Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 6 AS 3414/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 3816/07 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Absenkung des dem Kläger gewährten Arbeitslosengeldes II (Alg II) streitig.
Mit Bescheid vom 04.04.2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit von Mai bis Oktober 2006. Nachdem der Kläger einer Aufforderung, sich zur Abklärung seiner Erwerbsfähigkeit einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, nicht nachgekommen war, hob die Beklagte mit Bescheid vom 08.05.2006 die Bewilligungsentscheidung gemäß § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) teilweise auf und senkte das dem Kläger für die Zeit vom 01.06.2006 bis 31.08.2006 zustehende Alg II monatlich um 10 % der Regelleistung ab. In der Folgezeit nahm die Beklagte eine Absenkung der Leistung in den Monaten Juni bis August um monatlich jeweils 35 EUR, somit insgesamt 105 EUR, vor. Hiergegen legte der Kläger am 08.06.2006 Widerspruch ein.
Nachdem der Kläger der erneuten Anordnung einer ärztlichen Untersuchung am 09.05.2006 nicht nachgekommen war, senkte die Beklagte mit Bescheid vom 26.06.2006 das dem Kläger für die Zeit von Juli bis September bewilligte Alg II um monatlich 10 % der Regelleistung ab. Hiergegen erhob der Kläger am 20.07.2006 Widerspruch.
Einer dritten Einladung zu einer ärztlichen Untersuchung am 07.06.2006 kam der Kläger gleichfalls nicht nach, worauf die Beklagte mit Bescheid vom 05.07.2006 die monatliche Regelleistung für die Zeit von August bis Oktober 2006 um 10 % der monatlichen Regelleistung absenkte. In Verbindung mit den vorangegangenen Absenkungsbescheiden ergab sich eine monatliche Minderung in Höhe von 105 EUR für August 2006 und von 70 EUR für September 2006. Hiergegen legte der Kläger am 20.07.2006 Widerspruch ein.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 15.08.2006 wies die Beklagte die Widersprüche zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 15.09.2006 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben mit der Begründung, seine gesundheitliche Situation habe es ihm nicht erlaubt, den Meldeaufforderungen der Beklagten nachzukommen. Seit März 2006 leide er an chronischen, massiven Magen-Darm-Problemen mit extremen fortwährenden Durchfällen, die ein Verlassen des Hauses nicht zuließen.
Mit Urteil vom 12.06.2007 hat das SG die Klage abgewiesen mit der Begründung, die Voraussetzungen für die Absenkung des Alg II nach § 31 SGB II seien erfüllt. Der Kläger sei drei Mal schriftlich unter Hinweis über die Rechtsfolgen einer Nichtbefolgung zur ärztlichen Untersuchung beim Psychologischen Dienst der Beklagten eingeladen worden. Diese Termine habe er nicht wahrgenommen, ohne dass hierfür ein wichtiger Grund vorgelegen habe. Er habe insbesondere keine Nachweise dafür erbracht, dass er krankheitsbedingt daran gehindert gewesen sei, die Untersuchungstermine wahrzunehmen. Die bloße Behauptung des Klägers, aufgrund gesundheitlicher Störungen nicht erscheinen zu können, sei hierfür nicht ausreichend, dem Kläger sei es vielmehr anzusinnen gewesen, ärztliche Atteste über eine Verhinderung an den jeweiligen Untersuchungsterminen vorzulegen. Das SG hat die Berufung nicht zugelassen.
Gegen das am 06.07.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 03.08.2007 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Er trägt vor, das Urteil beruhe auf einer Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör, da seine Beweismittel nicht gewürdigt worden seien. Den ehrenamtlichen Richtern seien vor der Verhandlung die Akten nicht zugänglich gemacht worden. Die Rechtssache habe auch grundsätzliche Bedeutung. Grundsätzliche Bedeutung komme der Frage zu, ob ein nachträglich erbrachter ärztlicher Nachweis einer chronischen Erkrankung einen wichtigen Grund für das Nichterscheinen zu Terminen bei der Agentur für Arbeit darstellen könne.
Die Beklagte ist der Beschwerde entgegen getreten.
II.
Die Beschwerde des Klägers ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet.
Die Berufung bedarf der Zulassung, da der Wert des Beschwerdegegenstandes, der im konkreten Fall durch den Erstattungsbetrag in Höhe von insgesamt 315 EUR (Juni 35 EUR, Juli 70 EUR, August 105EUR, September 70 EUR, Oktober 35 EUR) bestimmt wird, den nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei Geldleistungen maßgebenden Beschwerdewert von 500 EUR nicht übersteigt. Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung die Berufung auch nicht zugelassen.
Auf die somit nach § 145 SGG vom Kläger zutreffend erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wäre die Berufung allerdings nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hätte (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abwiche und auf diese Abweichung beruhte (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensfehler geltend gemacht würde und vorläge, auf dem die Entscheidung beruhen könnte (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG). Keiner dieser Zulassungsgründe liegt vor.
Eine grundsätzliche Bedeutung besteht, wenn die Klärung einer Rechtsfrage für die Einheit oder Fortbildung des Rechts notwendig ist. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Sache, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die sich nach der gegenwärtigen Gesetzeslage oder dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne weiteres beantworten lässt und deshalb einer verallgemeinerungsfähigen Antwort im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung bedarf (Hk-SGG/Lüdtke, § 160 Rn. 8).
Die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob der nachträglich erbrachte ärztliche Nachweis für das Vorliegen einer chronischen Erkrankung zum Nachweis eines wichtigen Grundes für das Nichterscheinen zu einer von der Behörde angeordneten ärztlichen Untersuchung geeignet ist, begründet keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Die vom Kläger aufgeworfene Frage betrifft vielmehr die Beweiswürdigung. So hat auch das SG im angefochtenen Urteil nicht grundsätzlich die Beweisführung durch eine nachträglich ausgestellte Urkunde in Abrede gestellt, vielmehr lediglich ausgeführt, der vom Kläger vorgelegte Bericht belege zwar grundsätzliche Beschwerden des Klägers, sage jedoch nichts über die konkreten Hinderungsgründe bezüglich der Untersuchungstermine aus. Das SG ist darüber hinaus auch insofern davon ausgegangen, dass nachträglich ausgestellte Urkunden die Annahme eines wichtigen Grundes belegen können, als es ausgeführt hat, der Kläger habe sich auch nicht nach den Untersuchungsterminen zeitnah in ärztliche Behandlung begeben.
Auch der weitere Vortrag des Klägers betrifft lediglich die Beweiswürdigung durch das SG. Allein eine - nach Auffassung des Klägers - fehlerhafte Beweiswürdigung rechtfertigt jedoch nicht die Zulassung der Berufung.
Der Kläger hat auch keinen Verfahrensmangel geltend gemacht, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Ein Verfahrensmangel muss sich auf einen Verstoß gegen das Prozessrecht beziehen, welcher der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegt. Soweit der Kläger rügt, das Sozialgericht habe seine Pflicht zur Sachaufklärung (§ 103 SGG) verletzt, indem es die vom Kläger behauptete Lärmbelästigung als wahr unterstellt habe, greift diese Rüge nicht durch. Fraglich ist schon, ob das vom Kläger angebotene Abspielen einer Kassette als Nachweis der Lärmbelästigung ein geeignetes Beweismittel darstellt hat. Das Gericht durfte hiervon jedenfalls absehen, soweit es, wie auch vom Kläger vorgetragen, die Lärmbelästigung als wahr unterstellt hat. Das vom Kläger angebotene Beweismittel war nämlich nicht geeignet zum Nachweis einer gesundheitlichen Einschränkung des Klägers und damit zum Beweis, dass der Kläger aufgrund der Lärmbelästigung nicht in der Lage war, die ärztlichen Untersuchungstermine wahrzunehmen.
Ein die Zulassung der Berufung begründender Verfahrensfehler liegt auch nicht darin, dass den ehrenamtlichen Richtern vor der mündlichen Verhandlung die Verfahrensakten nicht zugänglich gemacht worden waren. Eine notwendige Information der ehrenamtlichen Richter über den Gegenstand des Verfahrens vor der mündlichen Verhandlung sieht das SGG nicht vor. Nach § 106 Abs. 2 SGG hat vielmehr der Vorsitzende vor der mündlichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen. Nach § 112 Abs. 1 SGG eröffnet und leitet der Vorsitzende die mündliche Verhandlung, die nach Aufruf der Sache mit der Darstellung des Sachverhalts beginnt. Ein dementsprechender Verfahrensablauf ist auch durch die Niederschrift über die mündliche Verhandlung protokolliert. Die Darstellung des Sachverhalts dient dazu, den Beteiligten mitzuteilen, von welchem Sach- und Streitstand das Gericht ausgeht, um sachgerecht vortragen und Anträge stellen zu können, da auch die Beisitzer und die Öffentlichkeit die Akten nicht kennen. Im übrigen können die Beteiligten auf die Darstellung des Sachverhalts verzichten und ist die Heilung eines Verstoßes durch rügelose Einlassung möglich (Hk-SGG/Roller, § 112 Rn. m.w.N.).
Schließlich greift auch die Verfahrensrüge des Klägers nicht durch, ein ehrenamtlicher Richter habe nicht während der gesamten mündlichen Verhandlung teilgenommen, weil er zwischenzeitlich die Klagebegründung eines anderen vom Kläger geführten Verfahrens gelesen habe. Nach § 129 SGG kann das Urteil nur von den Richtern gefällt werden, die an der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung teilgenommen haben. An der mündlichen Verhandlung haben nur die Richter teilgenommen, die während der gesamten Verhandlung körperlich und geistig anwesend waren (BVerwG Urteil vom 13.06.2001 - 5b 105.00 - NJW 2001, 2898). Anhaltspunkte dafür, dass ein ehrenamtlicher Richter während eines Teils der mündlichen Verhandlung nicht präsent war, können dem Vortrag des Klägers nicht entnommen werden. Dass der ehrenamtliche Richter geistig dazu in der Lage war, gleichzeitig ein Schriftstück zu lesen und der mündlichen Verhandlung zu folgen, belegt gerade der Vortrag des Klägers, wonach sich der ehrenamtliche Richter mit eigenen Fragen an den Kläger gewandt hat.
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat somit keinen Erfolg und muss zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Absenkung des dem Kläger gewährten Arbeitslosengeldes II (Alg II) streitig.
Mit Bescheid vom 04.04.2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit von Mai bis Oktober 2006. Nachdem der Kläger einer Aufforderung, sich zur Abklärung seiner Erwerbsfähigkeit einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen, nicht nachgekommen war, hob die Beklagte mit Bescheid vom 08.05.2006 die Bewilligungsentscheidung gemäß § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) teilweise auf und senkte das dem Kläger für die Zeit vom 01.06.2006 bis 31.08.2006 zustehende Alg II monatlich um 10 % der Regelleistung ab. In der Folgezeit nahm die Beklagte eine Absenkung der Leistung in den Monaten Juni bis August um monatlich jeweils 35 EUR, somit insgesamt 105 EUR, vor. Hiergegen legte der Kläger am 08.06.2006 Widerspruch ein.
Nachdem der Kläger der erneuten Anordnung einer ärztlichen Untersuchung am 09.05.2006 nicht nachgekommen war, senkte die Beklagte mit Bescheid vom 26.06.2006 das dem Kläger für die Zeit von Juli bis September bewilligte Alg II um monatlich 10 % der Regelleistung ab. Hiergegen erhob der Kläger am 20.07.2006 Widerspruch.
Einer dritten Einladung zu einer ärztlichen Untersuchung am 07.06.2006 kam der Kläger gleichfalls nicht nach, worauf die Beklagte mit Bescheid vom 05.07.2006 die monatliche Regelleistung für die Zeit von August bis Oktober 2006 um 10 % der monatlichen Regelleistung absenkte. In Verbindung mit den vorangegangenen Absenkungsbescheiden ergab sich eine monatliche Minderung in Höhe von 105 EUR für August 2006 und von 70 EUR für September 2006. Hiergegen legte der Kläger am 20.07.2006 Widerspruch ein.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 15.08.2006 wies die Beklagte die Widersprüche zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 15.09.2006 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben mit der Begründung, seine gesundheitliche Situation habe es ihm nicht erlaubt, den Meldeaufforderungen der Beklagten nachzukommen. Seit März 2006 leide er an chronischen, massiven Magen-Darm-Problemen mit extremen fortwährenden Durchfällen, die ein Verlassen des Hauses nicht zuließen.
Mit Urteil vom 12.06.2007 hat das SG die Klage abgewiesen mit der Begründung, die Voraussetzungen für die Absenkung des Alg II nach § 31 SGB II seien erfüllt. Der Kläger sei drei Mal schriftlich unter Hinweis über die Rechtsfolgen einer Nichtbefolgung zur ärztlichen Untersuchung beim Psychologischen Dienst der Beklagten eingeladen worden. Diese Termine habe er nicht wahrgenommen, ohne dass hierfür ein wichtiger Grund vorgelegen habe. Er habe insbesondere keine Nachweise dafür erbracht, dass er krankheitsbedingt daran gehindert gewesen sei, die Untersuchungstermine wahrzunehmen. Die bloße Behauptung des Klägers, aufgrund gesundheitlicher Störungen nicht erscheinen zu können, sei hierfür nicht ausreichend, dem Kläger sei es vielmehr anzusinnen gewesen, ärztliche Atteste über eine Verhinderung an den jeweiligen Untersuchungsterminen vorzulegen. Das SG hat die Berufung nicht zugelassen.
Gegen das am 06.07.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 03.08.2007 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Er trägt vor, das Urteil beruhe auf einer Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör, da seine Beweismittel nicht gewürdigt worden seien. Den ehrenamtlichen Richtern seien vor der Verhandlung die Akten nicht zugänglich gemacht worden. Die Rechtssache habe auch grundsätzliche Bedeutung. Grundsätzliche Bedeutung komme der Frage zu, ob ein nachträglich erbrachter ärztlicher Nachweis einer chronischen Erkrankung einen wichtigen Grund für das Nichterscheinen zu Terminen bei der Agentur für Arbeit darstellen könne.
Die Beklagte ist der Beschwerde entgegen getreten.
II.
Die Beschwerde des Klägers ist zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet.
Die Berufung bedarf der Zulassung, da der Wert des Beschwerdegegenstandes, der im konkreten Fall durch den Erstattungsbetrag in Höhe von insgesamt 315 EUR (Juni 35 EUR, Juli 70 EUR, August 105EUR, September 70 EUR, Oktober 35 EUR) bestimmt wird, den nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei Geldleistungen maßgebenden Beschwerdewert von 500 EUR nicht übersteigt. Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung die Berufung auch nicht zugelassen.
Auf die somit nach § 145 SGG vom Kläger zutreffend erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wäre die Berufung allerdings nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hätte (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abwiche und auf diese Abweichung beruhte (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensfehler geltend gemacht würde und vorläge, auf dem die Entscheidung beruhen könnte (§ 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG). Keiner dieser Zulassungsgründe liegt vor.
Eine grundsätzliche Bedeutung besteht, wenn die Klärung einer Rechtsfrage für die Einheit oder Fortbildung des Rechts notwendig ist. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Sache, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die sich nach der gegenwärtigen Gesetzeslage oder dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne weiteres beantworten lässt und deshalb einer verallgemeinerungsfähigen Antwort im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung bedarf (Hk-SGG/Lüdtke, § 160 Rn. 8).
Die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob der nachträglich erbrachte ärztliche Nachweis für das Vorliegen einer chronischen Erkrankung zum Nachweis eines wichtigen Grundes für das Nichterscheinen zu einer von der Behörde angeordneten ärztlichen Untersuchung geeignet ist, begründet keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Die vom Kläger aufgeworfene Frage betrifft vielmehr die Beweiswürdigung. So hat auch das SG im angefochtenen Urteil nicht grundsätzlich die Beweisführung durch eine nachträglich ausgestellte Urkunde in Abrede gestellt, vielmehr lediglich ausgeführt, der vom Kläger vorgelegte Bericht belege zwar grundsätzliche Beschwerden des Klägers, sage jedoch nichts über die konkreten Hinderungsgründe bezüglich der Untersuchungstermine aus. Das SG ist darüber hinaus auch insofern davon ausgegangen, dass nachträglich ausgestellte Urkunden die Annahme eines wichtigen Grundes belegen können, als es ausgeführt hat, der Kläger habe sich auch nicht nach den Untersuchungsterminen zeitnah in ärztliche Behandlung begeben.
Auch der weitere Vortrag des Klägers betrifft lediglich die Beweiswürdigung durch das SG. Allein eine - nach Auffassung des Klägers - fehlerhafte Beweiswürdigung rechtfertigt jedoch nicht die Zulassung der Berufung.
Der Kläger hat auch keinen Verfahrensmangel geltend gemacht, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Ein Verfahrensmangel muss sich auf einen Verstoß gegen das Prozessrecht beziehen, welcher der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegt. Soweit der Kläger rügt, das Sozialgericht habe seine Pflicht zur Sachaufklärung (§ 103 SGG) verletzt, indem es die vom Kläger behauptete Lärmbelästigung als wahr unterstellt habe, greift diese Rüge nicht durch. Fraglich ist schon, ob das vom Kläger angebotene Abspielen einer Kassette als Nachweis der Lärmbelästigung ein geeignetes Beweismittel darstellt hat. Das Gericht durfte hiervon jedenfalls absehen, soweit es, wie auch vom Kläger vorgetragen, die Lärmbelästigung als wahr unterstellt hat. Das vom Kläger angebotene Beweismittel war nämlich nicht geeignet zum Nachweis einer gesundheitlichen Einschränkung des Klägers und damit zum Beweis, dass der Kläger aufgrund der Lärmbelästigung nicht in der Lage war, die ärztlichen Untersuchungstermine wahrzunehmen.
Ein die Zulassung der Berufung begründender Verfahrensfehler liegt auch nicht darin, dass den ehrenamtlichen Richtern vor der mündlichen Verhandlung die Verfahrensakten nicht zugänglich gemacht worden waren. Eine notwendige Information der ehrenamtlichen Richter über den Gegenstand des Verfahrens vor der mündlichen Verhandlung sieht das SGG nicht vor. Nach § 106 Abs. 2 SGG hat vielmehr der Vorsitzende vor der mündlichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen. Nach § 112 Abs. 1 SGG eröffnet und leitet der Vorsitzende die mündliche Verhandlung, die nach Aufruf der Sache mit der Darstellung des Sachverhalts beginnt. Ein dementsprechender Verfahrensablauf ist auch durch die Niederschrift über die mündliche Verhandlung protokolliert. Die Darstellung des Sachverhalts dient dazu, den Beteiligten mitzuteilen, von welchem Sach- und Streitstand das Gericht ausgeht, um sachgerecht vortragen und Anträge stellen zu können, da auch die Beisitzer und die Öffentlichkeit die Akten nicht kennen. Im übrigen können die Beteiligten auf die Darstellung des Sachverhalts verzichten und ist die Heilung eines Verstoßes durch rügelose Einlassung möglich (Hk-SGG/Roller, § 112 Rn. m.w.N.).
Schließlich greift auch die Verfahrensrüge des Klägers nicht durch, ein ehrenamtlicher Richter habe nicht während der gesamten mündlichen Verhandlung teilgenommen, weil er zwischenzeitlich die Klagebegründung eines anderen vom Kläger geführten Verfahrens gelesen habe. Nach § 129 SGG kann das Urteil nur von den Richtern gefällt werden, die an der dem Urteil zugrunde liegenden Verhandlung teilgenommen haben. An der mündlichen Verhandlung haben nur die Richter teilgenommen, die während der gesamten Verhandlung körperlich und geistig anwesend waren (BVerwG Urteil vom 13.06.2001 - 5b 105.00 - NJW 2001, 2898). Anhaltspunkte dafür, dass ein ehrenamtlicher Richter während eines Teils der mündlichen Verhandlung nicht präsent war, können dem Vortrag des Klägers nicht entnommen werden. Dass der ehrenamtliche Richter geistig dazu in der Lage war, gleichzeitig ein Schriftstück zu lesen und der mündlichen Verhandlung zu folgen, belegt gerade der Vortrag des Klägers, wonach sich der ehrenamtliche Richter mit eigenen Fragen an den Kläger gewandt hat.
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat somit keinen Erfolg und muss zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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