L 7 AL 1662/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 5 AL 1163/02
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AL 1662/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 31. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin (erneut) gegen die Festsetzung einer Sperrzeit und begehrt die Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) in der Zeit vom 19. Juni 1998 bis 1. September 1998.

Die am 1959 geborene Klägerin meldete sich am 15. Dezember 1997 beim Arbeitsamt Reutlingen (AA) arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg, welches ihr mit Bescheid des AA vom 27. März 1998 ab dem 20. Februar 1998 in Höhe von 179,34 DM wöchentlich bewilligt wurde. Ab dem 5. Mai 1998 nahm die Klägerin an einer von der Beklagten geförderten Weiterbildungsmaßnahme "Multifunktionale Bürokommunikation" teil, die plangemäß am 31. März 1999 enden sollte. Das AA hob die Bewilligung von Alg ab dem 5. Mai 1998 auf und bewilligte der Klägerin Unterhaltsgeld in Höhe von 179,34 DM wöchentlich und übernahm die Lehrgangskosten. Ab dem 19. Juni 1998 nahm die Klägerin an der Maßnahme nicht mehr teil und meldete sich am 2. September 1998 erneut arbeitslos und beantragte Alg, welches ihr ab 11. September 1998 erneut bewilligt wurde. Mit Bescheid vom 10. November 1998 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 19. Juni 1998 bis 10. September 1998 fest. Der hiergegen erhobene Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 25. Januar 1999 zurückgewiesen. Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben (S 5 206/99).

Mit Bescheiden vom 21. September 1998 forderte das AA unter Berufung auf einen Aufhebungsbescheid vom 15. Juli 1998 die Erstattung des an die Klägerin für die Zeit vom 19. Juni bis 30. Juni 1998 gezahlten Unterhaltsgelds in Höhe von 307,44 DM sowie von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 69,55 DM bzw. 9,10 DM. Mit weiterem Bescheid vom 21. September 1998 forderte die Beklagte Fahrtkosten für den Monat Juli 1998 in Höhe von 219,64 DM zurück. Die dagegen erhobenen Widersprüche der Klägerin wurden durch Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 1998 zurückgewiesen. Dagegen hat die Klägerin ebenfalls Klage zum SG erhoben (S 5 AL 63/99). Nach Verbindung der Verfahren hat das SG die Klagen durch Urteil vom 14. Dezember 1999 (S 5 AL 63/99) abgewiesen.

Auf eine Petition der Klägerin wurde der Sperrzeitentscheidung vom 10. November 1998 vom AA mit Bescheid vom 16. Juli 2001 zurückgenommen; zugleich wurde der Klägerin mit Bescheid vom selben Tage Alg für die Zeit vom 2. September bis 10. September 1998 in Höhe von 230,58 DM bewilligt.

Auf die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) durch Urteil vom 17. Oktober 2001 (L 5 AL 2757/00) das Urteil des SG vom 14. Dezember 1999 abgeändert und die Bescheide vom 21. September 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Dezember 1998 in Bezug auf die Erstattung von Unterhaltsgeld und Versicherungsbeiträgen aufgehoben. Die weiter gehende Berufung der Klägerin wurde zurückgewiesen und die Klage gegen den - nach § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in das Verfahren einbezogenen - Aufhebungsbescheid vom 16. Juli 2001 und den Bewilligungsbescheid vom selben Tag wurde abgewiesen mit der Begründung, ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Alg bereits ab dem 19. Juni 1998 bestehe nicht. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG wurde vom Bundessozialgericht (BSG) durch Beschluss vom 15. Januar 2002 (B 11 AL 267/01 B) als unzulässig verworfen.

Der gegen den Bescheid vom 16. Juli 2001 gerichtete Widerspruch der Klägerin wurde durch Widerspruchsbescheid des AA vom 27. März 2002 als unbegründet zurückgewiesen. Der Widerspruchsbescheid wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 13. Februar 2008 aufgehoben. Am 23. April 2002 hat die Klägerin Klage zum SG erhoben und erneut begehrt, ihr unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide Alg bereits ab dem 19. Juni 1998 zu gewähren.

Durch Urteil vom 31. Oktober 2006 (S 5 AL 1163/02) hat das SG die Klage als unzulässig abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, zum einen sei hinsichtlich des Klagebegehrens der Klägerin durch die Entscheidung des LSG vom 17. Oktober 2001 (a.a.O.) Rechtskraft eingetreten. Zudem sei die Klägerin durch den angefochtenen Bescheid vom 16. Juli 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 27. März 2002 nicht beschwert. Der Bescheid des AA vom 16. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. März 2002 beinhalte die Rücknahme des Sperrzeitbescheides vom 10. November 1998 sowie die Bewilligung von Alg für die Zeit vom 2. September bis 10. September 1998. Eine Beschwer der Klägerin könne daher nur darin bestehen, dass sie über diesen Zeitraum hinaus kein Alg bewilligt bekommen habe. Dieses Begehren ergebe sich auch aus ihrem Vortrag, wonach ihr ein wirtschaftlicher Schaden in Höhe von 2.152,08 DM entstanden sei. Diesbezüglich stehe der Zulässigkeit der Klage indessen die Rechtskraft bezüglich desselben Streitgegenstandes nach § 141 Abs. 1 SGG entgegen. Das LSG habe in seiner Entscheidung vom 17. Oktober 2001 (a.a.O.) unter Einbeziehung der Bescheide vom 16. Juli 2001 abschließend über die Festsetzung einer Sperrzeit, die Gewährung von Alg, die geltend gemachten Fahrtkosten sowie die Erstattung von Unterhaltsgeld und Versicherungsbeiträgen befunden. Der Berufung der Klägerin sei insoweit stattgegeben worden, als sie Unterhaltsgeld in der Zeit vom 18. bis 30. Juni 1998 sowie Versicherungsbeiträge nicht zu erstatten hatte. Ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Alg mit einem Leistungsbeginn ab 19. Juni 1998 sei demgegenüber verneint worden; ebenso sei festgestellt worden, dass die Klägerin erhaltene Fahrtkosten für den Monat Juli 1998 zurückzubezahlen habe. Eine Arbeitslosmeldung zum 2. Juni 1998 habe der erkennende Senat nicht als erwiesen angesehen, weshalb er einen Anspruch der Klägerin auf Alg erst ab dem 2. September 1998 für gegeben erachtet habe. Hinsichtlich dieser Feststellungen sei für die Beteiligten Bindungswirkung eingetreten. Eine neue Verhandlung und Entscheidung über denselben Streitgegenstand sei daher nicht mehr möglich, weshalb die Klage unzulässig sei.

Gegen das ihr am 17. Januar 2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 13. Februar 2007 zum LSG eingelegte Berufung der Klägerin, mit welcher sie im Wesentlichen vorbringt, das SG habe das Urteil des LSG vom 17. Oktober 2001 falsch interpretiert. Dieses sei unzutreffend, da ihr Alg bereits ab dem 19. Juni 1998 hätte gewährt werden müssen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 31. Oktober 2006 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 16. Juli 2001 zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld für die Zeit vom 19. Juni 1998 bis 1. September 1998 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das angefochtene Urteil sei nicht zu beanstanden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Leistungsakte der Beklagten, die Klageakte des SG, die Berufungsakte des Senats sowie die zur Sache gehörenden früheren Gerichtsakten, die beigezogen wurden, Bezug genommen.

II.

Der Senat kann die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückweisen, da er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden sowie statthaft (§ 143 SGG), Berufungsausschließungsgründe im Sinne des § 144 Abs. 1 SGG liegen nicht vor. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage als unzulässig abgewiesen.

Die Klage ist wegen anderweitiger materieller Rechtskraft der Sache unzulässig. Die materielle Rechtskraft des Urteils des LSG vom 17. Oktober 2001 steht einer anderweitigen Verhandlung und Entscheidung über denselben Streitgegenstand entgegen und führt zur Unzulässigkeit einer neuen Klage (§ 141 SGG; vgl. Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 8. Aufl., § 141 Rdnr. 6c und Kuntze in Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, VwGO 4. Aufl., § 121 Rdnr. 4). Zutreffend hat das SG ausgeführt, dass der Streitgegenstand des früheren Verfahrens mit dem des vorliegenden Verfahrens identisch ist, soweit die Klägerin (erneut) unter Aufhebung der entgegenstehenden behördlichen Entscheidungen die Gewährung von Alg ab dem 19. Juni 1998 begehrt.

Im Verfahren der Prozesskostenhilfe hat der erkennende Senat im Beschluss vom 19. Juli 2007 (L 7 AL 1662/07) hierzu Folgendes ausgeführt: "Gegenstand dieses Verfahrens ist ausweislich der am 23. April 2002 erhobenen Klage der Bescheid der Beklagten vom 16. Juli 2001. Dieser Bescheid ist bereits Gegenstand des Berufungsverfahrens vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 5 AL 2757/00 - gewesen. In dem inzwischen rechtskräftigen Urteil vom 17. Oktober 2001 hat das LSG dort entsprechend dem Antrag der Klägerin unter anderem auch über den genannten Bewilligungsbescheid vom 16. Juli 2001 entschieden. Mit der Rechtskraft dieses Urteils ist es allen Gerichten verwehrt, diesen Bescheid erneut zu überprüfen. Darauf hat das Sozialgericht Reutlingen unter Hinweis auf die einschlägige Vorschrift des § 141 SGG in der angefochtenen Entscheidung hingewiesen. Diese Auffassung ist zutreffend. Die inhaltlichen Argumente der Klägerin zu Leistungen oder Ansprüchen in den Jahren 1998 sind einer erneuten gerichtlichen Überprüfung entzogen. Die Berufung ist damit genauso wie die zugrunde liegende Klage aussichtslos."

An dieser Einschätzung hält der Senat auch nach nochmaliger Überprüfung fest und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf Bezug. Ergänzend hierzu ist (lediglich) darauf hinzuweisen, dass der Bescheid vom 16. Juli 2001 kraft gesetzlicher Klageänderung Gegenstand des früheren Berufungsverfahrens vor dem LSG geworden ist (§ 96 SGG) mit der Folge, dass sich auch die Rechtskraft des Urteils vom 17. Oktober 2001 (a.a.O.) hierauf bezieht; das LSG hat im genannten Urteil auch ausdrücklich (erstinstanzlich) über die hierauf bezogene Klage der Klägerin entschieden. Durch die Einbeziehung des Bescheids vom 16. Juli 2001 in das vorangegangene Berufungsverfahren war der hiergegen gerichtete Widerspruch der Klägerin unzulässig geworden (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ders., SGG 8. Aufl., § 96 Rdnr. 11c), weshalb dieser nicht hätte sachlich beschieden werden dürfen; da der (gleichwohl) ergangene Widerspruchsbescheid vom 27. März 2002 zwischenzeitlich durch Bescheid vom 13. Februar 2008 aufgehoben worden ist, kann dieser aber nicht mehr Gegenstand der Anfechtung sein. Damit ist die vorliegende, denselben Streitgegenstand betreffende Klage wegen entgegenstehender Rechtskraft (§ 141 SGG) unzulässig.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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