Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 2 U 1570/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 4466/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 21. August 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Gewährung von Verletztenrente ab 1. Juni 2005 nach Ablauf des Gesamtvergütungszeitraums.
Der 1960 geborene Kläger erlitt am 30. April 2004 einen Arbeitsunfall, bei dem er sich bei der Arbeit am Presshammer eine offene Querfraktur des linken Zeigefingers in Höhe des Mittelglieds zuzog (Durchgangsarztbericht Prof. Dr. W./Prof. Dr. S., Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik T. vom 3. Mai 2004). Der Finger wurde amputiert (Nachschaubericht vom 6. Mai 2004: Zustand nach Amputation D 2 links nach Adelmann sowie Risswunde D 3 links bei reizlosen Wunden nach stationärer Behandlung vom 30. April bis 5. Mai 2004).
Im Befundbericht- und Entlassbericht vom 23. Juni 2004 führte Prof. Dr. S. aus, es liege eine Handverschmälerung des II. Strahles der linken Hand nach Quetschverletzung des linken Zeigefingers vor. Aufgrund der elektrisierenden Schmerzen im Stumpfbereich sei am 7. Juni 2004 eine Neuromexstirpation durchgeführt worden, dessen intra- und postopoperativer Verlauf sich komplikationslos gestaltet habe. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) werde voraussichtlich in Höhe von 20 v.H. über einen Zeitraum von 6 Monaten verbleiben.
Ab 23. August 2004 nahm der Kläger, zunächst im Rahmen einer Belastungserprobung, seine Arbeit wieder auf. Dokumentiert sind Klagen des Klägers über Schmerzen in der linken Hand/im linken Arm, jedoch von nachlassender Intensität.
Im ersten Rentengutachten des Unfallchirurgen Dr. B. vom 26. Oktober 2004 führte dieser Klagen des Klägers über Schmerzen im Bereich der Stumpfnarbe mit Ausstrahlung in den Unterarm beim Greifen von Zangen auf. Auch sonst träten gelegentlich brennende Schmerzen im Bereich der Stumpfnarbe auf. Abends nach stärkerer Belastung seien gelegentlich auch Phantomschmerzen im amputierten Zeigefinger zu spüren. Er schlug eine MdE vom 9. September bis 21. Oktober 2004 in Höhe von 20 v.H. vor, danach um 10 v.H. bis 9. September 2005. Im Messblatt für obere Gliedmaßen sind als Umfangmaße aufgeführt: 15 cm über dem oberen äußeren Oberarmknorren rechts 31 cm, links 30 cm, im Ellenbogengelenk rechts 30, links 30,5 cm, 10 cm unterhalb des äußeren Oberarmknorrens rechts 29,5 cm, links 29 cm, im Handgelenk 19 bzw. 19,5 cm und im Bereich der Mittelhand beidseits 23,5 cm.
Mit Bescheid vom 10. Februar 2005 bewilligte die Beklagte Verletztenrente im Rahmen einer Gesamtvergütung für die Zeit vom 8. September 2004 bis 31. Mai 2005 nach einer MdE um 20 v.H. Der Bewertung lagen als gesundheitliche Beeinträchtigung zugrunde der Verlust des Zeigefingers mit gelegentlichen Phantomschmerzen sowie brennenden Schmerzen im Bereich der Stumpfnarbe nach Quetschverletzung des Zeigefingers. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 28. September 2005 wandte sich der Kläger erneut an die Beklagte. Er machte eine MdE um 30 v.H. ab 1. Juni 2005 geltend, da ihm nicht nur der Zeigefinger fehle, sondern auch ein Teil der Handfläche habe entfernt werden müssen. Er habe Schmerzen, die teilweise so stark seien, dass er während der Arbeit Werkzeug blitzartig fallen lassen müsse.
Die Beklagte gab daraufhin bei Dr. L., Chefärztin der Abteilung Hand- und plastische Chirurgie im Krankenhaus N. das zweite Rentengutachten in Auftrag. In ihrem Gutachten vom 28. April 2006 führte sie aus, der Kläger sei Rechtshänder. Die Muskulatur des linken Unterarms sei gegenüber rechts verschmächtigt. Die Umfangdifferenz betrage 1 cm und übersteige daher geringfügig das physiologische Maß bei Rechtshändigkeit. Der linke Zeigefinger sei im körperhandfernen Mittelhandknochen amputiert, dadurch sei die Mittelhand verschmälert. Auch hier sei der Umfang 1 cm geringer gemessen als rechts. Es bestünden als Unfallfolgen noch eine Amputation des II. Strahls der linken Hand in der körperfernen Mittelhand mit relativ langem Stumpf des 2. Mittelhandknochens, ein druckempfindlicher Mittelhandknochenstumpf, eine Narbe über dem Mittelglied des linken Mittelfingers, verminderte Gebrauchsspuren und verminderte Hohlhandbeschwielung links, eine Verschmächtigung der Handbinnenmuskulatur links und der Unterarmmuskulatur links. Die MdE belaufe sich vom 1. Juni 2005 bis 12. April 2006 auf 15 v.H., ab 13. April 2006 auf Dauer 15 v.H. Wegen Einschlaferscheinungen der linken Hand und vom Kläger geschilderter Muskelkrämpfe empfehle sie eine neurologische Begutachtung. Folgende Umfangmaße wurden mitgeteilt: 15 cm über dem oberen äußeren Oberarmknorren rechts 33,5 cm, links 33 cm, im Ellenbogengelenk rechts 31, links 30 cm, 10 cm unterhalb des äußeren Oberarmknorrens rechts 31 cm, links 30 cm, im Handgelenk 19,5 bzw. 19 cm und im Bereich der Mittelhand 24,5 cm rechts und 23 cm links.
Im nervenärztlichen Gutachten vom 11. August 2005 führte der Facharzt für Neurologie und Psychotherapie Dr. C. aus, der Kläger leide weiterhin unter leichten Dauerschmerzen der linken Hand, die sich durch Belastung (schweres Heben oder längeres Arbeiten) deutlich verstärkten und sich auf den gesamten Arm bis zur Schulter ausdehnen würden. Die Kraft in der linken Hand sei leicht erschöpft. Er habe weiterhin einschießende Schmerzen im Bereich der Wundnarbe ohne erkennbare Auslöser. Er beschrieb reizlose Wundnarben, keine Atrophien, keine Paresen, keine sicheren sensiblen Defizite an der linken Hand. Die Armeigenreflexe seien allesamt seitengleich auslösbar. Über den Nerven seien keine Klopf- oder Druckschmerzen auslösbar, lediglich im Bereich der Wundnarbe bestehe ein dumpfer Druckschmerz. Dr. C. diagnostizierte ein kombiniertes Schmerzsyndrom an der linken Hand nach Amputationsverletzung, ein Phantomschmerz an der linken Hand sowie Zustand nach posttraumatischer Belastungsstörung, derzeit symptomfrei. Die auf neurologischem Fachgebiet zu beurteilende Schmerzsymptomatik könnte analog zu einer distalen partiellen Medianusläsion beurteilt werden. Diese wäre mit einer MdE um 10 v.H. anzusetzen. Unter Einbeziehung der MdE um 15 v.H. auf chirurgischem Fachgebiet sei die Gesamt-MdE mit 20 v.H. anzunehmen. Dr. L. schloss sich in ihrer Stellungnahme vom 5. Oktober 2006 dieser Einschätzung an mit der Begründung, die Muskelverschmächtigung des linken Unterarms und die erhebliche Verminderung der Gebrauchsspuren gegenüber rechts seien ein Indiz dafür, dass außer dem funktionellen Verlust des Zeigefingers zusätzlich eine erhebliche Schmerzproblematik bestehe.
Die Beklagte befragte daraufhin nochmals Dr. C., verbunden mit dem Hinweis, dass in den unfallmedizinischen Richtwerten zur Bemessung der MdE die üblicherweise vorhandenen Schmerzen mit eingeschlossen seien. Nur in den Fällen, in denen eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit mit Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit festzustellen sei, müsse von diesen Sätzen abgewichen werden. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 5. Dezember 2006 führte Dr. C. daraufhin aus, es liege keine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit vor. Auch bestehe lediglich ein Phantomgefühl, kein Phantomschmerz. Deshalb würde er, unter Berücksichtigung der chirurgischen MdE um 15 v.H., für das neurologische Fachgebiet keine gesonderte MdE vergeben.
Mit Bescheid vom 10. Januar 2007 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente nach Ablauf des Gesamtvergütungszeitraums ab. Als Unfallfolgen lägen vor: Verlust des Zeigefingers im körperfernen Mittelhandbereich und dadurch bedingte geringe Verschmälerung der Mittelhand, Druck- und Schmerzempfindlichkeit im Bereich der Stumpfnarbe, Herabsetzung der groben Kraft der Hand, Verringerung der Hohlhandbeschwielung sowie leichte Minderung der Unterarm- und Handbinnenmuskulatur nach schwerer Quetschverletzung des Zeigefingers. Die Risswunde am Mittelfinger sei unter reizloser Narbenbildung über dem Mittelgliedbereich verheilt. Diese Unfallfolgen bedingten keine MdE in rentenberechtigendem Umfang. Die bei der Begutachtung geklagten subjektiven Beschwerden seien bei der Bewertung des Unfallfolgezustands gewürdigt worden.
Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde vom Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 22. März 2007 zurückgewiesen.
Dagegen hat der Kläger am 19. April 2007 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben, gestützt auf die – ursprüngliche – Einschätzung von Dr. C. und Dr. L ... Ergänzend trägt er vor, abweichend von den Standardfällen, die der MdE-Bemessung in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur zugrunde liegen würden, habe er nicht nur den Zeigefinger der linken Hand verloren. Vielmehr sei auch ein Teil der Handfläche entfernt worden. Beigefügt hat der Kläger Lichtbilder der rechten und linken Hand.
Mit Urteil vom 21. August 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, entsprechend den Maßstäben der unfallversicherungsrechtlichen Literatur sei bei dem Verlust eines Zeigefingers eine MdE von unter 20 v.H. gegeben. Eine MdE um 20 v.H. sei erst anzunehmen, wenn auch der dem betroffenen Finger zugeordnete Mittelhandknochen entfernt worden sei. Dies liege jedoch nicht vor. Auch komme eine Erhöhung der MdE wegen besonderer Schmerzen nicht in Betracht, da die mit bestimmten Unfallfolgen bereits üblicherweise verbundenen Schmerzen schon in die Bildung der Erfahrungswerte eingeflossen seien. Eine weitergehende Einschränkung der Erwerbsfähigkeit des Klägers durch darüber hinausgehende Schmerzen sei nicht ersichtlich und von Dr. C. auch nicht bestätigt worden.
Gegen das am 10. September 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. September 2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein bisheriges Vorbringen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 21. August 2007 und den Bescheid vom 10. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. März 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über den 31. Mai 2005 hinaus Verletztenrente nach einer MdE um wenigstens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie stützt sich zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen.
Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückzuweisen, weil es sie einstimmig für unbegründet erachtet (§ 153 Abs. 4 SGG). Den Beteiligten ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung, über die nach § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entschieden werden konnte, da das Gericht sie einstimmig für unbegründet erachtet, ist unbegründet. Dem Kläger steht nach Ablauf des Gesamtvergütungszeitraums über den 31. Mai 2005 hinaus keine Verletztenrente wegen des Ereignisses vom 30. April 2004 zu.
Nach Ablauf des Zeitraums, für den die Gesamtvergütung bestimmt war, wird auf Antrag Rente als vorläufige Entschädigung oder Rente auf unbestimmte Zeit gezahlt, wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen.
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten (versicherte Tätigkeiten). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII).
Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), d.h. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (BSGE 1, 174, 178; BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22). Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht (BSGE 58, 80, 82; 61, 127, 129; BSG, Urt. v. 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - m.w.N.). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 278). Daran fehlt es, wenn die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar gewesen ist, dass die Auslösung akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte (vgl. BSGE 62, 220, 222; BSG, Urt. v. 2. Mai 2001 - B 2 U 18/00 R -, in: HVBG-Info 2001, 1713). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. BSGE 6, 70, 72; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Für die Bewertung einer unfallbedingten MdE kommt es auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen oder geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet (BSG, Urt. vom 26. Juni 1985 - 2 RU 60/84 -, in: SozR 2200 § 581 RVO Nr. 23 m.w.N.; BSG, Urt. vom 19. Dezember 2000 - B 2 U 49/99 R -, in: HVBG-Info 2001, 499). Die Sachkunde des ärztlichen Sachverständigen bezieht sich in erster Linie darauf, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Schlüssige ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind zwar bedeutsame Anhaltspunkte, besitzen aber keine bindende Wirkung, auch wenn sie eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE darstellen (BSG, Beschluss vom 22. August 1989, - 2 BU 101/89 -, in: HVBG-Info 1989 S. 2268). Bei der Bewertung der MdE sind schließlich auch die in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung und dem versicherungsrechtlichen oder versicherungsmedizinischen Schrifttum ausgearbeiteten Erfahrungssätze zu beachten, um eine gerechte und gleiche Bewertung der zahlreichen Parallelfälle der täglichen Praxis zu gewährleisten.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze steht zur Überzeugung des Senats fest, dass dem Kläger ab 1. Juni 2005 keine Verletztenrente mehr zusteht, da seine Erwerbsfähigkeit nicht um wenigstens 20 v.H. gemindert ist.
Das SG hat auf S. 7 und 8 der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils die in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur und von der Rechtsprechung entwickelten Bewertungsmaßstäbe umfassend und zutreffend dargestellt. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist das Gericht insoweit inhaltlich auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils. Wie das SG weiter zutreffend dargestellt hat, kommt unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe die Zuerkennung einer MdE um wenigstens 20 v.H. nicht in Betracht. Denn dem Kläger wurde zwar - neben der Fingeramputation - ein Teil, nicht aber der gesamte Mittelhandknochen entfernt. Die Entfernung des gesamten Mittelhandknochens wäre aber Voraussetzung dafür, wenigstens eine MdE um 20 v.H. zuzuerkennen.
Keine andere Beurteilung rechtfertigt insoweit auch das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren. Soweit vorgebracht wird, Dr. C. und Dr. L. hätten eine MdE um 20 v.H. vorgeschlagen und der Einschätzung der Ärzte gebühre Vorrang vor der des Gerichts, ist darauf hinzuweisen, dass die Feststellung der MdE eine unter freier Beweiswürdigung zu treffenede Tatsachenfeststellung und damit richterliche Aufgabe ist (vgl. BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2). Die von den Ärzten gemachten Vorschläge liefern insoweit lediglich eine wichtige, das Gericht aber nicht bindende Einschätzung. In der Sache hat darüber hinaus Dr. C. die von ihm auf neurologischem Fachgebiet zunächst angenommene MdE-Einschätzung auf Rückfrage der Beklagten revidiert. So hat er ausgeführt, dass es bei den vom Kläger geschilderten und objektivierbaren Schmerzen typischerweise um mit der Amputationsverletzung einhergehenden handelt, also keine Schmerzen vorliegen, die darüber hinausgehen. Dem entsprechend hat er unter Berücksichtigung der von Dr. L. zunächst festgestellten MdE-Werten und den der Bewertung zugrunde liegenden Beeinträchtigungen ausgeführt, dass auf neurologischem Fachgebiet keine zusätzliche MdE anzunehmen sei. Berücksichtigt man die von Dr. L. festgestellte MdE um 15 v.H. und den Umstand, dass auf neurologischem Fachgebiet keine MdE festzustellen ist, ist der Mindestwert von 20 v.H. somit erkennbar nicht erreicht. Soweit Dr. L. zunächst einer MdE um 20 v.H., wie von Dr. C. vorgeschlagen, zugestimmt hatte, kann diese Bewertung unter mehreren Gesichtspunkten nicht überzeugen.
Zum einen ist Dr. L. bei dieser Bewertung noch davon ausgegangen, auf neurologischem Fachgebiet sei eine gesonderte MdE anzunehmen, die zusätzlich zu der von ihr vorgeschlagenen MdE um 15 v.H. noch zu berücksichtigen sei. Zum anderen hat sie als Argumente dafür, warum sie die von Dr. C. vorgeschlagene Bewertung stützt, u.a. angegeben, es liege eine erhebliche Umfangsdifferenz im Bereich der Unterarme, deutlich geringere Arbeitsspuren links verglichen mit rechts vor. Diese Umstände ließen den Schluss darauf zu, dass doch eine erhebliche Schmerzproblematik bestehe. Diese Ausführungen vermögen jedoch nicht zu überzeugen. Zum anderen handelt es sich bei Umfangsdifferenzen um ca. 1 cm nicht um "deutliche" Differenzen, die einen pathologischen Hintergrund aufweisen müssen, denn diese bewegen sich noch innerhalb des durch Messfehler bzw. –ungenauigkeiten bedingten Toleranzbereichs. Darüber hinaus ist der Kläger Rechtshänder und übt eine gerade auch die Handkraft beanspruchende körperliche Tätigkeit aus. Dass in diesem Fall der Umfang des rechten Unterarms stärker und die Gebrauchsspuren der rechten Hand deutlicher sind als links ist weder verwunderlich noch lässt sich aus diesem Umstand der Schluss auf eine Minderbelastung links, bedingt durch eine besondere Schmerzproblematik ziehen.
Soweit der Kläger ausführt, dass gerade in seinem Beruf die Schmerzen und verminderte Kraft links besonders nachteilig und daher bei der Bemessung der MdE zu berücksichtigen sei, verkennt er, dass sich die MdE nicht an dem konkret ausgeübten Beruf, sondern an dem Gesamtbereich des Erwerbslebens orientiert. Anhaltspunkte für eine besondere berufliche Betroffenheit im Sinne des § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII liegen darüber hinaus nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Gewährung von Verletztenrente ab 1. Juni 2005 nach Ablauf des Gesamtvergütungszeitraums.
Der 1960 geborene Kläger erlitt am 30. April 2004 einen Arbeitsunfall, bei dem er sich bei der Arbeit am Presshammer eine offene Querfraktur des linken Zeigefingers in Höhe des Mittelglieds zuzog (Durchgangsarztbericht Prof. Dr. W./Prof. Dr. S., Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik T. vom 3. Mai 2004). Der Finger wurde amputiert (Nachschaubericht vom 6. Mai 2004: Zustand nach Amputation D 2 links nach Adelmann sowie Risswunde D 3 links bei reizlosen Wunden nach stationärer Behandlung vom 30. April bis 5. Mai 2004).
Im Befundbericht- und Entlassbericht vom 23. Juni 2004 führte Prof. Dr. S. aus, es liege eine Handverschmälerung des II. Strahles der linken Hand nach Quetschverletzung des linken Zeigefingers vor. Aufgrund der elektrisierenden Schmerzen im Stumpfbereich sei am 7. Juni 2004 eine Neuromexstirpation durchgeführt worden, dessen intra- und postopoperativer Verlauf sich komplikationslos gestaltet habe. Eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) werde voraussichtlich in Höhe von 20 v.H. über einen Zeitraum von 6 Monaten verbleiben.
Ab 23. August 2004 nahm der Kläger, zunächst im Rahmen einer Belastungserprobung, seine Arbeit wieder auf. Dokumentiert sind Klagen des Klägers über Schmerzen in der linken Hand/im linken Arm, jedoch von nachlassender Intensität.
Im ersten Rentengutachten des Unfallchirurgen Dr. B. vom 26. Oktober 2004 führte dieser Klagen des Klägers über Schmerzen im Bereich der Stumpfnarbe mit Ausstrahlung in den Unterarm beim Greifen von Zangen auf. Auch sonst träten gelegentlich brennende Schmerzen im Bereich der Stumpfnarbe auf. Abends nach stärkerer Belastung seien gelegentlich auch Phantomschmerzen im amputierten Zeigefinger zu spüren. Er schlug eine MdE vom 9. September bis 21. Oktober 2004 in Höhe von 20 v.H. vor, danach um 10 v.H. bis 9. September 2005. Im Messblatt für obere Gliedmaßen sind als Umfangmaße aufgeführt: 15 cm über dem oberen äußeren Oberarmknorren rechts 31 cm, links 30 cm, im Ellenbogengelenk rechts 30, links 30,5 cm, 10 cm unterhalb des äußeren Oberarmknorrens rechts 29,5 cm, links 29 cm, im Handgelenk 19 bzw. 19,5 cm und im Bereich der Mittelhand beidseits 23,5 cm.
Mit Bescheid vom 10. Februar 2005 bewilligte die Beklagte Verletztenrente im Rahmen einer Gesamtvergütung für die Zeit vom 8. September 2004 bis 31. Mai 2005 nach einer MdE um 20 v.H. Der Bewertung lagen als gesundheitliche Beeinträchtigung zugrunde der Verlust des Zeigefingers mit gelegentlichen Phantomschmerzen sowie brennenden Schmerzen im Bereich der Stumpfnarbe nach Quetschverletzung des Zeigefingers. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 28. September 2005 wandte sich der Kläger erneut an die Beklagte. Er machte eine MdE um 30 v.H. ab 1. Juni 2005 geltend, da ihm nicht nur der Zeigefinger fehle, sondern auch ein Teil der Handfläche habe entfernt werden müssen. Er habe Schmerzen, die teilweise so stark seien, dass er während der Arbeit Werkzeug blitzartig fallen lassen müsse.
Die Beklagte gab daraufhin bei Dr. L., Chefärztin der Abteilung Hand- und plastische Chirurgie im Krankenhaus N. das zweite Rentengutachten in Auftrag. In ihrem Gutachten vom 28. April 2006 führte sie aus, der Kläger sei Rechtshänder. Die Muskulatur des linken Unterarms sei gegenüber rechts verschmächtigt. Die Umfangdifferenz betrage 1 cm und übersteige daher geringfügig das physiologische Maß bei Rechtshändigkeit. Der linke Zeigefinger sei im körperhandfernen Mittelhandknochen amputiert, dadurch sei die Mittelhand verschmälert. Auch hier sei der Umfang 1 cm geringer gemessen als rechts. Es bestünden als Unfallfolgen noch eine Amputation des II. Strahls der linken Hand in der körperfernen Mittelhand mit relativ langem Stumpf des 2. Mittelhandknochens, ein druckempfindlicher Mittelhandknochenstumpf, eine Narbe über dem Mittelglied des linken Mittelfingers, verminderte Gebrauchsspuren und verminderte Hohlhandbeschwielung links, eine Verschmächtigung der Handbinnenmuskulatur links und der Unterarmmuskulatur links. Die MdE belaufe sich vom 1. Juni 2005 bis 12. April 2006 auf 15 v.H., ab 13. April 2006 auf Dauer 15 v.H. Wegen Einschlaferscheinungen der linken Hand und vom Kläger geschilderter Muskelkrämpfe empfehle sie eine neurologische Begutachtung. Folgende Umfangmaße wurden mitgeteilt: 15 cm über dem oberen äußeren Oberarmknorren rechts 33,5 cm, links 33 cm, im Ellenbogengelenk rechts 31, links 30 cm, 10 cm unterhalb des äußeren Oberarmknorrens rechts 31 cm, links 30 cm, im Handgelenk 19,5 bzw. 19 cm und im Bereich der Mittelhand 24,5 cm rechts und 23 cm links.
Im nervenärztlichen Gutachten vom 11. August 2005 führte der Facharzt für Neurologie und Psychotherapie Dr. C. aus, der Kläger leide weiterhin unter leichten Dauerschmerzen der linken Hand, die sich durch Belastung (schweres Heben oder längeres Arbeiten) deutlich verstärkten und sich auf den gesamten Arm bis zur Schulter ausdehnen würden. Die Kraft in der linken Hand sei leicht erschöpft. Er habe weiterhin einschießende Schmerzen im Bereich der Wundnarbe ohne erkennbare Auslöser. Er beschrieb reizlose Wundnarben, keine Atrophien, keine Paresen, keine sicheren sensiblen Defizite an der linken Hand. Die Armeigenreflexe seien allesamt seitengleich auslösbar. Über den Nerven seien keine Klopf- oder Druckschmerzen auslösbar, lediglich im Bereich der Wundnarbe bestehe ein dumpfer Druckschmerz. Dr. C. diagnostizierte ein kombiniertes Schmerzsyndrom an der linken Hand nach Amputationsverletzung, ein Phantomschmerz an der linken Hand sowie Zustand nach posttraumatischer Belastungsstörung, derzeit symptomfrei. Die auf neurologischem Fachgebiet zu beurteilende Schmerzsymptomatik könnte analog zu einer distalen partiellen Medianusläsion beurteilt werden. Diese wäre mit einer MdE um 10 v.H. anzusetzen. Unter Einbeziehung der MdE um 15 v.H. auf chirurgischem Fachgebiet sei die Gesamt-MdE mit 20 v.H. anzunehmen. Dr. L. schloss sich in ihrer Stellungnahme vom 5. Oktober 2006 dieser Einschätzung an mit der Begründung, die Muskelverschmächtigung des linken Unterarms und die erhebliche Verminderung der Gebrauchsspuren gegenüber rechts seien ein Indiz dafür, dass außer dem funktionellen Verlust des Zeigefingers zusätzlich eine erhebliche Schmerzproblematik bestehe.
Die Beklagte befragte daraufhin nochmals Dr. C., verbunden mit dem Hinweis, dass in den unfallmedizinischen Richtwerten zur Bemessung der MdE die üblicherweise vorhandenen Schmerzen mit eingeschlossen seien. Nur in den Fällen, in denen eine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit mit Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit festzustellen sei, müsse von diesen Sätzen abgewichen werden. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 5. Dezember 2006 führte Dr. C. daraufhin aus, es liege keine über das übliche Maß hinausgehende Schmerzhaftigkeit vor. Auch bestehe lediglich ein Phantomgefühl, kein Phantomschmerz. Deshalb würde er, unter Berücksichtigung der chirurgischen MdE um 15 v.H., für das neurologische Fachgebiet keine gesonderte MdE vergeben.
Mit Bescheid vom 10. Januar 2007 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente nach Ablauf des Gesamtvergütungszeitraums ab. Als Unfallfolgen lägen vor: Verlust des Zeigefingers im körperfernen Mittelhandbereich und dadurch bedingte geringe Verschmälerung der Mittelhand, Druck- und Schmerzempfindlichkeit im Bereich der Stumpfnarbe, Herabsetzung der groben Kraft der Hand, Verringerung der Hohlhandbeschwielung sowie leichte Minderung der Unterarm- und Handbinnenmuskulatur nach schwerer Quetschverletzung des Zeigefingers. Die Risswunde am Mittelfinger sei unter reizloser Narbenbildung über dem Mittelgliedbereich verheilt. Diese Unfallfolgen bedingten keine MdE in rentenberechtigendem Umfang. Die bei der Begutachtung geklagten subjektiven Beschwerden seien bei der Bewertung des Unfallfolgezustands gewürdigt worden.
Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde vom Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 22. März 2007 zurückgewiesen.
Dagegen hat der Kläger am 19. April 2007 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben, gestützt auf die – ursprüngliche – Einschätzung von Dr. C. und Dr. L ... Ergänzend trägt er vor, abweichend von den Standardfällen, die der MdE-Bemessung in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur zugrunde liegen würden, habe er nicht nur den Zeigefinger der linken Hand verloren. Vielmehr sei auch ein Teil der Handfläche entfernt worden. Beigefügt hat der Kläger Lichtbilder der rechten und linken Hand.
Mit Urteil vom 21. August 2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, entsprechend den Maßstäben der unfallversicherungsrechtlichen Literatur sei bei dem Verlust eines Zeigefingers eine MdE von unter 20 v.H. gegeben. Eine MdE um 20 v.H. sei erst anzunehmen, wenn auch der dem betroffenen Finger zugeordnete Mittelhandknochen entfernt worden sei. Dies liege jedoch nicht vor. Auch komme eine Erhöhung der MdE wegen besonderer Schmerzen nicht in Betracht, da die mit bestimmten Unfallfolgen bereits üblicherweise verbundenen Schmerzen schon in die Bildung der Erfahrungswerte eingeflossen seien. Eine weitergehende Einschränkung der Erwerbsfähigkeit des Klägers durch darüber hinausgehende Schmerzen sei nicht ersichtlich und von Dr. C. auch nicht bestätigt worden.
Gegen das am 10. September 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. September 2007 Berufung eingelegt. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein bisheriges Vorbringen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 21. August 2007 und den Bescheid vom 10. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. März 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, über den 31. Mai 2005 hinaus Verletztenrente nach einer MdE um wenigstens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie stützt sich zur Begründung auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen.
Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, die Berufung ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückzuweisen, weil es sie einstimmig für unbegründet erachtet (§ 153 Abs. 4 SGG). Den Beteiligten ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung, über die nach § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entschieden werden konnte, da das Gericht sie einstimmig für unbegründet erachtet, ist unbegründet. Dem Kläger steht nach Ablauf des Gesamtvergütungszeitraums über den 31. Mai 2005 hinaus keine Verletztenrente wegen des Ereignisses vom 30. April 2004 zu.
Nach Ablauf des Zeitraums, für den die Gesamtvergütung bestimmt war, wird auf Antrag Rente als vorläufige Entschädigung oder Rente auf unbestimmte Zeit gezahlt, wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen.
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten (versicherte Tätigkeiten). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII).
Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen oder geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII), d.h. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt (BSGE 1, 174, 178; BSG SozR 2200 § 581 Nr. 22). Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht (BSGE 58, 80, 82; 61, 127, 129; BSG, Urt. v. 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - m.w.N.). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 278). Daran fehlt es, wenn die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar gewesen ist, dass die Auslösung akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte (vgl. BSGE 62, 220, 222; BSG, Urt. v. 2. Mai 2001 - B 2 U 18/00 R -, in: HVBG-Info 2001, 1713). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. BSGE 6, 70, 72; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Für die Bewertung einer unfallbedingten MdE kommt es auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen oder geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet (BSG, Urt. vom 26. Juni 1985 - 2 RU 60/84 -, in: SozR 2200 § 581 RVO Nr. 23 m.w.N.; BSG, Urt. vom 19. Dezember 2000 - B 2 U 49/99 R -, in: HVBG-Info 2001, 499). Die Sachkunde des ärztlichen Sachverständigen bezieht sich in erster Linie darauf, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Schlüssige ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind zwar bedeutsame Anhaltspunkte, besitzen aber keine bindende Wirkung, auch wenn sie eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE darstellen (BSG, Beschluss vom 22. August 1989, - 2 BU 101/89 -, in: HVBG-Info 1989 S. 2268). Bei der Bewertung der MdE sind schließlich auch die in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung und dem versicherungsrechtlichen oder versicherungsmedizinischen Schrifttum ausgearbeiteten Erfahrungssätze zu beachten, um eine gerechte und gleiche Bewertung der zahlreichen Parallelfälle der täglichen Praxis zu gewährleisten.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze steht zur Überzeugung des Senats fest, dass dem Kläger ab 1. Juni 2005 keine Verletztenrente mehr zusteht, da seine Erwerbsfähigkeit nicht um wenigstens 20 v.H. gemindert ist.
Das SG hat auf S. 7 und 8 der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils die in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur und von der Rechtsprechung entwickelten Bewertungsmaßstäbe umfassend und zutreffend dargestellt. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist das Gericht insoweit inhaltlich auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils. Wie das SG weiter zutreffend dargestellt hat, kommt unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe die Zuerkennung einer MdE um wenigstens 20 v.H. nicht in Betracht. Denn dem Kläger wurde zwar - neben der Fingeramputation - ein Teil, nicht aber der gesamte Mittelhandknochen entfernt. Die Entfernung des gesamten Mittelhandknochens wäre aber Voraussetzung dafür, wenigstens eine MdE um 20 v.H. zuzuerkennen.
Keine andere Beurteilung rechtfertigt insoweit auch das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren. Soweit vorgebracht wird, Dr. C. und Dr. L. hätten eine MdE um 20 v.H. vorgeschlagen und der Einschätzung der Ärzte gebühre Vorrang vor der des Gerichts, ist darauf hinzuweisen, dass die Feststellung der MdE eine unter freier Beweiswürdigung zu treffenede Tatsachenfeststellung und damit richterliche Aufgabe ist (vgl. BSG SozR 4-2700 § 56 Nr. 2). Die von den Ärzten gemachten Vorschläge liefern insoweit lediglich eine wichtige, das Gericht aber nicht bindende Einschätzung. In der Sache hat darüber hinaus Dr. C. die von ihm auf neurologischem Fachgebiet zunächst angenommene MdE-Einschätzung auf Rückfrage der Beklagten revidiert. So hat er ausgeführt, dass es bei den vom Kläger geschilderten und objektivierbaren Schmerzen typischerweise um mit der Amputationsverletzung einhergehenden handelt, also keine Schmerzen vorliegen, die darüber hinausgehen. Dem entsprechend hat er unter Berücksichtigung der von Dr. L. zunächst festgestellten MdE-Werten und den der Bewertung zugrunde liegenden Beeinträchtigungen ausgeführt, dass auf neurologischem Fachgebiet keine zusätzliche MdE anzunehmen sei. Berücksichtigt man die von Dr. L. festgestellte MdE um 15 v.H. und den Umstand, dass auf neurologischem Fachgebiet keine MdE festzustellen ist, ist der Mindestwert von 20 v.H. somit erkennbar nicht erreicht. Soweit Dr. L. zunächst einer MdE um 20 v.H., wie von Dr. C. vorgeschlagen, zugestimmt hatte, kann diese Bewertung unter mehreren Gesichtspunkten nicht überzeugen.
Zum einen ist Dr. L. bei dieser Bewertung noch davon ausgegangen, auf neurologischem Fachgebiet sei eine gesonderte MdE anzunehmen, die zusätzlich zu der von ihr vorgeschlagenen MdE um 15 v.H. noch zu berücksichtigen sei. Zum anderen hat sie als Argumente dafür, warum sie die von Dr. C. vorgeschlagene Bewertung stützt, u.a. angegeben, es liege eine erhebliche Umfangsdifferenz im Bereich der Unterarme, deutlich geringere Arbeitsspuren links verglichen mit rechts vor. Diese Umstände ließen den Schluss darauf zu, dass doch eine erhebliche Schmerzproblematik bestehe. Diese Ausführungen vermögen jedoch nicht zu überzeugen. Zum anderen handelt es sich bei Umfangsdifferenzen um ca. 1 cm nicht um "deutliche" Differenzen, die einen pathologischen Hintergrund aufweisen müssen, denn diese bewegen sich noch innerhalb des durch Messfehler bzw. –ungenauigkeiten bedingten Toleranzbereichs. Darüber hinaus ist der Kläger Rechtshänder und übt eine gerade auch die Handkraft beanspruchende körperliche Tätigkeit aus. Dass in diesem Fall der Umfang des rechten Unterarms stärker und die Gebrauchsspuren der rechten Hand deutlicher sind als links ist weder verwunderlich noch lässt sich aus diesem Umstand der Schluss auf eine Minderbelastung links, bedingt durch eine besondere Schmerzproblematik ziehen.
Soweit der Kläger ausführt, dass gerade in seinem Beruf die Schmerzen und verminderte Kraft links besonders nachteilig und daher bei der Bemessung der MdE zu berücksichtigen sei, verkennt er, dass sich die MdE nicht an dem konkret ausgeübten Beruf, sondern an dem Gesamtbereich des Erwerbslebens orientiert. Anhaltspunkte für eine besondere berufliche Betroffenheit im Sinne des § 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII liegen darüber hinaus nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
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