Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2
1. Instanz
SG Meiningen (FST)
Aktenzeichen
S 18 SO 575/06 ER
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 8 SO 457/06 ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Beschluss des Sozialgerichts Meiningen vom 5. Mai 2006 wird aufgehoben.
Dem Beschwerdegegner wird im Wege einer einstweiligen Anordnung aufgegeben, dem Beschwerdeführer den Betrag von 44,80 EUR als Darlehen für die Beschaffung (Kauf und Anlieferung) eines gebrauchten Kühlschranks zu bewilligen.
Der Beschwerdegegner hat dem Beschwerdeführer die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer begehrt die Bewilligung von Geldmitteln für die Beschaffung eines Kühlschranks.
Der 1940 geborene Beschwerdeführer, der seit 1. November 2005 Grundsicherungsleistungen im Alter erhält (Bewilligungsbescheid des Beschwerdegegners vom 28. November 2005), lebt seit 2001 zur Miete; zum Mietgebrauch ist ihm ein Kühlschrank mit Gefrierfach überlassen. Der Beschwerdegegner zahlt Unterkunftskosten direkt an den Vermieter, wegen der für eine Einzelperson nicht angemessenen Wohnungsgröße allerdings nur einen Teil des Mietzinses. Daneben bestehen gegen den Beschwerdeführer noch offene Mietforderungen.
Mit am 20. Februar 2006 eingegangenem Schreiben hat der Beschwerdeführer eine finanzielle Beihilfe zur Beschaffung eines Ersatz-Kühlschranks beantragt, weil das ihm zur Verfügung stehende Gerät am 12. Februar 2006 kaputt gegangen sei. Aus den ihm vom Beschwerdegegner bewilligten Mitteln könne er das nicht finanzieren. Mit Bescheid vom 28. Februar 2006 hat der Beschwerdegegner den Antrag abgelehnt, weil der gewährte Regelsatz der Grundsicherungsleistungen auch die Kosten für die Instandhaltung von Haushaltsgeräten beinhalte. Auch eine Bewilligung als Darlehen komme nicht in Betracht.
Dagegen hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 6. März 2006 Widerspruch erhoben, über den bislang noch nicht entschieden ist, und am 28. März 2006 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Sein Vermieter habe auf seine Reparaturaufforderung nicht reagiert. Die Vorratshaltung verderblicher Lebensmittel sei ohne Kühlschrank mit Eis- bzw. Gefrierfach nicht möglich. Er habe auch Anspruch auf einen Kühlschrank als so genannte Erstausstattung. Der Beschwerdegegner hat dem entgegen gehalten (Schriftsatz vom 5. April 2006), dass die Reparatur des Kühlschranks Bestandteil des Regelbedarfs und damit die Gewährung einer einmaligen Leistung nicht möglich sei. Auch die Voraussetzungen einer Darlehensgewährung seien nicht gegeben, denn es liege kein unabweisbarer Bedarf vor. Die Temperaturen seien noch in einem Bereich, der einen Kühlschrank entbehrlich mache. Lebensmittel könnten noch unproblematisch in ungeheizten Räumen gelagert werden. Er könne daher die Mittel ansparen, um im Sommer ein gebrauchtes Gerät, das nach Auskunft eines Händlers für ca. 50 EUR zu haben sei, zu erwerben. Dazu hat der Beschwerdeführer vorgetragen, er sei mit dem genannten Gerät einverstanden, allerdings koste die Anlieferung noch einmal 10 EUR. Ratenzahlungen würden ihm nicht eingeräumt, weil er die eidesstattliche Versicherung abgegeben habe. Da er Grundsicherungsleistungen erst seit kurzem erhalte, sei ihm die Anschaffung eines Ersatzgeräts aus den Rücklagen nicht möglich.
Mit Beschluss vom 5. Mai 2006 hat das Sozialgericht Meiningen den Antrag abgelehnt, weil ein Anordnungsanspruch nicht bestehe. Um eine Erstausstattung gehe es hier nicht. Auch ein unabweisbar gebotener Bedarf liege nicht vor, weil der Beschwerdeführer zunächst seine Ansprüche gegenüber dem Vermieter geltend machen müsse – notfalls gerichtlich durch einstweilige Verfügung unter Beantragung von Prozesskostenhilfe.
Dagegen richtet sich die Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat. Der Beschwerdeführer führt aus, dass er bei dem geplanten Umzug in eine kleinere Wohnung ohnehin Anspruch auf Bewilligung eines Kühlschranks als Teil der so genannten Erstausstattung habe. Jedenfalls müsse ihm ein Darlehen zur Beschaffung von Ersatz gewährt werden. Auf einen Rechtsstreit mit dem Vermieter dürfe er nicht verwiesen werden. Den nach der "Einkommens- und Verbraucherstichprobe" eingestellten Betrag von 1,52 EUR monatlich für Reparaturen habe er angespart; diese Summe reiche jedoch für die Ersatzbeschaffung nicht aus. Die ihm zur Verfügung stehenden Gelder aus der Grundsicherung verwende er "entsprechend den Vorgaben und der finanziellen Ausstattung der einzelnen Abteilungen und Gütergruppen" der Tabelle über die so genannte Einkommens- und Verbraucherstichprobe. Ein zur Kühlung von verderblichen Lebensmitteln geeigneter Kellerraum stehe ihm nicht zur Verfügung.
Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Meiningen vom 5. Mai 2006 aufzuheben und den Beschwerdegegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm Geldmittel für die Beschaffung eines Kühlschranks zu bewilligen.
Der Beschwerdegegner beantragt sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält den angegriffenen Beschluss für zutreffend. Selbst wenn der Beschwerdeführer keine Ansparungen aus dem Regelsatz vorgenommen habe, müsse ihm die Bezahlung aus dem laufenden Regelsatz zugemutet werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Die Verwaltungsakten des Beschwerdegegners lagen vor und waren Gegenstand der geheimen Beratung.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
Der Beschwerdegegner war unter den gegebenen Umständen zu verpflichten, dem Beschwerdeführer Geldmittel in Höhe von 44,80 EUR (50,- EUR Kaufsumme und 10,- EUR für die Anlieferung abzüglich des vom Beschwerdeführer nach eigenen Angaben seit November 2005 bis jetzt angesparten Betrags von 1,52 EUR monatlich) als Darlehen für die Beschaffung eines Ersatzkühlschranks zu bewilligen.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Absatzes 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2).
Vorliegend kommt, da die Voraussetzungen des § 86 b Abs. 1 SGG ersichtlich nicht gegeben sind und es auch nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Rechtszustands geht (Sicherungsanordnung, Absatz 2 Satz 1), nur eine Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen ( § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Dabei sind die diesbezüglichen Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG] NJW 2003, 1236; Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - veröffentlicht in JURIS). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen unter Umständen nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; gegebenenfalls ist eine Folgenabwägung vorzunehmen (vgl. BVerfG, a.a.O.). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung.
Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend eine Folgenabwägung vorzunehmen, da die Erfolgsaussichten in der Hauptsache nicht abschließend beurteilt werden können. Auf der Grundlage der Gesetzesbegründung zu § 31 Abs. 1 Nr. 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII), wonach Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten gesondert erbracht werden, erscheint es nicht gänzlich ausgeschlossen, dass auch Ersatzbeschaffungen für defekte Geräte als einmalige Bedarfe angesehen werden können. Nach dieser Gesetzesbegründung (BTDrs. 15/1514, S. 60) kommen Erstausstattungen für die Wohnung zum Beispiel auch nach einem Wohnungsbrand in Betracht, und damit könnte also auch die Ersatzbeschaffung nicht mehr funktionsfähiger Geräte als einmaliger Bedarf denkbar sein. Abgesehen davon kommt auch die (vom Beschwerdegegner abgelehnte) Gewährung eines Darlehens nach § 37 Abs. 1 SGB XII in Betracht. Unbeschadet der dafür - ebenfalls nur im Hauptsacheverfahren - zu klärenden Frage, ob die Ersatzbeschaffung des Kühlschranks vom Regelbedarf umfasst ist oder nicht, kann der unabweisbar gebotene Bedarf nicht mit der Begründung verneint werden, der Beschwerdeführer könne seinen Lebensmittelvorrat gegebenenfalls auch im Keller lagern. Denn der Beschwerdeführer hat – vom Beschwerdegegner unwidersprochen – vorgetragen, dass ihm kein zur Kühlung von Lebensmitteln geeigneter Kellerraum zur Verfügung steht. Soweit der Beschwerdegegner ausführt, der Beschwerdeführer könne den Bedarf auf andere Weise decken, da er aus dem Regelbedarf Ansparungen hätte vornehmen können, verfängt dies nicht. Der Beschwerdeführer hat vorgetragen, seit Beginn der Grundsicherungsleistungen habe er nur monatliche Beträge in Höhe von 1,52 EUR ansparen können, und diese Angaben hat der Senat mangels gegenteiliger Anhaltspunkte im vorliegenden Verfahren zugrunde zu legen. Ob dem Beschwerdeführer gegebenenfalls noch einzusetzendes Vermögen zur Verfügung steht, hat der Beschwerdegegner vorliegend nicht geprüft. Dies ist auch nicht Aufgabe des Gerichts im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens.
Wegen der danach (jedenfalls im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung) offenen Erfolgsaussichten in der Hauptsache ist eine Folgenabwägung vorzunehmen, die hier zugunsten des Beschwerdeführers ausfällt: Die Konsequenzen, die dem Beschwerdeführer für seine Gesundheit drohen, wenn er mangels geeigneter Kühlmöglichkeiten verderbliche Lebensmittel nicht bestimmungsgemäß aufbewahren kann, sind gravierender als die finanziellen Folgen für den Beschwerdegegner für den Fall, dass die Hauptsacheentscheidung zu Ungunsten des Beschwerdeführers ausfallen sollte. Dies gilt vorliegend umso mehr, als durch die im Tenor ausgesprochene darlehensweise Gewährung Raum für eine spätere Rückgängigmachung durch den Beschwerdegegner gelassen wird.
Die mögliche Führung eines Rechtsstreits mit seinem Vermieter steht der einstweiligen Anordnung nicht entgegen. Denn wegen des Grundsatzes des effektiven Rechtsschutzes erscheint es nicht angemessen, den Beschwerdeführer zunächst auf diesen Weg zu verweisen, bevor er ein entsprechendes Begehren gegenüber der Behörde verfolgen darf.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Damit hat sich der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren (§ 73 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 114 ff. ZPO) erledigt.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Dem Beschwerdegegner wird im Wege einer einstweiligen Anordnung aufgegeben, dem Beschwerdeführer den Betrag von 44,80 EUR als Darlehen für die Beschaffung (Kauf und Anlieferung) eines gebrauchten Kühlschranks zu bewilligen.
Der Beschwerdegegner hat dem Beschwerdeführer die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Beschwerdeführer begehrt die Bewilligung von Geldmitteln für die Beschaffung eines Kühlschranks.
Der 1940 geborene Beschwerdeführer, der seit 1. November 2005 Grundsicherungsleistungen im Alter erhält (Bewilligungsbescheid des Beschwerdegegners vom 28. November 2005), lebt seit 2001 zur Miete; zum Mietgebrauch ist ihm ein Kühlschrank mit Gefrierfach überlassen. Der Beschwerdegegner zahlt Unterkunftskosten direkt an den Vermieter, wegen der für eine Einzelperson nicht angemessenen Wohnungsgröße allerdings nur einen Teil des Mietzinses. Daneben bestehen gegen den Beschwerdeführer noch offene Mietforderungen.
Mit am 20. Februar 2006 eingegangenem Schreiben hat der Beschwerdeführer eine finanzielle Beihilfe zur Beschaffung eines Ersatz-Kühlschranks beantragt, weil das ihm zur Verfügung stehende Gerät am 12. Februar 2006 kaputt gegangen sei. Aus den ihm vom Beschwerdegegner bewilligten Mitteln könne er das nicht finanzieren. Mit Bescheid vom 28. Februar 2006 hat der Beschwerdegegner den Antrag abgelehnt, weil der gewährte Regelsatz der Grundsicherungsleistungen auch die Kosten für die Instandhaltung von Haushaltsgeräten beinhalte. Auch eine Bewilligung als Darlehen komme nicht in Betracht.
Dagegen hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 6. März 2006 Widerspruch erhoben, über den bislang noch nicht entschieden ist, und am 28. März 2006 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Sein Vermieter habe auf seine Reparaturaufforderung nicht reagiert. Die Vorratshaltung verderblicher Lebensmittel sei ohne Kühlschrank mit Eis- bzw. Gefrierfach nicht möglich. Er habe auch Anspruch auf einen Kühlschrank als so genannte Erstausstattung. Der Beschwerdegegner hat dem entgegen gehalten (Schriftsatz vom 5. April 2006), dass die Reparatur des Kühlschranks Bestandteil des Regelbedarfs und damit die Gewährung einer einmaligen Leistung nicht möglich sei. Auch die Voraussetzungen einer Darlehensgewährung seien nicht gegeben, denn es liege kein unabweisbarer Bedarf vor. Die Temperaturen seien noch in einem Bereich, der einen Kühlschrank entbehrlich mache. Lebensmittel könnten noch unproblematisch in ungeheizten Räumen gelagert werden. Er könne daher die Mittel ansparen, um im Sommer ein gebrauchtes Gerät, das nach Auskunft eines Händlers für ca. 50 EUR zu haben sei, zu erwerben. Dazu hat der Beschwerdeführer vorgetragen, er sei mit dem genannten Gerät einverstanden, allerdings koste die Anlieferung noch einmal 10 EUR. Ratenzahlungen würden ihm nicht eingeräumt, weil er die eidesstattliche Versicherung abgegeben habe. Da er Grundsicherungsleistungen erst seit kurzem erhalte, sei ihm die Anschaffung eines Ersatzgeräts aus den Rücklagen nicht möglich.
Mit Beschluss vom 5. Mai 2006 hat das Sozialgericht Meiningen den Antrag abgelehnt, weil ein Anordnungsanspruch nicht bestehe. Um eine Erstausstattung gehe es hier nicht. Auch ein unabweisbar gebotener Bedarf liege nicht vor, weil der Beschwerdeführer zunächst seine Ansprüche gegenüber dem Vermieter geltend machen müsse – notfalls gerichtlich durch einstweilige Verfügung unter Beantragung von Prozesskostenhilfe.
Dagegen richtet sich die Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat. Der Beschwerdeführer führt aus, dass er bei dem geplanten Umzug in eine kleinere Wohnung ohnehin Anspruch auf Bewilligung eines Kühlschranks als Teil der so genannten Erstausstattung habe. Jedenfalls müsse ihm ein Darlehen zur Beschaffung von Ersatz gewährt werden. Auf einen Rechtsstreit mit dem Vermieter dürfe er nicht verwiesen werden. Den nach der "Einkommens- und Verbraucherstichprobe" eingestellten Betrag von 1,52 EUR monatlich für Reparaturen habe er angespart; diese Summe reiche jedoch für die Ersatzbeschaffung nicht aus. Die ihm zur Verfügung stehenden Gelder aus der Grundsicherung verwende er "entsprechend den Vorgaben und der finanziellen Ausstattung der einzelnen Abteilungen und Gütergruppen" der Tabelle über die so genannte Einkommens- und Verbraucherstichprobe. Ein zur Kühlung von verderblichen Lebensmitteln geeigneter Kellerraum stehe ihm nicht zur Verfügung.
Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Meiningen vom 5. Mai 2006 aufzuheben und den Beschwerdegegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm Geldmittel für die Beschaffung eines Kühlschranks zu bewilligen.
Der Beschwerdegegner beantragt sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält den angegriffenen Beschluss für zutreffend. Selbst wenn der Beschwerdeführer keine Ansparungen aus dem Regelsatz vorgenommen habe, müsse ihm die Bezahlung aus dem laufenden Regelsatz zugemutet werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Die Verwaltungsakten des Beschwerdegegners lagen vor und waren Gegenstand der geheimen Beratung.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
Der Beschwerdegegner war unter den gegebenen Umständen zu verpflichten, dem Beschwerdeführer Geldmittel in Höhe von 44,80 EUR (50,- EUR Kaufsumme und 10,- EUR für die Anlieferung abzüglich des vom Beschwerdeführer nach eigenen Angaben seit November 2005 bis jetzt angesparten Betrags von 1,52 EUR monatlich) als Darlehen für die Beschaffung eines Ersatzkühlschranks zu bewilligen.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Absatzes 1 vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2).
Vorliegend kommt, da die Voraussetzungen des § 86 b Abs. 1 SGG ersichtlich nicht gegeben sind und es auch nicht um die Sicherung eines bereits bestehenden Rechtszustands geht (Sicherungsanordnung, Absatz 2 Satz 1), nur eine Regelungsanordnung nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfs (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen ( § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Dabei sind die diesbezüglichen Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen - insbesondere auch mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz - wiegen (vgl. Bundesverfassungsgericht [BVerfG] NJW 2003, 1236; Beschluss vom 12. Mai 2005 - 1 BvR 569/05 - veröffentlicht in JURIS). Die Erfolgsaussichten der Hauptsache sind daher bei besonders folgenschweren Beeinträchtigungen unter Umständen nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen; gegebenenfalls ist eine Folgenabwägung vorzunehmen (vgl. BVerfG, a.a.O.). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung.
Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend eine Folgenabwägung vorzunehmen, da die Erfolgsaussichten in der Hauptsache nicht abschließend beurteilt werden können. Auf der Grundlage der Gesetzesbegründung zu § 31 Abs. 1 Nr. 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII), wonach Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten gesondert erbracht werden, erscheint es nicht gänzlich ausgeschlossen, dass auch Ersatzbeschaffungen für defekte Geräte als einmalige Bedarfe angesehen werden können. Nach dieser Gesetzesbegründung (BTDrs. 15/1514, S. 60) kommen Erstausstattungen für die Wohnung zum Beispiel auch nach einem Wohnungsbrand in Betracht, und damit könnte also auch die Ersatzbeschaffung nicht mehr funktionsfähiger Geräte als einmaliger Bedarf denkbar sein. Abgesehen davon kommt auch die (vom Beschwerdegegner abgelehnte) Gewährung eines Darlehens nach § 37 Abs. 1 SGB XII in Betracht. Unbeschadet der dafür - ebenfalls nur im Hauptsacheverfahren - zu klärenden Frage, ob die Ersatzbeschaffung des Kühlschranks vom Regelbedarf umfasst ist oder nicht, kann der unabweisbar gebotene Bedarf nicht mit der Begründung verneint werden, der Beschwerdeführer könne seinen Lebensmittelvorrat gegebenenfalls auch im Keller lagern. Denn der Beschwerdeführer hat – vom Beschwerdegegner unwidersprochen – vorgetragen, dass ihm kein zur Kühlung von Lebensmitteln geeigneter Kellerraum zur Verfügung steht. Soweit der Beschwerdegegner ausführt, der Beschwerdeführer könne den Bedarf auf andere Weise decken, da er aus dem Regelbedarf Ansparungen hätte vornehmen können, verfängt dies nicht. Der Beschwerdeführer hat vorgetragen, seit Beginn der Grundsicherungsleistungen habe er nur monatliche Beträge in Höhe von 1,52 EUR ansparen können, und diese Angaben hat der Senat mangels gegenteiliger Anhaltspunkte im vorliegenden Verfahren zugrunde zu legen. Ob dem Beschwerdeführer gegebenenfalls noch einzusetzendes Vermögen zur Verfügung steht, hat der Beschwerdegegner vorliegend nicht geprüft. Dies ist auch nicht Aufgabe des Gerichts im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens.
Wegen der danach (jedenfalls im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung) offenen Erfolgsaussichten in der Hauptsache ist eine Folgenabwägung vorzunehmen, die hier zugunsten des Beschwerdeführers ausfällt: Die Konsequenzen, die dem Beschwerdeführer für seine Gesundheit drohen, wenn er mangels geeigneter Kühlmöglichkeiten verderbliche Lebensmittel nicht bestimmungsgemäß aufbewahren kann, sind gravierender als die finanziellen Folgen für den Beschwerdegegner für den Fall, dass die Hauptsacheentscheidung zu Ungunsten des Beschwerdeführers ausfallen sollte. Dies gilt vorliegend umso mehr, als durch die im Tenor ausgesprochene darlehensweise Gewährung Raum für eine spätere Rückgängigmachung durch den Beschwerdegegner gelassen wird.
Die mögliche Führung eines Rechtsstreits mit seinem Vermieter steht der einstweiligen Anordnung nicht entgegen. Denn wegen des Grundsatzes des effektiven Rechtsschutzes erscheint es nicht angemessen, den Beschwerdeführer zunächst auf diesen Weg zu verweisen, bevor er ein entsprechendes Begehren gegenüber der Behörde verfolgen darf.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Damit hat sich der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren (§ 73 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 114 ff. ZPO) erledigt.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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