am Tag. Nach den Darmoperationen habe sich auch das Rückleiden verschlimmert, dem er nach Verlust der Bauchmuskulatur nicht mehr entgegenwirken könne; schließlich sei eine Kraftminderung im gesamten linken Arm aufgetreten.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10.01.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.08.2005 zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsminderung unter Zugrundelegung eines Versicherungsfalles vom 15.11.2004 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bleibt bei ihrer bisherigen Auffassung.
Das Gericht hat eine Auskunft der zuständigen Pflegekasse eingeholt (wonach zuletzt noch ein Pflegeaufwand von 2 Minuten täglich festgestellt worden sei) sowie die Akte des erledigten Verfahrens S 00 AL 000/00 beigezogen. Zur weiteren Aufklärung des sozialmedizinischen Sachverhalts hat es Befundberichte von L und dem Internisten C sowie ein Gutachten der Internistin und Arbeitsmedizinerin Frau N2 vom 30.04.2006 eingeholt. Frau N2 hat den Kläger für in der Lage gehalten, körperlich leichte und leidensangepasste Arbeiten ohne das Erfordernis beidäugigen Sehens sowie mit der Möglichkeit, orts- und zeitnah eine Toilette aufzusuchen, vollschichtig zu verrichten. Der Kläger sieht sich in dem Gutachten bestätigt und führt aus, angesichts insbesondere der anfallsweise auftretenden Stuhlgänge sei ihm der allgemeine Arbeitsmarkt verschlossen. Da er nur solche öffentlichen Verkehrsmittel benutzen könne, in denen sich Toiletten befänden, könne er einen etwaigen Arbeitsplatz auch nicht erreichen.
Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der genannten Unterlagen verwiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten sind nicht rechtswidrig im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung setzt voraus, dass der Versicherte voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) ist. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger kann unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich arbeiten. Er leidet unter folgenden Gesundheitsstörungen:
1.Morbus Crohn bei Zustand nach Rückverlegung eines anus praeter und chronischen Durchfällen, 2.Bluthochdruck, medikamentös eingestellt, 3.Zustand nach Bruch zweier Lendenwirbelkörper 1995 bei wiederkehrenden Wirbelsäulenbeschwerden und Bewegungseinschränkung, 4.Zustand nach Radiusköpfchenfraktur 2002 bei verbliebener leichter Handkraftminderung links, 5. angeborenes Einwärtsschielen rechts, fehlendes räumliches Sehvermögen, 6. wiederkehrende Kopfschmerzen bei Zustand nach Schädelbasisbruch 1975, 7. Krampfadern an beiden Unterschenkeln, 8. unklare Ausscheidung roter Blutkörperchen im Urin.
Der Kläger ist angesichts dessen in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen in geschlossenen Räumen, ohne Zwangshaltungen und in Tagesschicht auszuführen. Nicht möglich sind Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an das beidäugige Sehen sowie Tätigkeiten, die eine volle Kraftentfaltung auch der linken Hand als Beihand erfordern. Vermieden werden müssen weiterhin Tätigkeiten in Kälte, Hitze und Temperaturschwankungen sowie in Zugluft oder Nässe. Der Kläger kann keine Tätigkeiten unter Zeitdruck, Arbeiten an Automaten oder laufenden Maschinen sowie Arbeiten auf Gerüsten oder Leitern verrichten. Angesichts der chronischen Durchfälle muss die Möglichkeit bestehen, jederzeit die Arbeit zu unterbrechen und ortsnah eine Toilette aufzusuchen. Unter Berücksichtigung der genannten Einschränkungen ist der Kläger in der Lage, vollschichtig tätig zu sein. Er kann täglich insgesamt viermal Wegstrecken von geringfügig mehr als 500m in jeweils höchstens 20 Minuten zurücklegen.
Das Gericht entnimmt dies dem Gutachten von Frau N2, dem die Beteiligten nicht entgegen getreten sind. Streitig sind allein die hieraus zu ziehenden Folgerungen. Das Gericht folgt der Einschätzung des Klägers nicht, angesichts der Sehbehinderung sowie insbesondere der hohen Stuhlgangsfrequenz seien auch körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ausgeschlossen. Hierbei verkennt das Gericht nicht, dass (auch funktionelle) Einäugigkeit grundsätzlich als schwere spezifische Leistungsbeeinträchtigung die Benennung einer Verweisungstätigkeit erforderlich macht (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 30). Die vorhandene Sehminderung ist jedoch einer funktionellen Einäugigkeit nicht gleichzusetzen, denn das seit Geburt bestehende Einwärtsschielen hat den Kläger nicht daran gehindert, von 1992 bis 2004 als Sicherheitsfachkraft (und somit in einem Beruf, der gerade eine gute Übersichtsfähigkeit voraussetzt) tätig zu sein. Ausweislich der beigezogenen Streitakte S 00 AL 000/00 wurde dem Kläger dort auch nicht etwa wegen eines verminderten Leistungsvermögens gekündigt. Auch die Stuhlgangsfrequenz führt jedenfalls nicht dazu, dass Tätigkeiten wie die eines Pförtners oder einer Bürohilfskraft verschlossen sind. Unter Zugrundelegung der Angaben des Klägers bei der Begutachtung durch Frau N2 treten im Laufe von 24 Stunden bis zu zwölf Stuhlgänge auf, von denen ungefähr zwei auf die Nachtzeit entfallen. Auf eine achtstündige Tagesschicht entfallen somit durchschnittlich fünf Stuhlgänge, was nach Auffassung der Kammer nicht erheblich über der Frequenz liegt, die auch bei nicht erwerbsgeminderten Versicherten auftreten können. Es kommt hinzu, dass die Darmerkrankung schubweise verläuft und mithin in Phasen "relativer Ruhe" und Phasen vermehrter Aktivität und höherer Stuhlgangsfrequenz zerfällt. Hierbei kann eine Phase vermehrter Aktivität zu Arbeitsunfähigkeit führen und den Beschwerden des Klägers durch entsprechende Feststellung Rechnung getragen werden. Auch das konkrete Risiko einer Phase vermehrter Aktivität reicht allerdings nicht aus, um einen Rentenanspruch zu begründen. Ebenso wenig schließen es die Auswirkungen der Darmerkrankung aus, dass der Kläger einen Arbeitsplatz erreichen kann. Die "eigentliche" Wegefähigkeit, d.h. das Erreichen einer Bushaltestelle ist ausweislich des Gutachtens von Frau N2 nicht beeinträchtigt. Dass Fahrten in Bussen und anderen Kraftfahrzeugen wegen fehlender Toiletten nicht in Betracht kommen, vermag das Gericht dem Gutachten und auch dem übrigen Vortrag des Klägers nicht zu entnehmen. Wenn - wie der Kläger angibt - Durchfälle besonders in zeitlichem Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme auftreten, ist es ihm zuzumuten, Nahrungsaufnahme und Arbeitsweg aufeinander abzustimmen. Hinsichtlich der Hände ist eine schwere spezifische Leistungsbeeinträchtigung nicht erkennbar, denn hier sind lediglich Arbeiten mit voller Kraftentfaltung auch der Beihand ausgeschlossen.
Es besteht auch kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI, da der Kläger nicht berufsunfähig ist. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens 6 Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 SGB VI). Der Kläger hat sozialversicherungspflichtig zuletzt als Sicherheitsfachkraft gearbeitet und ist somit unter Zugrundelegung des von der Rechtsprechung entwickelten Mehrstufenschemas (hierzu Niesel, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 240 SGB VI, Rn. 96 ff m.w.N.) zumutbar auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Derartige Tätigkeiten kann er - wie dargelegt - auch verrichten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Der am 00.00.1961 geborene Kläger ist gelernter Dreher und arbeitete zuletzt von 1992 bis Anfang 2004 als Sicherheitsfachkraft bei der Firma T GmbH; er bezog Krankengeld von April 2004 bis Juni 2005, seither bezieht er Leistungen der Bundesagentur für Arbeit.
Seinen Rentenantrag vom 15.11.2004 begründete er mit Morbus Crohn bei Stoma, Zustand nach Lendenwirbelkörperfraktur und Ellenbogenfraktur sowie Bluthochdruck. Die Beklagte veranlasste eine sozialmedizinische Begutachtung durch ihren ärztlichen Dienst und lehnte den Antrag mit Bescheid vom 10.01.2005 mit der Begründung ab, der Kläger könne trotz einer schubweise verlaufenden Erkrankung der Schleimhaut im Verdauungstrakt bei künstlichem Darmausgang, Bluthochdruck und Zustand nach Bruch zweier Lendenwirbelkörper 1995 mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig sein. Das zugrundeliegende sozialmedizinische Gutachten nennt außerdem als Diagnosen: angeborenes Schielen rechts, diskrete bis geringfügige Handkraftminderung links, Zustand nach Schädelbasisbruch 1975, Krampfaderbildung in beiden Unterschenkeln, Erhöhung der Blutharnsäurewerte und mäßiges Übergewicht. Zur Begründung seines am 08.02.2005 erhobenen Widerspruchs verwies der Kläger auf die zwischenzeitliche Bewilligung von Pflegestufe I; außerdem könne er nach einer Mehrfachfraktur den linken Arm nicht mehr ganz strecken. Die Beklagte zog ein Pflegegutachten des MDK Nordrhein von Januar 2005 bei, holte einen Befundbericht der behandelnden Allgemeinmediziner L und N1 ein und ließ den Kläger erneut durch ihren ärztlichen Dienst begutachten. Mit Bescheid vom 30.08.2005 wies sie den Widerspruch zurück.
Hiergegen richtet sich die am 27.09.2005 erhobene Klage.
Der Kläger führt aus, er leide trotz Rückverlegung des künstlichen Darmausgangs an unkontrolliert auftretenden Stuhlgängen 10 bis 12 mal am Tag. Nach den Darmoperationen habe sich auch das Rückleiden verschlimmert, dem er nach Verlust der Bauchmuskulatur nicht mehr entgegenwirken könne; schließlich sei eine Kraftminderung im gesamten linken Arm aufgetreten.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10.01.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.08.2005 zu verurteilen, ihm Rente wegen Erwerbsminderung unter Zugrundelegung eines Versicherungsfalles vom 15.11.2004 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bleibt bei ihrer bisherigen Auffassung.
Das Gericht hat eine Auskunft der zuständigen Pflegekasse eingeholt (wonach zuletzt noch ein Pflegeaufwand von 2 Minuten täglich festgestellt worden sei) sowie die Akte des erledigten Verfahrens S 00 AL 000/00 beigezogen. Zur weiteren Aufklärung des sozialmedizinischen Sachverhalts hat es Befundberichte von L und dem Internisten C sowie ein Gutachten der Internistin und Arbeitsmedizinerin Frau N2 vom 30.04.2006 eingeholt. Frau N2 hat den Kläger für in der Lage gehalten, körperlich leichte und leidensangepasste Arbeiten ohne das Erfordernis beidäugigen Sehens sowie mit der Möglichkeit, orts- und zeitnah eine Toilette aufzusuchen, vollschichtig zu verrichten. Der Kläger sieht sich in dem Gutachten bestätigt und führt aus, angesichts insbesondere der anfallsweise auftretenden Stuhlgänge sei ihm der allgemeine Arbeitsmarkt verschlossen. Da er nur solche öffentlichen Verkehrsmittel benutzen könne, in denen sich Toiletten befänden, könne er einen etwaigen Arbeitsplatz auch nicht erreichen.
Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der genannten Unterlagen verwiesen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Verwaltungsakte verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten sind nicht rechtswidrig im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG, da der Kläger keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung setzt voraus, dass der Versicherte voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) ist. Erwerbsgemindert ist nach § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger kann unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich arbeiten. Er leidet unter folgenden Gesundheitsstörungen:
1.Morbus Crohn bei Zustand nach Rückverlegung eines anus praeter und chronischen Durchfällen, 2.Bluthochdruck, medikamentös eingestellt, 3.Zustand nach Bruch zweier Lendenwirbelkörper 1995 bei wiederkehrenden Wirbelsäulenbeschwerden und Bewegungseinschränkung, 4.Zustand nach Radiusköpfchenfraktur 2002 bei verbliebener leichter Handkraftminderung links, 5. angeborenes Einwärtsschielen rechts, fehlendes räumliches Sehvermögen, 6. wiederkehrende Kopfschmerzen bei Zustand nach Schädelbasisbruch 1975, 7. Krampfadern an beiden Unterschenkeln, 8. unklare Ausscheidung roter Blutkörperchen im Urin.
Der Kläger ist angesichts dessen in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen in geschlossenen Räumen, ohne Zwangshaltungen und in Tagesschicht auszuführen. Nicht möglich sind Tätigkeiten mit besonderen Anforderungen an das beidäugige Sehen sowie Tätigkeiten, die eine volle Kraftentfaltung auch der linken Hand als Beihand erfordern. Vermieden werden müssen weiterhin Tätigkeiten in Kälte, Hitze und Temperaturschwankungen sowie in Zugluft oder Nässe. Der Kläger kann keine Tätigkeiten unter Zeitdruck, Arbeiten an Automaten oder laufenden Maschinen sowie Arbeiten auf Gerüsten oder Leitern verrichten. Angesichts der chronischen Durchfälle muss die Möglichkeit bestehen, jederzeit die Arbeit zu unterbrechen und ortsnah eine Toilette aufzusuchen. Unter Berücksichtigung der genannten Einschränkungen ist der Kläger in der Lage, vollschichtig tätig zu sein. Er kann täglich insgesamt viermal Wegstrecken von geringfügig mehr als 500m in jeweils höchstens 20 Minuten zurücklegen.
Das Gericht entnimmt dies dem Gutachten von Frau N2, dem die Beteiligten nicht entgegen getreten sind. Streitig sind allein die hieraus zu ziehenden Folgerungen. Das Gericht folgt der Einschätzung des Klägers nicht, angesichts der Sehbehinderung sowie insbesondere der hohen Stuhlgangsfrequenz seien auch körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ausgeschlossen. Hierbei verkennt das Gericht nicht, dass (auch funktionelle) Einäugigkeit grundsätzlich als schwere spezifische Leistungsbeeinträchtigung die Benennung einer Verweisungstätigkeit erforderlich macht (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 30). Die vorhandene Sehminderung ist jedoch einer funktionellen Einäugigkeit nicht gleichzusetzen, denn das seit Geburt bestehende Einwärtsschielen hat den Kläger nicht daran gehindert, von 1992 bis 2004 als Sicherheitsfachkraft (und somit in einem Beruf, der gerade eine gute Übersichtsfähigkeit voraussetzt) tätig zu sein. Ausweislich der beigezogenen Streitakte S 00 AL 000/00 wurde dem Kläger dort auch nicht etwa wegen eines verminderten Leistungsvermögens gekündigt. Auch die Stuhlgangsfrequenz führt jedenfalls nicht dazu, dass Tätigkeiten wie die eines Pförtners oder einer Bürohilfskraft verschlossen sind. Unter Zugrundelegung der Angaben des Klägers bei der Begutachtung durch Frau N2 treten im Laufe von 24 Stunden bis zu zwölf Stuhlgänge auf, von denen ungefähr zwei auf die Nachtzeit entfallen. Auf eine achtstündige Tagesschicht entfallen somit durchschnittlich fünf Stuhlgänge, was nach Auffassung der Kammer nicht erheblich über der Frequenz liegt, die auch bei nicht erwerbsgeminderten Versicherten auftreten können. Es kommt hinzu, dass die Darmerkrankung schubweise verläuft und mithin in Phasen "relativer Ruhe" und Phasen vermehrter Aktivität und höherer Stuhlgangsfrequenz zerfällt. Hierbei kann eine Phase vermehrter Aktivität zu Arbeitsunfähigkeit führen und den Beschwerden des Klägers durch entsprechende Feststellung Rechnung getragen werden. Auch das konkrete Risiko einer Phase vermehrter Aktivität reicht allerdings nicht aus, um einen Rentenanspruch zu begründen. Ebenso wenig schließen es die Auswirkungen der Darmerkrankung aus, dass der Kläger einen Arbeitsplatz erreichen kann. Die "eigentliche" Wegefähigkeit, d.h. das Erreichen einer Bushaltestelle ist ausweislich des Gutachtens von Frau N2 nicht beeinträchtigt. Dass Fahrten in Bussen und anderen Kraftfahrzeugen wegen fehlender Toiletten nicht in Betracht kommen, vermag das Gericht dem Gutachten und auch dem übrigen Vortrag des Klägers nicht zu entnehmen. Wenn - wie der Kläger angibt - Durchfälle besonders in zeitlichem Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme auftreten, ist es ihm zuzumuten, Nahrungsaufnahme und Arbeitsweg aufeinander abzustimmen. Hinsichtlich der Hände ist eine schwere spezifische Leistungsbeeinträchtigung nicht erkennbar, denn hier sind lediglich Arbeiten mit voller Kraftentfaltung auch der Beihand ausgeschlossen.
Es besteht auch kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI, da der Kläger nicht berufsunfähig ist. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens 6 Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 SGB VI). Der Kläger hat sozialversicherungspflichtig zuletzt als Sicherheitsfachkraft gearbeitet und ist somit unter Zugrundelegung des von der Rechtsprechung entwickelten Mehrstufenschemas (hierzu Niesel, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 240 SGB VI, Rn. 96 ff m.w.N.) zumutbar auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar. Derartige Tätigkeiten kann er - wie dargelegt - auch verrichten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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