Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
125
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 125 AS 29047/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 25 B 43/08 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 06. Dezember 2007 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG), in der Sache jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht in dem hier streitbefangenen Umfang den Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ergehen, wenn eine solche Reglung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Hierzu hat der betreffende Antragsteller das Bestehen des zu sichernden materiellen Anspruches (Anordnungsanspruch) sowie die besondere Dringlichkeit des Erlasses der begehrten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 der Zivilprozessordnung).
Hiervon ausgehend sind für die Zeit vor der Beschwerdeentscheidung des Senats jedenfalls der Anordnungsgrund und für die Zeit ab der Entscheidung des Senats jedenfalls ein Anordnungsanspruch zu verneinen.
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt Beschluss vom 16. Januar 2008, Az: L 25 B 2274/07 AS ER) beurteilt sich in einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nach dem Zeitpunkt, in dem das Gericht über den Eilantrag entscheidet; im Beschwerdeverfahren ist dies der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung (Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO], § 123 Randnummern 165, 166 mit weiteren Nachweisen zur Parallelproblematik in § 123 VwGO). Dies folgt daraus, dass in dem Erfordernis eines Anordnungsgrundes ein spezifisches Dringlichkeitselement enthalten ist, welches im Grundsatz nur Wirkungen für die Zukunft entfalten kann.
Die rückwirkende Feststellung einer – einen zurückliegenden Zeitraum betreffenden – besonderen Dringlichkeit ist zwar rechtlich möglich, sie kann jedoch in aller Regel nicht mehr zur Bejahung eines Anordnungsgrundes führen. Denn die prozessuale Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes besteht vor dem Hintergrund des Artikels 19 Absatz 4 Grundgesetz (GG) darin, in dringenden Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung im – grundsätzlich vorrangigen – Verfahren der Hauptsache zu spät käme, weil ohne sie schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 22. November 2002 – 1 BvR 1586/02 – und vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05). Dies bedeutet aber zugleich, dass die Annahme einer besonderen Dringlichkeit und dementsprechend die Bejahung eines Anordnungsgrundes in aller Regel ausscheidet, soweit diese Dringlichkeit vor dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorgelegen hat, denn insoweit ist die besondere Dringlichkeit durch den Zeitablauf überholt, das Abwarten einer Entscheidung im Verfahren der Hauptsache über den zurückliegenden Zeitraum ist dem Rechtsschutzsuchenden in aller Regel zumutbar.
Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass das Gebot des effektiven Rechtsschutzes nach Artikel 19 Absatz 4 GG in besonderen Fällen ausnahmsweise auch die Annahme eines Anordnungsgrundes für zurückliegende Zeiträume verlangen kann, so insbesondere dann, wenn anderenfalls effektiver Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nicht erlangt werden kann, weil bis zur Entscheidung im Verfahren der Hauptsache Fakten zum Nachteil des Rechtsschutzsuchenden geschaffen worden sind, die sich durch eine – stattgebende – Entscheidung im Verfahren der Hauptsache nicht oder nicht hinreichend rückgängig machen lassen.
Dies zugrunde gelegt, drohen dem Antragsteller keine schweren und unzumutbaren Nachteile, wenn seinem Begehren auf Übernahme höherer Grundsicherungsleistungen für vergangene Zeiträume nicht sofort entsprochen wird. Dass dem Antragsteller wegen bestehender Mietrückstände die Unterkunft gekündigt worden ist oder er sonst von Obdachlosigkeit bedroht sein kann, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich; Gleiches gilt im Hinblick auf sonstige schwerwiegende Nachteile, die ausnahmsweise in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine Sachprüfung eines Anspruchs auch für vergangene Zeiträume rechtfertigen könnten.
2. Im Hinblick auf die Zukunft sind ebenfalls die Voraussetzungen eines Anordnungsgrundes erheblich mit Zweifeln behaftet, da der Antragsteller auch insoweit nicht geltend gemacht hat, dass ihm wegen etwaiger Mietrückstände Rechtsnachteile drohen können. Darüber hinaus hat er auch die Voraussetzungen eines Anordnungsanspruches nicht glaubhaft gemacht. Bereits durch den angefochtenen Beschluss des Sozialgerichts Berlin ist der Antragsteller darauf hingewiesen worden, dass er nach § 37 Sozialgesetzbuch/Zweites Buch (SGB II) verpflichtet ist, für Leistungen nach Ablauf des bis zum 30. November 2007 befristeten Bewilligungszeitraumes einen Leistungsantrag bei dem Antragsgegner zu stellen. Einen derartigen Leistungsantrag hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht, er befindet sich auch nicht bei den vom Senat beigezogenen Verwaltungsakten des Antragsgegners.
Zwar hat der Antragsteller sich auf weitere Bescheide des Antragsgegners aus dem Monat Dezember 2007 bezogen, doch hat der diese Bescheide weder vorgelegt, noch befinden sie sich bei den Verwaltungsakten des Antragsgegners; der Schluss auf einen etwaigen Leistungsantrag des Antragstellers ab dem Monat Dezember 2007 kann hieraus jedenfalls nicht gezogen werden. Selbst wenn aber der Antragsteller ab dem Monat Dezember 2007 einen hinreichenden Leistungsantrag nach § 37 SGB II gestellt haben sollte, fehlen die übrigen Anspruchsvoraussetzungen. Denn er hat nicht glaubhaft gemacht, dass der Umzug nach Berlin und in seine jetzige Wohnung erforderlich war im Sinne von § 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II. Auch aus der Erklärung seiner Eltern vom 02. Januar 2008 lässt sich der Schluss auf eine derartige Erforderlichkeit nicht ziehen, denn das Schreiben macht lediglich deutlich, dass der Antragsteller und seine Eltern einen Umzug nach B für wünschenswert erachteten; ein zwingender Grund für den Umzug ist hingegen nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog und entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
Gründe:
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 172 Sozialgerichtsgesetz (SGG), in der Sache jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht in dem hier streitbefangenen Umfang den Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis ergehen, wenn eine solche Reglung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Hierzu hat der betreffende Antragsteller das Bestehen des zu sichernden materiellen Anspruches (Anordnungsanspruch) sowie die besondere Dringlichkeit des Erlasses der begehrten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 der Zivilprozessordnung).
Hiervon ausgehend sind für die Zeit vor der Beschwerdeentscheidung des Senats jedenfalls der Anordnungsgrund und für die Zeit ab der Entscheidung des Senats jedenfalls ein Anordnungsanspruch zu verneinen.
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. zuletzt Beschluss vom 16. Januar 2008, Az: L 25 B 2274/07 AS ER) beurteilt sich in einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nach dem Zeitpunkt, in dem das Gericht über den Eilantrag entscheidet; im Beschwerdeverfahren ist dies der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung (Schoch, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO], § 123 Randnummern 165, 166 mit weiteren Nachweisen zur Parallelproblematik in § 123 VwGO). Dies folgt daraus, dass in dem Erfordernis eines Anordnungsgrundes ein spezifisches Dringlichkeitselement enthalten ist, welches im Grundsatz nur Wirkungen für die Zukunft entfalten kann.
Die rückwirkende Feststellung einer – einen zurückliegenden Zeitraum betreffenden – besonderen Dringlichkeit ist zwar rechtlich möglich, sie kann jedoch in aller Regel nicht mehr zur Bejahung eines Anordnungsgrundes führen. Denn die prozessuale Funktion des einstweiligen Rechtsschutzes besteht vor dem Hintergrund des Artikels 19 Absatz 4 Grundgesetz (GG) darin, in dringenden Fällen effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, in denen eine Entscheidung im – grundsätzlich vorrangigen – Verfahren der Hauptsache zu spät käme, weil ohne sie schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 22. November 2002 – 1 BvR 1586/02 – und vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05). Dies bedeutet aber zugleich, dass die Annahme einer besonderen Dringlichkeit und dementsprechend die Bejahung eines Anordnungsgrundes in aller Regel ausscheidet, soweit diese Dringlichkeit vor dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorgelegen hat, denn insoweit ist die besondere Dringlichkeit durch den Zeitablauf überholt, das Abwarten einer Entscheidung im Verfahren der Hauptsache über den zurückliegenden Zeitraum ist dem Rechtsschutzsuchenden in aller Regel zumutbar.
Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass das Gebot des effektiven Rechtsschutzes nach Artikel 19 Absatz 4 GG in besonderen Fällen ausnahmsweise auch die Annahme eines Anordnungsgrundes für zurückliegende Zeiträume verlangen kann, so insbesondere dann, wenn anderenfalls effektiver Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nicht erlangt werden kann, weil bis zur Entscheidung im Verfahren der Hauptsache Fakten zum Nachteil des Rechtsschutzsuchenden geschaffen worden sind, die sich durch eine – stattgebende – Entscheidung im Verfahren der Hauptsache nicht oder nicht hinreichend rückgängig machen lassen.
Dies zugrunde gelegt, drohen dem Antragsteller keine schweren und unzumutbaren Nachteile, wenn seinem Begehren auf Übernahme höherer Grundsicherungsleistungen für vergangene Zeiträume nicht sofort entsprochen wird. Dass dem Antragsteller wegen bestehender Mietrückstände die Unterkunft gekündigt worden ist oder er sonst von Obdachlosigkeit bedroht sein kann, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich; Gleiches gilt im Hinblick auf sonstige schwerwiegende Nachteile, die ausnahmsweise in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine Sachprüfung eines Anspruchs auch für vergangene Zeiträume rechtfertigen könnten.
2. Im Hinblick auf die Zukunft sind ebenfalls die Voraussetzungen eines Anordnungsgrundes erheblich mit Zweifeln behaftet, da der Antragsteller auch insoweit nicht geltend gemacht hat, dass ihm wegen etwaiger Mietrückstände Rechtsnachteile drohen können. Darüber hinaus hat er auch die Voraussetzungen eines Anordnungsanspruches nicht glaubhaft gemacht. Bereits durch den angefochtenen Beschluss des Sozialgerichts Berlin ist der Antragsteller darauf hingewiesen worden, dass er nach § 37 Sozialgesetzbuch/Zweites Buch (SGB II) verpflichtet ist, für Leistungen nach Ablauf des bis zum 30. November 2007 befristeten Bewilligungszeitraumes einen Leistungsantrag bei dem Antragsgegner zu stellen. Einen derartigen Leistungsantrag hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht, er befindet sich auch nicht bei den vom Senat beigezogenen Verwaltungsakten des Antragsgegners.
Zwar hat der Antragsteller sich auf weitere Bescheide des Antragsgegners aus dem Monat Dezember 2007 bezogen, doch hat der diese Bescheide weder vorgelegt, noch befinden sie sich bei den Verwaltungsakten des Antragsgegners; der Schluss auf einen etwaigen Leistungsantrag des Antragstellers ab dem Monat Dezember 2007 kann hieraus jedenfalls nicht gezogen werden. Selbst wenn aber der Antragsteller ab dem Monat Dezember 2007 einen hinreichenden Leistungsantrag nach § 37 SGB II gestellt haben sollte, fehlen die übrigen Anspruchsvoraussetzungen. Denn er hat nicht glaubhaft gemacht, dass der Umzug nach Berlin und in seine jetzige Wohnung erforderlich war im Sinne von § 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II. Auch aus der Erklärung seiner Eltern vom 02. Januar 2008 lässt sich der Schluss auf eine derartige Erforderlichkeit nicht ziehen, denn das Schreiben macht lediglich deutlich, dass der Antragsteller und seine Eltern einen Umzug nach B für wünschenswert erachteten; ein zwingender Grund für den Umzug ist hingegen nicht ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog und entspricht dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
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